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Empörung über die BerlinaleDer Ruf nach Konsequenzen

Daniel Bax
Kommentar von Daniel Bax

Nach den vorwiegend propalästinensischen Statements auf der Bühne schlägt die offizielle Kulturpolitik Alarm. Ist das noch gerechtfertigt?

Guillaume Cailleau und Ben Russell nach der Preisübergabe auf der Bühne der Berlinale am 24. Februar Foto: Fabrizio Bensch/reuters

D eutschland ist empört. Der Bundeskanzler sagt, „dass eine derart einseitige Positionierung so nicht stehen gelassen werden kann“. Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) kündigt an, die „Vorfälle“ aufarbeiten zu wollen, damit so etwas nie wieder passiert. Der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein findet, die ausländischen Filmschaffenden hätten „ihr Gastrecht missbraucht“. Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) kündigt Konsequenzen für die Kulturförderung an. Der Justizminister droht mit strafrechtlichen Konsequenzen.

Was ist passiert? Auf der Abschlussgala der Berliner Filmfestspiele äußerten sich Jury-Mitglieder sowie Preisträgerinnen und Preisträger zu Israels Krieg in Gaza. Einige forderten mit Ansteckern einen Waffenstillstand. Der US-amerikanische Regisseur Ben Russell sprach von einem „Genozid“, er und andere trugen Palästinensertücher. Der israelische Filmemacher Yuval Abraham, dessen Film über die Siedlungspolitik seines Landes in der Westbank ausgezeichnet wurde, sprach von „Apartheid“. Sein palästinensischer Co-Regisseur Basel Adra forderte Deutschland auf, keine Waffen mehr an Israel zu liefern. Das Publikum applaudierte. Die Berlinale-Leitung distanzierte sich anschließend von den Statements.

In den überschäumenden Reaktionen ist jetzt viel von „Israel-Hass“ und „Antisemitismus“ die Rede. Dabei handelt es sich in all diesen Fällen um eine politische Kritik. Man kann diese Kritik einseitig und falsch finden, für plakativ, völlig überzogen, naiv oder unfair halten. Es bleibt aber eine politische Kritik an Staaten, in diesem Fall an Israel und Deutschland. Das ist etwas anderes als ein Ressentiment gegen­ eine Minderheit, und es ist von der Meinungs- und Kunstfreiheit gedeckt, auch wenn es einer vermeintlichen „Staatsraison“ widerspricht.

Muss man das aushalten? Ja, auch wenn es einem nicht gefällt. Alles andere läuft auf Gesinnungsprüfungen, Benimmregeln, Verbote und Zensur hinaus. Das wollen manche offenbar, denn das meinen sie mit „Konsequenzen“. Das sollten sie dann auch so offen sagen, statt sich hinter Antisemitismusvorwürfen zu verstecken.

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Daniel Bax
Redakteur
Daniel Bax ist Redakteur im Regieressort der taz. Er wurde 1970 in Blumenau (Brasilien) geboren und ist seit fast 40 Jahren in Berlin zu Hause, hat Publizistik und Islamwissenschaft studiert und viele Länder des Nahen Ostens bereist. Er schreibt über Politik, Kultur und Gesellschaft in Deutschland und anderswo, mit Fokus auf Migrations- und Religionsthemen sowie auf Medien und Meinungsfreiheit. Er ist Mitglied im Vorstand der Neuen deutschen Medienmacher:innen (NdM) und im Beirat von CLAIM – Allianz gegen Islam- und Muslimfeindlichkeit. Er hat bisher zwei Bücher veröffentlicht: “Angst ums Abendland” (2015) über antimuslimischen Rassismus und “Die Volksverführer“ (2018) über den Trend zum Rechtspopulismus. Für die taz schreibt er derzeit viel über aktuelle Nahost-Debatten und das neue "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW).”
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45 Kommentare

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  • Vielen Dank für Eure Beiträge, wir haben die Kommentarfunktion geschlossen.

  • Wenn wir schon von Subventionsabbau reden sollte man bei der Kunst zu erst anfangen, ohne Kunst lebt es sich gut, ohne Lebensmittel nicht.

  • Danke Daniel Bax

  • Danke für diesen Kommentar, der dazu beiträgt die Debatte zu versachlichen.

    Mich treibt die folgende Frage um: Wäre es in Ordnung, von es einen Genozid zu sprechen, wenn von der israelischen Regierung wirklich ein Genozid begangen würde? Und wäre diese Frage unterschiedlich zu beantworten, je nachdem wer spricht oder an welchem Ort?

    Diesen Begriff mit Israel in Verbindung zu bringen kann einem die Haare zu Berge stehen lassen. Die Haare stehen aber auch zu Berge, wenn man sieht, wie gleichgültig mit dem Tod tausender arabischer Menschen, darunter so unglaublich vieler Kinder, im Namen der „Staatsräson“ umgegangen wird.

  • Ich finde die Äußerungen auf der Bühne beschämend, aber Herr Bax hat natürlich recht. Was für Konsequenzen sollen denn gezogen werden? Und was will Frau Roth eigentlich aufarbeiten? Das eigentliche Problem sind ja auch gar nicht die Leute auf der Bühne. Es ist doch nichts Neues, das gute Filmemacher im wirklichen Leben nicht automatisch Vorbilder sind und sagen, was sie halt so sagen. Das eigentliche Problem ist das Publikum. Das eigentliche Problem ist, dass



    aus der ganzen anwesenden viel beschworenen Zivilgesellschaft nicht ein einziger Mensch die Courage hatte, aufzustehen und laut zu protestieren. Kein einziger. Auch und gerade nicht Frau Roth. Es hätte ihr Kairos werden können, aber sie hat ihn verpasst. Stattdessen wird sie vermutlich eine Kommission einsetzen. Traurig.

  • Wenn man sowas was sich bei der Berlinale abgespielt hat liest, dann schockiert es mich schon sehr. Das hat nichts mehr mit Kunst zu tun. Bühne wird für Hetze genutzt. Menschen die jüdischen Glauben haben,



    die teilweise seit Generationen deutsch sind (es gibt generell anscheinend seit 300 nach Christus Juden in DE) fühlen sich in Berlin nicht mehr wohl und werden sorry aber auf englisch sozusagen nicht mehr willkommen geheissen. Denn so einseitig wie das Thema angegangen wurde, einfach eine Opfer-Seite ignorieren, kommt es nun mal bei Menschen mit etwas Verstand antisemitisch an.



    Es geht hier nicht um Israel -Kritik, es geht um Judenhass. Es wurden nicht mal die über 100 noch in Gefangenschaft genomenen israelischen Geiseln erwähnt. Ein Baby ist als Geisel von der palästinensichen Terrorganisation gefangen genommen worden (Biber Kinder), das ist herzzerreißend..



    Ich war sowohl in Jerusalem als auch in Bethlehem. Israel ist alles andere als ein Apartheidstaat. Es gibt keinen weiteren Fleck im nahen Osten wo sich beispielsweise Frauen und homosexuelle so frei entfalten können.. Auch politisch gesehen, machen die Israelis Bodeneinsätze um eben unschuldige nicht zu treffen. Dass das schwierig ist, ist offensichtlich wenn die von ca. 45% der Bevölkerung gewählte palästinensische Partei Ihre Glaubensbrüder als Schutzschilder benutzt.



    Überlegt euch einfach mal eine Sekunde es ginge um Andersgläubige auf der Berlinale, würdet Ihr dann anders reagieren? Oder wär dann das Interesse nicht so gross wenn es nicht die eigene betrifft...

  • Interessant, dass dies ausgerechnet am 24. Februar, dem zweiten Jahrestag des Überfalls Russlands auf die Ukraine passierte. Dieser Krieg war den Akteuren anscheinend allerdings nicht einmal eine beiläufige Erwähnung wert. Warum eigentlich?

  • Danke! Ich habe die Liveübertragung verfolgt als Berlinale-Fan und fand die Reden alle noch okay. Das einzige das ich nicht gut aushalten konnte war der Palästinenserschal. Der ist bei mir vorbehaftet. Da auch ein Jude (zusammen mit einem Palästinenser) einen Preis bekam und etwas sagen konnte, war das alles noch halbwegs erträglich. Ich finde die Richtung der Veranstaltung in ihrer Klarheit okay. Denn so kann etwas besser angeregt und bewirkt werden. Kunst ist nicht dazu da ausgewogen zu berichten. Bei den Oscars ist ja man ja auch fast einhellig gegen Trump.

  • "Felix Klein findet, die ausländischen Filmschaffenden hätten „ihr Gastrecht missbraucht“" - internationaler als die Berlinale (oder andere Filmfestspiele) geht es kaum. Berlin als Ort ist austauschbar, nicht mehr als eine Konvention. Wenn man das hier in Deutschland haben will, muss man sich von einem nationalen intellektuellen Rahmen trennen, schon die Idee von "Gastrecht" auf einem Film-/Kunstfestival ist albern. Auch kann die Festivalorganisation den Künstler*innen nicht die Sachen rauslegen und die Dankesreden schreiben. Die Festivalorganisation hätte auch ganz souverän sagen können: Die Preisträger*innen kommunizieren eben von verschiedenen Standpunkten in einer laufenden politischen, juristischen, moralischen, intellektuellen und historischen Debatte, die ein weites Spektrum von Positionen umfasst, die von den Veranstalter*innen der Berlinale selbst auch kontrovers diskutiert werden.

  • Der Verweis auf die Bundespressekonferenz war nicht wörtlich gemeint, sondern sollte suggerieren, dass es nicht die Aufgabe von Künstlern ist, Regierungspolitik zu vermarkten.



    Der Bund ist auch als Geldgeber für alle möglichen kulturellen Veranstaltungen nicht dazu verpflichtet, diese inhaltlich zu kommentieren und sollte das nach Möglichkeit auch nur sehr zurückhaltend machen, weil er ja immer aus einer Machtposition heraus agiert; die Regierung muss nicht den Feuilleton ersetzen.

    • @O.F.:

      Es ist aber genausowenig die Aufgabe von Künstlern, Regierungspolitik VORZUGEBEN. Sie sind nicht gewählt, und die Berlinale gibt Ihnen die Bühne auch nicht, um sich als Politiker zu profilieren.

      Kunst kann und soll der Gesellschaft den Spiegel vorhalten. Insofern kann und soll sie auch gern politisch sein. Aber sich vor ein Mikrofon zu stellen und politische Statements abzugeben, ist keine Kunst sondern banale Agitation. Auch die steht Jedem frei, nur kann man schon zweifeln, ob die Nutzung einer für die Kunst geschaffenen Plattform für derlei Agitation dieser Plattform - und letztlich auch der Kunst - gerecht wird.

    • @O.F.:

      Ich denke schon dass der Staat mir als Bürger gegenüber verantwortlich ist wie er mit Steuergeldern umgeht.

  • Es tut sich das Gefühl auf,dass bei aller Empörung völlig außer Acht gelassen wird,dass derzeit in Gaza Unschuldige getötet werden,sei es durch Bomben, Panzer, Scharfschützen, Drohnen, Aushungern oder dem Vorenthalten medizinischer Versorgung. Dieser Konflikt zwischen einer Terrororganisation und Israel ist nicht die Schuld der Menschen, die gerade um Leib und Leben fürchten. Dies darf und muss thematisiert werden. Menschen sind keine Kollateralschäden! Niemals!

    • @martincu:

      Dass man kritisiert, wenn öffentliche Äußerungen sich AUSSCHLIEßLICH - und durchaus dämonisierend gegenüber Israel - mit genau diesen Themen befassen und die andere Seite der Medaille völlig außer Acht lassen, kann ich schwerlich als "Ignorieren" begreifen. Auch wenn Deutsche sich nicht zuforderst berufen sehen, gegenüber Israel die Moralkeule nicht nur auszupacken sondern sie schmerzhaft zu schwingen und Israel als Paria zu behandeln, hat nichts mit "Ignorieren" des Leids der Bewohner des Gazastreifens zu tun. Die Lunte ist halt hier ein ganzes Stück kürzer als anderswo, wenn DURCH die besagte Einseitigkeit der Eindruck entsteht, dass die Empörung über dieses Leid für viele selbsterklärte Idealisten nur der Aufhänger ist, mit dem jüdischen Staat ein Hühnchen zu rupfen und ihn generell zu diskreditieren.

