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Debatte über staatliches „Grunderbe“Blühende Erbschaften

Simone Schmollack

Kommentar von

Simone Schmollack

Die Ostbeauftragte schlägt ein „Grunderbe“ vor, um die Vermögensungleichheit zwischen Ost und West zu mindern. Ohne Vermögenssteuer wird das nichts.

Hier an der Gedenkstätte Bernauer Straße, anderswo noch in den Köpfen: die Überbleibsel der Mauer Foto: Paul Langrock

O st und West verstehen sich nicht. Immer noch nicht? Wohl eher: Wieder nicht. Hatten Menschen in Ost wie West bis vor einigen Jahren das Gefühl, dass tatsächlich zusammenwächst, was zusammengehört, um mal eine Wiedervereinigungsfloskel zu bemühen, bricht es jetzt auseinander. Im Westen sagen laut einer Forsa-Umfrage 61 Prozent der Menschen, dass sie eher „Trennendes“ sehen, im Osten sind es sogar 75 Prozent. Was ist passiert, dass Ossis und Wessis sich wieder stärker beargwöhnen, anstatt in der Kneipe miteinander Soljanka und Rheinischen Sauerbraten zu tauschen?

Um das zu verstehen, ist ein Blick in die Statistik hilfreich. Und der offenbart, dass die Lücke nicht zwischen Ost und West klafft, sondern zwischen Gefühl und Realität. So belegen die zahlreichen Studien des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, dass es den Menschen insgesamt, von individuellen Unterschieden mal abgesehen, besser geht als vor 35 Jahren – und das in Ost und West. Einkommen, Vermögen, Wohneigentum haben sich angeglichen, der Osten hat aufgeholt.

Wenngleich sich hier tatsächlich nach wie vor Gräben auftun. So liegt der Durchschnittsbruttoverdienst laut einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung im Westen aktuell bei 4.800 Euro, im Osten bei rund 4.000 Euro. Im Westen wohnen 45 Prozent der Menschen in Eigenheimen, im Osten sind es 31 Prozent. Und so geht das weiter: Ostdeutsche sind seltener in Führungspositionen und politischen Entscheidungsgremien zu finden, die Zonen zwischen Binz und Annaberg-Buchholz werden wegen der hohen AfD-Wahlergebnisse gern als Dunkeldeutschland verunglimpft.

In den ostdeutschen Kommunen: sanierte Plattenbauten, befestigte Gehwege, ausgebaute Infrastruktur

Das ist alles richtig – und trotzdem kein Grund, alles, was bisher erfolgreich war, infrage zu stellen. Schauen wir allein in die ostdeutschen Kommunen: sanierte Plattenbauten, befestigte Gehwege, ausgebaute Infrastruktur. Es blüht zwar nicht jede Landschaft, aber es gibt auch keine Brachflächen mehr wie vor 35 Jahren.

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Unterschiede zwischen Stadt und Land

Zur Wahrheit gehört ebenso, dass die größten wirtschaftlichen Unterschiede nicht im Ost-West-Vergleich zu finden sind, sondern zwischen Stadt und Land. Um es kurz und salopp zu sagen: Menschen in den Städten geht es in der Regel wirtschaftlich besser als jenen auf dem Land.

Der Grund: Landflucht, vor allem der jungen Leute. Ländliche Strukturen sind für junge Menschen und Familien nur dort interessant, wo sie im Speckgürtel größerer Städte liegen. Nur dort gibt es ausreichend (attraktive) Arbeitsplätze, Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen, Einkaufsmöglichkeiten und im besten Fall auch eine gute Bus- oder Bahnverbindung. Wo das nicht gewährleistet ist, ziehen die Menschen weg, was zwangsläufig zum Verfall ländlicher Regionen und verständlicherweise zu einer größeren Unzufriedenheit führt – unabhängig von der deutschen Einheit.

Um die materiellen Ost-West-Unterschiede zu untermauern, werden mittlerweile gern Erbschaften herangezogen. Grundsätzlich wird viel vererbt, jede und jeder dritte Erbe darf sich über rund 100.000 Euro freuen.

An dieser Stelle allerdings ist das Ost-West-Gefälle besonders krass: In Baden-Württemberg, Hessen und dem Saarland sind Erbschaften mit über 50.000 Euro normal, während sich Erben im Osten mit weit unter 50.000 Euro abfinden müssen. Das würde die Ostbeauftragte Elisabeth Kaiser gern ausgleichen und schlägt ein „Grunderbe“ vor: ein Startkapital, vom Staat finanziert.

Ein klein wenig Gerechtigkeit

Die Idee hat Charme, weil sie nicht vordergründig auf den Ost-West-Ausgleich fokussiert, sondern auf den erheblichen Unterschied zwischen Arm und Reich. Etwa 1,5 Prozent der Erwachsenen in Deutschland kann über ein Nettovermögen von mindestens 1 Million Euro verfügen, während die vermögensarme Hälfte nur wenige Tausend Euro besitzt. Zieht man heran, dass jede und jeder vierte Milliardär dieses Vermögen nicht selbst erarbeitet, sondern geerbt hat, würde ein Grunderbe tatsächlich für ein klein wenig Gerechtigkeit sorgen.

Doch so schön die Idee auch klingt, so unrealistisch ist sie derzeit. Die Bundesregierung debattiert über eine Bürgergeldreform und will von einer Vermögenssteuer nichts hören. Die Botschaft ist klar: Dort, wo das Geld sitzt, soll es auch bleiben, und dort, wo kaum etwas ist, wird es noch weniger. Und das ist kein Ost-West-Problem, sondern ein gesamtdeutsches.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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33 Kommentare

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  • Wir haben doch in D ein tolles Grunderbe, nennt sich kostenfreies Studium. Ich selbst habe die genossen und stamme aus einer Familie, in der ich der erste überhaupt mit einem Schulabschluss war. Habe dann studiert und 30.000€ Bafögschulden gehabt und das steht jedem offen, wenn er etwas dafür tut, mein damaliger Bekanntenkreis hätte dafür Autos, Alk oder andere Drogen genommen. Aus meinem jetzigen Arbeitsumfeld würde das Geld für die obigen drei Dinge ebenfalls draufgehen. Ich weiß, blöder Boomer aber ich habe es von den unteren 10% zu den oberen 10% in einem Leben geschafft durch Bildung, da muss das Geld hin.

  • Kostenloser Kindergarten, ausreichend und verläßliches Bafög und genug gute Lehrer liefern der Jugend die Startchancen die sie brauchen. Sind das eigentlich nicht die Wahlversprechen der SPD aus meiner Jugend. Ihr habt 50 Jahre nicht geliefert. Es ist nicht das Geld.

  • Deutschland ist eine Einwanderungsgesellschaft. Mal provokativ: warum sollten Zuwanderer, die nichts für den generationenübergreifenden Aufbau des Kapitalstocks der Nation getan haben, ein Grunderbe erhalten?

  • Jaehrlich kostet jeder Student den Staat zwischen 10 und 13 Tsd Euro, pro Jahr. Andere Laender, zB die USA, geben diese Kosten in Form von Studiengebuehren von 20 bis 30 Tsd Dollar an die Studenten weiter. In Deutschland nicht.



    Es gibt demnach schon ein Grunderbe - und zwar jaehrlich pro Studienjahr.



    Diese Umverteilung von unten nach oben, der Azubi bekommt im Gegensatz nichts geschenkt, koennte man mal angehen. Da die Studenten schon ein Vielfaches des Grunderbes erhalten, ging das auch vollkommen aufkommensneutral.

  • Die Vermögenssteuer muss kommen, aber aus Gerechtigkeitsgründen gegenüber den Arbeitnehmern und Rentnern. Arbeit wird in Deutschland höher besteuert als Vermögen oder Kapitalerträge. Das ist ungerecht. Das leistungslose Einkommen aus Vermögen und auch Erbschaften muss wieder besteuert (Vermögenssteuer wurde 1997 ausgesetzt!) werden. Es geht da bestimmt um Summen von 25-50 Millarden € jährlich.

  • Erbe als Startkapital?



    Genau mein Humor.



    Mit Mitte 50 erben, WoMo kaufen und dann zur Rente in die Reise starten. Ist das mit dem Startkapital wirklich so gemeint?



    Oder sollen junge Leute Anfang 20 ein Jahr Selbstfindungstrip spendiert bekommen, während Opa dienstverpflichtet und mit dem Boomersoli geschöpft wird?

  • Ein Grunderbe für alle jungen Menschen wäre ein sehr schönes Signal an die Generationengerechtigkeit. Es brächte Dynamik ins Land und Hoffnung.



    Ich kenne mehrere junge Menschen, die in ihrer Bildungsbiografie weit unter ihren Möglichkeiten bleiben, weil sie ihren Eltern nicht länger auf der Tasche liegen wollen und können.



    Dieses Geld würde wahrscheinlich relativ schnell im Steuerkreislauf landen, da die jungen Menschen es weniger für ihre möglichen Erben horten würden, sondern für Bildung, Reisen und Zukunftsinvestitionen ausgeben.



    Es gäbe der jungen Generation etwas mehr Gestaltungsspielraum als bisher. Die, die kein Geld haben, haben oft die größere Fantasie und die stärkeren Lebensträume...



    Also, ich wäre dafür.

    • @Nudel:

      10.000 zum 21. Geburtstag, oder nach Beendigung einer Grundausbildung/ Bachelostudium. Das wär mein Vorschlag.

      • @Nudel:

        Bin ich (als älterer) strikt dagegen.



        Lieber Ausbildung fördern oder ggf. kostenfrei stellen. Der Selbstfindungstrip mit Anfang 20 ist Luxus und kein Grundbedürfnis. Dafür Staatsknete zu verbrennen ist m.E. Untreue an der Gesellschaft.

  • Jede Medaille hat (mindesten) zwei Seiten, das ist ein sogenannter Allgemeinplatz. Wenn also Menschen in Ost und West nach Jahren, in denen das anders war, nun (wieder) das Gefühl haben, es würde auseinanderbrechen, was angeblich zusammengehört, muss das nicht unbedingt nur schlecht sein.

    Vielleicht ist es einfach ein Zeichen dafür, dass 61 bzw. 75% der Menschen in diesem Land nach Jahrzehnten der unermüdlichen Aufklärung kapiert haben, wer bzw. was NICHT zusammen gehört - und also auch nicht zusammenwachsen sollten wie Siamesische Zwillinge: Leute nämlich, die einander ausbeuten, unterdrücken und anderweitig missbrauchen.

    Alphatiere sind überwiegend west-sozialisiert? Dann sollten ihre Untergebenen womöglich auch überwiegend aus dem Westen kommen. Das reduziert Missverständnisse und Frustration. Die BZ schüttelt die Ossi-Seele wie die Bild Witwen geschüttelt hat? Dann sollten die Ossis womöglich etwas anderes lesen. In der taz müssen vier Ossis der überwiegend west-sozialisierten Community bestätigen, dass Faschismus vor allem ein Ost-Problem ist? Dann ist vermutlich DAS wirklich die WAHRHEIT: Es war nicht alles schlecht. DiE Mauer z.B. sollte womöglich wieder aufgebaut werden.

  • Das ist doch nur eine Momentaufnahme. Wenn die Linke erstmal den "richtigen" Sozialismus eingefuehrt hat, erledigt sich die Ungleichheit von ganz alleine und wir sind endlich alle gleich arm (ausgenommen die Funktionaere die gleicher sind) und zu vererben gibts dann auch nichts. Die ehemaligen DDRler ohne Erbe sind der Zeit einfach nur vorraus.

  • Hinter jeder Erbschaft steht eine Lebensleistung, die von Mitgliedern der Familie erbracht wurde. Auch wurde dieses Geld schon mehrfach versteuert. Warum will man jetzt Geld verschenken, um "Gerechtigkeit" zu schaffen?

    • @Zven:

      Hinter vielen Erbschaften steckt nur die "Lebensleistung" im richtigen Bett zur Welt gekommen zu sein. Oft über viele Generationen.

  • Agenda Vermögende und Reiche zur Kasse bitten, mal wieder! Hatten wir schon beim Thema Kra kenversicherungsschieflage, Rente, marode Schulen, Infrastruktur..... wie langweilig!



    Und jetzt beim Erbe, weil 1/4 der Reichen durch Erbe reich wurden.... ähm, das hieße aber, 3/4 eben nicht! Klingt als Argument daher recht schwach!



    Leute, ist es nicht normal, dass es immer 2-3 Generationen dauert, bis das Niveau von verschiedenen zusammengewürfelten Gruppen ausgeglichen ist. Neu zugezogen aus dem Ausland, nach Kriegen... usw. Faire Behandlung auf Augenhöhe ist was anderes als Geschenke zu machen.



