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Menstruieren am ArbeitsplatzBlut gehört dazu

Unsere Arbeit könnte für Menstruierende ausgelegt sein. Dabei geht es nicht nur um extra Urlaub – wie in vielen Ländern längst üblich.

Geht doch: ein Tampon- und Bindenspender hängt in einer Toilette der Uni in Magdeburg Foto: Klaus-Dietmar Gabbert/picture alliance

Seit Tagen spannen die Brüste. Der Bauch ist gebläht, die Stimmung im Keller. Ungebeten, zu früh und auf der Arbeit durchzieht der erste Krampf den Unterleib. Die Periode ist da. Bis die Schmerztablette hilft, heißt es Zähne zusammenbeißen. Bloß nicht auffallen und den Chefs noch einen Grund geben, Männer in allen Positionen vorzuziehen.

Tränen steigen in die Augen, die behelfsmäßige Klopapierbinde hält jetzt schon nicht mehr dicht. Hört sich bekannt an? Glückwunsch, Sie haben das unfaire Los gezogen, in unserer Arbeitswelt eine Frau zu sein. In der Arbeitswelt von Morgen muss die Periode raus aus der Schmuddelkiste, mit auf die große Bühne, wo alle sie sehen. Die Periode geht alle was an. So schwer ist es nicht, sie zu integrieren. Ansätze gibt es genug.

Illustration von Ali Arab Purian
Die taz total utopisch

🐾 Von der Kneipe an der Ecke bis zum solidarischen Garten in Bogotá: Junge Au­to­r*in­nen haben sich auf die Suche nach utopischen Ideen begeben. Die dabei entstandenen Artikel haben sie in einer Sonderausgabe der taz veröffentlicht.

Kostenlose Menstruationsprodukte sind nur der Anfang. Binden und Tampons, die auf den Klos ausliegen, könnten Frauen finanziell entlasten. Zudem müssten mehr Unternehmen Einzeltoiletten mit eigenem Waschbecken einbauen, die mehr Privatsphäre bieten. Dadurch wären am Arbeitsplatz nachhaltige Menstruationstassen, die beim Wechseln ausgewaschen werden müssen, besser nutzbar.

Flexible Arbeitsmodelle – ob Gleitzeit, Homeoffice oder verkürzte Arbeitstage – helfen, die Arbeitslast je nach Leistungsfähigkeit innerhalb des Zyklus anzupassen. Und wenn die Schmerzen wirklich zu groß sind? Dann Mut zum Krankenschein. Etwa 50 Prozent der Frauen leiden unter starken Menstruationskrämpfen. Ein Menstruationsurlaub, wie er in Japan, Indonesien und anderen asiatischen Ländern sowie in Spanien längst normal ist, könnte ihnen helfen.

Damit sich die Unternehmenskultur verändert, muss die Periode ins Gespräch kommen. Dass Frauen nach Hause gehen, die ihre Tage bekommen, oder dass andere ihre Aufgaben übernehmen, wenn sie starke Regelschmerzen haben – so was muss Platz haben. Ohne Augenrollen, ohne Unterstellungen und ohne Angst vor Benachteiligung.

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26 Kommentare

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  • Wenn eine Frau Schmerzen oder gesundheitliche Probleme während der Menstruation hat kann sie sich krankmelden/krankschreiben lassen. Das ist ihr gutes Recht. Alles andere ist entwürdigend und ein Wettbewerbsnachteil

  • Warum soll ich Urlaub nehmen, wenn ich arbeitsunfähig bin? Unbezahlten noch dazu? Dysmenorrhoe und Endometriose bspw. sind Erkrankungen, teils ursächlich, teils symptomatisch therapierbar und auf jeden Fall sollte frau mit derart starken, den Alltag einschränkenden Schmerzen usw. zur Gynäkologin gehen.

    In vielen tarifgebundenen Unternehmen gibt es die Möglichkeit der Krankmeldung ohne Bescheinigung für 1-2 Tage, samt Lohnfortzahlung - das würde ich (auch bei Erkältung, Migräne und Kotzeritis) ungern gegen unbezahlten Urlaub eintauschen...

    Wo ist das Problem, in Unternehmen und Betrieb selbst aktiv zu werden? Frau spendiert aus dem eigenen Fundus ein paar Tampons und Binden und platziert sie in einem Behältnis aufm Klo, das machen x Frauen und fertig. Macht es uns arm? Nö.

    Waschbecken und Mülleimer in kleineren "Kloeinheiten" befürworte ich uneingeschränkt :)

  • Ja, werdet laut und setzt durch, was nötig ist, fertig. Dass sowas immer ignoriert wird, liegt nur daran, dass viele (Männer) das halt aus eigener Erfahrung gar nicht kennen.

    Deswegen sind die aber noch lange nicht böse oder doof, denen muss man/frau das einfach mal erklären. Die wissen das von allein wirklich nicht! Wer das dann immer noch nicht einsieht, ist wirklich ein Arschloch, aber das sind wirklich nur die allerwenigsten. Die meisten sind da wirklich einsichtig, wenn ihnen das mal erklärt wird, echt jetzt.

    Da muss man wirklich nicht noch einen Krieg für anfangen. Einfach mal reden und das notfalls auch mal richtig anschaulich darstellen, dann verstehen das fast alle. Manchmal ist das wirklich genau so einfach.

    • @Mustardman:

      Yep.

  • Das mit den Waschbecken in der Kabine habe ich gerade letzte Woche beim Arbeitgeber vorgeschlagen und wir montieren jetzt Schlösser an der Eingangstür, damit die Toilette zukünftig aus Toilettenkabine und Waschbecken besteht. Es kostet nur etwas Arbeitszeit, die Bauteile sind im Haus vorhanden.

    Es wäre schön, wenn das überall so wäre und wir der Toilettenkultur mehr Beachtung schenken würden.

  • Ginge es bei der Menstruation um Männer, dann würden Monatshygiene Artikel in allen sanitären Anlagen ausliegen.



    Und das seit mindestens 5000 Jahren!

    • @coastGNU:

      ...und Frauen muessten mindestens zwei Tage lang zu Hause bleiben um den leidenden Maennern zu dienen.Schwangere Maenner wuerden geehrt, Denkmaeler errichtet und Strassen nach ihnen benannt werden. Man nennt dies auch androzentrierte Welt, in der wir leider immer noch leben.

      • @NovaBel:

        Dass Männer ein höheres Schmerzempfinden haben als Frauen ist eine Mär. Das Gegenteil ist zutreffend. Testosteron wirkt analgetisch.

  • "Ein Menstruationsurlaub, wie er in Japan, Indonesien und anderen asiatischen Ländern sowie in Spanien längst normal ist, könnte ihnen helfen."



    Leider lässt der Artikel völlig außen vor, dass in der Menstruationsurlaub in Japan - übrigens exakt 1 einziger Tag im Monat - nicht bezahlt werden muss und die meisten Unternehmen das auch genau so umsetzen... - einen Tag unbezahlten Urlaub hier als Vorbild zu feiern verstört doch etwas 🤷‍♂️



    Selbiges gilt übrigens für Indonesien - dort dürfen Frauen 2 Tage pro Monat bezahlt zuhause bleiben wenn sie ihre Periode haben, richtig - allerdings fußt dieses Gesetz noch auf die niederländische Kolonialzeit zurück, genauer auf 1899. Im selben Gesetz wurde auch gleichzeitig die Nachtarbeit für Frauen verboten, da sie für sie als moralisch zu gefährlich erachtet wurde und um ihrer familiären Stellung als Fürsorgerin für Kinder und Mann Rechnung zu tragen...



