piwik no script img

Bundestagsstreit um den TaurusScholz in gereizter Stimmung

Der Marschflugkörper Taurus dominiert die Bundestagsbefragung des Kanzlers. Unionsantrag für die Lieferung an die Ukraine ohne Aussicht auf Mehrheit.

Kanzler Scholz bei der Befragung im Bundestag am 13. März Foto: Annegret Hilse/reuters

Berlin taz | Es war ein bemerkenswerter Augenblick in der Bundestagsbefragung des Kanzlers am Mittwoch. Mehrere Unionsabgeordnete hatten Olaf Scholz bereits zum Thema gelöchert, als der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen abermals versuchte, den Kanzler beim Marschflugkörper Taurus aus der Reserve zu locken. Da wurde der plötzlich persönlich.

In seiner Antwort auf Röttgen wechselte Scholz vom Sie zum Du, vom „sehr geehrten Abgeordneten“ zum „lieben Norbert“: Es ärgere ihn, so Scholz, „dass du alles weißt und eine öffentliche Kommunikation betreibst, die darauf baut, dass dein Wissen kein öffentliches Wissen ist“. Das sollte „in der Demokratie nicht der Fall sein“. Oha.

Röttgen zeigte sich irritiert. Entschieden wies er die „Unterstellung“ zurück, „ich würde irgendetwas wissen“. Dann ging er zur Gegenattacke über: „Sie spielen nicht mit klaren Karten und Sie zielen darauf ab, die Öffentlichkeit in dieser Frage zu täuschen“, hielt er seinerseits Scholz vor.

Der Kanzler retournierte, wie er bereits auf die diversen vorangegangenen Taurus-Fragen aus der Union geantwortet hatte: Beim Taurus handele es sich um eine „sehr weitreichende Waffe“, bei der „man die Kontrolle über die Ziele nicht verlieren darf“. Das sei jedoch ohne den Einsatz deutscher Soldaten nicht möglich. „Das lehne ich ab“, so Scholz kategorisch.

Zuvor hatte er schon bekundet, es sei „nicht verantwortbar“, den Taurus „ohne Beteiligung deutscher Soldaten im Einsatz verfügbar zu machen“. Das sei aber „eine Grenze, die ich als Kanzler nicht überschreiten will“. Der Union hielt er gereizt vor, sie verbreite „Halbwahrheiten“ und mache „den Leuten Angst.“

Grüne und FDP halten sich mit Beifall für Scholz zurück

Beifall für seine Äußerungen erhielt Scholz nur aus der SPD-Fraktion. Die meisten Abgeordneten von Grünen und FDP hielten hingegen die Hände still. Trotz der Bedenken des Kanzlers befürworten viele von ihnen eine Lieferung an die Ukraine. Gleichwohl dürfte die Union am Donnerstag mit ihrem erneuten Antrag scheitern, die Regierung dazu aufzufordern. Bisher hat nur die FDP-Abgeordnete Agnes Strack-Zimmermann bekundet, bei der namentlichen Abstimmung mit der Union zu stimmen. Ob noch andere Abgeordnete ihrer Fraktion ihrem Beispiel folgen werden, ist bislang unklar.

Aus der Grünenfraktion sind hingegen keine Ja-Stimmen zu erwarten. „Ich rechne nicht mit Abweichlern aus unserer Fraktion, weil allen voll bewusst ist, dass der Antrag der Union rein innenpolitisch motiviert ist“, sagte am Mittwoch die Parlamentarische Geschäftsführerin Irene Mihalic. Die Fraktionsführung habe allen ihren Abgeordneten geraten, „dieser Finte nicht auf den Leim“ zugehen. Und sie habe bislang von niemandem gehört, der das anders sehe.

Gleichwohl ist der Unmut bei etlichen Grünen groß. In der Fraktionssitzung am Dienstag erhielt Ex-Fraktionschef Anton Hofreiter einem Teilnehmer zufolge Applaus für seine Forderung, innerhalb der Koalition den Druck auf Scholz zu erhöhen. Aber auch er will nicht für den Antrag der Union stimmen. Dabei hatte Hofreiter in der Sache erst am Wochenende ein eindrückliches Beispiel schwarz-grüner Zusammenarbeit geliefert. Zusammen mit dem CDU-Mann Röttgen veröffentlichte er in der FAZ einen Gastbeitrag mit der Überschrift: „Der katastrophale Defätismus des Kanzlers“.

Grüner Protest per „Persönlicher Erklärung“

Am Donnerstag wollen Hofreiter und mehrere weitere grüne Abgeordnete per Persönlichen Erklärung, die sie begleitend zur Abstimmung zu Protokoll geben wollen, sich vom Kurs des Kanzlers distanzieren. Es sei „von entscheidender Bedeutung, die Ukraine in vollem Umfang zu stärken, um die besetzten Gebiete einschließlich der Krym zu befreien und ihre völkerrechtlichen Grenzen wiederherzustellen“, heißt es in dem Text. Die Ver­fas­se­r:in­nen würden daher die Lieferung europäischer und amerikanischer Marschflugkörper begrüßen und seien „der Überzeugung, dass auch Deutschland diese Fähigkeiten mit dem Marschflugkörper Taurus zur Verfügung stellen kann und sollte“.

Federführend hat die Erklärung Robin Wagener erstellt, der neben seinem Abgeordnetenmandat ein Amt als Koordinator in Annalena Baerbocks Außenministerium bekleidet. In der Sitzung soll es von der Fraktionsführung Verständnis für das Vorhaben gegeben haben – versehen lediglich mit dem Appell, dass die Liste der Un­ter­stüt­ze­r:in­nen nicht zu lang werden solle.

Bis Dienstag lag deren Zahl laut Media Pioneer bei 13, mit Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt als prominentesten Namen. Ihrem Büro zufolge wird ihre Unterschrift am Ende dennoch fehlen: Den Inhalt des Textes hätte sie zwar mitgetragen, krankheitsbedingt verpasst sie aber die Abstimmung. Somit darf sie auch keine Erklärung abgeben.

Eine Frage der Koalitionsräson

Anders als bei den Grünen und der FDP ist in der SPD-Fraktion der Rückhalt für Scholz weiter groß. Als er in der Fraktionssitzung am Dienstag seine Entscheidung zum Taurus erläutert habe, habe es Applaus gegeben, so die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin Katja Mast. „Auch zwischen dem Bundeskanzler und dem Verteidigungsminister gibt es große Einigkeit.“ Die Entscheidung, den Bundestag gleich am Donnerstag über den Unionsantrag abstimmen zu lassen, sei sehr bewusst gefällt worden. „Dann ist das auch erledigt“, hofft Mast.

Sie geht davon aus, dass die Ampelfraktionen mehrheitlich gegen den Unionsantrag stimmen. Alles andere käme allerdings auch einem politischen Erdbeben gleich. Denn falls der Taurus-Antrag von CDU und CSU wider Erwarten doch eine Mehrheit finden würde, dürfte das das Ende der Ampelkoalition bedeuten.

Der Bundestag zählt insgesamt 735 Abgeordnete, CDU und CSU stellen davon zusammen 197. Aus der restlichen Opposition aus AfD, Linkspartei, Bündnis Sahra Wagenknecht sowie der sechs fraktions- und gruppenlosen Abgeordneten werden, wenn überhaupt, dann nur ganz wenige den Unionsantrag unterstützen.

Also müsste schon eine deutliche Mehrheit der Grünen- und der FDP-Parlamentarier:innen dafür votieren. Das wäre eine Aufkündigung des Koalitionsvertrags mit der SPD, in dem vereinbart ist, dass die drei Regierungsfraktionen in allen Fragen einheitlich abstimmen: „Wechselnde Mehrheiten sind ausgeschlossen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

42 Kommentare

 / 
  • Natürlich traut der Kanzler auch den ukrainischen Soldaten zu, die Waffe Taurus zu programmieren. Und genau da liegen die Bedenken des Kanzlers.



    Er will auf keinen Fall die Kontrolle über diese Waffe verlieren.



    Um das zu garantieren, müssten deutsche Soldaten ihren ukrainischen Kollegen quasi auf die Finger schauen. Und das geht wohl nur durch physische Anwesenheit.



    Und ... auch in der Ukraine geben nicht nur Ehrenmänner den Ton an. Höre Melnyk

  • Und einem Europa unter seinem Einfluss,



    Brauche ich nicht und erst recht nicht



    meine Kinder, Enkel und die vielen tollen Menschen, die ich kenne.

  • Das erschreckende ist das der Antrag zur Taurus Lieferung von CDU/CSU von der Ampel mit Stimmen der AFD ( Brandmauer ) abgelehnt wurde.

    • @Günter Witte:

      So'n Shit aber auch.



      Der Kanzler hat eine eigene Mehrheit.



      Fertig.



      Das die CDU genau auf dieses Szenarium aus war, ist so klar wie die berühmte Kloßbrühe :-)



      Waren alle C*U-ler hinter dem Antrag. Nein.



      Es bedurfte ein, drei? Stimmen aus der FDP, um Fraktionsstärke zu demonstrieren.



      F - D - P halt.

    • @Günter Witte:

      Meinen Sie ernsthaft, die Parlamentarier anderer Fraktionen sollten dafür votieren, eines der zerstörerischsten deutschen Waffensysteme in einen postsowjetischen Territorialkonflikt zu schicken, in Regionen, wo seinerzeit Waffen-SS und Wehrmacht Kriegsverbrechen begangen haben und wo die kollektive Erinnerung daran noch vorhanden ist? -- Und zwar aus dem Grund, dass die AfD auch gegen die Lieferung ist??

      Da scheint mir in historischer Verantwortung eine andere Brandmauer weit wichtiger: Deutschland darf nicht wieder Kriegspartei gegen Russland werden.

      • @Kohlrabi:

        Es lässt tief blicken, dass Sie den Vernichtungskrieg einer extremistischen Diktatur gegen eine demokratische Nation als "postsowjetischen Territorialkonflikt" bezeichnen.

        ...und eine kleine Frage an Sie: durch welche Region der Sowjetunion ist denn die Waffen-SS und Wehrmacht auf dem Weg nach Russland gewütet?

        Dementsprechend haben wir erst recht die Verantwortung die Ukraine mit ALLEM, was zur Verteidigung notwendig ist zu unterstützen!

        Und noch etwas: hören Sie P. mal zu, der sagt doch ständig, dass er im Krieg gegen die Nato ist, ergo ist Deutschland für P. schon lange Kriegspartei und sollte dementsprechend auch mal adäquat auf den (vor Allem Cyber-)Krieg Russlands reagieren.

        P. sitzt in seinem Führerbunker und lacht sich sich schlapp über Scholz, fehlt nur noch ein Dankschreiben (von P. an Scholz) für dessen hervorragende Unterstützung bei seinem Terrorkrieg.

      • @Kohlrabi:

        Daumen hoch.

    • @Günter Witte:

      Dass Linkspartei und Wagenknechtler ebenfalls nicht dafür gestimmt haben, ist Ihnen keine Erwähnung wert?



      Sollte man der Vollständigkeit halber hinzusetzen.

      • @Encantado:

        Ich habe nur die AFD hier erwähnt weil ja der allgemeine Tenor ist das keine Demokratische Partei die selben Ansichten haben sollte wie diese Verfassungsfeindliche Partei. Aber das es hier nicht um ein unbedeutendes Projekt in einer Stadt oder einem Landkreis geht sondern um die Unterstützung für ein um ihr Überleben kämpfendes Volk macht die Sache noch viel schlimmer !!

        • @Günter Witte:

          Sie gewichten eine Tatsache nicht entsprechend: der Kanzler hat eine eigene Mehrheit.



          Nix CDU/FDP/AfD-Geklüngel a' la Thüringen.

        • @Günter Witte:

          ...und wenn jetzt die AfD widerstrebend eingesteht, dass die Erde rund ist, sollen wir dann Alle der "Flat Earth-Society" beitreten??

          Weniger pointiert: In etlichen Dingen sind die Unterschiede zwischen der AfD und den demokratischen Parteien fundamental, und man sollte echt jede Position überdenken, die auch von der AfD vertreten wird. Sarah Wagenknechts nahezu deckungsgleiche Position zum Ukrainekrieg fällt z. B. in diese Kategorie. In anderen Fällen kann aber auch ein fundamental unterschiedlicher Ansatz zu partiell übereinstimmenden Ergbnissen führen. So hier: Grundsätzlich der Ukraine massiv helfen zu wollen und Putins Eroberungskrieg ganz klar nicht hinzunehmen, bedeutet nicht zwingend, dass man uneingeschränkt JEDE Unterstützung der Ukraine gutheißt. Und sobald man irgendwelche Grenzen setzt, befindet man sich logisch notwendig bei Hilfen jenseits dieser Grenzen in Übereinstimmung mit der AfD oder Wagenknecht, die JEDE militärische Hilfe für die Ukraine ablehnen. Das muss dann aber nicht gleich zum sinneswandel führen. Man würde ja auch nicht für z. B. die Verlegung einer Panzerbrigade der Bundeswehr nach Charkiw stimmen, nur weil die AfD dagegen wäre, oder?