    Ich finde die Idee allerdings grundsätzlich richtig mit einem Startkapital. Dann aber anstatt sonstigesr Förderungen. Kindergeld streichen ab 18, kein Bafög usw.

  • Ein versuch die Diskussion nicht nur mit "Meinungen" sondern auch mit Fakten zu bereichern.

    1.) Nein, Erbschafts oder Vermöges-Besteuerung ist keine "fragwürdige" doppelte Besteuerung.



    Jedenfalls nicht mehr als Mehrwertsteuer und andere Verbrauchssteuer -- die so um die 200 Milliarden pro Jahr.

    Solche Argumente gegen Erbschaftssteuer wären ebenso Argumente gegen die Mehrwertsteuer -- die größte (oder 2.größte) Steuer dem Aufkommen nach.

    2.) Es werden in Deutschland jedes Jahr ca. 400 Milliarden Euro "vererbet".



    Zur Einordnung das sind ca. 5-tausend Euro jedes Jahr für jeden Bürger, Kinder etc eingschlossen



    oder 10-tausend pro deutschem Arbeitsplatz jährlich und zwar im Mittel faktisch "netto"

    3.) Denn es gibt in Deutschland aber faktisch keine Erbschaftssteuer denn aus diese 400 Milliarden Euro Erbschaften werden nur 12 Milliarden Steuern gezahlt (die Einnahmen aus der Tabaksteuer sind höher).

    4.) Der "defacto Verzicht" aus Erschaftsteuer und Vermögessteuer ist einer der Gründe dafür das Deutschland Arbeiteinkommen so ernorm start belastet wir kaum ein Staat sonst.

    5.) Erbschaftssteuer ist Besteuerung von Vermögen wie eine Vermögenssteuer, nur "Entbürokratisiert".

  • Im Westen "sind Erbschaften mit über 50.000 Euro normal, während sich Erben im Osten mit weit unter 50.000 Euro abfinden müssen. Das würde die Ostbeauftragte Elisabeth Kaiser gern ausgleichen"



    Warum? Ich komme selbst aus dem Osten. Die Wessi erben mehr, weil ihre Eltern und Großeltern nach dem Krieg Glück hatten und in einer freien Marktwirtschaft ihren Fleiß in Kapital umsetzen konnten.



    Das war uns Ossis verwehrt. Wir haben erst 50 Jahre später anfangen dürfen. Das kann und soll man nicht mit einem Fingerschnippen 'ausgleichen'.



    Sozialer Aufstieg, Erfolg, das sind alles Entwicklungswerte die man sich als Mensch, aber auch als Bevölkerungsgruppe, erarbeiten muss.



    Ein Grunderbe bekämen erstens Wessi wie Ossis, Arme wie Reiche, der finanzielle Abstand wäre also wieder gleich groß, das wäre kein 'Ausgleich'. Dieser Begriff ist hier (bewusst?) irreführend.



    Und zweitens hätte es ganz schnell den Makel als Brotkrumen abgestempelt zu werden. Quasi 'Begrüßungsgeld' für Junge.



    Das mit dem Begrüßungsgeld war schon nichts zur Deutschen Einheit.



    Das hatte mehr den Geschmack eines Almosen.



    Besser wäre, der Staat investiert Summe x verbindlich pro Jugendlichen in Schule, Ausbildungsangebote, etc

    • @Saskia Brehn:

      zwei Gedanken: erstens würde sich der Abstand zwischen Arm und Reich verringern, da es sich um eine absolute Summe handelt. Bei Reichen hat sie kaum einen Effekt, bei Armen hingegen einen großen. Der Abstand schrumpft relativ, was hier das entscheidende ist. Aber natürlich wird es nicht den Abstand auf magische Weise komplett aufheben, das sollte es meines Erachtens nach auch nicht.

      zweitens, ihr Vorschlag, das Geld in Bildung zu investieren hat einiges für sich und sollte diskutiert werden. Die Maßnahmen könnten man auch kombinieren, statt 100%des Budgets in das eine oder das Andere zu stecken.

    • @Saskia Brehn:

      Sie geben die Begründung ja selbst: Ob man erbt oder nicht, hängt hauptsächlich vom Glück, vom Zufall ab, in was für eine Familiengeschichte man geboren wird. Und dieser Zufall ist [mit] Ursache für zementierte Ungleichheiten. Aufgabe des Staates ist es aber laut Verfassung, auf „Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse“ hinzuwirken.