    Wenn man dann noch bedenkt, das besonders im Islam (aber auch im Hinduismus übrigens) das Menstruationsblut als besonders unrein gilt, kann man sich endgültig die gesellschaftliche Stoßrichrung dieses Gesetzes vor Augen führen - wenn der Artikel also sagt "Blut gehört dazu / Menstruieren am Arbeitsplatz" dann finde ich besonders das Beispiel Indonesien hierfür völlig fehl am Platz, weil dort ja genau das Gegenteil bezweckt werden soll - nämlich Frauen und ihre Menstruation hinter die heimische Tür zu verbannen.



    perfectfit.co.id/b...leave-in-indonesia

    • @Farang:

      Und in Spanien darf frau zwar Menstruationsurlaub nehmen, dafür aber wie alle Arbeitnehmer nur drei Tage bei voller Bezahlung krank sein. Danach wird das Gehalt gekürzt bzw. die Versicherung muss einspringen.

  • Es ist bemerkenswert, dass der linke Feminismus bei diesem Thema plötzlich die Naturalismus-Karte zückt. Als ob die Wahrnehmung und dadurch auch Beeinträchtigung durch die Menstruation nicht enorm kulturell überformt sei. Ist sie aber.



    Lustig schon wieder, dass die Autorin nonchalant glaubt, dass nicht-erledigte Arbeit dann von anderen übernommen werden kann, wenn diese halt einfach ein bisschen Solidarität zeigen würden. Im Elfenbeinturm der Autorin scheint dies zu funktionieren.

    • @Ignaz Wrobel:

      Das wird interessant in Abteilungen, in denen nur Frauen arbeiten.

  • Menstruationsurlaub?



    Gehts noch?



    Bekommen Männer dann auch einen Grippeurlaub?



    Kinder in der Schule Schnupfenferien?



    Wer krank ist ist krank!



    Und Schmerzen haben ist ein Symptom einer Krankheit!



    Nur weil eine Krankheit zyklusbedingt ihre Symptome aufdreht, ist sie nicht weniger ernstzunehmen als eine Krankheit, die von Viren oder Gendefekten ausgelöst wird.



    Aber es bleibt eine Krankheit. In viel zu vielen Fällen sogar eine, gegen die frau etwas tun könnte, wenn ihre Ärzte ihre Beschwerden nicht als "Normale Zykluserscheinung" abtun würden.



    Es ist NICHT normal, dass eine Frau fünf Tage pro Monat arbeitsunfähig ist!



    Mir tun alle Frauen leid, bei denen das so ist, aber bitte lasst euch helfen oder krankschreiben! Ihr seid viele, aber nicht alle Frauen teilen euer Schicksal.



    Und alle anderen: hört auf, Krankschreibungen während der Periode als Menstruationsurlaub zu bezeichnen! Wer krank ist, ist krank!

    • @Herma Huhn:

      "Es ist NICHT normal, dass eine Frau fünf Tage pro Monat arbeitsunfähig ist!"

      -------------

      Richtig. Aber bevor man sich 5 Tage pro Monat krankschreiben lässt sollte man vieleicht besser dem Kernproblem auf den Grund gehen. Denn nicht immer sind extreme Regelschmerzen naturbedingt, da spielt ggf. die Verhütungsmethode eine große Rolle und man kann durch einen Wechsel sehr viel zum Positiven hin bewirken. Sehe ich bei meiner Frau, die seit dem Wechsel von Pille auf NFP wegen Regelschmerzen nicht mehr krankgeschrieben werden muss. Der eine Tag wo es mal schmerzhaft sein kann wird mit Schmerztabletten überbrückt, und das wars dann.

    • @Herma Huhn:

      Ich teile Ihre Meinung, dass es auf keinen Fall Urlaub genannt werden sollte. Das weckt ein völlig falsches Bild.

    • @Herma Huhn:

      Koennen wir uns bitte auf Arbeitsunfaehigkeit einigen. Die Menstruation und ihre Symptome sind keine Krankheit.