          • @Normalo:

            Nach was richten wir unsere Hilfe aus ?? Nach Umfragewerten, weil die nächste Wahl kommt ja bestimmt ?? Nur so viel liefern das Putin nicht erzürnt wird ??



            Die Ukrainische Armee ist momentan wie ein verhungernder Mensch und bei uns wird diskutiert ob man ihm alle paar Tage einen Brocken zum überleben gibt oder ob man ihn richtig ernährt. In dieser Situation helfen keine Taschenspielertricks eines angeschlagenen Kanzlers sondern nur klare Kante gegenüber einen Despoten.

            • @Günter Witte:

              Alles schöne Parolen. Nur haben sie



              a) nichts mit der ach so fatalen Mit-Ablehnung der AfD zu tun



              b) in dieser Undifferenziertheit keinen Wert für die Diskussion über ein bestimmtes Waffensystem. Mit solchen Allgemeinplätzen argumentierend könnte man auch gleich besagte Panzerbrigade schicken.

              Nach Allem, was ich weiß, braucht es etwa neun Monate, um Ukrainer am Taurus auszubilden. Das könnte auch schon im Gang sein, und WENN es im Gang wäre, würde ich als Bundeskanzler jetzt nicht drüber reden, sondern wenn die Ukrainer das System auch einsetzen könnten. Jedenfalls hat es nicht den Anschein, als taugte Taurus zu der kurzfristigen Entlastung der ukrainischen Front, die ich immer als Hauptargument für die Lieferung hört (es sei denn, man schickt DOCH das Bedienpersonal gleich mit).

              Dabei ist mir auch nicht ganz klar, womit die Ukraine den Taurus starten würde. Es handelt sich um einen dezidierten Luft-Boden-Flugkörper, der von entsprechend vorbereiteten Kampfflugzeugen aus zu starten ist. Laut Wikipedia kommen dafür Tornado, Eurofighter, Saab Gripen sowie F-15 und F/A-18 in Betracht, die die Ukraine meines Wissens (noch) gar nicht besitzt. Von einer Bodenstartfähigkeit ist nirgends die Rede.

              Ich bringe das nur als Beispiel, dass zumindest ICH mich nicht in der Lage sehe, die Einschätzung des Kanzlers fundiert abzuurteilen. Er kommuniziert nicht besonders geschickt, und ich habe den leisen Verdacht, dass das von anderen Parteien vornehmlich zur publikumswirksamen Profilierung vor den anstehenden Wahlen genutzt wird. Man präsentiert sich als entschlossener Kämpfer für die gute Sache, der sich Parolen wie Ihre zu Herzen nimmt.

  • Tue ich ungern: Aber Scholz hat vollkommen recht. Gerade wir, die Russland schon mal "erlegen" wollten, sollten und müssen uns sehr, sehr zurückhalten. Es gibt Wege diesen Krieg zu beenden. Dazu gehören Gespräche. Dazu gehört auch, dass man endlich mal Russland zuhört.

    • @Frankenjunge:

      "Dazu gehört auch, dass man endlich mal Russland zuhört."



      So?



      Was sagt Russland denn auf einmal, das nicht faktenbefreit oder drohend ist?



      Ich muss zugeben, dass ich derartiges tatsächlich überhört haben muss.

      • @Encantado:

        Zum Beispiel hat Putin gasagt, dass er für Verhandlungen offen ist.



        Unsere Außenministererin hatte zuvor geäußert, dass " Alle mit Putin verhandeln würden, wenn er das wollte".



        Danach hat sie, wie Sie, wohl nicht mehr zugehört.

        • @Philippo1000:

          Putin wäre theoretisch bereit, mit den USA zu verhandeln. Sein Kriegsgegner, auf dessen Territorium seine Truppen völkerrechtswidrig stehen und Dinge tun, die recht unproblematisch als Völkermord zu subsumieren sind, heißt aber Ukraine. Allein das zeigt doch schon, was er Alles NICHT auf den Tisch legen will.

    • @Frankenjunge:

      Scholz mag vielleicht(!) Recht haben, dass der militärische Nutzen der Marschflugkörper aktuell nicht die Risiken aufwiegt, die Deutschland mit seiner Lieferung produzieren würde.

      Aber was zum Geier sagt bitteschön Russland, auf das man mal hören müsste?? Ich höre zwei Aussagen:

      - Unsere Eroberungen sind - und bleiben - russisches Territorium (der Rest der Ukraine eigentlich auch, sie ist jedenfalls nicht als Gesprächspartner oder als souveräner Staat tolerierbar, der sich seine Verbündeten selbst aussuchen darf).

      - Wenn wir das hier dank Euch Westlern verlieren, schießen wir mit Raketen.

      Habe ich was ÜBERhört?

      Falls nein, sollte klar sein, dass Russland damit keine "Verhandlungsposition" aufbaut, sondern ein Kapitulationsdiktat versucht. Das ist auch aureichend verbal kommuniziert. Im Übrigen spricht Russland seit zwei Jahren weit überwiegend nonverbal - wenn auch SEHR laut und zusätzlich mit der dritten Aussage, dass man seiner Führung keinen Millimeter trauen kann. Dass es auch weiter die Antwort in gleicher Münze bekommt, ist genau richtig.

    • @Frankenjunge:

      "Dazu gehört auch, dass man endlich mal Russland zuhört."

      Das Problem dabei ist, daß die russische oder präziser Putins Realität nichts gemein hat mit der Wirklichkeit, wie wir sie miteinander teilen.

    • @Frankenjunge:

      "Dazu gehört auch, dass man endlich mal Russland zuhört."

      --> Wir unterstützen die Ukraine, gerade WEIL wir Russland zugehört haben. Nicht den doppelzüngigen Schlagen, wie Lawrow die Morgens das Eine und Abends das Andere sagen.

      Aber der Staatspräsidenten der Russischen Föderation sollten wir genau zuhören. Und der hat Artikel geschrieben (oder in von anderen geschriebene Artikel ins seinem Namen veröffentlichen lassen), die mir nichts dir nichts, einen anderen Staat quasi als Eigentum Russlands begründen. Und dieser Mann hat dann seine Truppen in Marsch gesetzt, um dieses - sein - Eigentum "zurückzuholen".

      Das wäre als würde der Kanzler die früheren deutschen Gebiete östlich der Elbe als "historisch deutsch" in einem Essay darstellen und 1,5 Jahre später den Einmarsch in Polen befehlen.

      Von daher: Gerade wir Deutsche haben angesichts unserer eigenen Gräueltaten (übrigens hauptsächlich auf dem Staatsgebiet der Ukraine) die moralische Pflicht die Ukraine zu unterstützen.

  • Inzwischen hat Scholz sich und die SPD in eine Lage manövriert, aus der beide nicht mehr ohne Gesichtsverlust herauskommen. Wie prekär die Lage ist zeigt sich auch daran, dass die SPD-Spitze alles erdenkliche Personal vor die Kameras und Mikrofone schickt, um die defätistische Obskuriät dieses hakenschlagenden und ganz offensichtlich überforderten SPD-Kanzlers zu erklären. Ja, man ist so verzweifelt, dass man überall nach Verbündeten sucht - selbst bei AFD.

    • @NormalNull:

      nomen est omen

  • Selbstverständlich ist es Innenpolitik. Wenn die Ukraine kollabieren sollte und wir 5 bis 10 Millionen Kriegsflüchtlinge und -vertrieben in Deutschland aufnehmen, ist das selbstverständlich auch Innenpolitik. Ganz bestimmt haben die brillianten Innenpolitiker der Ampelkoalition schon einen Plan, wie das gelingen soll. Oder fällt man dann wieder mal aus allen Wolken?

  • Ich bin wirklich froh solch einen besonnenen Kanzler in diesen Zeiten zu haben. Das Gebahren der CDU finde ich nicht gut.

    • @Nobodys Hero:

      Ich sehe da keine Besonnenheit, sondern nur Realitätsflucht bis Defätismus.

      Russland wird uns dadurch nicht wohlgesonnener und schlimmer als die aktuellen Vernichtungsdrohungen aus Moskau kommt es eh nicht für uns.

      Wir brauchen die Waffen selber nicht - in so einem Ernstfall bleibt Deutschland eh nur die Kapitulation - die Ukraine hingegen schon.

