Wagenknecht stellt Koalitionsbedigungen: Kalkulierte Maximalforderungen
Das BSW will in den nächsten Bundestag einziehen – und stellt schon jetzt Koalitionsbedingungen. Das treibt den Verhandlungspreis hoch.
E rfolg macht selbstbewusst. In Umfragen liegt das „Bündnis Sahra Wagenknecht“ in den ostdeutschen Bundesländern, in denen im September gewählt wird, stabil im zweistelligen Bereich. Dort könnte dem BSW nach den Wahlen im Herbst eine Schlüsselrolle zufallen. Von dieser Aussicht berauscht, legt die Parteichefin die Latte für mögliche Koalitionen mit Union, SPD, Grünen oder Linken schon mal unerreichbar hoch: Nur wer auch im Bund gegen Waffenlieferungen an die Ukraine und für Verhandlungen mit Russland sei ist, käme für sie als Partner in Thüringen, Sachsen oder Brandenburg in Frage, tönt Wagenknecht.
Regieren will Wagenknecht in diesen Bundesländern noch nicht. Ihr Fernziel ist die nächste Bundestagswahl, bei der sie wieder in den Reichstag einziehen will, diesmal mit ihren BSW-Getreuen. Würde sich ihre Partei vorher an einer Landesregierung beteiligen, könnte sie manche Wähler enttäuschen. Das will Wagenknecht tunlichst vermeiden. Darum stellt sie solche kalkulierten Maximalforderungen.
Zugleich schärft sie damit ihr Profil in der „Friedensfrage“, denn das ist ihr Trumpf. Die AfD schlägt zwar vergleichbare Töne an, aber deren „Markenkern“ ist die Migration. Das BSW dagegen spricht all jene an, die den Kurs der anderen Parteien gegenüber Russland ablehnen oder skeptisch sehen – sei es aus ehrlicher Angst vor einer Eskalation, aus Sympathien für Diktator Putin oder Antiamerikanismus. Oder einfach aus Egoismus, weil einem der persönliche Wohlstand wichtiger ist als das Schicksal der Ukraine. Das kann man zynisch finden. Aber mit Wählerbeschimpfung wird man niemanden überzeugen können, der mit dem BSW sympathisiert. Und auch nicht, indem man die Ukrainepolitik der Bundesregierung als alternativlos darstellt.
Mit ihrem kompromisslosen Anti-Kurs spricht Wagenknecht viele Wähler an. Sollte ihr am Ende die Rolle einer Königsmacherin zufallen, kann sie es sich ja noch mal anders überlegen und zum Beispiel eine Minderheitsregierung tolerieren. Hauptsache, sie bestimmt den Preis dafür.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen