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Ausweisung russischer DiplomatenZu wenig zu spät

Silke Mertins
Kommentar von Silke Mertins

Annalena Baerbock weist 40 russische Botschafts-Geheimdienstler aus. Ein wichtiges Zeichen nach dem schändlichen Autokorso. Nur: Warum erst jetzt?

Außenministerin Baerbock erklärt 40 russische Diplomaten zu „unerwünschten Personen“ Foto: Tobias Schwarz/afp

S chändliches Verhalten macht sich nie nur an dem fest, was man tut, sondern auch an allem, was man geschehen lässt. So einen Moment der Schande erlebte Berlin an dem Tag, als uns die Bilder aus Butscha erreichten und sich gleichzeitig ein Autokorso mit russischen Kriegsbefürwortern hupend durch die deutsche Hauptstadt wälzte.

Allein schon deshalb tat es wohl, dass Außenministerin Annalena Baerbock am Montagabend verkündete, dass Deutschland 40 russische Diplomaten zu „unerwünschten Personen“ erklärte und damit zur Ausreise auffordert. Baerbock machte auch keinen Hehl daraus, dass es sich dabei nach ihren Erkenntnissen um Botschafts-Geheimdienstler*innen handelt, die eine Gefahr für Menschen aus der Ukraine darstellten.

Die Ausweisung ist aus diesem Grund mehr als nur ein Symbol. Schließlich war der Tiergartenmord, bei dem das Kammergericht Berlin-Moabit Russland „Staatsterrorismus“ vorwarf, nur ein Fall in einer umfangreichen internationalen Mordserie des Kreml. Man kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass unter den Hunderttausenden aus ihrer Heimat vertriebenen Menschen aus der Ukraine auch viele sein dürften, die auf russischen Abschusslisten zu finden sind. 40 russische Agenten weniger, die solche Anschläge planen könnten, machen durchaus einen Unterschied.

Gleichzeitig fragt man sich: Warum erst jetzt? Warum nicht gleich zu Beginn des Angriffskrieges? Oder nach dem Urteil im Tiergartenmord? Oder der Vergiftung von Nalwany? Den Kriegsverbrechen in Aleppo? In der deutschen Außenpolitik ist seit Langem ein Muster erkennbar, das sich auch mit der neuen Bundesregierung kaum geändert hat: Immer zu wenig zu spät.

Das bremst jedoch in keiner Weise die Begeisterung über die deutsche Außenpolitik. Dem Bundeskanzler hätte man ja in Genossenkreisen am liebsten schon nach seiner Vermittlungsmission in Moskau den Friedensnobelpreis verliehen. Und Annalena Baerbock wird in jüngster Zeit so innig gelobt, dass man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, die entsprechenden Tweets und Zeitungsartikel wären mit Tränen der Rührung in den Augen verfasst worden.

Die Fakten sehen dagegen anders aus: Die deutsche Krisendiplomatie kam viel zu spät und ist grandios gescheitert. Bis zuletzt wollte Scholz das Wort Nord Stream 2 nicht in den Mund nehmen, statt dem unsinnigen Projekt schon viel früher den Garaus zu machen. Für die wirklich schmerzhaften Sanktionen gegen Russland mussten auch erst die Bomben fallen. Wer weiß, was sie bewirkt hätten, wären sie schon Monate vorher in Kraft gewesen.

Die Bundesregierung hat sich bis zum Ausbruch des Krieges – von Vizekanzler Robert Habeck einmal abgesehen – Waffenlieferungen kategorisch verweigert. Für Scholz und Baerbock war gleichermaßen klar: Nichts, was schießt. Historische Verantwortung! Keine Waffen in Krisengebiete! Und dann wurden sie doch geschickt – auch wieder zu wenig und zu spät. Und niemand hat sich groß die Mühe gemacht, zu erklären, warum „keine Waffen in Krisengebiete“ plötzlich nicht mehr gilt.