      • @Chris McZott:

        Daß Scholz die Logik der Eskalation durchbricht finde ich weitsichtig und klug. Klar ist aber auch, daß so ein Vorgehen nicht jedem direkt einleuchtet und ja: es kann auch falsch sein.



        Aber m. E. ist Scholz ein sehr guter Kanzler!

  • Scholz' Begründung (weitreichend, nicht einsetzbar ohne deutsche Kontrolle, ...) liegt Scholz militärtechnisch wohl falsch. Es ginge, wenn man wollte...



    Wichtiger ist: er ist so stur, weil er sich an Umfragen orientiert, die ihm eine Mehrheit in der Bevölkerung suggerieren, die seine Weigerung gut heißt. Und daß Kritik an seiner Haltung ihm und der SPD im kommenden Wahlkampf nutzt.



    Damit macht er Entscheidungen für oder gegen eine Unterstützung der Ukraine auf Basis von innenpolitischen und wahltaktischen Überlegungen.



    In SOLCHEN Fragen ist es die Pflicht eines Kanzlers eben NICHT nach Sympathieüberlegungen oder Umfragenwerten zu entscheiden, sondern entlang der nationalen Interessen Deutschlands. Er legt damit seine falschen Entscheidungsgrundlagen offen.



    Ich hätte mir vor 30 Jahren nicht träumen lassen, dass es ausgerechnet die Grünen sind, die in einem europäischen Krieg die SPD mit einer Unterstützung FÜR Waffenlieferungen Deutschlands die SPD zum Jagen tragen ....müssen....

    • @Monomi:

      "Damit macht er Entscheidungen für oder gegen eine Unterstützung der Ukraine auf Basis von innenpolitischen und wahltaktischen Überlegungen.".



      weiter ...



      "



      Ich hätte mir vor 30 Jahren nicht träumen lassen...". Wieder so ein "eigentlich will ich nicht, aber jetzt müssen wir ... )-Satz um zu den Waffen zu greifen. Pflüge zu Kanonen.



      BK Scholz ist, wie es aussieht, der letzte Politiker von Format. Wenigstens er behält die Nerven.



      Unser Bundeskanzler will den Selenski-Hype nicht vorbehaltlos mitmachen (Kernaussage meines Posts).



      Übrigens: Unsere Freiheit wurde schon mal am HINDUKUSCH verteidigt. Mit erbärmlichen Erfolg.

      • @LeKikerikrit:

        Ihre Realitätswahrnehmung weicht etwas von meiner ab, um es vorsichtig zu formulieren.

        1. Niemand ruft Deutsche zu den Waffen. Es besteht ja gerade Uneinigkeit, ob Taurus ohne deutsch uniformiertes Bedienpersonal auskäme oder nicht. Wenn Sie sich umgekehrt vor dreißig Jahren nicht träumen lassen konnten, dass Russland noch mal auf imperialistischen Eroberungszug geht - tja, falsch gelegen. Aber immerhin waren Sie damit nicht allein.

        2. Taurus nicht zu liefern, ist mitnichten eine Abkehr von der materiellen und moralischen Unterstützung der Ukraine in ihrem Bestreben, sich der russischen Invasoren zu entledigen. Es wird weiter geliefert - und zwar mehr als von Ländern, die den Mund deutlich voller nehmen, was "boots on the ground" betrifft.

        3. Scholz wirkt EXTREM genervt. So ein persönlicher Angriff mit Anredewechsel wie gegenüber Röttgen ist das hanseatische Äquivalent einer Schulhofprügelei.

        4. Siehe 2. Es geht nicht um Selenski-Hype. Es geht einerseits um das Schicksal der Ukraine und andererseits um banale Parteipolitik: Wir haben dieses und nächstes Jahr wichtige Wahlen, und der Erfolg der AfD und möglicherweise auch noch des BSW verschärfen den Verdrängungswettbewerb in der Mitte. Also wird aus einem so gerade mal in dreistelliger Stückzahl lieferbaren Marschflugkörper, den die Ukrainer frühestens zum Jahresende hin autonom einsetzen könnten, öffentlich ein Riesenakt gemacht.

        5. Die Primärmission am Hindukusch war, die Funktion Afghanistans als sicherer Hafen und Ausbildungszentrum des internationalen islamistischen Terrors zu beenden und es so lange wie möglich bei diesem Zustand zu halten. Diese Mission war ein voller, bis heute anhaltender Erfolg. Alles weitere waren flankierende Sekundärziele (neudeutsch: Synergien und "nice to have"s) mit bekanntem Erfolgsrisiko, wegen derer allein man niemals dieses Engagement eingegangen wäre.