      Und natürlich wäre der finanzielle Abstand mit Grunderbe nicht mehr gleich groß, wenn nach finanzieller Leistungsfähigkeit in den Topf eingezahlt würde, aber jede und jeder die selbe Summe ausgezahlt bekäme. Das macht aus jemandem, der ohne Familienerbe bleibt, noch keinen Milliardär, aber wenn eine Milliardärin z.B. zehn Millionen in den Topf einzahlen müsste, aber wie alle anderen nur 20.000 Euro ausbezahlt bekäme, dann ist das schon eine Annäherung.

      • @o_aus_h:

        Und diese 20.000€ lösen welches Problem für junge Menschen?



        Ein Student in einer Großstadt könnte davon 1 Jahr ein WG Zimmer und seine laufenden Kosten zahlen.



        Das setzt natürlich voraus, dass jeder Jugendliche so vernünftig ist und das Geld 100% vorausschauend nutzt und nicht für Partys oder das Sabbatical durchjagt.



        Die Idee eines Grunderbes klingt charmant, schiebt aber alle strukturellen Probleme maximal 1 bis 2 Jahre auf, dann sitzen junge Menschen wieder da wo sie vorher saßen.



        Bildung, Wohnen, Führerschein, Urlaub sind von Bafög oder einer Ausbildungsvergütung nicht mehr zu stemmen.



        Das ist das Problem - nicht fehlendes Erbe.



        'Mehr Geld' löst keine Probleme, es verschiebt sie nur auf morgen.



        Das Verhältnis von Einkommen und Lebenshaltungskosten ist aus dem Gleichgewicht geraten - da läuft der Hase falsch.



        Früher konnte man sich von Fleiß und Lohnarbeit Haus, Auto, Urlaub leisten. Da müssen wir wieder hin. Arbeit muss sich lohnen, das Verhältnis von Kosten zu Verdienst muss wieder stimmen.



        Reichensteuer und Grunderbe sind für mich nur Nebelkerzen, weil sie am tatsächlichen Verhältnis von Kosten und Einnahmen nichts verändern, da soll Geld vom Staat quergeschoben werden.

  • „Das Einzige, was Linke von Geld verstehen, ist, dass sie es von Anderen haben wollen“.

    Ich muss zu unserer Schande gestehen, dass diese Aussage schlicht wahr ist.

    Selber was erarbeiten und dann auch behalten dürfen ist das Motiv, das den Kapitalismus erfolgreicher machte als seine Wettbewerber.



    Darüber mag man laut aufheulen, -ändert aber nichts.

    • @Hungerboomer:

      Also keine Steuern gab es im Feudalismus für den Adel. Alle großen, erfolgreichen kapitalistischen Staaten erheben von jener Steuern.

  • Finde immer solche Artikel immer ziemlich merkwürdig. Es gibt Unterschiede zwischen Ost und West, ja und.....? Bin mal auf dem flachen Land in der Nähe von Viersen und auch irgendwo im Saarland unterwegs gewesen und dann im Erzgebirge. Sehe da nicht so große Unterschiede, geschlossene Kneipen, alle arbeiten irgendwo, wo es Arbeit gibt und kommen - per Auto - zum Feierabend nach Hause. Dann sehe ich wieder Städte wie Dresden, Leipzig, Erfurt, selbst Neuruppin und meinetwegen Eisenach und dann den Ruhpott. Ich bin für einen Soli Ruhrpott, da muss Geld hin. Und Erbschaftssteuer? Ich als Freiberufler zahle schon mal den Höchstsatz und dann noch immer die Mehrwertsteuer.... anscheinend reicht das immer noch nicht. DA liegt doch irgendwas im Argen. Meines Erachtens.

  • Der Artikel zählt viele Probleme auf, um am Schluss zu einer untauglichen Maßnahme zu kommen. Das Geld aus einer vernünftigen Erbschaftssteuer sollte eben nicht als Erbe verteilt werden.

    Es sollte in ein Bildungssystem fließen, dass tatsächlich allen gleiche Chancen gibt. Es sollte verwendet werden, um die Lebensqualität überall im Land zu verbessern. Es gibt viele Baustellen...

  • Es ist erschreckend, wie sehr der Wille des Erblassers und seine bezahlte Arbeitsleistung ignoriert werden.

