Bauernproteste und Klimaaktivismus: Blockieren mit Augenzwinkern
Straßenblockaden mit Trecker sind erlaubt. Das will die Letzte Generation ausnutzen. Wahre Blockierer sind aber weder Bauern noch KlimaaktivistInnen.
E s gibt Vorurteile, die halten sich hartnäckig: Auf deutsche Autos kann man sich verlassen; Ostfriesen und Blondinen sind doof; im Elfmeterschießen gewinnen immer wir. Oder auch: Ökos haben keinen Humor. Das ist selbstverständlich alles Quatsch. Vor allem die Letzte Generation hat das gerade eindrucksvoll widerlegt. Im Netz kursiert das Foto von einer Blockade: Ein junger Mann sitzt mit Warnweste vor Autos auf der Straße – auf einem grünen Spielzeugtrecker mit Anhänger. Daneben eine Frau mit einem Plakat: „Wir dürfen das! Wir haben einen Traktor.“
Sehr lustig. Laut ihrer Presseabteilung waren die BlockiererInnen der Letzten Generation mit diesem Trecker-Move überall unterwegs, mit Plakaten und Landmaschinen aus Pappe. Der Witz hinter dem Witz war natürlich: Wer Bauer ist und einen dicken John Deere hat, der darf für die Erhaltung seiner Subventionen die Städte blockieren und alle finden das gut. Wer sich fürs Klima auf die Straße klebt, gilt als Terrorist. Oder wie der Brandenburger Innenminister sagt: Die Bauern haben Versammlungen angemeldet, die Klimaschützer haben Straftaten begangen.
Da wäre das doch eine prima Idee: Die wütende Konfrontation rund um Klima und Transformation, die derzeit durchs Land tobt, mal mit ein bisschen Augenzwinkern aufzulockern. Immerhin waren die großen Fridays-for-Future-Demos immer auch eine Fundgrube für lustige Sprüche wie „Rettet die Erde – sie ist der einzige Planet, auf dem es Pizza gibt“.
Und die Bauernproteste haben ja durchaus ebenfalls ihre schräge Seite: Teuren Agrardiesel verbrennen, um gegen den Agrardiesel-Preis zu protestieren? Großer Aufstand gegen Kürzungen, die zum großen Teil zurückgenommen wurden? Proteste Hand in Hand mit CDU/CSU-Politikern, die für einen großen Teil des Misthaufens an Agrarpolitik verantwortlich sind, den die Bauern jetzt beklagen?
Bäuerinnen und Bauern schützen das Klima
Eigentlich sind ja Bäuerinnen und Bauern die wahren KlimaschützerInnen: Sie setzen mit ihren Blockaden Verkehrsberuhigung in den Innenstädten durch; sie wollen lieber bei den anderen fossilen Subventionen kürzen, etwa beim Flugbenzin; sie speichern mit ihrer Arbeit jede Menge Kohlenstoffdioxid, zum Beispiel in Gerste, Hopfen und Malz (das dann wieder in die Luft entweicht, wenn das Bier geöffnet wird, aber wir wollen nicht kleinlich sein); sie produzieren den Blumenkohl für all die Veggie-Schnitzel; sie arbeiten rund um die Uhr und können sich teure und CO2-intensive Ferien auf den Malediven einfach nicht leisten.
Und jetzt betritt die Großmeisterin der politischen Satire die Bühne: die deutsche Bundesregierung. Das Land steht still, die Bauern werden geschont. Und die Ampel streicht gleichzeitig völlig ungerührt und ungestört Milliarden beim Klimaschutz: anderthalb Milliarden für Moore, Auen und Wälder – zack, weg! 200 Millionen für Klimaschutz im Ausland – peng, einkassiert! Zwei Milliarden an Hilfen für Gebäudesanierungen – wusch, futsch!
Das Versprechen des Kanzlers, für internationale Klimahilfen 6 Milliarden Euro pro Jahr zu zahlen – auf der Kippe. Wenn es in diesem Land eine Blockade gibt, dann bei der Klimapolitik. Ohne Witz.
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