      • @Normalo:

        Können Sie mir bitte sagen, welche Aussagen von den Künstlern den Staat Israel dämonisiert haben?

      • @Normalo:

        Wie Sie schreiben, ist es zunächst einmal lediglich der EINDRUCK, dass mit dem Staat Israel hier ein “Hühnchen gerupft werden” sollte. Und - das räume ich ein - der Bedeutungszusammenhang ist natürlich ein anderer, als wenn ich beispielsweise dem Sudan Genozid an der Bevölkerung in Darfur vorwerfe. Denn es ist eben nicht ausgeschlossen - und wurde hier schon x-fach diskutiert -, dass im Falle Israels Antisemitismus tatsächlich mit im Spiel sein könnte. Dieser EINDRUCK muss aber erst einmal belegt werden und zwar aus konkreten Handlungen und Äußerungen, die auch beweiskräftig als antisemitisch einzuordnen sind. Die Kritik am Vorgehen Israels in Gaza ist es nicht, auch nicht die Forderung nach einem Waffenstillstand (und nicht das Tragen einer Kufiya).



        Mein persönlicher, subjektiver EINDRUCK von diesem Berlinale-Eklat ist, dass hier zunächst einmal die große Bühne gesucht wurde, um ein umstrittenes politisches Anliegen öffentlichkeitswirksam vorzutragen - was den Akteuren offensichtlich auch gelungen ist. Was daran strafbar ist - wie Herr Buschmann meint - vermag ich auf Anhieb nicht zu erkennen.



        Und die Beantwortung der Frage, ob es sich beim israelischen Vorgehen in Gaza um einen Genozid handelt, möchte ich lieber dem IGH in Ddn Haag überlassen, denn dort ist sie besser aufgehoben als in der taz-Kommune.

    • @martincu:

      Ich denke, es ist nun so ziemlich jedem bewusst, dass aktuell in Gaza auch Unschuldige sterben.

      Die Frage, zu der die Uneinigkeit besteht, ist, was daraus folgt.

      Allerdings klingt es bei Ihnen so, als würden ausschließlich Unschuldige sterben.

      Da die Angaben aus Gaza nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterscheiden, wird dem nicht so sein.

  • Ihr habt alle echt keine Probleme.

  • Der Genozidvorwurf dämonisiert Israel halt, und das in einer Situation, in der sie auf ein brutales Massaker an ihren eigenen Zivilisten reagieren. Kann man schon antisemitisch nennen und ressentimenterfüllt, ist ja eher ein Vorwurf als Kritik.

    • @Peter3 Pan2:

      Nur weil Sie diesen Vorwurf als "dämonisierend" empfinden, heißt nicht, dass dieser Vorwurf unbegründet/durch Hass motiviert ist. War das Urteil des Internationalen Gerichtshofs "antisemitisch" oder "ressentimenterfüllt" als sie einen Völkermord in Gaza als plausibel bezeichneten?

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""In den überschäumenden Reaktionen ist jetzt viel von „Israel-Hass“ und „Antisemitismus“ die Rede. Dabei handelt es sich in all diesen Fällen um eine politische Kritik.""

    ===

    Von den Preisträgern sollte man erwarten das sie wissen wo sie sich aufhalten. -



    Nicht weit weg vom Ort des Reichssicherheitshauptamtes - in dem der Genozid an 6 Millionen Juden und an diejenigen, die man dafür hielt, geplant und organisiert wurde. Per Fußmarsch vom Veranstaltungsort der Berlinale ist auch das Stelenfeld, Gedenkort mit Museum, nahe dem Brandenburger Tor, in kürzester Zeit erreichbar.

    Wenn jemand bei der Abschlussveranstaltung "Genocid" ruft - aber offensichtlich etwas anderes meint als das was sich in Deutschland zugetragen hat, ist das Antisemitismus - weil er die Opfer nicht nur verhöhnt sondern die Opfer zu Tätern umdeutet.

    Gleichermassen ist wahrhaft erschreckend wie sich weitere Preisträger inklusive Teile des Publikums verhalten haben: Irgendwie ahnungslos - zumindest in der Erkenntnisfähigkeit stark eingeschränkt: Für wen haben sie sich auf der Berlinale ausgesprochen? Für eine Terrororganisation die Gaza regiert? Für den Islamischen Staat der bei dem Gemetzel in Gaza irgendwie mitmischt? Oder für einen Gottesstaat in Gaza iranischer Prägung der von Hamas angestrebt wird? Etwa für einen Rückzug israelischer Militärs, damit abgesichert ist das sich der 7.Oktober wiederholen kann?

