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Umstrittene Podiumsrunde mit TellkampKein Lehrstück in Sachen Demokratie

Autor Tellkamp trifft auf Ministerpräsident Kretschmer. Verschwörungen, Zweifel an der Reichsbürger-Razzia werden geäußert. Streiten will keiner.

Kein Streit, lieber Harmonie: Autor Tellkamp und Ministerpräsident Kretschmer in Berlin Foto: dpa

Berlin taz | „Warum eigentlich nicht?“, fragt Conrad Clemens, der Leiter der Vertretung des Freistaats Sachsen beim Bund, gleich zu Beginn der Veranstaltung. Man habe in den vergangenen Wochen zur Voraufführung eines „beschaulichen Erzgebirgskrimis“, dann zu einem „wunderschönen Weihnachtskonzert“ eingeladen. Und nun komme eben Uwe Tellkamp, ein „Künstler“ und der „berühmteste sächsische Autor“, ein „feiner Beobachter des politischen Betriebs“, um erst aus seinem neuen Roman zu lesen und anschließend mit dem Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) zu diskutieren.

„Eine offene Debatte. Das hält auch der Berliner Diskurs aus“, sagt Clemens. Er versichert, dass alles in seinem Hause „immer auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ stattfinde. Mit diesen Worten versucht Clemens die hitzige Debatte um die Einladung des umstrittenen Autors Tellkamp einzufangen.

Ist das am Donnerstagabend so gewesen und gelungen? Sehr wohl wussten die Parteifreunde Kretschmer und Clemens um die Provokation, die mit einer Veranstaltung mit Tellkamp verbunden ist. Ein Facebook-Posting der pegidanahen Buchhändlerin Susanne Dagen vom Vortag hatte dies ein weiteres Mal unterstrichen: Dagen, Tellkamp und Ellen Kositza, Gattin und Mitstreiterin des ultrarechten Publizisten Götz Kubitschek aus Schnellroda, auf einem Bild. Dazu die Ankündigung der nächsten Folge eines Videoformats zu Gesprächen über Literatur in einer Reihe, in der auch schon Martin Sellner von der Identitären Bewegung zu Gast war.

Am Donnerstag in der Sachsen-Vertretung sitzt Dagen in der ersten Reihe auf einem der für Ehrengäste reservierten Plätze. Gleich neben den Eltern von Tellkamp, und sie wird herzlich begrüßt von der anwesenden Prominenz. Der Moderator Martin Machowecz, Chef des „Streit“-Ressorts der Wochenzeitung Die Zeit, wird einmal kurz für Missstimmung sorgen, als er Tellkamp auf Dagens Posting anspricht.

Tellkamp wird gefragt, Tellkamp schimpft

Man wolle ihn vorführen, die Frage sei „infam“, giftet der Schriftsteller zurück, er schimpft über einen aus seiner Sicht unberechtigten „Kontaktschuld“-Vorwurf. Und erklärt: „Im demokratischen Spektrum sollte jede Meinung ihre Stimme haben. Warum muss ich mich rechtfertigen, was ich in meiner Freizeit tue oder lasse?“

Ansonsten sagt Tellkamp viele Dinge, die er schon seit vielen Monaten so oder so ähnlich sagt: Er vergleicht die Zustände in der heutigen Bundesrepublik mit denen in der DDR. Den Begriff Totalitarismus benutzt er nicht wörtlich, in seinem speziellen Literatendeutsch ist die Rede davon, dass im Lande „totalitäre Wahrheitszüge vorschimmern“ und dass es ein „totalitäres Wollen gegenüber Abweichlern“ gebe.

Der Begriff „Führer“ fällt bei ihm mehrfach. Tellkamp sagt, es gehe dabei freilich nicht um Hitler, aber beispielsweise sei das „Corona-Expertentum“ auch „in gewisser Weise Führertum“. Manches hat der Autor fast wortgleich formuliert, als er dem rechten Blogger Boris Reitschuster vor ein paar Tagen für ein eineinviertelstündiges Videointerview zur Verfügung stand. Zum Beispiel, dass die Menschen in der DDR den Bleiwüsten in den Zeitungen in ähnlicher Weise misstraut hätten wie heute viele den etablierten Medien in der Bundesrepublik.

Der Buschfunk werde wichtiger, so sei es auch früher gewesen, sagt er. Bei Reitschuster hob er zudem lobend verschiedene Parallelmedien wie den Blog von Vera Lengsfeld oder die Achse des Guten hervor. In der Sachsen-Vertretung würdigt er den Welt-Reporter Tim Röhn, der als Einziger überhaupt die vorgegebenen Narrative zur Corona-Berichterstattung „ernsthaft in Frage gestellt“ habe.

