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AfD-Gewinne bei der WahlwiederholungKomplett verstrahlt

Rainer Rutz
Kommentar von Rainer Rutz

Offenbar schaden der AfD weder offene Deportationsfantasien noch landesweite Proteste gegen rechts. Berlins Große Koalition zeigte sich wenig hilfreich.

Die Berliner SPD-Vorsitzende Franziska Giffey auf dem Weg zur Wahlparty am 11. Februar Foto: Soeren Stache/dpa

M an kann sich alles schönreden. „Die AfD geht runter, das ist einer der wichtigsten Botschaften“, erklärte Berlins SPD-Chefin Franziska Giffey am Sonntagabend, als die Ergebnisse der Wiederholung der Bundestagswahl in Teilen der Hauptstadt eintrudelten. Die Rechtsaußenpartei ging schon da alles andere als runter, aber egal. Tatsächlich ist die Lage selbst im tendenziell etwas linker und grüner tickenden Berlin hochgradig alarmierend.

Die AfD mag mit ihren 12,6 Prozent in den 455 Wiederholungswahlbezirken weit entfernt sein von ihrem bundesweiten Umfragehoch. Aber nicht nur haben die Rechtsextremen dabei um fast 6 Punkte zugelegt. Regelrecht gruselig wird es beim Blick in die Wahllokale am Ostberliner Stadtrand. In massiv vielen Wahlbezirken liegt die Partei hier deutlich über 30 Prozent, in manchen Plattenbausiedlungen knackt sie die 50-Prozent-Marke.

Dass sich das nicht im Gesamtergebnis niederschlägt, liegt allein daran, dass hier nur ein geringer Teil der Wäh­le­r:in­nen ein zweites Mal an die Urne gebeten wurde. Und wie komplett verstrahlt müssen jene fast 10 Prozent der Wäh­le­r:in­nen im Westbezirk Steglitz-Zehlendorf sein, die der wegen Terrorverdachts in U-Haft sitzenden Reichsbürger-AfDlerin Birgit Malsack-Winkemann ihre Stimme gegeben haben?

Erschreckend klar wird, dass die Deportationsfantasien der AfD Wäh­le­r:in­nen letztlich sogar anzuziehen scheinen. Zumindest hält es sie nicht davon ab, ihr die Stimme zu geben – ebenso wenig wie die bundesweit anhaltenden Proteste gegen Rechts. Weshalb auch, wenn sich die mitprotestierende SPD zugleich einen Überbietungswettbewerb mit der CDU liefert beim Kopieren von AfD-Positionen in der Migrationspolitik.

So trostlos es klingt: Ein nicht unerheblicher Teil der Deutschen will genau diese in Realpolitik gegossene Men­schen­fein­dlichkeit, und ein weiterer Teil davon ist dauerhaft für die Demokratie verloren. Niemand muss diesen Menschen politisch entgegenkommen. Sie müssen isoliert und bekämpft werden.

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Rainer Rutz
Ressortleiter taz berlin
Seit August 2023 Ressortleiter taz berlin, Schwerpunkt: Landespolitik
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67 Kommentare

 / 
  • Max Mustermann , Autor*in Moderator*in ,

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  • " ... dass Toleranz gegenüber Intoleranten sinnfrei ist". Um das zu erkennen, muss man nicht philosophieren, Es ist ein immanente menschliches Gefühl.

  • Muss man sich immer mal wieder klar machen. Es gibt einen großen Teil der Wählerschaft, dem sind Werte, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, freie Presse uswusf völlig wurscht oder er hält diese sogar für störend oder abschaffenswürdig. Diese Leute interessiert das eigene Fortkommen, was hab ich davon? Die Demonstranten wählen ohnehin niemals die Faschisten. Die Klientel ist zu einem Teil von dumpfem Hass, zum Teil von Opportunismus durchdrungen. Durch das Lösen oder zumindest Bearbeiten von Problemen bekommt man die Opportunisten wieder, diese wählen morgen auch wieder SPD oder CDU, wenn sie sich etwas davon versprechen. Die Hassfraktion ist auf Dauer verloren.

  • Wie soll man denn Wähler isolieren und bekämpfen??