    Aber ich bleibe dabei - Filme machen ist nicht nur eine Frage des Handwerks sondern auch des Verstandes der entscheidet, wie differenziert und mit welchen Schwerpunkten und Gewichtungen ein Thema im Film verarbeitet wird.

    Im realen Leben der Regieführenden hatte wohl jemand diesjährig bei der Berlinale



    die Sicherung für den Verstand und für das Bewußtsein an welchem Ort man sich befindet gnadenlos ausgeschaltet. Das ist der kleinstmögliche Vorwurf den man den diesjährigen Gästen der Berlinale machen kann.

    • @06438 (Profil gelöscht):

      Nun greift Ihr Kommentar auch wenig kurz,denn Sie unterstellen sowohl Kulturschaffenden als auch Publikum,dass diese per se Hamas unterstützen und gar einen islamistischen Gottesstaat in der Region wünschen. Dies möchte ich als "an den Haaren herbeigezogen" nennen,denn es entspricht höchstens Ihrer Interpretation eines Pali-Tuches o.ä.. Ist es Ihnen gänzlich unverständlich,dass diese Menschen den Wunsch haben,den tausendfachen Mord an Unschuldigen zu beenden? Nach Ihrem Kommentar kommt, leider wieder einmal, das Gefühl der deutschen Doppelmoral hoch :"Tote Menschen arabischer Herkunft kümmern uns ein feuchten Kehrricht, sofern sie nicht jüdischen Glaubens sind". Unschuldige Opfer bleiben unschuldige Opfer und ich möchte in keinem Staat leben, der um der eigenen Sicherheit Willen Menschen als notwendige Kollateralschäden sieht,bloß weil sie auf der falschen Seite der Mauer geboren sind. Ich bin sehr sicher, dass dieselben Kulturschaffenden auch für Israel einstehen würden,wenn es sich in der Situation wie Palästina befinden würde. Ich denke, die meisten Kulturschaffenden fühlen sich den Unterdrückten näher als den Unterdrückern. Dies sollte bei jedem Menschen mit Herz so sein. Auch Sie zeigen ja,dass sie grundsätzlich der Empathie fähig sind. Bitte beziehen Sie doch die Menschen,die unverschuldet in die Schusslinie dieses fürchterlichen Konflikts geraten sind auch mit ein.

      • @martincu:

        Es gibt keinen "tausendfachen Mord an Unschuldigen". Die Hetze gegen den Staat Israel fängt doch schon damit an, dass systematisch und in diffamierender Asicht ein in jeder Hinsicht maßloses Vokabular benutzt wird.

        Auch in Ihrem Kommentar wird - wie üblich - mit keinem Wort erwähnt, dass die hohe Zahl an Toten in Gaza maßgeblich dadurch verursacht wird, dass die Hamas Ihre militärischen Stellungen gezielt in der Nähe ziviler Einrichtungen gebaut um, um genau solche Szenarien, wie sie jetzt zu sehen sind, zu provozieren. Von einer Mitverantwortung der Hamas für die hohe Zahl der Toten wollen die üblichen Genozid-Plärrer aber nichts wissen.

        Und Ihr frommer Wunsch, im umgekehrten Fall würden "dieselben Kulturschaffenden für Israel einstehen" geht leider an der Realität völlig vorbei. Das dröhnende Schweigen der Kulturszene zum 7. Oktober ist ja nun rauf und runter thematisiert worden. Philipp Lenhard hatte in der taz ja auch schon thematisiert, welches manichäische Weltbild hinter dieser völlig unverhältnismäßigen antiisraelischen Agression steckt, das in diesem wahrlich komplexen Konflikt immer nur einen Schudigen ausmacht taz.de/Israel-als-...s-Boesen/!5976692/

      • @martincu:

        Was zu beweisen wäre. Das Schweigen aus besagter Szene nach dem 7. Oktober zu den israelischen Opfern, als noch kein Schuss in Gaza gefallen war, kann jedenfalls getrost als "ohrenbetäubend" bezeichnen.

