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Debatte um Corona-LockerungenDas Seuchenparadoxon

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

Merkels Warnung vor „Öffnungsdiskussionsorgien“ ist berechtigt – die Corona-Gefahr ist noch nicht gebannt.

Auch eine Möglichkeit: Bierkästen als Hilfsmittel, um den Abstand zueinander einzuhalten Foto: Karsten Thielker

ffnungsdiskussionsorgien – wer hätte gedacht, dass ein solches Wort zum Sprachschatz Angela Merkels gehört? Aber es ist treffend. Die immer lautstärkeren Stimmen für „Lockerungen“ vereinen sich zu einer bedenklichen Kakofonie, die dem Ernst der Lage nicht gerecht wird. Das Problem ist dabei nicht, dass neben jenen Geschäften, die ohnehin die ganze Zeit nicht geschlossen waren, nun auch weitere wieder öffnen dürfen.

Entscheidend ist nur die Einhaltung strikter Sicherheitsstandards, wozu neben Abstandsregeln nicht zuletzt eine Schutzmaskenpflicht gehört. Unter dieser Maßgabe ist es auch richtig, wenn die Einschränkung von Grundrechten schnell zurückgefahren wird, was besonders für das Demonstrationsrecht gilt.

Ein wirkliches Problem ist hingegen, wenn über die Diskussion über die Öffnung von diesem und jenem der trügerische Eindruck befördert wird, die Gefahr des Coronavirus wäre gebannt. Solange es keinen Impfstoff dagegen gibt, ist sie das mitnichten. Es ist eine einfache Faustregel: Je größer die Gefahr, dass das Gesundheitssystem kollabiert, desto rigider müssen die Gegenmaßnahmen ausfallen – um zu retten, was noch zu retten ist.

Ein Blick nach Italien, Spanien, Frankreich oder Großbritannien dürfte eigentlich reichen, um zu erkennen, was den Menschen in der Bundesrepublik bislang erspart geblieben ist – und das gilt sowohl für die Anzahl der Todesopfer als auch für die Einschränkung des öffentlichen Lebens.

Doch es gibt eine Art Seuchenparadoxon: Da die bisher ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung offenkundig gewirkt haben, sinkt die Angst vor dem Coronavirus und damit die Bereitschaft, jegliche Abweichungen vom Vor-Corona-Alltag hinzunehmen. Aber das ist höchst gefährlich.

Zur Erinnerung: Die zweite Welle der Spanischen Grippe kostete weitaus mehr Menschenleben als die erste. „Öffnungsdiskussionsorgien“ sind daher nicht angebracht. Um gut durch die Krise zu kommen, ist es unabdingbar, sich bewusst zu sein, dass es nach wie vor auch noch viel schlimmer kommen kann.

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Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.
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61 Kommentare

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  • Wer ist verwanwortlich für die Gesundheit der dt. Bevölkerung? Da ist nicht Laschet/Streeck/Mronz/Dieckmann, Lindner! Das ist Merkels Regierung.



    Spanien, Italien, Portugal,CZ, D, AT überall in den EU Corona Hotspots werden Schutzmaßnahmen gelockert. Warum? Nur weil D mit gefährlichen Lockerungen ein "Vorbild" sein muss. Ich gebe Merkel selten Recht, aber hier hat sie meine Stimme.

  • Die harten Spinner machen jeden Samstag eine unangemeldete Demo in Berlin und sind dabei sich bundesweit zu vernetzen.

    Wenn man sich die Bilder anschaut, kann man recht unchristliche Gedanken bekommen und mir hat die Polizei selten so leid getan:

    www.facebook.com/j...32/?type=2&theater

    • @Jim Hawkins:

      :-] "Hygiene Diktatur" Da fällt mir nur der hirnlose Autofahrer Spruch in Abwandlung ein: "Freies K.. für freie Bürger!"

      • 0G
        05158 (Profil gelöscht)
        @Rudolf Fissner:

        Das können wir noch etwas verfeinern Herr Fissner.

        Freies K. ist immer auch die Freiheit der Andersdenkenden.

        :-)

    • @Jim Hawkins:

      Danke für den Link.

      Die Spinner_innen nehmen zur Zeit aber auch exponentiell zu.