      Ich lehne den Menstruationsurlaub ebenfalls ab, weil er nicht noetig ist. In Spanien gibt es keine vergleichbare Lohnfortzahlung, deshalb ist das nicht vergleichbar.

      • @elektrozwerg:

        Wenn die Menstruation arbeitsunfähig macht, dann ist das durchaus eine Krankheit.



        Oder wie von Sepp angedeutet, eine Nebenwirkung eines Medikamentes.



        Auf jeden Fall ein Zustand, der ärztliche Unterstützung benötigt, die über einen gelben Schein hinausgehen sollte.



        Ja in Spanien ist die Krankschreibung bei Menstruationsbeschwerden etwas wichtiges aber auch sehr diskriminierendes. Warum erhält jemand, der häufig an Kopfschmerzen leidet, ohne gleichzeitig zu menstruieren nicht das gleiche Recht?

  • sagen wir ein Monat hat im Schnitt 22 Arbeitstage, und eine Mitarbeiterin hat davon 5 Tage Anspruch auf Krankschreibung,, wie im Spanienbeispiel, dann fällt sie damit 22,7% der Arbeitszeit aus. das jeden Monat.

    wow.

    • @Usch Bert:

      weil die 5 Tage niemals auf ein Wochenende, einen Feiertag oder in die Urlaubszeit fallen???

      • @Lieschen Müller:

        Wer im Urlaub krank wird hat Anspruch darauf, die entsprechenden Urlaubstage zurückerstattet zu bekommen. In Deutschland kann man daher per Definition im Urlaub nicht krank sein. Wir man krank, war es rückwirkend kein Urlaub.



        Das Wochenende und Feiertage betrifft das nicht, aber zumindest die von Usch Bert angesprochenen Urlaubstage.

  • Einerseits gleiche Bezahlung fordern und andererseits "Gleitzeit, Homeoffice oder verkürzte Arbeitstage – je nach Leistungsfähigkeit innerhalb des Zyklus."

    Gefordert wird das von und für junge bessergestellte Frauen, die im Büro arbeiten und fast immer die Möglichkeit für Homeoffice haben. Ärztinnen, Pflegerinnen, Lehrerinnen haben Pech gehabt, dort könnte man das sowieso nicht umsetzen.

  • Die Situation für Frauen während ihrer Periode am Arbeitsplatz muss verbessert werden, dass ist völlig klar und wird auch mal Zeit.

    Kostenlose Menstruationsprodukte, mehr Privatsphäre, flexible Arbeitszeiten und die Einführung eines Menstruationsurlaubs sind notwendige Schritte die längst fällig sind. Auch die Unternehmenskultur sollte sich ändern, um Offenheit und Gleichberechtigung zu fördern.

  • Und ohne dusselige Kommentare vom Chef: "Männer haben auch ihre Probleme!"

  • Man lese und staune, in dem Artikel wird doch tatsächlich davon ausgegangen, dass es sich bei Menstuierenden um Frauen handelt und nicht um ein Gruppe mit 42,3 Geschlechtern.

    • @Faz:

      Vielen Dank. Das ist mir auf Grund des biologischen Themas anfangs nicht aufgefallen.

      Gleichzeitig wird eine Gegenposition von Männern konnotiert. Zitat: "Bloß nicht auffallen und den Chefs noch einen Grund geben, Männer in allen Positionen vorzuziehen."



      Genannt werden hier nur Chefs?

      Damit wird ein binäres Weltbild untermauert, obwohl das Gegenstück zu Menstruierenden mit Menstruationsbeschwerden Nicht-menstruationsbeschwerden-Habende wären, die auf Grund der fehlenden Betroffenheit möglicherweise kein Verständnis für die Situation aufbringen, auch wenn dies dringend eingefordert werden sollte.

    • @Faz:

      Dude.