        • @Normalo:

          Ja genau die ganze Szene hat geschweigt nach dem 07. Oktober. Das ist völlig bei den Haaren herbei gezogen.

  • Sehr geehrter Herr Bax,

    Ihre Analyse greift bedauerlicherweise viel zu kurz. Selbstverständlich ist die Meinungsfreiheit ein hohes Gut und selbstverständlich darf alles frei geäußert werden, solange nicht bestimmte Grenzen überschritten werden.

    Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Bund der Träger der Veranstaltung ist und diese finanziert. Der Bund ist einziger Gesellschafter der Betriebsgesellschaft und er hätte eine Rahmen schaffen müssen - insbesondere nach der Documenta. Da niemand ein Eingreifen der scheidenden Festivalleitung erwarten konnte, wäre es die Aufgabe der anwesenden Repräsentantin des Bundes gewesen, direkt und noch während der Veranstaltung entsprechend zu reagieren - selbst wenn dies zum Eklat geführt hätte.

    Es wirkt daher höchst befremdlich, wenn Frau Roth nun "Aufklärung" fordert, denn sie ist nicht Aufklärerin sondern wesentliche Verantwortliche. Etweder will sie von ihrer Rolle ablenken oder sie ist sich dieser nicht bewusst.

    • @DiMa:

      Der Bund als Geldgeber muss keineswegs politische Vorgaben für Reden auf einem Filmfestival machen - im Gegenteil: es wäre ein Skandal, würde er das versuchen. Es ist nicht die Aufgabe eines solchen Festivals, die Bundespressekonferenz zu ersetzen. Im Grunde wird hier ein Autoritarismus light sichtbar: man sperrt vielleicht niemand für Dissens ein, entzieht aber Finanzierung und Bühne. Die freie Meinungsäußerung wird so aus dem öffentlichen Raum ins Private verdrängt. Nur: am eigenen Küchentisch nörgeln dürfen Sie in jeder drittklassigen Diktatur. Ist das wirklich der Maßstab, an dem wir uns orientieren sollten?

      • @O.F.:

        Die Bundespressekonferenz ist ein vom Bund vollkommen unabhängiger eingetragener Verein, der von Journalisten getragen wird.

        Die Meinungsäußerung wird von mir auch nicht kritisiert, kritisiert wird lediglich, dass sie vollkommen unwidersprochen bleibt und es damit am Rahmen fehlt. Der Bund hat als Geldgeber der Veranstaltung halt auch Verantwortung und darf sich dieser nicht so einfach durch Passivität entziehen.

        • @DiMa:

          Der Bund entzieht sich doch seit Monaten seiner Verantwortung indem er den ganzen Konflikt nicht in einem vernünftigen und kritisierbaren und historischen Rahmen behandelt. Es findet keinerlei Aufklärung und kritische Auseinandersetzung mit Israels Politik statt. Wurde hier über die Anklage gegen Israel vor dem IHG wegen Völkermord diskutiert- nein unser Bundeskanzler hat das abgetan bevor überhaupt die Anhörung stattgefunden hat. Komisch nur das die Mehrheit der Richter das nicht abgetan hat. Auch die jetzige 6 tägige Anhörung vor dem IHG wegen Israels Besatzung findet kaum Beachtung. Warum findet hier ein Aufschrei statt wenn ausländische Künstler ihre Meinung kundtun und andere klatschen? Vielleicht auch weil es in diesem Land kaum noch möglich ist irgendeine Kritik gegen Israels Politik zu äußern ohne das einem Antisemitismus vorgeworfen wird. Die reaktion ist aber nicht überraschen wenn man mal über den deutschen Tellerrand schaut in Länder wo das Thema wesentlich differenzierter, kritischer, informativer und eingebettet in historischen Kontext behandelt wird. Ein israelischer Filmemacher spricht von Apartheid und wird kritisiert? Was ich kritisiere ist das Deutschland nicht mal auf die jüdischen Bürger hört, die das Handeln der Bundesregierung kritisch betrachten oder sogar als falsch ansehen Waffen zu liefern und quasi blinde Unterstützung zu leisten. Mein Opa war Jude und einer von denen die sich nicht gehört gefühlt haben. Vielleicht sollte man sich darüber mal aufregen.