    • @dator:

      Mehrheiten jenseits dieser Wähler organisieren und die von ihnen propagierte Menschenfeindlichkeit immer wieder niederstimmen, Mehrheitsprinzip und so. Nicht ganz unwichtig in einer Demokratie.

  • Ich habe es schon an anderer Stelle gefragt: WIESO sollten die Demos AfD-Wähler beeinflussen?



    Die Demos können eine verbindende Brücke bilden für die verschiedenen Strömungen der Mitte, ein "wir" Gefühl erzeugen, aber AfD-Wähler beeinflussen?



    Gegenfrage: wer hier würde sich von seiner Wahlpräferenz abbringen lassen, weil Menschen anderer politischer Überzeugung dagegen auf die Straße gehen? Wer hier ließe sich von AfD-Protesten 'bekehren'?



    Eben.



    "Ein nicht unerheblicher Teil der Deutschen will genau diese in Realpolitik gegossene Men­schen­feindlichkeit"



    Realistisches Fazit. Nationalismus ist generell im Aufwind - 'das ICH zuerst' - weltweit. In Zeiten schwindender und endlicher Ressourcen will halt jeder seine Pfründe sichern.



    Die Welt steht am Scheideweg, die Ressourcen reichen nicht mal ansatzweise, dass alle Menschen weltweit den Lebensstandard westlicher Länder erreichen können, zumindest nicht mit aktuell verfügbarer Technik. DAS war aber bisher eine weit verbreitete Illusion.



    Dies wird nun mehr und mehr Menschen bewusst - also so richtig bewusst und jetzt zeigt sich halt, wer ehrlich bereit ist zu teilen, oder zumindest etwas abzugeben, und wer nicht.



    Die letzten Jahrzehnte war im Westen 'zu viel von allem' da, da war 'teilen' nicht sonderlich schwer - zumal wir nicht wirklich geteilt, sondern nur Teile unseres Überschuss abgegeben haben.



    Konservative waren damit d'accord, wer gönnt nicht gern wenn er eh schon zu viel hat - und Progressive haben sich dabei dem süßen Irrglauben hingegeben, dass eine große Mehrheit bereit ist 'zu teilen'.



    Es gibt meiner Meinung nach keinen aktuellen Rechtsruck in der Gesellschaft - an der Wahlurne ja, aber nicht in der Gesellschaft - die Strömung war immer da, nie weg - es fiel im Überfluss nur nicht so auf.



    Wie da nun 'isolieren und bekämpfen' die Geisteshaltung nachhaltig ändern soll erschließt sich mir nicht, man kann Menschen nicht zwingen progressiv zu denken - man kann nur mit gutem Beispiel vorangehen und Vorbild sein.

    • @Farang:

      Ich habe leider noch keine absoluten Zahlen gefunden, aber die Wählerwanderung (taz.de/Alle-Zahlen...in-Wahl/!5913620/) zeigt, wie verzerrend die prozentualen Ergebnisse sind: Die AfD hat keine Stimmen dazugewonnen, sondern auch (leicht) verloren. In Anbetracht der Stimmungsentwicklung in den knapp 2,5 Jahren finde ich es schon bemerkenswert, dass keine weitere Mobilisierung erreicht wurde.

      Sicher, sie hat relativ zum Ergebnis 2021 immer noch mehr Wahlberechtigte an die Urne gebracht als die anderen, ausgenommen CDU, aber der Zuwachs ist praktisch nur der geringen Wahlbeteiligung zu verdanken.

      Von daher, ja, ich denke, dass ohne die Demos die AfD vermutlich auch absolut Stimmen gewonnen hätte.

    • @Farang:

      Super Analyse, besser als vieles, was man in den Medien liest.

    • @Farang:

      Ich habe nie geglaubt, dass durch meine Anwesenheit auf der Demo auch nur ein AfD-Wähler in‘s Grübeln kommt…

    • @Farang:

      Wenn Demonstration nach dem Motto „nie wieder ist jetzt“ stattfinden und gleichzeitig jüdische Studenten zusammengeschlagen, bedroht und an der FU attackiert werden und ganze Stadtteile Massaker an den Juden in Israel feiern ohne das diese Demonstranten auch nur daran Denken auch dagegen zu demonstrieren und aufzubegehren, dann bekommt das ganze einen komischen Geschmack als ob dieses „nie wieder“ nur instrumentalisiert wird um politische Gegner zu diffamieren.