  • Es macht aus den unterschiedlichsten Gründen wenig Sinn, diese Corona Pandemie mit der „spanischen Grippe“ zu vergleichen, was den Verlauf und die Gefährlichkeit angeht. Gemeinsam ist beiden nur, dass sie beide Zoonosen (Krankheitswechsel vom Tier auf den Menschen) darstellen. Das Virus ist da und wird auf jeden Fall bleiben - dumm gelaufen. Andere Krankheitserreger stehen bereits in den Starlöchern und da wäre es doch allmählich mal angebracht, sich länderübergreifend Gedanken darüber zu machen, wie man in Zukunft Zoonosen eindämmen kann, bevor es wieder zu spät ist.

  • Ich für meinen Teil empfinde die Lockerungen die seit gestern in Kraft sind schon als fahrlässige gefährliche Körperverletzung.

    Es ist extrem lächerlich wie RKI Wiehler mal meinte man müsste besonders gefährdete halt auch besonders schützen wenn man Infektionsketten nicht mehr nachvollziehen kann und solche halt hat hierzulande.

    Bislang habe ich aber noch von keiner staatlichen Stelle eine FFP3 Maske erhalten und nach meinen Informationen schützen auch nur die und nicht etwa FFP2 vor Corona.

    Stattdessen habe ich selbst schon ca. 500€ in zwei Masken und Ersatzfilter investiert. Sie halten ja so maximal 2 Stunden.

    Wirklich zum kotzen diese Situation.

    • @Pleb:

      Wenn Sie sich bedroht fühlen, haben Sie die Freiheit zu hause zu bleiben.



      Wenn sich aber jemand zuhause bedroht fühlt (Frauen/Kinder/ Senioren/ Familien leiden unter Einsamkeit und Kontaktverbot, Kranke und Depressive bekommen keine Behandlung mehr, häusliche Gewalt nimmt zu, Existenzängste steigen), sollen die dann 24 Stunden mit Maske im park rumspazieren, oder wie hatten Sie sich das vorgestellt?

    • @Pleb:

      Na immerhin sind Sie nun auch bestens für den ABC-Ernstfall gerüstet.



      Aber ernsthaft, wenn es höchst unwahrscheinlicherweise in nächster Zeit zu einem Überschuss an FFP3 Masken kommen sollte, ergibt sich daraus eigentlich erstmal das Dilemma ob man sie etwa italienischen oder spanischen Ärzten zur Verfügung stellen oder der breiten Bevölkerung zukommen lassen sollte. Ich würde eher zu Ersterem tendieren, nicht nur aus Solidarität sonder auch weil Landesgrenzen eben nicht virensicher sind und man auch wirtschaftlich wechselseitige Abhängigkeiten hat.

  • Ein sehr sachlicher Kommentar, der schon infolge der Unwägbarkeiten diverser Lockerungen zur Vorsicht raten muss. Wohltuend auch deshalb, weil die Stimmen der Hasadeure immer lauter werden.



    Jetzt macht z.B. die Kölner Südstadt sogar einen verkaufsoffenen Sonntag.



    Als wenn es nichts Wichtigeres gäbe als shoppen zu gehen.

    • @Rolf B.:

      Im Sinne von sozialer Distanz macht eine Ausweitung der Ladenöffnungszeiten durchaus Sinn. Ebenso wie eine geringere Taktung von ÖPNV Fahrzeiten.

  • DIE SOGENANNTE "ZWEITE WELLE"



    Im Schweizer Tagblatt lese ich gerade über die zweite Welle der spanischen Grippe, die den Weltkrieg beendete.



    Demnach könnte die hohe Todeszahl mit einer Überreaktion der in den Menschen vorhandenen Antigene zurückzuführen sein. Das würde einen großen Teil unserer Hoffnungen auf ein baldiges Ende der Corona- Infektion zunichte machen. Hoffen wir, dass das nicht eintrifft!

    • @Bernd Schlüter:

      Am Ende des ersten Weltkrieges waren Millionen Menschen unterernährt, anderweitig krank, mit Schadstoffen belastet und dazu noch in prekären Wohnverhältnissen. Alles Bedingungen, die auf Deutschland heute so nicht zutreffen. Die hohen Opferzahlen (die ja zum Teil auch fragwürdig sind!) erreichen wir da, wo die Lebensverhältnisse in den genannten Bereichen signifikant schlechter sind...

    • @Bernd Schlüter:

      "...die zweite Welle der spanischen Grippe, die den Weltkrieg beendete."

      Ah. Eine neue Dolchstoßlegende :-)

  • Neue Coronavirus-Studie: Deutlich steigende Risiken auch für 40- und 50-jährige Menschen

    "Dramatic rises were seen among middle-aged groups too, with 4% of people in their 40s needing hospital treatment and more than 8% of patients in their 50s."

    www.theguardian.co...ks-from-middle-age

    • @Weber:

      Das betrifft das Untersuchungsgebiet. Es ist schon sehr deutlich abzusehen, dass die Gefährlichkeit der Corona-Viren stark von den Umweltbedingungen abhängt. Je Dreck, desto CoViD-19. Stickoxide sind dabei der signifikanteste Faktor

      • @wauz:

        "Stickoxide sind dabei der signifikanteste Faktor"

        Toll. Dann warte ich jetzt mal auf die ersten Forderungen, als wesentliche Corona-Kampfmaßnahme sofort alle Diesel von Euro 5 abwärts aus dem Verkehr zu ziehen...

        • @Normalo:

          Kein schlechte Idee :-)

          Nicht wegen Corona, aber so ganz allgemein.

        • @Normalo:

          Das wäre verkehrt. Tatsächlich sind die alten Fahrzeuge sehr viel weniger am Ausmaß der Stickoxide beteiligt, als die neuen schönfrisierten Stinker.



          Was hilft, ist das, was wir jetzt haben: eine drastische Reduzierung allen Fahrzeugverkehrs.

  • Die Einschränkung bzw. Aufhebung von Grundrechten ohne einen Plan oder eine Perspektive, wann die Einschränkungen wieder aufgehoben werden, ist ohne eine Aufhebung des demokratischen Rechsstaats selbst nicht möglich. Und schon die Diskussion über die Bedingungen der Aufhebung der Einschränkungen als nervig oder gefährlich darzustellen, ist vor diesem Hintegrund selbst ein Spiel mit dem Feuer. Und: Nein, die Perspektive "bis ein Impfstoff gefunden ist" stellt KEINE hinnehmbare Absehbarkeit des Endes der "Maßnahmen" dar. Bis dahin wird es nämlich erstens WAHRSCHEINLICH Jahre dauern, und zweitens besteht durchaus auch die Möglichkeit, dass es niemals eintreten wird. Deutschland braucht einen Plan, der nachvollziehbar erklärt, mit welchem Ziel und bis zu welchem Zeitpunkt Grundrechte aufgehoben werden. Ohne einen solchen Plan sind die Maßnahmen nicht nur nicht rational zu verteidigen, sondern auch eine Bedrohung unserer Grundordnung.

    • @Tom Bayes:

      "Deutschland braucht einen Plan, der nachvollziehbar erklärt, mit welchem Ziel und bis zu welchem Zeitpunkt Grundrechte aufgehoben werden."



      Solange es nötig ist um eine Eindämmung zu erreichen und ein Szenario mit einer potentiell sechsstelligen Anzahl an Toten hinreichend sicher zu verhindern. Wie soll man auch einen irgendwie konkreteren Plan aufstellen? Das Virus wird sich nicht daran halten!



      Die Maßnahmen sind so unschön wie notwendig, aber eben nicht der Beginn einer heraufdämmernden Diktatur. Eine Regierung die bereit wäre als Zugeständnis an Wirtschaft und Hedonismus der Masse Menschenleben zu opfern wäre sehr viel mehr Anlass zur Sorge.

      • @Ingo Bernable:

        "Eine Regierung die bereit wäre als Zugeständnis an Wirtschaft und Hedonismus der Masse Menschenleben zu opfern wäre sehr viel mehr Anlass zur Sorge".



        -Vielleicht haben Sie noch nicht begriffen, dass eine demokratische Gesellschaft nicht wegen mangelndem Hedonismus oder schwieriger Wirtschaftslage zugrunde geht, sondern entweder an einer großen Menge höchst unzufriedener, weil sich vernachlässigt fühlender Menschen, oder aber an einer sich etablierenden alternativen Regierungsform, die bewirkt, dass demokratische Rechte über längere Zeit nicht mehr ausgeübt werden können.



        Wenn von Seiten der Politik so weiter gemacht wird wie zur Zeit, dann könnte es sein, dass sehr bald das eine oder andere eintritt.



        Oder dachten Sie, die Demokratie ist in Deutschland in Stein gemeißelt?

      • @Ingo Bernable:

        "Deutschland braucht einen Plan, der nachvollziehbar erklärt, mit welchem Ziel und bis zu welchem Zeitpunkt Grundrechte aufgehoben werden."

        Selbstverständlich lässt sich das konkretisieren. Man kann diverse Messwerte, bspw. die Reproduktionsrate verwenden, um Ziele oder Korridore zu definieren, an die dann Maßnahmen geknüpft werden.