Am Ende zählen in der Außenpolitik nicht Worte, und seien sie noch so klar oder scharf. Wer schön spielt, aber kein Tor schießt, hat trotzdem verloren. Auf die Ergebnisse kommt es an. Wo sind diese Ergebnisse? Was wurde erreicht? Für solidarische Worte, betroffene Reden und Tonnen von Mitgefühl ist man in der Ukraine sicher dankbar. Aber es sind eben nur Worte.

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Silke Mertins
Redakteurin Meinung
Kommentatorin & Kolumnistin, Themen: Grüne, Ampel, Feminismus, Energiewende, Außenpolitik
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48 Kommentare

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  • "Gleichzeitig fragt man sich: Warum erst jetzt? Warum nicht gleich zu Beginn des Angriffskrieges? Oder nach dem Urteil im Tiergartenmord? Oder der Vergiftung von Nawalny? Den Kriegsverbrechen in Aleppo? In der deutschen Außenpolitik ist seit Langem ein Muster erkennbar, das sich auch mit der neuen Bundesregierung kaum geändert hat: Immer zu wenig zu spät."

    Wohl wahr. Dazu ist es allerdings hilfreich, sich noch einmal das gesamtgesellschaftliche Klima in Erinnerung zu rufen, das diese Art des politischen Weckduckens über Jahre hinweg erst ermöglicht hat. Joachim Gauck, der in seiner Zeit als Bundespräsident immer wieder eine härtere Gangart gegenüber Putins Rußland gefordert hatte, musste sich von Antje Vollmer hier in der taz vorhalten lassen, er jage "alte Gespenster". taz.de/Debatte-Gau...Russland/!5031665/



    Ein Provinzpolitiker der Linkspartei nannte ihn im gleichen Zusammenhang einen "widerlichen Kriegshetzer" www.tagesspiegel.d...ssen/10101828.html



    Und ein anderer Kommentator wusste sich garnicht einzukriegen ob des großen Glücks, das Deutschland mit Frank-Walter Steinmeier als Außenminister habe - und eben nicht den bösen Gauck und sein "haltloses Gerede" taz.de/Kommentar-G...insaetze/!5040012/

    Aber wo viel Schatten ist, ist auch Licht. Also etwas Balsam für die Redaktion: Dominic Johnson war in dieser Frage schon immer stabil taz.de/Debatte-Gau...npolitik/!5039948/

    • @Schalamow:

      Danke für den Rückblick.

  • 8G
    83635 (Profil gelöscht)

    Das Problem ist dass Baerbock Sanktionismus beherrscht aber weder Außenpolitik noch Diplomatie!

    • @83635 (Profil gelöscht):

      Das Zeitalter der Diplomatie mit Russland ist vorbei das Zeitalter der Generäle und Geheimdienstler hat begonnen....

    • @83635 (Profil gelöscht):

      Genau man muss Putin, der Krankenhäußer bombardieren und Zivilisten per Kopfschuß hinrichten läßt nur gut zureden. Schuld hat die mangelnde Verhandlungsbereitschaft/-fähigkeit von Frau Baerbock. Dass auch sämtliche andere Politiker nichts ausrichten konnten, blendet man gekonnt aus.

  • Ich korrigiere:



    Kriegsbefürworter*innen



    Diplomati*innen



    Agent*innen

    Wenn schon Gendersternchen, dann konsequent.

    Der Kommentar nimmt zudem die Grünen unter Welpenschutz. Richtig ist: Habeck hatte nach einem Ortstermin während der Wahlkampagne Waffen gefordert - und wurde von der eigenen Partei heftig abgewatscht mit Einordnungen wie "Privatmeinung", "Einzelmeinung", "nicht abgesprochen".

  • Die deutsche Krisendiplomatie kam viel zu spät und ist grandios gescheitert. Das kann man Frau Baerbock sicher vorwerfen, aber sinnvoll ist es nicht. Schließlich hat sie ein ganz enges politisches Korsett an und trotz aller Ambitionen: darauf war sie nicht vorbereitet.

    Nach meinem Geschmack hätte die Außenministerin die Brisanz der Lage erkennen müssen und dann vielleicht doch leiser, aber energischer diplomatisch agieren sollen. So bleiben nur die Bilder in Uniform und markige Sprüche in Richtung Russland in Erinnerung.

    Im Moment würde ich mir weniger Anmaßung und etwas Besonnenheit wünschen. Niemand hat was davon, wenn wir in diesen Krieg auch reinschlittern. Dann hat es sich nämlich mit Energiewende & so.

  • Also, die Ausweisung der russischen Geheimdienstmitarbeiter ist gut. Die Ukrainerinnen vom Pariser Platz berichteten schon vor Wochen von gezielten Störungen durch die benachbarte russische Botschaft.



    www.zeit.de/politi...fluechtete/seite-3

    Baerbock hätte bei dieser Gelegenheit auch Andrij Melnyk ausweisen sollen, und Giffey hätte sich ihm nicht auch noch anlässlich der Debatte über diesen Autokorso anbiedern müssen, aber insgesamt finde ich das deutsche Verhalten richtig.



    www.berliner-zeitu...-zu-weit-li.220323

    Zugleich ist es erschreckend, wenn die Autorin diesen Korso mit der Diplomatenausweisung in Verbindung bringt und von einem "Autokorso mit russischen Kriegsbefürwortern". Der Anmelder der Demonstration ist Deutscher (sogar Bundeswehrveteran), genau wie wohl auch die meisten Teilnehmer. Solche Versuche, Russlanddeutsche zu Russen zu stempeln und ihr Hiersein in Frage zu stellen, sind inakzeptabel.

  • Ehm ... 'tschuldigung, ich will jetzt niemand mit Details langweilen aber ...



    - Gemäß deutschem Recht sind Waffenlieferungen in Krisengebiete verboten. Ich finds schon ganz putzig, wenn das Einhalten unserer eigenen Gesetze kritisiert wird.



    - Als das Urteil zum Tiergartenmord fiel, war die aktuelle Regierung gerade mal eine Woche im Amt.



    - Als Nawalny vergiftet wurde, regierte Frau Merkel.



    - Als die Kriegsverbrechen in Aleppo begangen wurden, regierte ebenfalls Frau Merkel.

    Bei der Gelegenheit möchte ich die Frage stellen, warum Frau Mertens diesen Artikel nicht geschrieben hat, als Frau Merkel noch Kanzlerin war. Ok, nicht nur die TAZ hat bezüglich Kritik an Frau Merkel nicht gerade den Vogel abgeschossen, jetzt aber bei Vorgängen auf die Ampel einzudreschen, die eindeutig auf das Konto Merkels gehen, ist IMHO denn doch ziemlich, ziemlich weit neben der Spur.



    Und nicht zuletzt: Wieso eigentlich gibt es in den deutschen Medien niemand, der mal auf die Idee kommt, sich mit den 15 Jahren Merkel kritisch auseinanderzusetzen? Da ist ja nicht nur die Russland-Politik. Digitalisierung, Klimawandel, Bundeswehr, Flüchtlinge, Corona, Maut etc. pp. Ein Auszug einer Liste des Komplettversagens der Politik Merkels. Keiner Erwähnung wert? Ehrlich?

    • @Kaboom:

      Ich bin vollkommen bei Ihnen – was ich unter Merkel, bzw. generell vermisse, ist eine "Haltung". Eine Linie der Politik und Diplomatie, welche den Gegenüber, z.B. Putin, erkennen läßt, wo welche Konsequenzen drohen.

      Wobei, das hat Merkel eigentlich getan – alle wußten, sie beschützt nur die "Wirtschaft" – alles andere hat sie treiben lassen.

      Merkel hat es uns allerdings 16 Jahre in einer Scheinwelt "gut gehen" lassen. Fällt uns jetzt aber auf die Pantoffeln. Und das in vielen Politikfelder.

      Junge Leute können nur sagen: Danke ...

