Umsturz-Verdächtige Malsack-Winkemann: Esoterikerin und QAnon-Anhängerin
Sie plante offenbar mit Reichsbürgern die Revolution und sollte danach Justizministerin werden: Wer ist Richterin und Ex-AfD-Abgeordnete Birgit Malsack-Winkemann?
Auch in Hinblick darauf, wie sich die mutmaßlichen Putschist*innen Zugang zum Bundestag verschaffen wollten, ist Malsack-Winkemann möglicherweise interessant: Laut der Pressestelle des Bundestags verfügt die ehemalige AfD-Abgeordnete über einen Ehemaligenausweis. Gemäß Hausordnung dürfte sie damit nach einem Sicherheitscheck die Bundestagsgebäude betreten. Aus der Pressestelle hieß es: „Bis zum Vorliegen weiterer Erkenntnisse aus dem Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts erhält Frau Malsack-Winkemann keinen Zutritt zu den Liegenschaften des Deutschen Bundestages.“
Die Berliner Senatsverwaltung für Justiz hatte dieses Jahr versucht, die Richterin aus dem Dienst zu entfernen, war damit aber beim Dienstgericht gescheitert. Das Gericht hatte keinen Anlass gesehen sie in den Ruhestand zu schicken – trotz ihrer AfD-Mitgliedschaft, dokumentierten Kontakten zum offiziell aufgelösten, rechtsextremen Flügel der AfD sowie ihrer Beteiligung an der Querdenken-Demo im August 2020, die letztlich zur Erstürmung der Treppen des Reichstages geführt hatte.
Das Gericht sah während der Verhandlung Ende Oktober keinen Nachweis, dass Malsack-Winkemann „die Nähe von Parteimitgliedern sucht, die rechtsextremistische Ansichten vertreten“ – ebenso sei eine „Nähe zu verschwörungstheoretischen Kreisen mit rechtsextremen Hintergrund“ nicht nachzuweisen. Der Staatsrechtler Fischer-Lescano hatte das Urteil deutlich kritisiert.
Reichsbürger-Ideologie und Esoterik
Zu Recht, wie sich nun offenbar zeigt: Parallel lief gegen Malsack-Winkemann ein Terror-Ermittlungsverfahren wegen eines geplanten Staatsumsturzes. Die Berliner Justizbehörde bestätigte der taz am Mittwoch, dass die Berufung gegen das Urteil noch am selben Tag rausgeschickt werden sollte. Das habe man allerdings bereits vor der Razzia geplant, die Frist für Rechtsmittel läuft bis zum 11. Dezember. Die Berufung dürfte nun um einiges leichter zu begründen sein.
Moralische Unterstützung in dem Verfahren hatte Malsack-Winkemann auch von den AfD-Bundesvorständen Roman Reusch und Stephan Brandner erfahren, die bei der Verhandlung erschienen waren. Letzterer hatte ihr zuletzt noch bei Gericht auf die Schulter geklopft und zu ihr gesagt, dass sie sich „wacker geschlagen“ habe und danach vor Kameras die Neutralität Malsack-Winkemanns betont. Vor Gericht ließ sie sich von Jochen Lober verteidigen, der zwischenzeitlich auch den NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben vertrat.
In ihrer Zeit im Bundestag war Malsack-Winkemann mit scharfen und rassistischen Reden aufgefallen, in denen sie unter anderem Verbindungen von Krankheiten und Flüchtlingen insinuierte. Laut Zeit wurde sie seit Monaten überwacht und gilt unter Parteifreunden, Bekannten und Parlamentariern als Anhängerin von Verschwörungstheorien mit einer Neigung zur QAnon-Ideologie. Ebenso gebe es eine Nähe zur Reichsbürger-Ideologie und Esoterik. Sie soll innerhalb des Verschwörerkreise zuletzt darauf gedrängt haben, möglichst schnell aktiv zu werden.
Der Grünen-Abgeordnete Sven Kindler, der vergangene Legislatur mit Malsack-Winkemann im Haushaltsausschuss des Bundestages saß, twitterte anlässlich der Durchsuchungen, dass diese dort „oft und lang ihre wahnhaften Verschwörungsthesen zu Corona, Impfen, Geflüchteten oder der UN ausgebreitet“ habe. Die Hassrede der AfD sei brandgefährlich und führe zu Taten, so Kindler.
Ergänzt und aktualisiert am 07.12.2022 um 13:50 Uhr. d. R.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Fall Mouhamed Dramé
Psychische Krisen lassen sich nicht mit der Waffe lösen
Ex-Mitglied über Strukturen des BSW
„Man hat zu gehorchen“
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe