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Bettelverbot in Hamburgs S- und U-BahnenS-Bahn verhindert Grundrechtsentscheidung

Kommentar von Amira Klute

Die Hamburger S-Bahn zahlt lieber ein Bußgeld zurück, als ein Urteil über ihr Bettelverbot zu riskieren. Für Betroffene deutschlandweit ist das fatal.

In Hamburger Bahnen verboten: Nach Kleingeld fragen Foto: Daniel Reinhardt/dpa

E s klingt erst mal fair. Die Hamburger S-Bahn hat einem Menschen eine Geldstrafe wegen unerlaubten Bettelns zurückgezahlt.

Die Person hatte zusammen mit der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und der Straßenzeitung Hinz&Kunzt im März gegen das Bettelverbot in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der S-Bahn geklagt. Ein ähnliches Verfahren gegen die Hochbahn, die U-Bahnen betreibt und auch ein Bettelverbot hat, läuft noch.

Das Bettelverbot im Hamburger Verkehrsverbund (HVV) gibt es schon seit 2004. Erst seit der Fußball-EM der Männer im vergangenen Jahr wird es aber auch regelmäßig umgesetzt. Rund 3000 Bußgelder verhängte der HVV im vergangenen Jahr – über 50.000 Euro mussten Betroffene zahlen. Menschen, die das Bußgeld nicht zahlen können, droht ein Inkassover­fahren.

Dass die S-Bahn dem Kläger jetzt die Strafe zurückgezahlt hat, ist für ihn eine gute Nachricht. Er hat nicht nur die Vertragsstrafe in Höhe von 40 Euro zurückbekommen, sondern sich auch erfolgreich gegen eine herabwürdigende und absurde Praxis gewehrt, Menschen zur Kasse zu bitten, weil sie arm sind. So arm, dass sie Leute in der Öffentlichkeit nach Spenden fragen.

Vom europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist das Recht auf Betteln 2021 anerkannt worden

Davon können sich alle anderen Menschen, die wie der Kläger auf Spenden angewiesen sind und deswegen betteln, aber leider nichts kaufen. Indem die Hamburger S-Bahn, eine Tochterfirma der Deutschen Bahn, dem Kläger einfach das Geld zurückgezahlt und sich nicht gegen seine Klage verteidigt hat, hat sie verhindert, dass ein Gericht entscheiden kann, ob ihr Bettelverbot rechtmäßig ist. Sie hat sich rausgekauft.

Jetzt kann die S-Bahn unbehelligt mit den Durchsagen und Plakaten, die auf das Verbot hinweisen, den Kontrollen und den Bußgeldern weitermachen. Theoretisch könnte sogar der Kläger, wenn er morgen wieder erwischt würde, wieder eine Strafe aufgebrummt bekommen, ohne dass er juristisch etwas dagegen in der Hand hätte.

Der Move der S-Bahn wirkt aber auch über Hamburg hinaus. Die Hamburger S-Bahn hat mit der Zahlung an den Kläger verhindert, dass für ganz Deutschland endlich eine Frage geklärt wird, deren Beantwortung kritische Ju­ris­t*in­nen für seit Jahrzehnten überfällig halten: Ist Betteln grundrechtlich geschützt?

Zwar hat das Bundesverfassungsgericht schon mal klargestellt, dass es kein Recht darauf gibt, nicht angebettelt zu werden. Und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat das Recht auf Betteln 2021 anerkannt. Für Deutschland fehlt bisher aber eine solche Gerichtsentscheidung.

Hier ist Betteln seit 1974 zwar grundsätzlich nicht mehr verboten. Und dass Kommunen nicht einfach pauschal das Betteln, zum Beispiel in ihren Innenstädten, verbieten dürfen, haben Gerichte auch schon mehrfach entschieden.

Bei diesen Urteilen scheiterten die Verbote aber an Formalia: Zum Beispiel wurde 2023 ein Bettelverbot in Krefeld gekippt, weil aus ihm nicht deutlich genug wurde, was genau das verbotene Betteln sein sollte. Mit der Klage in Hamburg hätte es jetzt endlich die Möglichkeit gegeben, grundsätzlich über das Betteln entscheiden zu lassen.

Wem gehört der öffentliche Nahverkehr?

Und es ging um noch mehr: um die Frage, wem eigentlich der öffentliche Nahverkehr gehört. Zwar dürfen Unternehmen wie die Hamburger Verkehrsbetriebe selbst entscheiden, was in ihren Beförderungsbedingungen steht. Sie haben das Hausrecht. Die Gesellschaft für Freiheitsrechte argumentiert aber, dass die Bahn öffentlicher Raum ist. Und da ist Betteln eben nicht pauschal verboten. Auch damit hätte das Gericht sich beschäftigen müssen.

So bleibt vorerst alles beim Alten und Betteln in den Hamburger Bahnen verboten. Gut ist das für niemanden. Nicht einmal für Leute, die selbst nichts abzugeben haben und vom Weg von der Nachtschicht nach Hause nur mal kurz ihre Ruhe haben wollen. Denn gebettelt wird trotz des Verbots.

Schlecht ist es für alle, die so arm sind, dass sie Leute, die sie überhaupt nicht kennen, ansprechen, nach Geld fragen und deswegen auch noch Strafen zahlen müssen.

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Jahrgang 1997, hat Soziologie und Anthropologie in Halle (Saale) studiert, kommt vom Freien Radio. Seit November 2024 Volontärin der taz nord in Hamburg.
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40 Kommentare

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  • Wo ziehen wir denn als Gesellschaft die Grenze zwischen Kommunikation und um Hilfe bitten ? Fragt uns einer unserer Mitmenschen nach den Weg oder bittet uns, ihm über die Straße zu begleiten/helfen - ist es schon als Betteln einzuordnen oder erst wenn ein Mitmesch Hunger und Durst hat, wir aber gerade kein Getränk oder ein belegtes Baguette dabei haben und stattdessen 5 Euro geben ?

  • "...dass Kommunen nicht einfach pauschal das Betteln (...) verbieten dürfen, haben Gerichte auch schon mehrfach entschieden."



    Kommunen nicht, aber Verkehrsbetriebe sind keine Kommune. Verkehrsbetriebe haben Beförderungsbedingungen und ein Hausrecht in ihren Fahrzeugen. Die BVG in Berlin kann und hat definitiv bereits Hausverbote gegen einzelne Personen ausgesprochen.



    Wer Hausverbote aussprechen kann, kann auch betteln verbieten, so wäre meine Schlussfolgerung.



    Abseits davon hat der Artikel völlig recht, dass es ein Armutszeugnis für unser reiches Land ist, dass es hier Menschen gibt, die so arm sind, dass sie andere um Geld ansprechen müssen.



    Aus diesem Missstand eine Kampf für die Legalisierung von Betteln abzuleiten, halte ich aber für falsch. Vielmehr sollte man dafür kämpfen, dass niemand mehr betteln muss.



    Denn betteln ist unangenehm. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Großteil der Bettelnden es gerne tut. Und auch wenn es harsch klingen mag, ich verstehe auch jeden, der Betteln als störend empfindet, egal ob man einfach nur seine Ruhe haben will, sich ängstigt oder egal was.



    Der ÖPNV muss angenehmer werden, wollen wir mehr Menschen für ihn begeistern.

  • Die Tatsache, dass viele Bettler selbst ausgenutzt und gezwungen werden für Leute im Hintergrund betteln zu gehen, sollten wir bitte nicht leugnen oder verdrängen.

    Genauso die Tatsache, dass ein paar Euro auf die Hand niemanden aus der Obdachlosigkeit oder sozialen Misere bringt.

    Betteln zu unterstützen bedeuten also (nicht nur, aber auch) den Status Quo leidender Personen zu zementieren, statt ihn zu verändern.

    Echte Veränderung und Hilfe für Notleidende oder Obdachlose bringen nur Projekte von Hilfsorganisationen. Ich würde raten: Anstatt einzelnen Personen (über deren echtes Schicksal ihr nichts wisst) ein paar Euro zuzustecken, macht einen Dauerauftrag an eine Hilfsorganisation die dafür sorgt, dass die Leute nicht mehr betteln müssen.

  • Ein Bettelverbot in der S-Bahn ist für mich die Abdankung eines zivilisierten Umganges miteinander: alles ist zu regeln, was nicht erlaubt ist, ist verboten. Die bettelnden Personen/Zeitungsverkäufer, die ich täglich erlebe, mögen bisweilen lästig sein; aber wenn sie belangt werden, ist ihre Lage noch prekärer. Das Ergebnis meiner Güterabwägung ist klar: erlauben!

  • Ich halte es für eine gute Sache, wenn in öffentlichen Verkehrsmitteln das Betteln verboten ist. Genauso wie das Spiel der Bettelmusikanten. Warum sollen einige, wenige mehr Rechte haben als die Mehrheit der Nutzer? In München haben es die Nutzer des ÖPNV mit Beharrlichkeit geschafft, diese störenden Personen durch gezielte Meldung bei den S- und U-Bahn-Fahrern und durch Einsatz von Polizei und S- und U-Bahnwache nahezu vollständig aus dem ÖPNV zu vertreiben. Ich denke, dies sollte das Ziel in jeder (Groß-) Stadt sein. Weder die Kombination Bürgergeld/Grundsicherung plus Betteln noch das Betteln zum Lebensunterhalt ohne Registrierung im Lande sollte toleriert werden. In der Münchner Innenstadt gibt es eine Reihe von Bettlerinnen, von denen vermutet wird, dass diese für eine organisierte Gruppe arbeitet. Sozusagen Bettel als abhängige Beschäftigung ohne Sozialversicherung. Wollen wir das?

  • taz: *Bettelverbot in Hamburgs S- und U-Bahnen. S-Bahn verhindert Grundrechtsentscheidung. [...] dass für ganz Deutschland endlich eine Frage geklärt wird, deren Beantwortung kritische Jurist*innen für seit Jahrzehnten überfällig halten: Ist Betteln grundrechtlich geschützt?*

    Betteln ist in Deutschland ja erlaubt, aber der 'öffentliche Nahverkehr' in Hamburg (HVV) gehört wohl nicht zu Deutschland. Schön ist das natürlich alles nicht und auch ich, der seit Jahren den "Bettlern" (ein Wort wie aus dem tiefsten Mittelalter) immer mal etwas Geld zustecke, habe langsam auch keine Lust mehr mein Geld an die Armen im HVV zu verteilen. Was ist eigentlich aus dem Sozialstaat Deutschland (und der „sozialen“ SPD) geworden?







    Und weshalb spricht man eigentlich immer von Menschenwürde (Art. 1 GG) wenn arme Menschen in unserem Land - das sich gleichzeitig auch noch mit dem Sozialstaatsprinzip "schmückt" (Art. 20 Abs. 1 GG) - betteln müssen?

    Die Frage sollte deshalb auch nicht lauten: Ist Betteln grundrechtlich geschützt? Die Frage sollte eher lauten: Warum müssen in einem der reichsten Länder dieser Welt selbst im 21. Jahrhundert arme Menschen immer noch wie im finsteren Mittelalter betteln?

    • @Ricky-13:

      Vielleicht weil sie gar nicht in dem "reichen Land" leben, das gar nicht mehr so reich ist? Und daher keinen Anspruch auf Sozialleistungen haben?

  • In meiner Stadt darf man neuerdings zwar betteln - aber bitte niemanden ansprechen, um - Originalton - eine „respektvolle Atmosphäre im öffentlichen Raum zu schaffen und das Einkaufserlebnis für alle Bürgerinnen und Bürger zu verbessern“.

    Auch mir ist es unangenehm, häufig auf eine Spende angesprochen zu werden, nur müssen wir uns fragen, warum. Sind wir einfach nur genervt? Ist es Bequemlichkeit? Oder handelt es sich vielleicht um ein schlechtes Gewissen und das Bewusstwerden der eigenen Hilflosigkeit angesichts stetig sichtbarer werdender Armut in unserem Land? Sicher ist von allem etwas dabei, nur - verdrängen hilft nicht. Bettelnde sind der tägliche Stachel in unserem Fleisch, der uns daran erinnert, dass etwas grundsätzlich falsch läuft.

  • Ich habe nichts dagegen, wenn ich gefragt werde, ob ich etwas spenden will. Was mich nervt ist das mittlerweile aggressive Betteln. Ich will nicht angefasst werden, verfolgt werden oder am Weiterlaufen gehindert werden.

  • Ich fahre regelmäßig S-Bahn in Hamburg. Ich werde im Monat ca. 10 mal angebettelt. Seit ich miterlebt habe, wie jemand ausgeraubt wurde, habe ich 1€ Münzrollen zuhause. Immer, wenn sich jemand entscheidet, mich um Hilfe zu bitten, kriegt er von mir einen Euro. Diese Leute hätten auch kriminell werden können, und leider passiert das auch nicht selten. Aber jeder, der um Hilfe bittet, hat sich dafür entschieden aufrichtig zu leben. Das möchte ich unterstützen.