    • @Kaboom:

      Verstehe ich nicht, mit Merkels Politik wurde sich in den letzten 15 Jahren, tagesaktuell, in allen Blättern der Republik auseinandergesetzt. In Europa stand dabei Deutschland, hinsichtlich Flüchtlingspolitik und Wirtschaftspolitik nicht so schlecht da. Mir ist kein Land bekannt, das es besser hinbekommen hat. Bsp.: Hat es Frankreich, Großbritannien, Holland , Belgien, Italien, Griechenland oder Spanien in der Flüchtlingspolitik, Verteidigungspolitik, Corona, Digitalisierung oder Russlandpolitik besser hinbekommen? Mal ehrlich

      • @Pepi:

        Achja, kleine Ergänzug, hatte ich zunächst übersehen: Bezüglich Digitalisierung steht D in Europa auf Platz 27. Knapp hinter Rumänien.

        • @Kaboom:

          Ihre Daten sind falsch. Geht man nach Eurostat, liegt Rumänien seit Jahren in der Spitzengruppe.

      • @Pepi:

        Ach echt? Bezüglich Flüchtlingen bestand die "Politik" der Bundesregierung unter Merkel 2015ff darin, die Flüchtlinge an der Grenze in Busse zu laden, irgendwo anders auszuladen. und die Sache für erledigt zu halten.



        Die Karre aus dem Dreck gezogen haben anschließend Ehrenamtler.



        Die Flüchtlinge standen anschließend - mitten im Winter - teilweise über Wochen an, um sich registrieren zu lassen. Und Herr De Maiziere kam im Merz 2015, ein 3/4 Jahr nach Beginn der Flüchtlingswelle auf die glorreiche Idee, man müsse vielleicht beim BAMF das Personal aufstocken.

        Und Wirtschaftspolitik? Nennen Sie mal IRGEND ETWAS, was die diversen Regierungen unter Merkel diesbezüglich unternommen haben, das einen positiven Einfluss auf die Beschäftigung hatte. Die Dame hat sich real auf den Lorbeeren anderer ausgeruht.

        Und Corona? Da muss man sich nur die Zahlen ansehen. Und beispielsweise mit Italien oder Portugal vergleichen. Und auch hier NULL Plan, Null Konzept. Keine Vorbereitung auf den Herbst und Winter in 2020, dasselbe in 2021. Und wenn Sie wissen wollen, wie man das macht, gucken Sie nach Italien oder Portugal. Bei den Impfquoten maximal im Mittelfeld der EU. Auch hier Komplettversagen der Regierung Merkel

        • @Kaboom:

          Wo standen und und stehen die Flüchtlinge in Italien, Griechenland, Spanien, Polen, Rumänien, Frankreich und England jetzt? In Lagern, in der Wildnis , in den Parks oder auf den Tomaten- Erdbeer oder Orangenplantagen unter Plastikplanen.



          Natürlich kann man es besser machen. Aber auch in diesen Ländern gibt es Ehrenamtler. In Italien haben sie vermutlich die Bilder mit den Särgen im Kopf und in Portugal die Bilder mit den Beatmungseinheiten, die die Bumdeswehr geliefert hat, während Holland und Frankreich die Patienten in Deutschland auf den Intensivstationen abgeladen hat. Wenn dies von Ihnen als Komplettversagen gedeutet wird, kann ich nur vermuten, dass es dort Rosen regnet. Zum Ehrenamt sage ich Ihnen nur: Wenn Sie dafür Lohn und Anerkennung erwarten ist es kein Ehrenamt. Ehrenamt hat etwas mit Freiwilligkeit zu tun.

    • @Kaboom:

      Das mit den Waffenlieferungen stimmt so nicht (s.u.), aber das Tabu, die himmelschreienden "Versäumnisse" der Merkeljahre anzuprangern, regt mich genauso auf wie Sie. Dazu gehören eine ganze Reihe v.a. CDU- und SPD-Politiker - eigentlich würde ich sie gern vor Gericht sehen (kenn mich aber juristisch nicht aus), da sie - nichtwissenwollend - das Land in diese entsetzliche Abhängigkeit von einem verbrecherischen Regime gebracht haben. Fast nur grüne Politiker haben genau davor all die Jahre gewarnt



      Und gegenüber Frau Bärbock hat Frau Mertins einen Beißreflex, das muss man bei ihren Kommentaren immer mitdenken.

