CDU-Brandmauer zur AfD: Merz kann es nicht

Der CDU-Chef eiert in seinen Äußerungen zur AfD. Ihm fehlt das politische Feingefühl, um seine Partei durch diese gefährlichen Zeiten zu steuern.

Close-up von Friedrich Merz

Ist er der Falsche als Oppositionsführer? Friedrch Merz, wie er halt schaut Foto: Michael Sohn/ap

Jetzt musste Friedrich Merz also nicht nur die Notbremse ziehen, sondern auch gleich noch den Rückwärtsgang einlegen. „Die Beschlusslage der CDU gilt. Es wird auch auf kommunaler Ebene keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD geben“, schrieb der CDU-Chef am Montagmorgen auf Twitter. Allerdings hatte er am Abend zuvor im ZDF noch das Gegenteil behauptet. Er hatte die kommunale Ebene aus dem Zusammenarbeitsverbot mit der AfD ausdrücklich ausgenommen. Also wieder ein Kommunikationsdesaster. Mindestens. Ob bewusst oder unbewusst: Merz gießt Öl ins Feuer.

Immer wieder prescht der konservative Oppositionsführer mit Aussagen vor, macht dann Rückzieher oder setzt Zusagen nicht um. Oft ist das schlecht für die CDU, weil Merz' Ausfälle alle Aufmerksamkeit auf sich lenken und die Inhalte der Opposition auf der Strecke bleiben. Auch das ist ein Grund, warum die Unzufriedenheit mit der Ampel laut Umfragen nicht bei der Union einzahlt. Im Umgang mit der AfD und ihren Diskursen aber ist Merz' Versagen gefährlich. Die CDU braucht eine Spitze, die die Partei mit klarem Kompass und viel politischem Fingerspitzengefühl durch diese herausfordernden Zeiten lenkt. Immer klarer wird: Merz kann das nicht.

Man kann dafür viele Beispiele aufführen: von den „kleinen Paschas“, wie Merz arabischstämmige Jungs pauschal nannte, über die „Sozialtouristen“, als die er ukrainische Geflüchtete verunglimpfte. Dass er großspurig Parteiausschlussverfahren für jede Zusammenarbeit mit der AfD ankündigte – und dann der Landrat von Bautzen keinerlei Sanktionen zu spüren bekam, als er einem Antrag der AfD zustimmte. Dass er die Grünen zum „Hauptgegner“ erklärte, obwohl man in zahlreichen Ländern gemeinsam regiert und schon die AfD die Grünen als Feind markiert haben. Oder dass er die CDU als „Alternative für Deutschland mit Substanz“ bezeichnete.

Aber bleiben wir kurz beim aktuellen Beispiel. Im Interview mit dem ZDF hatte Merz zwar wieder betont, es werde „keine Beteiligung der AfD an der Regierung geben“. Er bezog den Ausschluss der Zusammenarbeit aber nur auf die Bundes- und Landesebene sowie auf das Europäische Parlament – und nicht auf die Kommunen. Wenn in Thüringen ein Landrat und in Sachsen-Anhalt ein Bürgermeister von der AfD gewählt worden sei, dann seien das demokratische Wahlen, meinte Merz. „Das haben wir doch zu akzeptieren. Und natürlich muss in den Kommunalparlamenten dann auch nach Wegen gesucht werden, wie man gemeinsam die Stadt, das Land, den Landkreis gestaltet.“

Merz fiel Kom­mu­nal­po­li­ti­ke­r*in­nen in den Rücken

Es stimmt zwar: Wenn AfD-Politiker zu Landräten oder Bürgermeistern gewählt werden, können sich die anderen Parteien einer Zusammenarbeit nicht gänzlich verweigern. Doch statt auf das Problem hinzuweisen, erklärte Merz eine Kooperation mit der AfD in den Kommunen kurzerhand für legitim, stellte allen, die ohnehin damit liebäugeln, einen Freibrief aus und fiel so jenen Kom­mu­nal­po­li­ti­ke­r*in­nen in den Rücken, die sich vor Ort gegen Hass und für Demokratie einsetzen.

Der Versuch, das Ganze wieder einzufangen, dürfte dem schnellen, klaren und massiven Widerspruch aus Teilen der CDU zu verdanken sein. Der kam vor allem von jenen in der Partei, die ohnehin zum liberalen Flügel zählen. Auch das zeigt: Die CDU braucht klare Leitplanken. Merz gibt sie ihr nicht. Für die Aufgabe, vor der die CDU derzeit steht, ist er der Falsche.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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