    Wenn es nichts mehr zu vererben gäbe, würde unsere Volkswirtschaft schrumpfen, da es für viele noch das einzige Arbeitsmotiv ist.

    Wenn ich nichts vererben kann, kann ich auch Teilzeit arbeiten.

    • @Yannis Pappas:

      Sie argumentieren völlig am Thema ind den Vorschlägen vorbei. Es geht:

      1. um ein Grunderbe für jeden. Das wurde auch schon in Verbindung mit einem Gesellschaftsjahr für alle zusammen gedacht.



      2. eine Finanzierung über eine Vermögenssteuer (sehe ich eher kritisch, da sich der Sinn nicht erschließt, warum ich auf Besitz Steuern zahlen sollte, auch wenn es mich mangels ausreichendem Vermögen nicht treffen wird) und oder Streichen von Steuererleichterungen von sehr hohen Erben. Da sprechen wir wohlgemerkt nicht über 500.000€, sondern eher 5 Millionen aufwärts.

      Wie viele Menschen in Deutschland haben überhaupt die Möglichkeit solche Summen PRO ERBE zu vererben? Und meinen Sie wirklich, dass diese Handvoll durch ihre Arbeitsleistung tatsächlich einen signifikanten Einfluss auf die Wirtschaftsleistung des landes haben?

    • @Yannis Pappas:

      Der Erblasser zahlt keine Erbschaftsteuer. Nur der Erbe zahlt sie, und der hat keine Arbeitsleistung in das geerbte Vermögen investiert. Da Konzept Grunderbe sieht ja m.W. auch nicht vor, dass das gesamte Vermögen eines Verstorbenen a den Staat fällt, sondern das ein Teil des Erbschaftssteuereinkommens* oder einer Vermögenssteuer an alle ausgeschüttet wird. Es würde vermutlich weiterhin Freibeträge und darüber gestaffelte Steuersätze geben, so dass sich an den allermeisten Erbschaften überhaupt nichts ändern würde.



      * Bei der Erbschafts-/Schenkungssteuer müsste sowieso noch mal nachgearbeitet werden, denn gerecht geht es dabei nicht zu. Die Erben von Knorr-Bremse haben selbstverständlich eine große Steuer bezahlt, während Mathias Döpfner Axel-Springer-Anteile im Werte von einer Milliarde Euro von Friede Springer geschenkt bekommen hat, und quasi nichts bezahlen musste: Er war zu arm um die Steuer zu bezahlen (genauer, er hatte vor der Schenkung all sein freies Vermögen auch in Springer-Aktien geschenkt, und die braucht er nicht verkaufen, wenn die Erbschaft/Schenkung über 250 mio. liegt).

    • @Yannis Pappas:

      In dem - unrealistischen- Vorschlag des Grunderbes ist nirgendwo die Rede davon, dass nicht mehr vererbt werden dürfte. Es soll nur jede mit 18 ein sogenanntes Grunderbe, also ein Begrüßungsgeld fürs Erwachsenwerden, erhalten.

      • @fly:

        Man möchte umverteilen, das ist das erklärte Ziel.



        Warum soll meine Arbeitsleistung nach meinem Tod umverteilt werden? Ich arbeite ja nicht für Hinz und Kunz sondern für meine Familie.

    • @Yannis Pappas:

      Arbeitsmotiv? Die meisten Erblasser heutzutage haben ihr Vermögen vor allem aus Zinserträgen und Aktien gemehrt. Wäre doch wünschenswert, wenn diese fortschreitende Vermögenskonzentration verlangsamt würde, zugunsten von Demokratie und Klima.

    • @Yannis Pappas:

      Auch „leistungslos“ ist das Erbe -wie vielfach behauptet- nicht



      immer, sondern oft ist damit verbunden eine besondere



      Verpflichtung gegenüber dem Erblasser, zB. bei der Versorgung und Pflege im Alter.

    • @Yannis Pappas:

      Finde ich auch. Genug Steuern werden ja in Deutschland gezahlt, bitte haushalten lernen, so wie es die schwäbische, thüringische und auch sächsische Hausfrau seit Jahrhunderten tut.

    • @Yannis Pappas:

      Sie arbeiten also, um der reichste Mensch auf dem Friedhof zu werden?

      • @warum_denkt_keiner_nach?:

        Nein, sondern um den Kindern bessere Lebensbedingungen zu hinterlassen u. Meine Konsumleidenschaft ohnehin begrenzt ist.