        • @DiMa:

          s.o. - ich habe leider an der falschen Stelle gepostet.

  • Im Prinzip ja, aber wenn jemand einen Film über das antisemitische Regime der Hamas, die palästinensische Präsidiktaur und die Erziehung der Kinder zum Kanonenfutter gemacht hätte, wäre das wahrscheinlich nicht auf der Berlinale gezeigt worden - und wenn doch, hätte die ganze jetzt applaudierende Kunstgemeinde mit lautstarkem Boykott gedroht. Ist ja auch ganz was anderes, bestimmt, oder?

    • @vieldenker:

      Haben Sie Beispiele für Ihre Theorie?

    • @vieldenker:

      Danke, wäre schön wenn auch andere viel dächten.

  • Die armen Künstler, das arme jubelnde Publikum.

    Nix darf man sagen.

    Und: Eher gefriert die Hölle, als dass sich der Kulturbetrieb mit Jüdinnen und Juden, mit Israel solidarisch zeigt.

    Der islamistische Terror kann sich ins Unermessliche, Unvorstellbare steigern. Man zeigt auf Israel und prügelt Juden ins Krankenhaus.

    • @Jim Hawkins:

      ziemlich "unermesslich" sind i Moment vor allem die Todeszahlen aus Gaza. nach 30.000 Toten dort braucht man sich nicht über verhaltene Solidarität übrigens in allen Teilen des Westens wundern. Selbst Putin hat es, nicht in absoluten und nicht in relativen Zahlen geschafft so viele Zivilisten in der Ukraine zu töten. Jeder normal intelligente Menschen muss sich hier beginnen kritische Fragen zu stellen.

      Durch nichts zu rechtfertigen:



      www.972mag.com/mas...ated-bombing-gaza/

      und das andauernde rhetorische Geheul ist eben das, reine rhetorische Strategie, seit vielen Jahren eingeübt um von unangenehmen Fragen abzulenken. noch in den 70ern haben sich alle Spitzenpolitiker der westl. Welt, auch aus Dtl, Brandt, FJS in Südafrika die Klinke in die Hand gegeben: Apartheid? i wo, alles maßlos übertrieben. so wird es auch mit Israel kommen. Es sei denn, was sich niemand wünschen sollte, der rechtsautoritäre Durchmarsch hält noch sehr lange an.

  • "Dabei handelt es sich in all diesen Fällen um eine politische Kritik."



    Das darf, nein das MUSS noch erlaubt sein. Wenn so etwas verboten wird, dann können wir die Meinungsfreiheit beerdigen.

    • @Frankenjunge:

      "Das darf, nein das MUSS noch erlaubt sein."



      Meines Wissens ist noch niemand verhaftet worden.



      Schutz gegen Kritik und Widerspruch zu derartigen Äußerungen gibt es allerdings auch nicht.

    • @Frankenjunge:

      Eine Grundgesetzänderung steht nicht ernsthaft zur Debatte, sondern allenfalls offener Widerspruch zu derartigen Positionen und die Frage, ob dafür steuerfinanziert eine Plattform geboten werden muss.

      Aber ist schon spannend, dieselben Argumentationen lassen sich spiegelbildlich beobachten, wenn Rechte von Cancel Culture reden. Für den sachlichen Diskurs wäre es hilfreich, auf moralische Panik zu verzichten, in deren Folge dann lediglich wechselseitig vorhersehbare Argumentationen ausgetauscht werden.

  • Nun, wenn Künstlerinnen/Filmemacher nicht reflektieren, wo sie auftreten - sie waren in Berlin eingeladen, durften hier ihre Werke zeigen, hier um Preise ringen..., dann ist das schon etwas, sorry, "arm im Geiste"! Deutschland befindet sich nun einmal in einer besonderen Beziehung zu Israel, aus historischen Gründen. Punkt.



    Wer meint, das ignorieren zu dürfen, wer meint, die Galas zu seinen persönlichen Statements nutzen zu sollen, ist zumindest etwas selbstbezüglich gestrickt. Denke aber, manches war eher absichtlich so inszeniert und provokativ gemeint.