    • @Kaboom:

      Irgendwie frage ich mich schon seit geraumer Zeit, wie die Menschen sich den Fortgang der Geschichte hier vorstellen. Alle meckern immer herum, dass es diplomatisch keinen Erfolg gibt, während man den Nachrichten nach sowieso den Eindruck hat, dass über absolut nichts anderes als Waffen geredet wird.

      Wie soll das also ausgehen, wenn man nicht mehr mit Russland redet? Wir beliefern die Ukraine weiter mit immer stärkeren Waffen? Wohin das bisher geführt hat, kann man in den Medien ja sehen: Tote, mehr Tote, das Land liegt in Schutt und Asche.



      Und bis wann tun wir das? Bis von der Ukraine nichts mehr übrig ist? Oder bis die russische Armee "besiegt" ist? Das ist doch Unsinn.

      So sehr es einem zuwider ist, wir müssen mit Russland reden - genauer gesagt die Ukraine muss. Und es wird einen unschönen Kompromiss geben müssen, z.B. Krim und/oder Donbass weg. Alles andere führt so oder so in den Weltkrieg.

      • @Jalella:

        Natürlich haben Sie Recht, man muss mit Russland reden. Das Problem ist allerdings, dass es zumindest eine Basismenge an Vertrauen benötigt. Und dieses Vertrauen ist gegenüber Putin weg. Und das lässt sich auch nicht wiederherstellen. Der Mann hat - über Wochen und Monate - jeden Politiker belogen, den er getroffen hat. Und getroffen hat er fast jeden, der international von irgend einer Relevanz ist. Dazu kommen die Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit etc. Dazu kommen die von Russland nicht eingehaltenen Verträge.



        Langer Rede kurzer Sinn: Solange Putin regiert, wird sich das Reden mit Russland auf das absolut unabdingbare Minimum beschränken.

      • @Jalella:

        Dass viel geredet wurde und wird, haben Sie schon mitbekommen? Auch, was geredet wurde und was folgte?



        Mein Vorschlag: fahren Sie in eine ost- oder südukrainische Gegend, die unter Kontrolle des russischen Militärs steht, bewegen die ukrainischen Streitkräfte dazu, die Waffen niederzulegen und genießen Sie den Frieden unter russischer Besatzung!



        Bevor Sie jetzt aber Hals über Kopf aufbrechen, checken Sie nochmal kurz die Nachrichtenlage...

    • @Kaboom:

      Die meisten Menschen können mit Rechtsstaatlichkeit leider nichts anfangen. Viele urteilen einfach so aus dem Bauch heraus, wie es ihnen gerade gefühlsmäßig in den Kram passt. Das Problem gibt es an vielen Stellen und das ist leider auch eines der größten Argumente gegen Volksabstimmungen. So sehr ich diese auch befürworten möchte.

    • @Kaboom:

      Danke für den Kommentar!



      Stellte mir gerade genau dieselben Fragen.

    • @Kaboom:

      "Gemäß deutschem Recht sind Waffenlieferungen in Krisengebiete verboten."

      Das stimmt schlicht nicht, auch wenn es immer wieder behauptet wird, das wurde im Januar im Verfassungsblog nochmal ausführlich erläutert.

      verfassungsblog.de...-in-krisengebiete/

      Und es gäbe x Beispiele wo dagegen verstoßen wird, weil es diese Rechtslage schlicht nicht gibt. Deutschland liefert z.B. Israel 1990/1991 Patriot Raketen weil Saddam Israel mit seinen umgebauten Scud Raketen während Desert Shield beschießt.

      • @Sven Günther:

        Interessanter Link. Ich bin - anders als Frau Ley, die den Beitrag auf Verfassungsblog geschieben hat - juristischer Laie, kann aber googeln.



        Und finde in ein paar Sekunden das hier:



        www.bmwi.de/Redakt...stungsexporte.html



        Referenzen auf GG Art 26, sowie das Kriegswaffenkontrollgesetz.