        Einfaches Beispiel: Die Regierung legt die Aufhebung bestimmter Maßnahmen fest, für den Fall, dass die Reproduktionsrate eine Woche lang unter 0,5 liegt. Oder andersherum: Sollte die Rate über 1 liegen, werden zusätzliche Maßnahmen ergriffen.

        Mein Eindruck ist, dass zumindest in der Öffentlichkeit keine (oder selten) quantifizierbaren Ziele genannt werden, um die Maßnahmen zu begründen, bzw. in Aussicht zu stellen, wann eine Lockerung möglich ist. Dabei müssten diese ja zumindest den handelnden Personen bekannt sein (hoffentlich). Hier wäre definitiv mehr Transparenz angebracht.

        • @Pantomime:

          Die Reproduktionsrate R ist ein bloßes Narrativ, so lange man keinerlei belastbare Zahlen über Infektionen hat. Die gibt es immer noch nicht!

        • @Pantomime:

          Das würde voraussetzen, dass die Auswirkungen der Sicherungsmaßnahmen ebenso quantifizierbar wären. In der Hinsicht befinden wir uns aber immer noch im Bereich "trial and error". Auch sind die Menschen, die sich an die Maßnahmen halten müssen ein Unsicherheitsfaktor.

          Davon abgesehen wäre Ihr Vorschlag zwar transparenter. Aber "Der Plan", den @Tom Bayes gefordert hat und gegen dessen wesentliches Merkmal eines verbindlichen Enddatums der Sicherheitsmaßnahmen sich das Posting von @Ingo Bernable richtet, wäre es noch lange nicht.

        • @Pantomime:

          Ein konkreter Zeitplan wäre das ja auch nicht, sondern eher eine Formalisierung des aktuellen Auf-Sicht-Fahrens. Da die Fixierung auf nur einen Wert aber zu stark vereinfachend sein dürfte und etwa die Reproduktionsrate in Zusammenhang mit den aktiven Infektionen zu betrachten ist, wäre das Ergebnis eines solchen Versuchs vermutlich eher ein einigermaßen komplexes Gleichungssystem und man würde immer noch Gefahr laufen die höhere Transparenz mit späteren Vertrauensverlusten zu bezahlen wenn sich das so aufgestellte Modell dann später doch nicht als haltbar erweisen sollte weil sich eben doch irgendwelche Parameter oder Randbedingungen geändert haben.

  • 0G
    01359 (Profil gelöscht)

    "Unter dieser Maßgabe ist es auch richtig, wenn die Einschränkung von Grundrechten schnell zurückgefahren wird, was besonders für das Demonstrationsrecht gilt."

    Ich kann einfach nicht glauben so etwas in der taz zu lesen. Sehr bedauerlich und aus meiner Sicht großer Unsinn.

    • @01359 (Profil gelöscht):

      Ich denke das versteht sich als Abwägung, der grundsätzliche Tenor ist ja durchaus gegen zu frühe weitreichende Lockerungen gerichtet.



      Und dass das Demonstrationsrecht wichtiger ist als etwa Baumarktbesuche würde ich dann auch für richtig halten.

  • Der Gedanke, eine Pandemie müsse so gesteuert werden, daß 'das Gesundheitssystem nicht überlastet wird' ist pervers und menschenverachtend, denn er optimiert zu maximaler 'Auslastung'. Indirekt wird so natürlich auch die Anzahl Todesopfer maximiert.

    Aber allein die Fokusierung auf maximale Auslastung übersieht die Spätschäden überstandener Infektionen:

    So schlagen österreichische Kliniken Alarm, daß rel junge Sporttaucher nach überstandenem milden Verlauf einer Coronainfektion so starke bleibende Lungenschäden aufweisen, daß sie ihren Sport nicht mehr ohne Lebensgefahr ausüben dürfen und Dauerbehandlung bedürfen.

    Wollen wir denn eine Nation Schwerbehinderter werden?

    Weiterhin gibt es keine soliden Belege für eine Immunität. Eine 'Herdenimmunität' ist also eher unwahrscheinlich. Gar nicht auszudenken, welche Todesraten uns erwarten, wenn eine zweite Welle auf o.g. Vorgeschädigte träfe!

    Insofern ist der derzeitige Lockerungswettlauf hochgradig kriminell. Das Ziel muss lauten: Stop der Verbreitung.

    • @Unvernunft:

      Ich fürchte, Sie haben da was gründlich mißverstanden.

