Kindergrundsicherung am Ende: Paus’ Mitschuld
Mit der jüngsten Attacke könnte Lindner die Kindergrundsicherung endgültig begraben haben. Daran ist auch Lisa Paus' unbeholfenes Agieren schuld.
D as wird es wohl gewesen sein mit der Kindergrundsicherung. Nachdem sich die grüne Familienministerin Lisa Paus und Finanzminister Christian Lindner, FDP, im vergangenen Jahr monatelang darüber gefetzt hatten, wie die Kindergrundsicherung zu finanzieren sei und sich am Ende auf eine lächerliche Summe von 2,4 Milliarden Euro geeinigt hatten, flammt die Debatte aktuell wieder auf.
Jetzt moniert Lindner die 5.000 neuen Stellen, die seine grüne Kabinettskollegin für den Familienservice geltend macht. Mit dem Personal will sie den zu erwartenden Antragsansturm ab 2025, wenn die Kindergrundsicherung in Kraft treten soll, abfangen. Aber Lindner sagt: Nö, da mach ich nicht mit. Und begründet seine Blockade in der ihm eigenen liberal-konservativen Manier mit der „Eigenverantwortung“, die man den Betroffenen doch bitte nicht nehmen solle.
So wenig überraschend Lindners Haltung ist, so fragwürdig ist sie auch. Die Kindergrundsicherung ist ein wichtiges sozialpolitisches Instrument, um Tausende Kinder aus der Armut zu holen und ihnen ein Leben in Würde zu gewährleisten. Das sollte auch dem nüchternsten Finanzminister etwas wert sein. Dass er die Mittel nach dem erneuten Debakel und seinen ohnehin ehrgeizigen Sparplänen lockermachen dürfte, ist fraglich.
Daran trägt Lisa Paus keine geringe Mitschuld. Wie kann eine Familienministerin ein Projekt, das Paus selbst das „größte sozialpolitische Reformprojekt der Ampel“ nennt und das seit seinen Anfängen vor fast zwei Jahrzehnten ihre Handschrift trägt, so planlos versenken? Seit ihrem Amtsantritt agiert die Grüne unkoordiniert, überstürzt, unvorbereitet.
Sie hätte gewappnet sein müssen
Für die Kindergrundsicherung hat sie wohl noch immer kein Konzept vorgelegt, mit dem das parlamentarische Verfahren weitergeführt werden kann. Dabei hat das „größte sozialpolitische Reformprojekt der Ampel“ es verdient, auch als solches behandelt zu werden. Und sich nicht von einem Oberlehrer als renitentes Kind behandeln zu lassen, weil die Mutter nicht in der Lage ist, es zu beschützen.
Der Familienministerin ist es in den zwei Jahren ihrer Amtszeit kaum gelungen, für familien- und sozialpolitische Themen rhetorisch zu begeistern und sie umzusetzen. Dabei ist die Volkswirtin seit 30 Jahren in der Politik und hätte gewappnet sein müssen, insbesondere in Finanzfragen.
Noch ist Paus „optimistisch“, dass die Kindergrundsicherung kommt. Vielleicht hat sie damit sogar recht. Nur: Die Familienministerin könnte dann möglicherweise anders heißen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
Solidaritätszuschlag in Karlsruhe
Soli oder Haushaltsloch
Belästigung durch Hertha-BSC-Fans
Alkoholisierte Übergriffe im Zug
Ringen um Termin für Neuwahl
Wann ist denn endlich wieder Wahltag?
Habecks Ansage zur Kanzlerkandidatur
Pragmatismus am Küchentisch