    Für mich sind das etwa 10€ im Monat, davon kann ich mir einen Döner und ein Getränk kaufen. Aber für 10 Bettler ist das eine Nacht, in der sie nicht hungrig schlafen müssen.



    Ich denke, das ist es wert.

  • Betteln ist ein soziales Symptom, das besser von den Ursachen her behandelt würde. Wir könnten ja argumentieren: wir haben eine Grundsicherung, warum bettelt dann jemand? Da spielen auch sozialpsychiatrische und andere Gesundheitsfragen hinein. Eine Riesenverwaltung wird doch schaffen, Ursachen zu finden. Mich stört "betteln" nur in dieser Dimension. Der Mensch, der da still sitzt und seinen Pappbecher hinhält hat eher mein Mitgefühl, auch wenn es das "Betteln ohne Not" = " Betteln als Beruf" gibt, was man mit etwas Menschenkenntnis erkennt. Er unterscheidet sich grundsätzlich nicht von den Fundraising Kampagnen hochangesehener Organisationen, die auch dazu dienen Mitarbeitern Gehälter zu zahlen.

  • Die Frage, ob es ein Grundrecht darauf gibt, andere Leute anzubetteln, geht am Kern der Sache vorbei. Das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit in Artikel 2 Grundgesetz bedeutet, dass praktisch jedes menschliche Verhalten grundsätzlich von diesem Grundrecht geschützt ist. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass man von diesem Grundrecht überall uneingeschränkt und ohne Rücksicht auf die Rechte anderer Gebrauch machen kann. Es ist z. B. auch vom Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit geschützt, zu rauchen, Trompete zu spielen oder sich den Intimbereich zu rasieren. Das bedeutet aber nicht, dass man dies auch in öffentlichen Verkehrsmitteln uneingeschränkt tun darf. Sehr viele Menschen sind auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen und können nicht ausweichen. Es muss möglich sein, einen Weg mit Bus oder Bahn unbehelligt zurückzulegen, ohne von anderen Personen aufgefordert zu werden, ihnen Geld zu geben (auch wenn es in Form einer Frage geschieht), egal ob das Geld ohne Gegenleistung gegeben werden soll oder z. B. für ein Zeitschriftenabonnement, eine Versicherung oder einen Staubsauger.

  • Matthäus 5,42: gib dem,der dich bittet, und weise den nicht ab, der von dir leihen möchte

  • Die Sozialpolitik der Hamburger Regierung beweist einmal mehr, dass die SPD keine linke Partei ist.

    • @Erwin1.:

      In Hamburg wird die SPD aber immerhin gewählt.

  • >Menschen, die das Bußgeld nicht zahlen können, droht ein Inkassover­fahren.<

    ist das ein Witz? Inkasso kostet erst mal Geld. Von einem "Bettler" wird man Nichts zurückbekommen. Grundsatz: Einem nackten Mann kann man nicht in die Tasche greifen. Eine leere Drohung.

    • @A. Müllermilch:

      Die können denen aber regelmäßig Gerichtsvollzieher auf den Hals hetzen wenn sie später einen Titel erwirken. Und durch die Kosten bis dahin, Inkasso usw, sind es dann auch keine 40 Euro mehr sondern eher so ~400 Euro.

      Es mag dann Sachbearbeiter geben die die Leute eher in Ruhe lassen. Aber leider ganz sicher, auch andere...

      • @Rikard Dobos:

        >regelmäßig Gerichtsvollzieher auf den Hals hetzen<

        Kostet regelmäßig Geld. Nach Abgabe der EV ist ohnehin für drei Jahre Schluss. Zwangsvollstreckung macht in Deutschland wirklich keinen Spaß. Gegen "Bettler" wird jeder Profi die Finger von lassen.

      • @Rikard Dobos:

        Dafür müssten die ja zunächst mal eine Anschrift haben. Viele geben aber an, während sie betteln, sie wären obdachlos.

        Wohin soll der Bescheid denn dann zugestellt werden?

  • "Die Gesellschaft für Freiheitsrechte argumentiert aber, dass die Bahn öffentlicher Raum ist."

    Gewagte Aussage. Mir ist nicht bekannt, das man für öffentlichen Raum eine Eintrittskarte/Ticket kaufen muss, um diesen zu betreten.