        Und da findet man in §6 folgendes:

        Die Genehmigung ist zu versagen, wenn



        1.



        die Gefahr besteht, daß die Kriegswaffen bei einer friedensstörenden Handlung, insbesondere bei einem Angriffskrieg, verwendet werden,

        Und natürlich ist auch die Verteidigung gegen ein Aggressor eine



        "friedensstörenden Handlung".

        Mir scheint, Frau Ley hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht

        • @Kaboom:

          "Und natürlich ist auch die Verteidigung gegen ein Aggressor eine

          "friedensstörenden Handlung"."

          Geil, damit haben Sie Staatsanwalt Julius von Kirchmann in 2 Sätzen widerlegt, R.v. Jhering hat dafür eine ganze Vorlesung gebraucht.

          • @BluesBrothers:

            In dem von mir zitierten § des Kriegswaffenkontrollgesetzes findet sich der Sachverhalt. Und der Angriffskrieg ist extra erwähnt:

            "insbesondere bei einem Angriffskrieg"

            Die Formulierung bedeutet offenkundig, dass es neben einem Angriffskrieg noch andere friedensstörende Handlungen gibt. Welche sind das denn Ihrer Meinung nach? Oder mal ganz flach über den Tisch: Was gibts denn neben Angriff und Verteidigung noch?

        • @Kaboom:

          Einer Dr. iur. und wM der Max-Planck-Gesellschaft mangelnde Sachkompomtenz mit Google Links vorzuwerfen, würde ich als äußerst sportlich bezeichnen, aber lesen wir doch mal Ihren Link und klicken dann auf diesen weiterführenden Links.

          www.bmwi.de/Redakt...wird-geprueft.html

          "Entscheidungen über Rüstungsexporte sind stets Einzelfallentscheidungen.

          Die Bundesregierung legt bei Rüstungsexporten in sogenannte Drittstaaten - also außerhalb vonEU,NATOund gleichgestellten Staaten - sehr strenge Grundsätze an: Der Export von Kriegswaffen wird nicht genehmigt, es sei denn, dass im Einzelfall besondere außen- oder sicherheitspolitische Interessen für eine Genehmigung sprechen. Die Herstellung, der Handel oder die Vermittlung sowie die Ausfuhr von Kriegswaffen unterliegen den strengen Bestimmungen des Kriegswaffenkontrollgesetzes (KrWaffKontrG). In diesem Gesetz wird ausdrücklich festgestellt, dass niemand einen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung hat."

          Die Ukraine hat ergo kein Recht von uns beliefert zu werden, aber die Möglichkeit hätten wir durchaus, indem wir einfach feststellen, wir haben hier ein besonderes Interesse.

          Sich zu verteidigen ist auch keine friedensstörende Handlung, der Angreifer stört den Frieden. Die Ukraine nimmt gemäß Art. 51 der Charter der UN ihr Selbstverteidigungsrecht wahr.

          • @Sven Günther:

            Sie verstehen ernsthaft nicht den Unterschied zwischen deutschen Waffenlieferungen und dem Selbstverteidigungsrecht? Gibts auf der ganzen Welt kein anderes Land, das Waffen liefern kann? Du liebe Güte ...

            • @Kaboom:

              Sie benutzen Begriffe wie es zu ihrem Weltbild passt, für sie ist alles außer ergeben eine friedensstörende Maßnahme. Wie ist nach ihrer Begriffsdefinition die Lieferung deutscher Patriotraketen an Israel während der Angriffe durch Saddam 1991 mit Scud B zu erklären und die BRD liefert wieder als die USA in den Irak 2001 einmarschieren und sich Israel bedroht fühlt? Israel ist wie die Ukraine ein Drittstaat.

              m.faz.net/aktuell/...ten-an-182287.html

              "Gibts auf der ganzen Welt kein anderes Land, das Waffen liefern kann?"

              Ich will nicht das Deutschland Waffen an Leute die sich verteidigen liefern, sollen das doch andere machen....

              Wir sind das größte und wirtschaftlich stärkste Land in der EU und im europäischen Nato Block. Nein wir können nicht weiter so tun als seien wir die Schweiz.

