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Miss Germany 2024 Apameh Schönauer„Es geht um die innere Schönheit“

Apameh Schönauer ist mit Hass konfrontiert. Im Interview erklärt sie ihren Umgang damit und was sie in ihrer Rolle als Miss Germany verändern will.

„Die meisten da draußen haben nicht verstanden, dass Miss Germany sich gewandelt hat“ Foto: Philipp von Ditfurth/dpa
Valérie Catil
Interview von Valérie Catil

taz: Frau Schönauer, Sie wurden gerade als Miss Germany ausgezeichnet und haben daraufhin online viele Hasskommentare bekommen, teilweise rassistisch motiviert. Was ist passiert?

Apameh Schönauer: Ich bin eine iranische Frau, ich bin nicht etwa 23, sondern 39 Jahre alt. Ich bin außerdem Mutter, ich bin Architektin und ich stehe mit beiden Beinen im Leben. Und ich setze mich für Frauen mit Migrationshintergrund ein und möchte sie stärken. Ich denke, das greift viele Menschen an, besonders Männer.

Im Interview: Apameh Schönauer

1985 in Teheran geboren. Mit 6 Jahren floh sie mit ihrer Mutter nach Deutschland, wo sie Ingenieurwissenschaften studierte. Heute ist sie Architektin, Mutter von zwei Kindern und Siegerin von Miss Germany 2024.

Wie gehen Sie mit dem Hass um?

Die Reaktionen von diesen Menschen interessieren mich nicht. Besonders von Menschen, die sich hinter ihrem Rechner verstecken und mit anonymisierten Nutzernamen stumpf Hass verbreiten. Ich bin bereit, mich mit konstruktiver Kritik auseinanderzusetzen und mit Leuten zu sprechen. Aber nicht so. Ich habe damit gerechnet, dass ich Gegenreaktionen bekommen würde, aber dieses Ausmaß hat mich überrascht. Andererseits bestätigt mich der Hass umso mehr darin, wie wichtig mein Ziel ist, Frauen mit Migrationshintergrund zu empowern.

Was hat Sie an der Miss-Germany-Auszeichnung interessiert?

Ich bin vor zwei Jahren Mutter geworden. Als meine Tochter auf die Welt kam, habe ich mich gefragt, was ich mir für sie wünsche. Ich möchte, dass sie eine starke Frau wird, die im Leben steht und ihre Meinung vertritt. Ich habe eine Vorbildfunktion für sie. Dann fingen außerdem im Iran die Proteste um Mahsa Amini an. Diese Frauen, die ihre Kopftücher abnehmen, ihre Haare rasierten, demonstrierten und für ihre Freiheit kämpften, haben mich inspiriert. Ich möchte auch etwas beitragen.

Ist ein Miss-Wettbewerb der richtige Ort dafür?

Die meisten da draußen haben nicht verstanden, dass Miss Germany sich 2019 gewandelt und sich das Konzept des Wettbewerbs grundlegend verändert hat. Der Organisator Max Klemmer hat das traditionelle Konzept einer klassischen Schönheitswahl umgeworfen, das seine Familie vorher lange aufrechterhalten hatte. Es geht dafür jetzt um die innere Schönheit der Teilnehmerinnen. Es geht darum, dass die Frauen, die mitmachen, alle Verantwortung tragen wollen, einen Beitrag leisten wollen und sich in der Gesellschaft für etwas einsetzen.

Was ist es, das Sie durch den Wettbewerb beitragen?

Wenn man Lust hat, Verantwortung zu tragen und ein gesellschaftliches Thema mitbringt, darf man Miss Germany als Plattform nicht unterschätzen. Mir ging es unter anderem darum, dass die Frauen im Iran nicht in Vergessenheit geraten. Die Proteste waren in Deutschland im September 2022 zwar kurz in den Nachrichten, aber dann war das Thema auch durch. Ich möchte junge Frauen auch hierzulande motivieren, sich weiterhin mit Frauenrechten im Iran zu beschäftigen.

Wie lief der Prozess für Sie ab?

Wir Teilnehmerinnen haben eine großartige Entwicklung gemacht. Es gab verschiedene Coachings: Wir bekamen Sprechtraining, haben gemeinsam Sport gemacht und an unserer Bühnenpräsenz gearbeitet. Das war wichtig dafür, dass wir auf der Bühne dann wirklich das sagen und rüberbringen können, was uns dazu bewegt hat mitzumachen.

Wie war die Atmosphäre?

Dadurch, dass jede Kandidatin einen anderen Beweggrund hatte, gab es eher wenig Konkurrenzdenken. Einige wollten mehr gewinnen als die anderen, und natürlich waren dann auch einige etwas enttäuscht, dass sie nicht gewonnen haben.

Und wie fühlt sich der Sieg nun an?

Ich bin sehr, sehr glücklich, dass ich gewonnen habe. Und auch über die vielen bestärkenden Reaktionen.

Sie sind auch Teil eines feministischen Netzwerkes für benachteiligte und unterdrückte Frauen. Worum geht es da?

Genau, das Netzwerk heißt Shirzan, das bedeutet auf Deutsch Löwenfrau. Ich und einige andere Frauen haben es gemeinsam gegründet. Wir organisieren Veranstaltungen, bei denen wir Kunst, Gesellschaft und Kultur zusammenbringen. So können wir darauf aufmerksam machen, was die Frauen im Iran leisten.

Gibt es auch Reaktionen zu Ihrem Sieg aus dem Iran?

Ja, sehr viele, zum größten Teil positiv. Aber auch dort haben viele noch nicht verstanden, dass Miss Germany nicht mehr eine Schönheitswahl per se ist. Ich werde in nächster Zeit viele Gespräche mit vielen verschiedenen Menschen führen müssen, bis es die meisten verstehen, was Miss Germany bedeutet. Und die, die es danach noch nicht verstanden haben, die wollen es vielleicht nicht verstehen. Das ist auch in Ordnung.

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35 Kommentare

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  • Das mit "äußere" vs. "innere" Schönheit versteh ich nicht. Sie sieht doch brillant aus. Nur dass sie nicht dem Jugendwahn entspricht, aber das ist auch gut so.

  • „Die meisten da draußen haben nicht verstanden, dass Miss Germany sich 2019 gewandelt und sich das Konzept des Wettbewerbs grundlegend verändert hat“



    Genau da ist das Problem, bei einer Ms Wahl denkt jeder an äußere Schönheit. Wenn diese nicht mehr zählt müsste man den Wettbewerb umbenennen, um die Verwirrung zu bereinigen.

    • @Abraham Abrahamovic:

      nö warum anders benennen. sie denken schönheit zu eindimensional. die idee der schönheit umfaßt nicht n ur die vorstellungen der kosmetikindustrie und ähnliche industrien.

  • "Innere Schönheit"? Da denkt man gleich an das altbekannte "Wichtig ist der Charakter." Es wird merkwürdigerweise häufig so getan, als wäre die Miss Germany 2024 äußerlich völlig unattraktiv. Ich sehe auf den Fotos eine Frau mit prachtvollem Aussehen und beeindruckender Ausstrahlung. Ein echter Hingucker. Dass sie selbst nicht für "Schönheit" stehen will, sondern für ihren Einsatz für die Rechte von Frauen, der natürlich viel wichtiger ist als ihr Aussehen, ändert daran nichts.

  • In Sachen menschlicher Bildung sieht es mittlerweile bei uns auch nach einem Fachkräftemangel aus. Schön, dass der ein ganz klein wenig behoben wurde.

  • Eine Sache verstehe ich nicht ganz. nimmt Frau Schönauer jetzt auch an einem Internationalen Wettbewerb teil?



    Wenn ja, muss sie dann nach dem Klassischen Konzept oder nach dem neuen Konzept siegen?

  • Was soll das innere Schönheit Gerede?



    Offensichtlich ist die auch ansonsten äußerst attraktiv. Künstliche Aufregung wieder.

  • Mir war bis gerade nicht klar, dass es eine Wahl zur Miss Germany gibt, ich hatte angenommen, derartige Veranstaltungen seien in den 50er und 60er Jahren gelaufen.



    Nun, wie man/frau hört, ist da in der Zwischenzeit einiges passiert.



    Wie schön!



    Dass eine Iranerin gewonnen hat, ist schon mal ein Lichtblick und es ist erfreulich, dass sie sehr zeitgemäße Aussagen zu Frauen trifft.



    Ihre Schönheit ist beim Vermitteln der Botschaft, für Frauen im Iran aufzustehen, sicher kein Hindernis.



    Frau Schönauer wünsche ich als deutsche Botschafterin in Demokratiefragen für den Iran weiterhin viel Erfolg!

  • Also: ich glaube, ich gratuliere zum ersten Mal in meinem Leben zum Miss: Respekt, Frau Schönauer!

  • Vielen Dank, Frau Schönauer und auch allen anderen Engagierten!