        • @Normalo:

          Hätten Sie einfacher haben können. Ich bin gegen diese "alternativlose" Aufrüstungsmaschinerie.



          Basta.

          • @LeKikerikrit:

            Sie meinen sicher PUTINs Aufrüstungsmaschinerie, nicht wahr? Stellt sich nur die Frage, wie man ihn entmutigen will, sie weiter zu betreiben und das Gerät dann auch einzusetzen. Da versetzt so ein kerniges "Basta" leider keine Berge - nicht mal Sandkörner, fürchte ich...

          • @LeKikerikrit:

            Ohne realistische Alternativen zu präsentieren ist das halt Trauntänzerei.

  • Wenn der Kanzler Recht hätte, hieße dass, dass Marschflugkörper made in Germany wohl eine Bord-Software haben, bei der Dateneingabe allein dem System nicht zur Zielfindung verhilft, sondern nur eine individuelle Umprogrammierung des einzelnen Fluggerätes. Und das Prinzip haben bislang vielleicht nur einige wenige Soldaten kapiert. Geschweige, dass sie es ukrainischen Kollegen erklären könnten.

    Wenn er täuscht, dann wohl deshalb, weil Marschflugkörper westlicher Bauart ja schon vor 20 Jahren im Irakkrieg ihre Schauflüge absolviert haben. Bei einem Angriff auf Russland bestünde dort die Angst vor ihrer Zielgenauigkeit. Russland würde verstärkt seine Hyperschallraketen einsetzen, um eigene Verluste durch ukrainische zu kompensieren. Und außerdem stünde die Bundeswehr bei Abgabe dieser strategischen Waffe noch blanker da als sie es sich bei aller Solidarität mit der Ukraine momentan leisten kann.

    • @Uwe Kulick:

      Ja, und was meinen Sie jetzt wirklich. Abseits aller Konjunktive?

  • Scholz ist meiner Einschätzung nach grundsätzlich nicht gegen die Lieferung von Taurus, lehnt aber den Zeitpunkt ab. Auch bei früheren Waffensystemen war sein Verhalten genau so, was ihm fälschlicherweise als Zögern ausgelegt wurde, während es in Wahrheit um ein taktisches Verhalten geht.

    Auch andere NATO-Länder haben zum Teil erst nach und nach die Lieferung immer wirksamerer Waffensysteme zugestimmt. Das Muster, das aus meiner Sicht dahinter steht, lässt sich als langsame, aber stetige Eskalation im konventionellen Bereich charakterisieren.

    Würde die Eskalation zu schnell erfolgen, hätte Russland weniger bis keine Zeit mehr, entspechende militärische Reaktionen im konventionellen Bereich zu entwerfen. Damit würde der Einsatz atomarer Waffen sehr viel wahrscheinlicher werden. Durch die zeitliche Dehnung der konventionellen Kriegsführung, bleibt diese Wahrscheinlichkeit niedrig.

    Anders gesagt: Die NATO-Staaten verschieben die rote Linie Moskaus unmerklich immer weiter nach hinten, aber nur bis zu dem Punkt, wo eine Panikreaktion Moskaus noch gerade mal eben so vermieden wird.

    Bezogen auf Taurus heißt das: Taurus kommt, auch unter Scholz, nur nicht jetzt sofort. Im übrigen ist das nicht Scholz einsame Entscheidung. Ich gehe davon aus, dass er sich hier sowohl mit seinem Beraterstab wie auch mit der US-Regierung abgestimmt hat.

    • @Uns Uwe:

      Dann sollte er aber nicht immer so vehement auftreten und solche Aussagen so deutlich rüberbringen. Er wird immer mehr unglaubwürdig, angefangen mit den 5000 Helmen, bis zu den Ablehnungen von Waffenlieferungen, die dann doch durchgeführt wurden

  • Norbert Röttgen und Antin Hofreiter haben viel gemeinsam:



    in Ihren jeweiligen Parteien haben sie keinen Rückhalt .



    Röttgen, der nur bei Medienwirksamen Debatten auftaucht und ansonsten im Bundestag gerne durch Abwesenheit glänzt, wurde im Parteiämtergeschacher häufig übersehen.