        • @Kaboom:

          "Und natürlich ist auch die Verteidigung gegen ein Aggressor eine "friedensstörenden Handlung"."



          Falls das Satire sein soll ist sie weder geschmackvoll noch gelungen. Falls das ernst gemeint sein sollte wirft es die Frage auf ob sie den Opfern einer solchen Aggression wirklich absprechen wollen sich adäquat verteidigen zu können.

          • @Ingo Bernable:

            Sie verstehen offenbar weder den Kontext noch besitzen Sie das entsprechende Hintergrundwissen in deutscher Geschichte. Man mag das falsch finden, aber nach dem 2. Weltkrieg wollte D sich in keinster Weise an Kriegen beteiligen. Weder durch aktive Beteiligung der BW, noch durch Waffenlieferungen.



            Das dies heute anders gesehen wird, ist mir klar. Nur ist die Gesetzeslage eben so, wie sie ist.

            • @Kaboom:

              Zur Nachkriegsgeschichte gehört auch das Amt Blank, die Wiederbewaffnung und Gründung der Bundeswehr. Der Sinn war wieder wehrfähig zu sein und seinen Beitrag zur Abschreckung zu leisten. Die ersten Einheiten die geplant wurden waren Panzerdivisionen. Leider fahren Panzer immer schneller vorwärts als rückwärts, getreu dem Motto: Angriff ist die beste Verteidigung.



              Die BRD war 10 Jahre nach Kriegsende wieder bereit für einen Waffengang. War nix mit - Nie wieder Krieg- .

            • @Kaboom:

              Ich hätte so meine Zweifel ob ihre höchst eigene Interpretation dieser Gesetze tatsächlich den juristischen Konsens wiederspiegelt. Wennd das so ist und diese Gesetze darauf hinauslaufen, dass unterlassene Hilfeleistung gesetzlich festgeschrieben ist, sollte man sie ändern und den Erfordernissen der Zeit anpassen, das ist schließlich die Aufgabe von Politik.

              • @Ingo Bernable:

                Nun, interessanterweise war meine Position bis vor ein paar Wochen parteiübergreifend Konsens im Bundestag.



                Aber Ihrer Schlussfolgerung stimme ich absolut zu. Ich hätt aber gern eine breite Diskussion darüber. Das Problem mit der Verteidigung ist nämlich allgemein (allerdings vermutlich nicht in diesem speziellen Fall), dass man nicht weiß, ob der aktuelle Verteidiger nicht in ein paar Jahren den Spiess umdreht

        • @Kaboom:

          Nach Ihrer Logik wären Waffenlieferungen an angegriffene Staaten allerdings in dem Moment erlaubt, wenn diese kapituliert haben.



          Diese Meinung finde ich durchaus zulässig.

          • @Jossito:

            Nuja, die letzte Bundesregierung hat Waffen an Saudi-Arabien geliefert. Ein Land, das seit Jahren einen Angriffskrieg gegen das Land Jemen führt. Insofern ist nicht nur vollkommen Schnuppe was ich denke, sondern auch, was in diesem Gesetz steht.

        • @Kaboom:

          Jetzt verstehe ich viele Ihrer Kommentare besser. Sie wenden die Ironie dritten Grades an.

  • Bei solch einem verbalen Rundumschlag muss Frau Mertins aufpassen, dass sie sich dabei nicht noch selbst trifft.



    Gut, dass diese 40 Diplomaten jetzt ausgewiesen werden. Es gilt dabei aber auch immer, erst genau abzuwägen, ob so eine politisch brisante Aktion berechtigt ist, dies trifft in diesem Fall wohl zu.



    Es wurden in der Vergangenheit viele Fehler gemacht, Situationen falsch eingeschätzt oder auch falsche Schlüsse aus dem Verhalten des Kremel gezogen- hinterher ist man immer schlauer. Diplomatie ist ein zähes Geschäft.



    Die neue Regierung mit Scholz und Bearbock hat ersr seit Januar ihr Mandat, der Vorwurf der Untätigkeit trifft daher m.E. nicht zu und Schnellschüsse sollte frau vermeiden, sie führen meist zu nichts.

    • @Klaus Waldhans:

      Erst wurde durchgängig erst dann reagiert, wenn es gar nicht mehr anders ging.

      So wird es auch mit den Zahlungen für das Gas laufen.

      Die Regierung agiert wie Angeklagte in einem Prozess. Zugeben, was sich beim besten Willen nicht mehr leugnen lässt.

      Das ist der Situation völlig unangemessen.

    • @Klaus Waldhans:

      "Die neue Regierung mit Scholz und Bearbock hat ersr seit Januar ihr Mandat, der Vorwurf der Untätigkeit trifft daher m.E. nicht zu"



      Die Invasion fand Ende Februar statt. Die hier formulierte Krtik bezieht sich auf das was man seitdem getan bzw. nicht getan hat, nicht auf die Fehler der voherigen Regierung(en).

  • Man könnte es so formulieren



    Hinterher ist jeder klüger, aber dass die TAZ Waffenlieferungen das Wort redet ist schon erstaunlich

  • "Nur: Warum erst jetzt?" leicht abgewandelt: Warum haben die Medien (auch die TAZ) nicht laufend die 194-Monate-Kanzlerin gefragt; warum die Energiewende ausgebremst wird bzw. die Verkehrswende gar nicht stattfindet. Und zig weitere Versäumnisse der Kanzlerin wurden nicht hinterfragt. Das Szenario jetzt sähe aber komplett anders aus, wenn Merkel und Entourage sinnvoll gehandelt hätten.

  • Zu wenig zu spät? Man sollte nicht auf Krawall machen. Sondern diplomatisch vorgehen. Denn auch für Deutschland steht hier viel auf dem Spiel. Und wenn unsere Politik Deutschland in Sack und Asche fährt ist sie zukünftig für viele Jahre von politischer Verantwortung ausgeschlossen.

  • W. Kaminer hat das so schön formuliert: "die Deutschen diskutieren darüber, ob Sie Putin den Hintern küssen oder streicheln wollen."

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""Gleichzeitig fragt man sich: Warum erst jetzt? Warum nicht gleich zu Beginn des Angriffskrieges? Oder nach dem Urteil im Tiergartenmord? Oder der Vergiftung von Nalwany? Den Kriegsverbrechen in Aleppo?""



    ==



    Richtige Frage - trotzdem die Antwort jeder kennt.

    Die Bundesrepublik war damit beschäftigt sich als vollwertiges Mitglied der Weltgemeinschaft nach der Shoah und nach der Katastrophe von WWII zu rehabilitieren. Es war noch vor 6 Monaten unvorstellbar, das die Bundesrepublik Waffen liefert an ein Land, welches gegen Russland kämpft - nach dem furchtbaren Vernichtungskrieg, den Nazi-Deutschland gegen Russland geführt hatte.

    Der Kern dieses Fehlverhaltens liegt daran, das es in der Geschichtsschreibung oder in der Wahrnehmung der Geschichte selten der Hitler - Stalinpakt die Wertigkeit in der Diskussion der Historiker bekam, welcher dieses schändliche Abkommen verdient.

  • Eine klare Linie ist die Abneigung gegen die neue Außenministerin.Das hat etwas Persönliches und gehört nicht in einen Kommentar.

    Was bitte schön kann das Außenministerium gegen eine Autocorso unternehmen?

    Bei aller Hybris von Frau Baerbock, mensch sollte Sie doch an den Vorgängern messen (einer davon ist Bundespräsident geworden und schwer ertragbar geblieben). Und Heiko Maß? Man stelle sich das vor! Horror vacui. Dann hat die Außenminsterin durchaus gewonnen, auch an Format.

  • National und kriegsaffin: Schon vor Jahren hatte Herrmann Gremliza (konkret) die taz treffend als "Kinder-FAZ" bezeichnet.

    • @Beate Homann:

      Naja, Glashäuser stehen überall, auch die konkret-Redaktion sitzt in einem.

    • @Beate Homann:

      Woran machen Sie "National und kriegsaffin" fest?