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Pentagon wirft China Spionage vorDer zweite Ballon

Laut dem US-Verteidigungsministerium ist das Objekt über Südamerika aufgetaucht. Peking dementiert und spielt die Besuchsabsage des US-Außenministers herunter.

Nicht der Todesstern, sondern ein mutmaßlicher Spionageballon, der völlig außer Kontrolle ist Foto: Anna Griffin/ap

Berlin afp |/ap | Nach der Entdeckung eines mutmaßlichen chinesischen Spionage-Ballons über den USA ist nun nach Pentagon-Angaben ein zweiter derartiger Ballon über Lateinamerika aufgetaucht. „Nach unserer Einschätzung ist es ein weiterer chinesischer Spionage-Ballon“, erklärte der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Pat Ryder. Peking warf am Samstag „einigen Politikern und Medien in den USA“ vor, den Vorfall als Vorwand zu benutzen, „um China anzugreifen und zu verleumden“.

Zu dem zweiten gesichteten Ballon gab der Pentagon-Sprecher nur eine kurze Erklärung ab. Er machte keine Angaben, wo genau der Ballon über Lateinamerika gesichtet wurde. Der erste Ballon flog derweil über die Mitte der USA Richtung Osten.

Das Außenministerium in Peking erklärte, „einige Politiker und Medien in den Vereinigten Staaten“ benutzten den Vorfall „als Vorwand, um China anzugreifen und zu verleumden“. China habe „niemals“ das Territorium oder den Luftraum eines anderen Landes verletzt.

Zuvor hatte die Entdeckung des ersten Ballons für neue Verwerfungen zwischen Washington und Peking gesorgt. US-Außenminister Antony Blinken sagte am Freitag wegen des Vorfalls einen für Sonntag und Montag geplanten China-Besuch ab. In einem Telefongespräch mit dem hochrangigen chinesischen Vertreter Wang Yi machte er nach eigenen Angaben klar, „dass die Präsenz dieses Spionage-Ballons im US-Luftraum eine eindeutige Verletzung der Souveränität der USA und des internationalen Rechts“ sei.

Peking spielt Absage von Blinkens Besuch herunter

Die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtete ihrerseits, das Gespräch zwischen Blinken und Wang habe „in ruhiger und professioneller Atmosphäre“ stattgefunden. Wang habe vor „Missverständnissen“ gewarnt sowie „grundlose Spekulationen“ zurückgewiesen. China hatte zuvor beteuert, es handele sich um einen „zivilen“ Ballon insbesondere für „meteorologische Zwecke“, der versehentlich in den US-Luftraum geflogen sei.

China hat am Samstag die Bedeutung der Absage eines geplanten Besuchs von US-Außenminister Antony Blinken heruntergespielt. Die USA und China hätten nie einen Besuch vereinbart, teilte das Außenministerium am Peking am Samstag mit. Stattdessen hätten die USA die Reise einseitig angekündigt, was China respektiert habe. Zuvor hatte ein mutmaßlicher chinesischer Spionageballon über US-Territorium die diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Ländern weiter belastet.

Das chinesische Außenministerium beteuerte am Samstag erneut, der Ballon sei nicht zu steuern. Es forderte die USA auf, das Land nicht aufgrund des Ballons zu verleumden. China halte sich strikt an das Völkerrecht und akzeptiere keine unbegründeten Spekulationen, sagte ein Sprecher. „Angesichts unerwarteter Situationen müssen beide Parteien Ruhe bewahren, rechtzeitig kommunizieren, Fehleinschätzungen vermeiden und Differenzen bewältigen“, hieß es in der Mitteilung.

Blinken sollte am Sonntag zu Gesprächen nach Peking reisen mit dem Ziel, die Spannungen zwischen den USA und China zu reduzieren. Die Vereinigten Staaten sagten die Reise jedoch nach der Entdeckung des Ballons ab. China gab an, es handele sich lediglich um ein Flugobjekt zur Wetterforschung, das vom Kurs abgekommen sei. Das Pentagon wies dies entschieden zurück, ebenso wie die Behauptung, der Ballon diene nicht der Überwachung und habe nur begrenzte Navigationsfähigkeiten.

Unzensierte Reaktionen im Internet spiegelten die offizielle Haltung der chinesischen Regierung wider, wonach die USA die Situation übertreiben. Viele Nutzer machten Witze über den Ballon. Einige erklärten, der Ballon könne nicht kontrolliert werden, weil die USA Beschränkungen für den Verkauf von technologischen Komponenten an China verhängt hätten. Andere machten sich über die US-Verteidigung lustig, die sich nicht einmal gegen einen Ballon verteidigen könne.

Deutsche Politiker äußern sich alarmiert

Politiker und Experten in Deutschland haben sich angesichts der Entdeckung eines chinesischen Spionageballons nahe Atomraketen-Standorten in den USA höchst alarmiert geäußert – auch wegen Chinas enger Verbindungen zu Russland. Der Vorfall zeige, dass China „selbst den Luftraum der USA nicht mehr respektiert“, sagte der menschenrechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion Michael Brand der Bild (Samstagsausgabe). Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion für Auswärtiges und Verteidigung, Johann Wadephul, sprach von einem „Warnsignal“.

China-Experte Brand gab zu bedenken, dass Chinas Staatspräsident Xi Jinping bald zu bilateralen Gesprächen in Moskau erwartet werde. „Wir werden uns auf ein hartes Rennen um die globale Vorherrschaft von Diktatur oder Demokratie einstellen müssen“, sagte der CDU-Politiker.

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32 Kommentare

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  • Natürlich ist das die Technologie von Wetterballons — nur damit bekommen wir Menschen unsere Geräte ohne zu große Kosten so hoch.

    Die Frage ist doch, was drin ist und was dran hängt.

    Simple Technologie. Trotzdem gefährlich.

  • Gääähn.

    Die wahrscheinlicshte Erklärung: Nadelstiche. Und schauen, wie die US darauf reagiert. Bei all der Aufregung -- es scheint drei Stück davon gegeben zu haben während der Trump-Administration [1], ohne dass sich wer aufgeregt hat. Hier [2] auch ein guter Überblick, wozu sowas gut sein könnte.

    Ich shätze mal, der Flug des F-22 bis zur Abschusstelle war schon teurer als der ganze Ballon. Nicht zu sprechen von der Rakete.

    "...



    Experten in Deutschland..."

    Huch?

    "...Michael Brand ... Johann Wadephul ..."

    Ach so. Mann, nehmen die sich wichtig. Haben die sich auch bei den drei Vorfällen während der Trump-Ära geäussert?

    [1] www.theguardian.co...-house-republicans



    [2] www.theguardian.co...y-still-being-used

    • @tomás zerolo:

      "Gähn, Huch? Ach so."

      Was wollen Sie sagen? 🤪

  • Von Anfang an verpatzt. Einfach den Quasi-Nachbarn China unaufgeregt fragen (es gibt den direkten Draht!) , was "das sein soll", wenn möglich in den Dialog gehen und im Kontakt bleiben. Wenn dann nichts brauchbares kommt außer Abwehr und Vorwürfe vom "Nachbarn" dann wäre eine eigene Entscheidung mit allen Optionen plausibler gewesen.

  • Guter Kommentar zum Thema in der SZ:



    www.sueddeutsche.d...spionage-1.5745344

  • Kleiner Tipp ans Militär: Die Ballonhülle reparieren und an Looner verkaufen. Die wollen ein Schweinegeld zahlen, diesen Ballon zu reiten.

  • 99 Luftballons sind ja nun auch viel billiger als Satelliten zum Spionieren und mit Windantrieb auch noch klimaneutral. Leider etwas ungenau, da schlecht steuerbar.



    Wer hat sich so etwas ausgedacht?

    • @Lebenslauf:

      Jemand mit Humor. Der genau diese Reaktion hervorrufen wollte.

    • @Lebenslauf:

      Bestimmte Funkfrequenzen lassen sich nicht von Satelliten außerhalb der Atmosphäre abhören, aus 20km mittels Heißluftballon aber schon.

      • @Rudi Hamm:

        Ich denke aber nicht dass das ein Heißluftballon war, allein schon wegen dem Energieverbrauch auf so einer langen Fahrt…das sind üblicherweise mit Wasserstoff oder Helium gefüllte Gasballons.

        • @Saile:

          Stimmt, meinte natürlich einen Gasballon.

  • " ... 99 Kriegsminister



    Streichholz und Benzinkanister



    hielten sich für schlaue Leute,



    witterten schon fette Beute ..."

  • Wir müssen uns einfach daran gewöhnen, dass wir im Zeitalter der Propaganda leben. Was soll man denn noch glauben?

    • @Rolf B.:

      Am besten so wenig wie möglich und einfach weiterleben.



      Ammes andere ist extrem schwierig geworden.

      • @Frau Flieder:

        Soll "alles" heissen.



        Schreiben im Zug ist nicht so einfach:-)

  • Und die Amis machen sowas nicht?

    • @joaquim:

      Sie haben sich halt nicht erwischen lassen.

  • Abschiessen, dann weiss man ob es Wetter oder Spionage war.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)
    • @95820 (Profil gelöscht):

      Natürlich ist das die Technologie von Wetterballons — nur damit bekommen wir Menschen unsere Geräte ohne zu große Kosten so hoch.

      Die Frage ist doch, was drin ist und was dran hängt.

      Simple Technologie. Trotzdem gefährlich.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Shure - aber die 🎸 als Paddel - läßt sich - Bass brennt länger - toppen!



      Nämlich - “Bis die Flut kommt“ Wollnich



      Spardosenterzett - Jungs - laßt gehn!



      m.youtube.com/watch?v=WyMSFvynfrw



      “Hättest du mal Mundharmonika gelernt!“ Eben.

  • Ballon über Wanne-Eickel gesichtet. Könnte sich um einen Kindergeburtstag handeln, so das alliierte Hauptquartier.



    *Auf dem Ballon mit Fernglas deutlich zu erkennen die Aufschrift: made in China. Verdächtig: In einer Kleingartenanlage wurden Luftschlangen und Papierteller mit derselben Aufschrift gefunden. Die Umweltministerin sagt ihren Besuch im China-Restaurant ab.

  • „Angesichts unerwarteter Situationen müssen beide Parteien Ruhe bewahren, rechtzeitig kommunizieren, Fehleinschätzungen vermeiden und Differenzen bewältigen“



    Die Frage ist: Würde sich Peking an dieses Prinzip auch dann halten, wenn ein US-Ballon unangekündigt in den chinesischen Luftraum eindringen würde?

    • @Pfanni:

      und angekündigt ?!?

  • Diese Vorfälle sind aber auch einigermaßen verwirrend. Angefangen wie effektive Spionage mit einem Ballon möglich sein soll, dessen Flugrichtung von Winden bestimmt wird über wieso die amerikanische Luftwaffe ihn gewähren lässt. Die offizielle Begründung, Menschen sollen vor herabstürzenden Teilen geschützt werden, ist so hanebüchen, naja...



    Wird wohl etwas dauern bis diese Geschehnisse zu verstehen sind...

    • @nutzer:

      Danke für Ihren Kommentar. Leider stehen wir mit dieser Einschätzung ziemlich alleine da, wenn ich mir die Meldungen und Reaktionen auf diversen Newsportalen so betrachte. Es wird völlig unreflektiert der Sprech der US-Regierung übernommen.