BDS-Bewegung gewinnt Rechtsstreit: Kein Raumverbot für Israelboykott
Städte dürfen nicht verbieten, dass in kommunalen Räumen über den Boykott Israels diskutiert wird. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht.
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist bundesweit wirksam. Es setzt einen vorläufigen Endpunkt unter den Streit über die BDS-Bewegung, die unter anderem zum Boykott von Waren aus Israel aufruft. BDS steht für „Boykott, Desinvestition, Sanktionen“. Die 2005 gegründete internationale Bewegung will Israel durch politischen und wirtschaftlichen Druck zum Rückzug aus den besetzten palästinensischen Gebieten zwingen.
Die Bewegung ist umstritten, weil aus ihren Reihen immer wieder das Existenzrecht Israels infrage gestellt wird. Der Bundestag hat sie in einem Beschluss von 2019 als „antisemitisch“ charakterisiert. Schon 2017 hatte der Münchener Stadtrat mit großer Mehrheit beschlossen, in städtischen Räumen keine Veranstaltungen mehr zuzulassen, die sich mit der BDS-Kampagne „befassen, diese unterstützen, diese verfolgen oder für diese werben“.
Raumverbot verstößt gegen Meinungsfreiheit
Aus Protest dagegen plante eine Gruppe von Bürgern um den pensionierten Physiker Klaus Ried eine Pro-und-kontra-Diskussion über den Stadtratsbeschluss und beantragte dafür städtische Räume. Die Stadt verweigerte die Räume jedoch, weil es auch hier um eine „Befassung“ mit BDS-Themen gehe.
Veranstalter Ried zog gegen das Raumverbot vor Gericht und hatte bereits im November 2020 beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) Erfolg: Das Verbot verletzte die Meinungsfreiheit, so der VGH. Auf Revision der Stadt München musste sich nun das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in Leipzig mit dem Streit befassen und bestätigte das VGH-Urteil. Damit ist rechtskräftig festgestellt, dass Klaus Ried für eine Veranstaltung über BDS-Verbote Räume der Stadt München benutzen darf.
Eingriffe in die Meinungsfreiheit seien laut Grundgesetz nur durch und auf Grundlage von „allgemeinen Gesetzen“ möglich, sagte die Vorsitzende Richterin Ulla Held-Daab. Diese Anforderung verfehle das Münchener Raumverbot jedoch gleich dreifach, so das BVerwG. Erstens sei ein Stadtratsbeschluss kein Gesetz. Zweitens sei der Münchener Beschluss nicht meinungsneutral.
Und drittens sei er auch nicht zum Schutz allgemeiner Rechtsgüter erforderlich. Dies wäre vor allem dann der Fall, so Held-Daab, wenn mit Straftaten zu rechnen ist und wenn das Feld der friedlichen Auseinandersetzung verlassen wird. Dass auf Rieds Diskussionsveranstaltung mit Straftaten zu rechnen wäre, hatte bereits der VGH verneint. An diese Feststellung war das BVerwG in der Revision gebunden.
Zukünftig dürfen Städte also nur dann kommunale Räume für BDS-Veranstaltungen verweigern, wenn eine ernsthafte Gefahr von Straftaten droht, etwa Volksverhetzung und Beleidigungen. Die Stadt München wollte sich dagegen schon im Vorfeld von Straftaten schützend vor die Münchener Juden und Jüdinnen stellen, sagte der Anwalt der Stadt, Ulrich Hösch, in der Verhandlung. Man wolle sich nicht vorwerfen lassen, dass man die BDS-Bewegung unterstütze, indem man ihr städtische Räume überlasse.
Klägeranwalt Alfred Braun kritisierte die Stadt: Sie wolle der Gesellschaft vorschreiben, was sie zu denken und zu diskutieren habe. Münchens OB Dieter Reiter (SPD) bezeichnete das Urteil als Rückschlag. Er forderte das Land auf, in der bayerischen Gemeindeordnung eine gesetzliche Grundlage für das Münchener Raumverbot zu schaffen.
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