      • @Arno Dittmer:

        Werden durch Ihren (berechtigten) Hinweis aus gefährlichen Faschisten politische Gegner oder instrumentalisieren Sie den islamistischen Antisemitismus nicht selbst im Sinne des Whataboutism?



        Als ob der diffamierte "politische Gegner" nicht selbt Antisemitismus nur dort anprangerte (Migranten), wo es ihm in den Kram passt. Die Demos gegen AfD und Co setzen gerade keine Einigkeit in allen Punkten voraus, sosehr das bei Antisemitismus auch zu wünschen wäre.

    • @Farang:

      "Ich habe es schon an anderer Stelle gefragt: WIESO sollten die Demos AfD-Wähler beeinflussen?"

      Die immer gern wiederholte Position ist: AfD-Wähler sind gar nicht rechtsextrem, sondern wählen die Partei aus irgendwelchen anderen Gründen. Genannt wurde so ziemlich jeder Grund, der irgendjemand bei irgendeiner Gelegenheit eingefallen ist. Wenn das also - so wie schon mal - zu signifikanten Teilen "Mitläufer" sind, sollten diese durch öffentlich gezeigte Ablehnung zu beeinflussen sein.



      Wenn allerdings nicht, sollte man langsam die Frage stellen, ob nicht die These falsch ist. Was - endlich - hier in der TAZ getan wird.

      • @Kaboom:

        Ich vertrete schon immer die Meinung: Wer NAZIS wählt, ist NAZI.

      • @Kaboom:

        Man kann vermutlich davon ausgehen, dass rund 10% der Wahlberechtigten überwiegend rechtsextrem ticken. Diesen braunen Sumpf gab es schon immer. Er war nur nicht immer gleich gut sichtbar. Die zusätzlichen 10%, die mittlerweile ins Klo greifen, können "Mitläufer" sein. Vielleicht kann man einige von ihnen durch öffentlich gezeigte Ablehnung dazu bringen, gar nicht mehr zu wählen, aber man wird sicher nicht erreichen, dass sie sich anderen Parteien zuwenden.

        Die wichtigere Frage scheint mir eher: Ist die AfD für diese Leute dann das, was sie wollen oder "nur" das kleinere Übel? Oder: Laufen sie eigentlich zur AfD hin, oder laufen sie eher vor "uns" weg?

        • @Al Dente:

          "Die wichtigere Frage scheint mir eher: Ist die AfD für diese Leute dann das, was sie wollen oder "nur" das kleinere Übel? Oder: Laufen sie eigentlich zur AfD hin, oder laufen sie eher vor "uns" weg?"

          Wer Faschos wählt, wählt Faschos. Warum er/sie das tut, ist für mich vollkommen irrelevant. Solche Leute sind eine Gefahr für unsere (meint Demokraten) Art zu leben. DAS zählt, und nicht welche Albernheiten ihn/sie dazu bewogen haben.

          • @Kaboom:

            "Warum er/sie das tut, ist für mich vollkommen irrelevant."

            Wenn man es weiß, kann man es vermutlich auch gezielter bekämpfen.

            • @Al Dente:

              Die konsequente Ablehnung von Rassismus, Ausländerhass, Antisemitismus, Nationalismus etc. pp. ist für die Bekämpfung des äußersten rechten Randes IMHO absolut ausreichend.

        • @Al Dente:

          "Laufen sie eigentlich zur AfD hin, oder laufen sie eher vor "uns" weg"

          Auf letzteres weist einiges(*) hin. Die SPD hat sich z.B. von ihren Stammklientel wegbewegt, das ist nun politisch heimatlos und orientiert sich nun an der noAfD. Das zeigen auch die "wie aus dem Nichts" (nein sind sie nicht) hohen Umfragewerte der Wagenknecht-Partei. Für diese Wähler ist auch die CDU nicht wählbar.



          Grüne und mittlerweile auch SPD sind (nicht nur im Osten, aber dort vor allem) die Parteien eines gehoben städtischen Bürgertums und haben es nie geschafft auch in der Breite anzukommen, was auch dazu führt das sie dort komplett "disconnected" sind.

          --



          (*) www.boeckler.de/de...haft-aus-54087.htm

          • @Thorsten Gorch:

            "Grüne und mittlerweile auch SPD sind ...". Ich darf Ihnen aus eigener Erfahrung sagen: schon vor 30 und mehr Jahren gab es in der SPD Meinungen, wo ich mich fragte: DIE sind in der SPD?.

          • @Thorsten Gorch:

            Die SPD hat den Mindestlohn nicht nur "instanziiert", sie ist auch für die Erhöhungen maßgeblich verantwortlich. Millionen Arbeitnehmer in D profitieren massiv davon. Und wählen eine Partei, die GEGEN diesen Mindestlohn war. Und die SPD war maßgeblich involviert in die Erhöhung des Bürgergeldes. Wovon ebenfalls Hunderttausende profitieren. Und dann eine Partei wählen, die einen "Reichsarbeitsdienst 2.0" errichten will.



            Oder anders gesagt: Viele Leute sind einfach dämlich.

  • Dem letzten Absatz kann ich nicht zustimmen. Ist es jemals richtig gewesen, Teile der Bevölkerung auszuschließen? Daran kann ich mich nicht erinnern. Sollte man nicht versuchen, auf jeden zuzugehen?

    • @wollewatz:

      Popper und Marcuse haben IMHO alles Nötige darüber geschrieben, dass Toleranz gegenüber Intoleranten sinnfrei ist

  • Tja, die Giffey. Ich habe schon vor Berlin nie verstanden, warum sie nicht in der CDU ist. Berlin hat dann gezeigt, dass sie in der SPD der CDU viel dienlicher ist.

    Und zur AfD? Warum hätte correctiv denen Schaden sollen? Was wo und in welcher Form mögliche AfD WählerInnen darüber gelesen haben sieht sicher ganz anders aus als für uns in unserer linken Blase. Die AfD kann man nicht mit Fakten besiegen. Man muss sich deren rethorische Waffen doch nur ansehen. Dort wird alles sofort ins Gegenteil verkehrt und Zweifel an der Realität gesäht. So eklig da auch ist: man kann sie nur mit ihren eigenen Waffen schlagen.

    • @Jalella:

      Genau das ist es. Und die wütende Reaktion der AgD-Oberen zeigt ja auch, dass sie nun spüren, wie es ist, die eigene Medizin zu schmecken zu kriegen. Wobei man in diesem Fall noch nicht einmal zu Lügen greifen musste - Überspitzung und Übertreibung hat schon gereicht.

  • "So trostlos es klingt: Ein nicht unerheblicher Teil der Deutschen will genau diese in Realpolitik gegossene Men­schen­fein­dlichkeit"

    Ich glaube ehrlich gesagt nicht, daß ein bedeutender Teil der Deutschen Menschenfeindlichkeit möchte.

    • @Nobodys Hero:

      Wenn man wie offensichtlich der Vorposter und bestimmte Kolumnen in diesem Blatt unter "Menschenfeindlichkeit" schon das Ausfolgen einer Debitkarte versteht - dann wohl schon.

  • Bekämpfen, isolieren, ausgrenzen! Sehr demokratisch. Die Gleichung AFD Wähler = Unmenschen greift zu kurz und löst rein gar nichts. Und wer soll für die Demokratie verloren sein? Man muss nur die Menschen mitnehmen, auf sie zugehen, ihnen ihre Ängste und vor allem das Gefühl der Ohnmacht nehmen. Das erreicht man nur mit einem Miteinander. Bildung und Aufklärung sind der Schlüssel dazu. Da ist jeder einzelne gefragt, nicht nur die Politik. Aber vielleicht hat der Autor auch nur Wähler und Partei verwechselt. Dann wäre sein Anliegen legitim. Die Partei muss man mit allen legalen Mitteln bekämpfen und darf diesen geistigen Brandstiftern nicht noch eine öffentliche Plattform via Maischberger, Deutschlandfunk und Co. einräumen in der sie ihre Hetze und Propaganda verbreiten können.

    • @Sam Spade:

      Wenn man sich an (virtuellen) Orten umsieht, wo sich die AfD-Anhänger tummeln (z.B. bei Welt.de), kann man eines sofort sehen: Es wird alles abgelehnt, was links von Höcke steht. Solche Leute kann man nicht "mitnehmen". Jedenfalls dann nicht, wenn man die Demokratie hierzulande erhalten will.

    • @Sam Spade:

      Ich gehe davon aus, dass man AgD-Wähler wie jeden anderen erwachsenen Menschen für ihr Handeln und dessen Konsequenzen verantwortlich machen sollte, statt sie als Objekte von Sozialpädagogik zu betrachten.

      • @PeterArt:

        Verantwortlichkeit ist nicht dasselbe wie Unzugänglichkeit. Natürlich ist Jeder für sein Abstimmverhalten selbst verantwortlich, aber es wäre doch geradezu un-links zu glauben, dass die Umwelt deshalb ohne Einfluss auf den einzelnen Wähler wäre. Die Frage ist immer, welche äußeren Impulse wie wirken. Und da hilft die "Wählt Fascho, ist Fascho, bleibt Fascho"-Herangehensweise eben wenig weiter. "Sozialpädagogik" ist an der Stelle vielleicht etwas hochtrabend gewählt, aber ihre existenzstiftende Grundthese - dass soziales Verhalten nicht in Stein gemeißelt ist - ist auch auf AfD-Wähler durchaus anwendbar. Man muss sich halt von dem Wunsch verabschieden, aus so jemandem gleich einen "linksgrünen Gutmenschen" machen zu können, aber dass es auch für diese Menschen Gründe geben kann, sich vom braunen Sumpf wieder abzuwenden, trifft wahrscheinlich auf erhebliche Teile zu.

      • @PeterArt:

        Im Kern richtig, in der Sache führt das zu nichts. Auf der Basis der Wahlbeteiligung bei der letzten Bundestagswahl, haben wir es nach derzeitigen Umfragen mit über 13 Millionen AFD Wählern zu tun. Die kann man weder isolieren noch ausgrenzen. Es wäre ein Kampf gegen Windmühlen. Völlig aussichtslos. Was bleibt? Die demokratischen Kräfte müssen versuchen sie "zurückzugewinnen". Und das gelingt nur wenn man sie "abholt", nicht indem man sie ausgrenzt. Denn hinter jedem Wähler steckt ein Mensch und der ist eben kein Objekt.

      • @PeterArt:

        Ja.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Bildunterschrift:



    „Franziska Giffey auf dem Weg zur Wahlparty am 11. Februar "



    Doch bald war die Party aus, und



    Heut ging es zum Leichenschmaus.



    Danach folgt wieder Hochzeitsgraus.



    ---



    HORATIO: Ich kam zu Eures Vaters Leichenfeier.



    HAMLET: Ich bitte, spotte meiner nicht, mein Schulfreund,



    Du kamst gewiß zu meiner Mutter Hochzeit!



    HORATIO: Fürwahr, mein Prinz, sie folgte schnell darauf.



    HAMLET: Wirtschaft, Horatio! Wirtschaft! Das Gebackne



    Vom Leichenschmaus gab kalte Hochzeitschüsseln.



    [....]

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Und der Rest ist Schweigen.

  • "Offenbar schaden der AfD weder offene Deportationsfantasien noch landesweite Proteste "

    Ja, offenbar. Was also schadet der AfD?

    • @Kommen Tier:

      Eine Politik, welche die AfD überflüssig macht.

      • @Tom Tailor:

        Danke. Hier im Forum gibt es doch Vernunft.

  • Mehr als die Hälfte derjenigen, die die Malsack-Winkemann gewählt haben (sie hat übrigens mehr (!) Erststimmen erhalten als im Sep '21), vermute ich, wussten noch nicht mal, wer die ist, weil sie zu verstrahlt sind, sich aus seriösen Quellen zu informieren.

    Kommentar gekürzt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

    Die Moderation

  • "So trostlos es klingt: Ein nicht unerheblicher Teil der Deutschen will genau diese in Realpolitik gegossene Men­schen­fein­dlichkeit, und ein weiterer Teil davon ist dauerhaft für die Demokratie verloren. Niemand muss diesen Menschen politisch entgegenkommen. Sie müssen isoliert und bekämpft werden."

    Das hört sich dem bekannten pfeifen im Walde an. Wie genau soll das mit dem isolieren und bekämpfen denn ablaufen?

    Wird es das Lichtermeer richten?

    Meine Sorge ist, dass die AfD an den einen oder anderen Trog der Macht gelangt und dann werden wir isoliert und bekämpft.

    Und diese Leute haben eine konkretere Vorstellung davon, wie so etwas geht.

    • @Jim Hawkins:

      "Und diese Leute haben eine konkretere Vorstellung davon, wie so etwas geht."

      Die Schlupflöcher in der Verfassung mit denen beispielsweise das Verfassungsgericht an Bedeutung sind allgemein bekannt.

      Es ist weniger erschreckend bis pupsegal, dass diese auch der AfD bekannt sind, als dass die demokratischen Parteien da keinen Riegel in der Verfassung vor legen solange entsprechende Mehrheiten noch vorhanden sind.

      "Wir sind die Mehrheit" ist ein Pfund mit dem man auch wuchern muss.

    • @Jim Hawkins:

      Dort sind sie schon längst. 20% Unterstützung in der Bevölkerung bedeuten, dass auch in Polizei, Bundeswehr, Staatsanwaltschaften, Richtern etc. vermutlich mindestens ein Anteil von 20% ihre Denke vertritt. Man schaue sich nur den NSU 2.0 Fall an.

  • Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben



    "Die AfD geht runter" halte ich für eine sehr gefährliche Aussage. Die AfDoof ging jetzt aktuell um ein paar Punkte runter, und ich finde um erschreckend wenige 3 Punkte.



    Noch wissen wir nicht ob dies ein echter Trend nach unten ist, oder nur eine Eintagsfliege.



    Deshalb wäre ich vorsichtig mit Lobhudelei. Freuen könnte ich mich erst, wenn sie 50% und mehr runter geht.

    • @Rudi Hamm:

      Drei Punkte runter heißt gar nichts. Insbesondere da BSW angetreten ist als neue Partei.

      • @Jalella:

        BSW stand in Berlin nicht auf dem Zettel - da stand, was 2021 schon da stand (abgesehen von Namensänderungen und Todesfällen) - Wahlwiederholung halt

  • einen gewissen Teil interessiert es einfach nicht was die afd will oder es ist egal.



    Genauso ist es ein Irrglaube zu denken, die afd ließe sich durch die Demos einschüchtern oder gar einsehen, das die MEhrheit nicht hinter ihrer Politik steht. Das ist Höcke und Co schlicht egal, sobald es Machtoptionen gibt, werden diese genutzt und der Staat in ihrem Sinne umgebaut. Das die afd die Mehrheit der Bevölkerung repräsentieren will ist schlicht eine Nabelkerze, die afd will dieses Land regieren und umformen. Die vorgebliche Mehrheit ist nur ein Propagandatrick um die eigenen Wähler bei der Stange zu halten.



    EInfach zu zeigen, das die Mehrheit nicht die afd will reicht nicht (das ist allein aus Wahlergebnissen schon abzulesen) die Politik der afd lässt sich nur durch aktives Handeln gegen die afd verhindern. Von alleine wird niemand in der afd ein Einsehen haben. Und wenn die afd staatsfeindlich ist muß man sie daran hindern die Macht zu bekommen, aktiv! auf Argumente oder demokratische Willensbildung legt in der afd niemand wert. Sie wollen Macht und sobald sie die bekommen, werden sie sie nutzen. Alleinig in ihrem Sinne!

    • @nutzer:

      einverstanden.



      wie stellen sie sich das aktiv werden vor?



      beispiele?

      • @Brot&Rosen:

        Wählen gehen! Wahlbeteiligungen von 65-70% sind unterirdisch. Geringe Wahlbeteiligung spielt denen in die Hände - siehe Brexit.

        Die Professoren- und Anwältepartei gibt ja vor, die Eliten zu bekämpfen. Wer mal in das Wahlprogramm schaut sieht, dass sie die kleinen Leute in den Plattenbauten im Visier haben. Das wird für viele derer, die es denen da oben mal so richtig zeigen wollen, ein böses Erwachen geben…

      • @Brot&Rosen:

        Man könnte konsequent und sauber Politik betreiben - mit purem Entsetzen habe ich die Dokumentation zu Benko in der ARD gesehen. Das ist erschreckend und gleichzeitig wird auch die Hilflosigkeit der Bürgerschaft aufgezeigt. (Damit will ich nicht sagen, dass Wahlentscheidungen bewusst getroffen werden. Es sind emotionale Handlungen. Sie entspringen der allgemeinen Stimmung. Doch exakt diese Stimmung würde sich verändern, wenn zum Beispiel die 680 Millionen wieder auftauchen würden oder der Kanzler diese Vorgänge konsequent aufklären würde. So mauschelt und trotzt eben jeder wie er kann. Das ist ungut.)

      • @Brot&Rosen:

        Man könnte z.B. dafür sorgen, dass kein Afd-Mitglied mehr Richter oder Beamter ist.

        • @benwolf:

          Nein, kann man nicht, es sei denn, man verbietet die AfD und das BVerfG bestätigt das Verbot. Ansonsten darf man auch als Beamter Mitglied jeder Partei sein, die nicht verboten ist.

        • @benwolf:

          Das ist verboten und illegal. Wurde sogar schon vom verfassungsgericht geurteilt.

          Zum anderen treibt das erst recht die Leute zur AfD

        • @benwolf:

          Wie denn?

      • @Brot&Rosen:

        aktiv verhindern. Das heißt eigentlich nur Verbot.

        • @nutzer:

          Dafür gäbe es einfachte Mittel, ganz ohne AfD Verbot. Beamter kann nicht jeder werden. Es gibt eine Prüfung. Die müsste eben auch darauf zielen, dass tatsächlich eine Verfassungstreue gewährleistet ist. Und man müsste Beamte entsprechende mit Schimpf und Schande aus dem Amt jagen wenn bekannt wird, dass sie nicht auf dem Boden der Verfassung stehen. Problem: die Gesinnung ist inzwischen schon längst in den Institutionen angekommen wie man am NSU 2.0 Fall sieht.

          Die Demokratie versagt, wenn ihre Institutionen, die sie verteidigen sollen, schon durchsetzt sind. Nie wieder ist nicht jetzt, sondern es war vor vielen Jahren.

          • @Jalella:

            ja und nu? weil vor "vielen Jahren nicht..." kann man nu nichts mehr tun?



            Niewieder ist immer nur jetzt, weil in der Vergangenheit lässt sich nichts ändern, aber trefflich, das eigene Leid beklagen.

          • @Jalella:

            "Dafür gäbe es einfachte Mittel, ganz ohne AfD Verbot. Beamter kann nicht jeder werden. Es gibt eine Prüfung. Die müsste eben auch darauf zielen, dass tatsächlich eine Verfassungstreue gewährleistet ist."

            Die einzig legitime Frage bei einer solchen Verfassungstreue-Prüfung wäre die nach einer Mitgliedschaft in einer verfassungsfeindlichen Partei, und da die AfD bislang nicht als eine solche eingestuft worden ist, wäre eine AfD-Mitgliedschaft kein Hinderungsgrund für eine Verbeamtung. Oder schwebt Ihnen eine umfassende Gesinnungsschnüffelei vor, so eine Art Stasi 2.0?

          • @Jalella:

            Die Beweislage würde so oder so sehr schwierig.

            • @Nobodys Hero:

              In den 1970ern reichte schon die Mitgliedschaft in so harmlosen und nicht verbotenen Organisationen wie dem SHB, dem VVN/BdA oder der DFG-VK für ein Berufsverbot. Und da war die SPD dran.

              • @PeterArt:

                Die 1970er sind 50 Jahre her. Was damals als Begründung gegen eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst ausreichte, würde heute von jedem Gericht für rechtswidrig erklärt. In den 1950ern reichte es z. T. aus, wenn man nur Kontakt zu den "falschen" Leuten (meistens Kommunisten) hatte, unabhängig davon, welcher Art diese Kontakte waren. Auch mit derartigen Begründungen käme ein Arbeitgeber aus dem ÖD heute nicht mehr durch.

  • Bemerkenswert sind die Verfahrensweisen der etablierten Bundestagsparteien, die von ihrer Regierungsverantwortung nichts mehr wissen wollen und nur die WählerInnen für AfD Erfolge verantwortlich machen wollen: AfD-Erfolge sind auch das Ergebnis der Regierungspolitik der vergangenen Jahre



    Nimmt man den Menschen die Ängste vor Kinderarmut, Altersarmut, Wohnungsnot und Klimakollaps werden AfD-Erfolge gestoppt. Zynische Pointe: Die etablierten Bundestagsparteien kennen die Ursachen für die AfD-Erfolge - wollen aber keine andere Politik gestalten.

    • @Michael Köhler:

      AgD-Wähler kennen keinen Klimakollaps.

    • @Michael Köhler:

      Angst vorm Klimakollaps? Verdrängen AfDler den nicht wie Long COVID?

    • @Michael Köhler:

      Ganz so einfach ist es nicht.

      Erstens wählen rel. viele Menschen neoliberale Parteien, was den politischen Handlungsspielraum, bei der Bekämpfung der genannten Probleme, gegen 0 gehen lässt.

      Es gibt schlicht keine Mehrheit im Parlament für einen Kurswechsel.

      Zum Beispiel fehlt Geld.



      Steuern müssten angepasst werden, ETZ.

      Aber davon mal ganz abgesehen.

      Wir stehen vor quasi unausweichlichen kolossalen Veränderungen weltweit. Der Klimawandel ist eine davon.

      Das macht Angst.

      Und diese Angst kann die Politik nicht oder nicht vollständig stoppen, weil die Ursache, die Veränderung, nicht oder nur in Ansätzen gestoppt werden kann.

      Das beste wäre sich darauf vorzubereiten... aber dafür fehlt wie schon erwähnt eine politische Mehrheit.

      Das führt zu Unsicherheit, Unsicherheit führt zu Angst/Hass und das beschert dem rechten Rand Stimmen.

      Ein Teufelskreis.

      • @sociajizzm:

        Der Klimawandel macht den AFD-Wählern offenkundig keine Angst.

        Die eine Hälfte der AFD-Wähler plappert die AFD-Lüge nach, dass es den menschgemachten Klimawandel nicht gebe, und die andere Hälfte meint, dass das Klimaproblem augebauscht sei und günstige Gas-, Strom- und Spritpreise das viel vordringlichere Problem wären.

        Einig sind sich beide Gruppen aber darin, dass sie in einem Kulturkrieg gegenüber "den Grünen, den Ökos, den Woken" sind, welche sie aufgrund derer Art, Probleme in ihrem Lebenswandel aufzuzeigen, einfach nicht leiden können, weil sie sich notwendigen Veränderungen (und ja, auch notwendigen Kosten) verweigern. Da werden erwachsene Menschen wieder zu kleinen Kindern, stampfen mit dem Fuß auf und maulen "Ich will aber einfach nicht!" So einfach lassen sich Realitäten verweigern, weil ja "die Sorgen der Menschen ernstgenommen werden müssen".

  • "So trostlos es klingt: Ein nicht unerheblicher Teil der Deutschen will genau diese in Realpolitik gegossene Men­schen­fein­dlichkeit..."

    Self-fulfilling prophecy?

    • @tomás zerolo:

      ?

      "Self fulfilling prophecy" würde ja in dem Kontext bedeuten, dass der Taz Artikel Wähler:innen dazu bringen würde, die AFD zu wählen.

      Das AFD Wähler:innen die Taz lesen wage ich mal zu bezweifeln.

      Oder wie ist das gemeint gewesen?

      • @sociajizzm:

        Falsch. Zumindest wählte ich 2017 die AfD. Mittlerweile halte ich die Partei nicht mehr für wählbar. Warum ich auch TAZ lese? Um zu wissen, was der politische Gegner denkt und weil die TAZ trotz ihrer linken Tendenzen erstaunlich ehrlich ist.