    • @Unvernunft:

      Sorry, aber das passt hinten und vorne nicht. Es wird mitnichten die Auslastung maximiert, sondern im Gegenteil minimiert. Und die Zahl der Toten auch. Sie ist nicht zuletzt deswegen vergleichsweise gering in Deutschland, weil man eben noch nicht entscheiden muss, ob man nun dem 50jährigen oder der 80jährigen das letzte freie Beatmungsgerät gibt.

      • @Suryo:

        Aktive Beatmung hat, gerade bei einem Hochbetagten mit CoViD-19 wenig Aussicht auf Erfolg. Auf der Seite des Deutschlandfunks hat ein Palliativ-Mediziner jüngst zu bedenken gegeben, dass in "normalen Zeiten" keiner auf die Idee käme, solche Patienten anders als palliativ zu versorgen.

  • "Unter dieser Maßgabe ist es auch richtig, wenn die Einschränkung von Grundrechten schnell zurückgefahren wird, was besonders für das Demonstrationsrecht gilt."



    Und man darf nicht mehr auf die verheerende Situation in den griechischen Flüchtlingslagern aufmerksam machen. Wer Schuhe aufstellt und mit Kreide auf die Straße malt, wird kriminalisiert. Wer gegen die drastischen Einschränkungen der Grundgesetze demonstriert, wird verhaftet und dann in der taz als "Verschwörungstheoretiker" gebrandmarkt. Wer keine kleinen Kinder zu Hause hat, die aufgrund des Kontaktverbotes seit Wochen keine anderen Kinder mehr angefasst hat, wer in seinem Home-Office am Pool chillt und über die Existenzängste der Betroffenen, in prekären Verhältnissen lebenden Menschen nur aus der Zeitung erfährt, für den müssen die getroffenen Maßnahmen ein Traum sein. Prost!

  • Danke Herr Beuker,

    ein kurzer Blick über die Debatten - wirklich am besten nur ein ganz kurzer Blick - zeigt, wie wichtig eine besonnene Stimme wie die ihre ist, und die in der Lage ist, über den Tellerrand des deutschen Michel zu schauen...

  • Aha! NRW ändert die Erfassung der Daten! Plötzlich tauchen 18.234 Genesene auf! Sehr interessant.



    ""Die Meldewege wurden vereinheitlicht, weshalb die Daten nun nicht mehr vom Gesundheitsministerium NRW, sondern vom LZG NRW bezogen werden! Die Nutzung dieser IfSG-Zahlen sind der bundesweite Standard - nur sie lassen einen zuverlässigen Vergleich der Bundesländer zu.



    Bitte beachten Sie, dass die Daten vom 19.04. und 20.04. nicht



    vergleichbar sind und aufgrund der unterschiedlichen Meldewege eine vermeintliche Verminderung der Fallzahlen anzeigen!



    Vielen Dank für Ihr Verständnis!""

  • 0G
    05158 (Profil gelöscht)

    Trotz des Ernstes der Lage.



    Der Bierkastenabstand ist förderungswürdig.



    Im Moment ist alles irgendwie surealistisch.



    Heute in der U-Bahn. Maskenträger.Irgenwie kommen mir die hervorlugenden Augen immer besonders panisch vor. Normalos. Mittendrin drei Mitfahrer mit einer Hand an der versifften Haltestange, mit der anderen fröhlich einen Döner mampfend. Schon ist der Gedanke wieder da, wer landet eher an der Lunge.



    Dieses im Moment aufkeimende Licht am Ende des Tunnels, könnte auch das Licht des entgegenkommenden ICE sein!

  • A ja, jetzt soll ich nicht Mal mehr diskutieren, sondern alles was unsere Regierung vorschreibt, einfach Mal so akzeptieren.



    Es gibt immer Alternativen, nichts ist alternativlos, schon gar nicht in der derzeitigen Situation, wo wir noch so wenig über diesen Virus wissen.



    Mir macht das Angst, wenn jetzt sogar die taz fordert, das nicht mehr über den richtigen Weg in der Krise diskutiert werden soll. Sorry mir war noch nicht klar, das Merkel und Söder schon den Stein der alleinigen Wahrheit gefunden haben.

    • @Aymen:

      "...schon gar nicht in der derzeitigen Situation, wo wir noch so wenig über diesen Virus wissen."

      Genau wir wissen wenig. Deshalb ist es doch besser, etwas vorsichtiger zu sein als nötig, statt forsch voran zu schreiten.

      Z.Z. diskutieren wir ernsthaft, was wir einem Virus erlauben sollen.