    Es fiel das Wort "Genozid", den Israelis zugeschrieben - und die Palästinensertücher um die Schulter..., irgendwie "platt".

    • @Toni Zweig:

      Dem möchte ich zustimmen. Von erwachsenen Menschen sollte erwartet werden, dass sie nicht nur das "was" ihrer Aussagen reflektieren, sondern auch das "wo".

    • @Toni Zweig:

      Der Verweis auf "historische Gründe" ist hier wenig überzeugend, weil man bis vor wenigen Jahren auch hier viel kontroverser über den NO-Konflikt diskutierten konnte; das Problem ist eher ein wachsendes Unvermögen, mit Meinungsverschiedenheiten umzugehen, dass sich auch in anderen Diskussionen beobachten lässt. Aber um zu ihrem eigentlichen Punkt zu kommen: man darf in Deutschland (immerhin einer Demokratie mit einem Grundrecht auf Meinungsfreiheit) sehr wohl der gegenwärtigen Mehrheitsmeinung (oder auch nur der veröffentlichten Meinung) widersprechen - und von Künstlern erwarte ich so einen kritischen Geist sogar. Wollen Sie wirklich in einem Land leben, in dem Kulturveranstaltungen wie Pressekonferenzen der Bundesregierung klingen? Ich jedenfalls nicht - und das man darüber überhaupt diskutieren muss, ist zutiefst besorgniserregend.

      • @O.F.:

        Ich stimme Ihnen ja prinzipell zu, da ich ein eher "amerikanisches", also weites Verhältnis zur Meinungsfreiheit habe.

        Sie blenden aber aus, dass der Ton in dieser Auseinandersetzungen schon lange von der Faktion der Israel-Hasser gesetzt wird, die notorisch keine Probleme mit dem Antisemitismus in ihren eigenen Reihen oder dem schlichten Niederbrüllen der Gegenseite haben.

        Jonathan Guggenberger hat das hier ja auch vor ein paar Tagen beschrieben. Es geht hier schon lange nicht mehr um den Austausch konträrer Position, sondern nur noch um das Absondern der ewig gleichen Hamas-Propaganda taz.de/Israel-Krit...erlinale/!5991963/

        Im übrigen gibt es ja auch genügend Berichte, wie es um den Meinungspluralismus innerhalb des Kulturmilieus bestellt ist. Positionierung zugunsten Israels werden dort, seeehr freundlich formuliert, nicht gerne gesehen, siehe die Debatte um das Oyoun. Also Meinungsfreiheit für Leute, die die Meinungsfreiheit anderer bei jeder sich bietenden Gelegenheit beschneiden möchten? Da sind wir dann beim Popperschen Toleranzpardadox

        Staatskünstler sind auch mir ein Graus. Zu den Absurditäten dieser Debatte gehört aber auch, dass viele Künstler meinen, geradezu einen Anspruch auf staaliche Finanzierung zu haben, aber empört reagieren, wenn sie sich gegen Antisemitismus aussprechen sollen. Die Freiheit der Kunst wird zwar immer eingefordert, aber die Staatsknete möchte man dann doch gerne haben.

  • Warum ist "Deutschland empört"? Sehr viele linke Intellektuelle sind über die Berlinale überhaupt nicht empört.

    • @casio:

      Vielleicht nicht ganz Deutschland, aber vielleicht durchaus eine Mehrheit, weil linke Intellektuelle diese vielleicht gerade nicht stellen. Aber vielleicht ist das eben auch die Schwierigkeit, das aus einer gewissen Bubble heraus zu erkennen.

  • Während es erfreulich ist einen so unaufgeregten Kommentar zu de Thema zu leesen, liegt Genosse Daniel dennoch erheblich falsch. Natürlich handelt es sich um eine politische Kritik aber eben auch um israelbezogenen Antisemitismus. Dürfen die Leute das äusern? Natürlich. Muss für solche steilen Thesen eine Bühne bereitgestellt werden oder akzeptiert werden dass die eine bereitgestellte Bühne für antisemitsche Einlassungen nutzen? Natürlich nicht. Ich wünsche mir da von Daniel Bax eine etwas detailierte Analyse des Problems damit wir evtl. eine Antwort auf den in der Kulturszene vorhandenen Antisemitismus finden.