    • @Tom Tailor:

      Ernsthaft? Sie halten den ÖPNV (Öffentlichen Personen Nahverkehr) nicht für einen öffentlichen Raum?

      • @Erwin1.:

        Das ist er rein rechtlich tatsächlich nicht.

      • @Erwin1.:

        Öffentlicher Raum ist üblicherweise definiert als ein Ort, der für jeden ohne besondere Zugangsberechtigung zugänglich ist - anders als der private Raum, zu dem man zugelassen werden muss.

        Ein Bahnhof ist daher öffentlicher Raum, in eine Bahn darf man aber in den meisten Städten nur einsteigen, wenn man ein Ticket gelöst hat. Es gibt sogar Städte (ich weiß nicht mehr wo), in denen an den U- und S-Bahnhöfen steht, man dürfe sie nur mit gültigem Ticket betreten.

        Ob das dann noch "öffentlicher Raum" ist, steht sehr in Frage.

        • @Dr. McSchreck:

          "Ob das dann noch "öffentlicher Raum" ist, steht sehr in Frage."

          Keineswegs, da der öffentliche Raum sich juristisch dadurch definiert, dass er keiner rechtlichen Beschränkung unterliegt. Ein Entgelt für die Benutzung zu entrichten ist in diesem Sinne keine rechtliche Beschränkung. Gilt für öffentliche Toiletten, Parkgebühren und auch für die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel.

          • @Sam Spade:

            Das dürfte so nicht richtig sein. Rechtliche Beschränkungen sind ja die AGB der Verkehrsbetriebe. Ansonsten wäre auch MediaMarkt ein öffentlicher Raum, aber Sie werden denen kaum das Hausrecht absprechen wollen, oder?

            • @Strolch:

              Rechtliche Beschränkungen stellen juristisch eine Einschränkung von Rechten dar. Zum Beispiel die Handlungsfreiheit.

              AGBs sind Vertragsbedingungen und stellen allgemeine Regelungen dar. Beispiel:

              Eine Stadtbibliothek gehört ebenfalls zum öffentlichen Raum. Diese hat sowohl eine Hausordnung sowie AGBs in denen die Bestimmungen zum Ausleihen von Büchern geregelt sind. Bedeutet aber nicht, dass ihre Rechte eingeschränkt sind, wenn sie ein Buch ausleihen sondern das sie die vertraglichen Bestimmungen der Stadtbibliothek bei der Ausleihe akzeptieren.

          • @Sam Spade:

            Das stimmt so nicht. Wie die "Gewalt" ist die Definition in verschiedenen Bereichen verschieden. Ein Bahnhof, der wie in Paris mit Schranken versehen ist, ist zum Beispiel definitiv kein öffentlicher Raum.

            Welche Definition der EuGMR zugrund gelegt hat, weiß ich nicht - darauf käme es aber an.

            Weiter habe ich im Studium noch gelernt, dass Betteln ein "Verstoß gegen die öffentliche Ordnung" sei. Selbst wenn die Rechtsprechung da liberaler geworden sein mag, spätestens "belästigendes" - also Personen konkret ansprechendes - Betteln dürfte rechtlich unzweifelhaft zu verbieten sein.

      • @Erwin1.:

        Nein, denn nur weil ein Unternehmen eine solche Bezeichnung hat oder Namen trägt, muss es mit der erbrachten Dienstleistung nicht konform gehen. Konkret: der ÖNPV ist zwar Angebot für die Öffentlichkeit, allerdings kostenpflichtig und mit Hausrecht des Anbieters, im Gegensatz zum öffentlichen Raum, der gratis für jedermann zur Verfügung steht.

  • Ich war gerade drei Tage in Rostock und wurde nicht angebettelt, in HH passiert mir das alle zehn Minuten und gerade im HVV. Das nervt wirklich.

    • @RealSeebaer:

      Inwieweit ist Ihre subjektive Empfindung höher zu bewerten als ein objektives Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte?

      • @Erwin1.:

        Hat der Gerichtshof geurteilt, dass es hinzunehmen ist, wenn man im Minutenrhythmus bedrängt wird, Geld zu geben? Oder darf man sich doch genervt fühlen?

      • @Erwin1.:

        Inwieweit ist das eigene Wohlbefinden weniger wert als ein Urteil.