    Hofreiter erhielt in der Ampelregierung keinen Posten.



    So verlegte er sich, als Biologe, auf das Thema Waffen und gibt seit dem Ukrainekrieg den Experten.



    Röttgen ist ja eigentlich Nord Atlantik interessiert, weiß aber natürlich Alles, wie der Kanzler bereits erwähnte.



    Die Haltung der Grünen und der FDP zum Thema Tauruslieferung hat eine interessante Parallelentwicklung: Mit großer Mehrheit lehnen sie die Wiedereinführung der Wehrpflicht ab.



    Waffen sollen also ohne Limit geliefert werden, verteidigen sollen uns aber bitte Andere.

    • @Philippo1000:

      "Waffen sollen also ohne Limit geliefert werden, verteidigen sollen uns aber bitte Andere."

      Gut erkannt. Es gilt wohl immer noch das Prinzip der bewährten "Scheckbuchdiplomatie". Kann leicht einen faden Beigeschmack bekommen, besonders auf Seiten der Partner.

      Wird hierzulande aber gerne als "verantwortungsbewusstes Handeln" ettikettiert.

  • Na lieber Anton Hofreiter, erst einen Gastbeitrag in der FAZ pro Taurus Lieferung veröffentlichen und dann bei der Abstimmung "kneifen", da die Opposition ja eh nur taktiert. Etwas mehr Haltung wäre wünschenswert. Ein Bundestagsabgeordneter ist nur seinem Gewissen verpflichtet, nicht irgendwelchen Koalitionszwängen. Eine persönliche Erklärung von Grünen Abgeordneten pro Taurus, nach einer Abstimmung, abzugeben ist politisches "Kasperltheater". Entweder "ja" oder "nein". Nibelungentreue ist in dieser Sache fehl am Platz, schließlich hat sich der Bundeskanzler mit seinen "Alibi" Erklärungen die Suppe selbst eingebrockt.

    • @Sam Spade:

      "Nibelungentreue ist in dieser Sache fehl am Platz, schließlich hat sich der Bundeskanzler mit seinen "Alibi" Erklärungen die Suppe selbst eingebrockt."



      Nonsens



      BK Scholz hat seine Linie. Mit Vernunft und Augenmaß bekommt die Ukraine alle mögliche Unterstützung. Auch die ukrainischen Bürger auf der Flucht (oder auch nicht) sind bei uns willkommen, wie meiner Meinung nach auch die Flüchtenden aus anderen Regionen der Welt.



      Ich bin fest davon überzeugt, das der Bundeskanzler und seine Berater, keine Minute Ruhe davor haben, wie sie einerseits die Ukraine unterstützen und andererseits eine Eskalation vermeiden können.



      Es geht nicht darum, wie sich die Hofreiter's oder Strack-Zimmermänner im Niemandsland überbieten wollen.

    • @Sam Spade:

      Was Taurus betrifft, so sind die Fronten längst klar, alle Argumente ausgetauscht und ich sehe keine neuen Aspekte. Ich persönlich folge in dieser Frage der Position des Bundeskanzlers, Sie mögen das anders sehen.



      Worin ich Ihnen zustimme, sind Ihre kritischen Bemerkungen zu Hofreiter - und ich würde die Kritik noch auf sämtliche in dieser Frage „oppositionellen“ Ampel-Koalitionäre ausweiten. Wer die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern befürwortet, soll halt dem Unionsantrag zustimmen. Alles andere wäre „Kasperletheater“, wie Sie schon schrieben.



      Oder überwiegen da doch bei dem einen oder der anderen Abgeordneten die Befürchtungen, alsbald die Oppositionsbänke drücken zu müssen, wenn man der Stimme seines Gewissens folgt?

      • @Abdurchdiemitte:

        "Oder überwiegen da doch bei dem einen oder der anderen Abgeordneten die Befürchtungen, alsbald die Oppositionsbänke drücken zu müssen, wenn man der Stimme seines Gewissens folgt?"

        Da würde ich einmal stark von ausgehen. Man möchte weiterhin mitregieren, geht aber nicht mit allen Kabinettsbeschlüssen komform und dann kommt halt so etwas dabei heraus. Ein uneinheitliches Erscheinungsbild, welches den einen oder anderen" Selbstprofilierer" auf den Plan ruft.

        Gleicht halt der Quadratur des Kreises, Regierung und Opposition in eins sein zu wollen.