    • @Aymen:

      Top! Immer die Keule mit Italien, mit Angst wird Politik gemacht, leider nicht nur im öffentlich-rechtlichen TV, auch von der TAZ.

      • @Gernot Herz:

        Angst ist ein überlebenswichtiger Schutzmechanismus. Sie zu ignorieren ist genauso unvernünftig wie ihr vollständig das Ruder zu überlassen.

        Davon abgesehen: Dass man auch Angst davor haben kann, macht die "Keule" nicht zu einem bloß virtuellen Gefahrenszenario. Was da passiert ist, ist real, und der Grund dafür ist genau derselbe Virus wie der, den wir auch hierzulande bekämpfen.

        Insofen kann ich selbst als Mensch, bei dem die Angst etwas unterentwickelt ist, immer noch die Situation in Italien als unwiderlegliches Beispiel akzeptieren, was nicht nur theoretisch passieren kann, wenn man die Pandemie nicht ernst genug nimmt. Alles Weitere ist kalte Abwägung der bestehenden Risiken, wenn Sie so wollen.

    • @Aymen:

      Zum einen, Sie diskutieren doch.

      Zum anderen sollte man das try and error in Sachen Corona sehr sorgfältig betreiben.

      Ich weiß jetzt nicht an welche Alternativen Sie denken, aber denken Sie doch mal an Schweden.

      Die haben es erst liberal versucht und haben jetzt deutliche höhere Sterberaten als wir in Deutschland.

      Es gehört auch Bescheidenheit dazu. Sie und ich sind weder Virologen noch Epidemiologen.

      Und weil das so ist, kommt etwa die PK der Kanzlerin heute bei mir an.

      • @Jim Hawkins:

        "Die haben es erst liberal versucht und haben jetzt deutliche höhere Sterberaten als wir in Deutschland."

        Woher wissen Sie das?

        • @Hanne:

          ernst gemeint?



          Die Zahlen sind öffentlich zugänglich die Bestimmungen und Maßnahmen in Schweden auch.



          Alles was es braucht ist Zeit und muße sich einzulesen.

          • @nutzer:

            Der Wert der gemeldeten Zahlen ist medizinisch und epidemiologisch äußert bescheiden. Eine Vergleichbarkeit zw. Ländern ist nicht möglich, die Testmethodik ist zu verschieden, ebenso die Zählweisen, zudem wurde das Vorgehen seit Beginn der Nutzung dieses neuen Testverfahrens (das nicht validiert ist und qualitative sehr unterschiedliche Testkits umfasst) mehrfach angepasst.



            Das Einzige was die Zahlen sicher aussagen ist, dass die Zahlen eben nicht vergleichbar sind. Ein Blick auf die worldometer-Grafiken genügt (für Kundige).



            Dies ist auch der wesentliche Grund für das Fehlen „guter Gründe“ für die aktuellen Maßnahmen, die überwiegend gänzlich ohne Gefährdungsabwägung angeordnet wurden.

            • 6G
              65572 (Profil gelöscht)
              @Georg Schober:

              In Schweden gibt es mit heutigem Stand 15,2 Tote/100000 Einwohner, in D 5,9 , die Corona zugeschrieben werden.

              Es mag ja sein, daß es methodische und statistische Unterschiede gibt, aber der Faktor ist ca. 3.

              Welche Gründe würden Sie als "gute Gründe" anerkennen? Mir persönlich reichen die Vorgänge in China, Italien, Spanien, UK, USA und auch in Schweden als Begründung. Insgesamt schlauer dürften wir in zwei Jahren sein.

              • @65572 (Profil gelöscht):

                Ordentlich ermittelte Sterberaten von Infizierten, die gibt es z.B. aus Südkorea seit März, z. B. 0,6 %, inzwischen auch andere, 0,7 % für Marseille, 0,56 % für Island, 0,16 % aus Dänemark, 0,37 % aus Heinsberg. Das ist alles deutlich unter den Horrorzahlen, die aus dem JHU-Datenschrott abgeleitet werden.

                • 6G
                  65572 (Profil gelöscht)
                  @Georg Schober:

                  Haben Sie Quellenangaben für Ihre ordentlich ermittelten Sterberaten?

        • RS
          Ria Sauter
          @Hanne:

          Das würde mich auch interssieren.



          Eigenartigerweise hört man von Schweden wenig in den hiesigen Medien von D.

        • 6G
          65572 (Profil gelöscht)
          @Hanne:

          Woher es Jim Hawkins weiß, weiß ich nicht.