    Es tut mir Leid, dass Sie diesen Hass aushalten müssen. Um dem Ganzen aber etwas Positives abzugewinnen: Wenn Extremisten und Incels Hassmails versenden, heißt das ja irgendwie auch, dass man alles richtig gemacht hat.

  • Hach - Miss Germany 2024 Apameh Schönauer: „Es geht um die innere Schönheit - Ach was! ©️ Loriot

    Ich liebe solche sinnfreien herrlichen Scherzerklärungen negligable! Woll

    • @Lowandorder:

      Wir sollten mal eine Mr-taz-kommune-Wahl abhalten.

      Ich stelle mich dann so vor:

      Ich lese gern ein gutes Buch vor dem Kamin, mache lange Spaziergänge am Strand und liebe den Weltfrieden.

    • @Lowandorder:

      ... Sagt der alte, weisse Mann!

      • @ Christoph:

        Sehe ich als schwule rote Socke mit Migrationshintergrund genauso. Und dann sollten Sie sich mal Araber und Türken meines Bekanntenkreises anhören, was die zu der Missy-Wahl in Germany so sagen...... oder sind das jetzt auch alte, weiße Männer.

  • Wer Frau Schönauer Hasskommentare schreibt, der ist unfähig die Schönheit des Lebens zu erkennen und positives für die Menschen zu tun.



    Es wird Zeit, das nur noch unter dem eigenen und persönlichen Namen gepostet werden darf, dann gibt es fast keine Hasskommentare mehr.

    • @Tino Winkler:

      Dann gibt es auch viel weniger Gegenrede. Wenn man mit Klarnamen Nazis entgegentritt, hat man Todesliste und Hausbesuche ja fast schon abonniert.

      • @LeSti:

        Nicht nur das. Darüber hinaus sind Klarnamen auch höchst ungerecht.

        Allerweltsnamen sind quasi anonym. Wenn man dagegen eine seltene Namenskombination hat, offenbart man damit sofort sein ganzes Leben. Unter Umständen auch Dinge, mit denen man längst abgeschlossen hat.

        Dabei muss eine seltene Namenskombination nichtmals exotisch klingen. Es reicht einfach, dass eine bestimmte Kombination von Vor- und Nachnamen sehr selten ist.

  • Was in aller Welt bringt Leute dazu, Gewinnerinnen von Miss-Wahlen zu beschimpfen? Wer keine Probleme hat macht sich welche.

    • @aujau:

      Es GIBT offenbar noch Neandertaler*innen, die den "male gaze" regelrecht brauchen, um sich potent und mächtig zu fühlen - bewusst gegendert, denn Macht, teilweise sogar noch größere, liegt auch in der Fähigkeit von Frauen, den male gaze zu bedienen. All denen nimmt eine nicht nach Äußerlichkeiten ausgesuchte Miss Germany die Anerkennung. Das tut schon weh und löst heftige Abwehrreaktionen hervor, denn nichts hat einen geringeren Siedepunkt als ein schwaches Ego.

    • @aujau:

      Frau Schönauer sagt es eigentlich selbst:

      "Die meisten da draußen haben nicht verstanden, dass Miss Germany sich 2019 gewandelt und sich das Konzept des Wettbewerbs grundlegend verändert hat."

      Wer also die hyperattraktive 20jährige erwartet hat, wurde enttäuscht.

      Dann brauchen Sie nur noch ein Quentchen Paranoidität, und - schwups - sind Sie überzeugt, Frau Schönauer habe nur wegen ihres Migrationshintergrundes gewonnen

      Wie Sie ganz richtig feststellten: "Wer keine Probleme hat macht sich welche."

  • Ich bin sehr gespannt, ob das neue Konzept trägt, also rentabel ist.

    • @Kaboom:

      Meinen Sie das Konzept "Miss Diversity-Aktivistin Germany"... ich glaube eher nicht. Irgendwie funktionieren solche Konzepte oftmals nicht, siehe Qatar Fussballweltmeisterschaft. Das war auch schwierig.

  • "Es geht darum, dass die Frauen, [...] sich in der Gesellschaft für etwas einsetzen."

    "..was die Frauen im Iran leisten"

    Also, die Person ist bestimmt super, aber der Wettberwerb ist nun



    "Miss Activist Germany"

    • @fly:

      Es geht in den Jahr als Miss darum Deutschland bzw. Deutsche Produkte zu promoten. Das Augenmerk bei der Miss Germanywahl sollte dann auch darauf liegen und so wie das Interview sich anhört ist das auch der Fall. Ihr Aktivistentum sollte sich dann halt nicht mit ihren neuen Aufgaben beißen, aber auch das ist das Risiko dieser, so weit mir bekannt, völlig privatwirtschaftlich organisierten Veranstaltung.



      Btw wenn jemand die schönste Frau Deutschlands in einem Wettbewerb küren möchte bitte gerne. Es steht jedem offen so eine Veranstaltung zu organisieren.

      • @FancyBeard:

        "Wenn jemand die schönste Frau Deutschlands in einem Wettbewerb küren möchte bitte gerne. Es steht jedem offen so eine Veranstaltung zu organisieren."



        Es sei wertneutral darauf verwiesen, dass es sich bei der Miss Germany um einen ebensolchen Wettbewerb gehandelt hat. Statt einen eigenen für innere Werte zu organisieren, wurde der bestehende abgeändert.



        Insofern ist so eine Aufforderung vielleicht nicht unbedingt konfliktmindernd...

  • "Die meisten da draußen haben nicht verstanden, dass Miss Germany sich 2019 gewandelt und sich das Konzept des Wettbewerbs grundlegend verändert hat. (...) das traditionelle Konzept einer klassischen Schönheitswahl (wurde) umgeworfen, (...) Es geht dafür jetzt um die innere Schönheit der Teilnehmerinnen. Es geht darum, dass die Frauen, die mitmachen, alle Verantwortung tragen wollen, einen Beitrag leisten wollen und sich in der Gesellschaft für etwas einsetzen."



    Miss-Wahlen haben irgendwie den verstaubten Charme von vorvorgestern an sich - insofern haben es "die meisten da draußen" wahrscheinlich nicht mitbekommen das die neue Miss Germany für etwas völlig anderes steht, weil sie sich weder für die Wahl, noch für das Procedere interessiert haben 🤷‍♂️



    Vielleicht wäre es keine schlechte Idee gewesen, diesem "grundlegend veränderten" Konzept auch einen grundlegend neuen Namen zu geben - so wäre für alle direkt ersichtlich gewesen, dass es sich um einen völlig neuen Wettbewerb mit ganz anderen Kriterien handelt als bisher.



    So aber war der Shitstorm erwartbar und vielleicht sogar auch ein bisschen gewollt - denn aus der Gewohnheit heraus erwartet man(n) halt bei einer Misswahl äußere Vorzüge.

    • @Farang:

      Die Putzfrau hat auch innere Werte und ist schoen. Wird aber nie hier landen.

  • Frau Schönauer sagt es selbst: es geht um innere Schönheit. Unter diesem Aspekt hat sie den Sieg voll verdient. Ich denke, dass das 95% der Kommentatoren nicht klar ist.

    • @Sybille Bergi:

      Dann hätte ja Mutter Theres Miss World werden müssen. Es geht bei einer Misswahl eben nicht um innere Schönheit. Misswahlen sind eigentlich Veranstaltungen einer sexualisierten Scheinwelt, bei denen sich Frauen zur Schau stellen. Da ist nicht sehr viel "Verinnnerlichtes". Wenn es den Leuten gefällt, warum nicht, aber da irgendwelche "diversifikatorischen" Ansprüche einzubinden, ist einfach nur überflüssig und nicht adäquat.

  • Sehr sympathische Frau. Unglaublich, was sich Frauen anhören müssen, entweder haben sie hübsch, still und bitte einfältig zu sein. Andererseits wenn sie schon die Unverschämtheit haben, erfolgreich und intelligent, dann bitte äußerlich unauffällig. Wir haben noch einen guten Weg zu gehen... und zwar wir Männer vorrangig!

  • Es mag sein, dass das frühere Konzept von Miss Germany heute nicht mehr den Zeitgeist teffen mag. Das bedeutet jedoch nicht, dass das neue Konzept passt. Es erinnert stark an die Berlinale; vollkommen ohne jede Relevanz und im besten Fall beliebig.

    • @DiMa:

      Das auf jeden Fall, aber dann kann diese Misswahl ja Konkurs anmelden. Bei der Berlinale ist es wirklich schade, wie man dieses jetzt auch noch mit öffentlichen Geldern finanzierte Festival in die Bedeutungslosigkeit diversifiziert hat. Die Berlinale könnte heute ohne Probleme als dritte Kraft neben Cannes und Venedig stehen, stattdessen ist's ein besseres Kinofest.

  • Diese politische Überfrachtung eines banalen Wettbewerbs ist doch wie ein Witz im Witz.

    • @insLot:

      Stimme ich zu.

    • @insLot:

      Das ist die Wahrheit.