        Denn darum ging es im Kommentar. Ich bin auch vom jeglichen Straßenlärm genervt, obwohl dieser gesetzlich nicht verboten ist.



        Auch meine rein subjektive Empfindung.

  • genau, das hausrecht ist egal, hauptsache der raum ist öffentlich. betteln in der bibliothek, dem bürgeramt oder freibad...auch ein supermarkt ist als öffentlicher raum definiert, betteln an der schlange vor der kasse?

    • @alterverwalter:

      Das der öffentliche Personen Nahverkehr, öffentlich ist, ändert auch Ihre Verächtlichmachung nichts.

      • @Erwin1.:

        Der ÖPNV ist für die Öffentlichkeit, aber nicht öffentlich und Allgemeingut. Und öffentlich heißt dann nur, das niemand, der einen Fahrschein hat (und sich auch entsprechend gesittet benimmt) ein Recht auf Beförderung hat. Alles andere ist Hausrecht. Vor allem bei privaten Unternehmen, welche von der Stadt/dem Kreis den Auftrag erhalten haben, Beförderungsleistungen für die Öffentlichkeit zu erbringen. Da steht aber in der Auftragsvergabe bestimmt nicht drin, das diese ihre privaten Flächen jedem Bedürftigen als Notunterkunft oder zum Betteln zur Verfügung zu stellen haben. Macht mein Vermieter (und Ihrer sicher auch) mit dem Hausflur und auch dem privaten Durchgang bei uns über das Grundstück zur dahinterliegenden Straße ja auch nicht. Warum sollte die Bahn oder der HVV das machen? Bis in die sechziger Jahre gab es Bahnsteigsperren, so das man nur mit Fahrkarte einen Bahnhof betreten konnte. Damit wäre dieses Problem sehr schnell und juristisch korrekt gelöst. Es träfe dann halt nur wieder die, welche sich eh nicht wehren können.

      • @Erwin1.:

        Alle seine Beispiele sind auch öffentlich.

      • @Erwin1.:

        Falsch. Er steht der Öffentlichkeit zur Verfügung, aber gegen Bezahlung und unter Bedingungen, im Gegensatz zum öffentlichen Raum.

        Juristische Definition: Der öffentliche Raum ist für alle Menschen offen und zugänglich, ohne dass eine Zugangsbeschränkung oder eine besondere Erlaubnis erforderlich ist.

  • Vielleicht fragt man die Fahrgäste auch mal?



    Ich fahre bevorzugt abends/nachts mit dem Auto statt mit den Öffis, weil Bahnhöfe zu Drogenhotspots verkommen sind, und man sowohl da als auch in den Öffis teilweise aggressiv angebettelt wird. Ich habe ein recht darauf, in Ruhe gelassen und nicht angemacht zu werden.

    • @Sandra Becker:

      Richtig es gibt gravierende Missstände in der Sozialpolitik, die werden durch Verbote nicht einmal ansatzweise verändert.

      • @Erwin1.:

        „Die großartige Gleichheit vor dem Gesetz verbietet den Reichen wie den Armen, unter Brücken zu schlafen, auf den Straßen zu betteln oder Brot zu stehlen.“ [Anatole France (1844 - 1924), französischer Literaturnobelpreisträger]

        Die Reichen werden in diesem Land immer reicher und die Armen müssen betteln. Auch ein Null-Euro-Klimaticket für den ÖPNV wird es nicht geben, solange die Armut in diesem Land nicht sozial und menschenwürdig gelöst ist. Das ist nämlich auch ein Grund, weshalb man ein Null-Euro-Klimaticket nicht einführen will, das man für eine klimafreundliche Mobilitätswende aber ganz dringend benötigt. Der Grund liegt wieder mal in der "sozialen" Denkweise unserer Politiker, denn nicht nur das Betteln, sondern auch die Obdachlosigkeit nimmt im reichen Deutschland immer mehr zu und der Sozialstaatsgedanke ist anscheinend nur noch ein "unbedeutender Artikel" mit der Nummer 20 im Grundgesetz. Wo werden sich Tausende von Obdachlosen wohl bei Nässe und Kälte aufhalten, wenn der ÖPNV für alle Bürger kostenlos ist? Richtig, im ÖPNV (Bahn und Busse).

        Sie haben vollkommen recht, denn die gravierenden Missstände in der Sozialpolitik müssen endlich einmal behoben werden.