          Aber, der liberale Versuch von Schweden ist in diversen Zeitungsartikeln dokumentiert. Zu internationalen Sterberaten siehe:



          gisanddata.maps.ar...299423467b48e9ecf6

          • @65572 (Profil gelöscht):

            Nun ja, Schweden hat ca. 1500 Todesfälle. Das ist ein Vielfaches dessen, was die Nachbarstaaten haben. Teilweise das zehnfache.

            Schweden hat zehn Millionen Einwohner. Die Todesrate auf Deutschland würden 12.000 Tote bedeuten.

            Also dreimal so viele wie wir jetzt haben.

            Die Zahlen habe ich mir mit den TV-Bildern aus Schweden zusammengereimt und kam zu dem Schluss, dass eins und eins ungefähr zwei sein könnte.

            Jetzt kommt natürlich wieder einer und sagt: Die Zahlen, die Zahlen!

            Nur haben wir keine anderen.

            Und ich bin immer noch kein Virologe, kein Epidemiologe und erst recht kein Statistiker.

            Im Unterschied zu manchen hier, die diese Professionen in einer Person vereinen.

            Ich meine nicht Sie, ich wollte nur nicht alle einzeln anschreiben.

            • 9G
              97287 (Profil gelöscht)
              @Jim Hawkins:

              Ich vermute, dass auf die Schweden noch einiges zukommt. Die Politiker und der Staatsepidemiologe reden nämlich zunehmend davon , dass Schweden mitnichten einen Sonderweg geht. Dann werden alle Maßnahmen aufgezählt die empfohlen wurden. Die Entscheidung ob man in Schweden stirbt oder überlebt wird von der Politik auf die Einwohner übertragen. Die Verantwortlichen bringen sich sozusagen aus der Schusslinie. Man muss nur zwischen den Zeilen lesen. Eine Erklärung für die hohen Sterbezahlen in Schweden wird schon seit Tagen von der Regierung nicht mehr geliefert. Der letzte Stand war, dass eben vor allem die Alten in Heimen sterben( eine Unverschämtheit). Alle über 70 - jährigen sollen zu Hause bleiben usw.. Die Grenzen zu den Nachbarländern sind schon lange dicht.



              Falls es also schief geht, hat die Politik alles getan , weil die Empfehlungen waren ja da.

  • Damit unsere Gesellschaft, die Demokratie und die Wirtschaft halbwegs unbeschadet durch die Krise kommen, ist es notwendig, ständig daran zu erinnern, dass es sich bei der derzeitigen Situation um einen absoluten Ausnahmezustand handelt, der keinen Augenblick länger dauern darf als unbedingt nötig.

    So sehr ich Frau Merkel seit ihrem mutigen Handeln in der Flüchtlingskrise 2015 schätze: Hier von einer "Öffnungsdiskussionsorgie" zu sprechen, ist problematisch. Denn ohne den Druck, möglichst bald zur Normalät zurückzukehren, wäre die Gefahr sehr groß, dass sich autoritäre Strukturen verfestigen.

    Und für die Betroffenen, z.B. aus Gastronomie und Tourismus, geht es gerade nicht um eine Orgie, sondern um die Existenz.

    • @Huckelrieder:

      Das stimmt schon. Aber ist es wirklich sinnvoll, täglich die gleiche Diskussion zuführen? Der Gedanke, die Auswirkungen beschlossener Maßnahmen abzuwarten und DANN über die nächsten Schritte zu sprechen, ist doch nicht schlecht.

      Jedenfalls besser, als ohne neue Daten ständig "Lockerungen" zu fordern. Dadurch entsteht ein Druck, vorschnell zu handeln und damit Erreichtes zu gefährden.

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        100% Zustimmung.

  • Das Virus war ne Chance zum Nachdenken über unser Leben auf diesem Planeten.

  • Vielen Dank für den Kommentar.

    Und alle die gern nach: "Wann öffnet meine Manufactum-Filiale wieder" googeln,



    sollten mal "Wie groß ist die Risikogruppe bei Corona?" googeln.

    Und da kommt man, rechnet man alle 70+, die Asthmatiker, die Schwerbehinderten und die Herzkranken zusammen, auf Schnack 30 Millionen.

    Und die sitzen jetzt zu Hause und gruseln und ekeln sich vor dieser Debatte.

    • @Jim Hawkins:

      Selbst das stimmt nicht.



      Einerseits ist es mitnichten die Masse der "Alten" die angstbesorgt zuhause sitzen, eher die Kinder und Enkel und bei vielen anderen Risikopatienten ist es auch nicht so.



      Am Freitag habe ich sogar das Gegenteil in der Bahn erlebt. Ein Typ, der die ganze Zeit frei in die Bahn hustete und als er drauf angesprochen wurde, meinte er, er wäre selbst Risikopatient.

      Ich für mich, ich selbst gehöre auch mehrfach zur deklarierten Risikogruppe, möchte nicht mehrere Jahre eingesperrt sein und auch nicht in Bahn und beim Einkaufen Masken tragen müssen. Denn an denen "ersticke" ich auch.



      Abstand halten kann ich und ich muss auch nicht dauernd auf Parties sein oder in anderen Ländern in Urlaub fahren. Aber etwas Lebensqualität wünsche ich mir auch trotz "Krise" im Alltag. Die "Krise" wird lange anhalten. Und da stellt sich tatsächlich die Frage, woran die Menschen dann mehr sterben: An Covid-19 oder weil sie aus dem Leben scheiden wollen oder weil sie aus Angst nicht mehr zum Arzt gehen mit anderen Beschwerden.

      • @Hanne:

        "möchte nicht mehrere Jahre eingesperrt sein"

        Eingesperrt sind Häftlinge. Es ist Ihnen doch unbenommen, das Haus zu verlassen, Rad zu fahren, in einen Park oder Wald zu gehen.

        Anders herum, würden Sie sich wohlfühlen, wären alle Beschränkungen aufgehoben und man dürfte sich wieder mit Todesverachtung ins Getümmel stürzen?

        Man muss doch kein Genie sein, um sich vorstellen zu können, was für Verhältnisse wir dann hier hätten.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Hanne:

        Was Ihre Beobachtungen angeht: ich hüte mich mich vor unüberprüfbaren Quantifizierungen. Weil ich nur einen kleinen Teil der Gesamtrealität überblicke.

        Hier auf dem platten Land sind nur wenige Kinder zu sehen. Teenies und Twens schon eher. Ältere über 60 vor allem.

        Leben unter Corona bringt uns alle an unsere Grenzen - und die liegen bei jedem woanders. Ein freundlich gestimmter Ex-Nachbar wollte mir gestern ohne Mundschutz auf die Pelle rücken. Ich mag durchaus Körperkontakt, bin in diesen Zeiten aber zurückhaltender. Ich (mit Mundschutz, danke an W.S.) bin von ihm abgerückt, er hinter mir her.

        Nach fünf Minuten habe ich meine Freude ausgedrückt, ihn mal wieder gesehen zu haben und bin brav nach Hause - um d o r t weniger brav zu sein.

        Bedürfnis und Sehnsucht nach Lebensqualität teile ich mit Ihnen. Über das Thema "Zu Tode schützen" schrieb ich bereits im März.

        Die Abwägung ist sehr schwierig. Im Kleinen wie im Großen.

      • @Hanne:

        Lebensqualität hat viele Aspekte. Aber in GB und in den USA haben sie jetzt wirklich unglaublich hohe Opferzahlen.



        Nicht nur Merkel, auch Wagenknecht warnen vor dem simplen Weiter So (Sahra W. habe ich hier und da kritisiert, aber ihre letzte Analyse der Situation fand ich sehr verantwortlich).



        Meine Lebensqualität hat sich nicht durch äußere Aktivitäten oder Bewegung erhöht, sondern durch Philosophie oder das Teilen von Texten, Witzen etc, z.B. ein Buch von Thomas Merton über den Taoismus (Sinfonie für einen Seevogel). Viele Menschen kompensieren, indem sie hyperaktiv werden oder - am schlimmsten von allem, bei Amazon bestellen, was sie woanders kriegen (wenn sie es wirklich bräuchten). Am schlimmsten sind Hochmut und das Verachten solidarischer Regeln.



        Wer bei Zwangsentschleunigung in ein Loch fällt, sollte mal über sein Leben nachdenken ("we work hard and we play hard").



        Ich habe z.B. stark die angespannte Atmosphäre in mir aufgesogen, und erst, als ich das richtig gespürt habe, gefühlt habe, kam ich wieder zur Ruhe. Ohne Freunde geht es nicht.



        Mit ein paar leichten Übungen, Geduld, weniger Toilettenpapier, aber fließend Wasser und immer noch regelmäßigen Mahlzeiten, geht es mir super.



        Während draußen schon wieder der Autowahn losgeht, frage ich mich, ob nicht mindestens die Hälfte der Aktivitäten der sogenannten Normalität wirklich nötig sind.