Jede Menge Futter für Verschwörungsmythen

Und auch zu den Razzien in der Reichsbürger-Szene lässt sich Tellkamp aus. Er bezweifelt („Woher wissen Sie das?“, entgegnet er dem Moderator), dass es wirklich Umsturzpläne gegeben habe. Er spricht von einer „Reichsbürger-Verschwörung“ und macht dafür Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verantwortlich. Tellkamp sagt, bei Revolution Chemnitz – einer rechtsterroristischen Gruppe – habe es sich 2018 auch nur um „ein paar Hanseln mit einem Luftgewehr“ gehandelt.

Mit anderen Worten: Das Vorgehen gegen Rechtsextreme sei in Wirklichkeit oft eine Überreaktion des Staates, der dem Volk „einen Bären aufnötigen“ wolle. Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer werde „nicht vergleichsweise angegangen“, fügt er an. Ob er das ernsthaft vergleichen wolle, fragt Moderator Machowecz. Tellkamp will. Er hält die Forderungen von Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen für unwissenschaftlich und sagt, dass mit ähnlicher Methodik wie Neubauer heute schon „die Kommunisten“ in der DDR ihre Interessen durchgesetzt hätten.

Das handverlesene Publikum – gut 100 Leute sind im Saal – nimmt fast alles, was Tellkamp sagt, nahezu widerspruchslos hin. Immer wieder gibt es Zwischenapplaus und nur selten Gegrummel bei Einzelnen. Ernsthaft stört das harmonische Zusammentreffen nur einer: Frank Richter, Ex-Bürgerrechtler, früherer Chef der sächsischen Landeszentrale für politische Bildung, inzwischen SPD-Landtagsabgeordneter.

„Die Anschlussfähigkeit des Denkens in den ganz rechten Bereich macht mir Sorge“, kritisiert er. Brüsk weist Tellkamp die Kritik zurück, sie stünde Richter nicht zu. „Ich kann nichts dafür, bei wem das auf Widerhall trifft“, sagt er in Anspielung auf den großen Zuspruch, den er in rechten Kreisen bekommt.

Kretschmer fährt Tellkamp nicht in die Parade

Der Regierungschef und CDU-Landesvorsitzende Kretschmer relativiert zwar die eine oder andere Aussage von Tellkamp vorsichtig, ernsthaft fährt er ihm aber nicht in die Parade. Zwar sagt der CDU-Politiker im Unterschied zu Tellkamp, dass er über den Ermittlungserfolg bei den Reichsbürgern „sehr froh“ sei: „Diese Wirkmächtigkeit von Verschwörungstheorien hätte ich nicht für möglich gehalten.“ In diesen Kreisen würden „wirreste Dinge“ formuliert: „Das ist echt gefährlich.“

Dann aber spricht er ebenso wie Tellkamp über die von ihm beobachtete Radikalisierung unter Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen. Ein Konflikt ist an diesem Abend weder vom Publikum noch auf der Bühne gewollt.

Kretschmer verteidigt sein Dialogkonzept, bei dem Tellkamp nur einer in einer langen Reihe ist. Es sei richtig gewesen, dass 2015 der damalige sächsische CDU-Innenminister Markus Ulbig die An­füh­re­r:in­nen von Pegida getroffen hatte, ebenso, dass er selbst 2020 im Großen Garten in Dresden mit Corona-Demonstrant:innen diskutierte.

Als er später mit den Querdenker-Ikonen Sucharit Bhakdi und Stefan Homburg an einem Runden Tisch zusammenkam, habe ihm das sogar „in vielen Punkten die Augen geöffnet“, sagt Kretschmer. Miteinander reden bedeute ja nicht, dass man „nach dem Munde redet, sondern dass man sich mit denen auseinandersetzt“. Rote Linien will der sächsische CDU-Mann nach eigenen Worten erst dann ziehen, wenn der Staatsanwalt oder der Verfassungsschutz das vorgeben. Grundsätzlich gelte: „Wenn wir nicht mehr miteinander reden, wie soll das dann gehen?“

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33 Kommentare

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  • Tellkamp ist unterirdisch. Trotzdem bleibe ich dabei, dass ich Kretschmer Respekt zolle. Ich würde mir auf der Linken mehr Politiker wünschen, die bereit sind, auch mit Menschen, die dumm & hässlich sind, zu reden, zu reden & nochmal zu reden. Wer die einfachen Leute verachtet & das für Moral hält, hat die wirkliche Natur des Bösen nicht verstanden & kann ihr also morgen schon selbst erliegen.

    • @JulianM:

      Ich würde ja nicht so pauschal den, aus durchaus nachvollziehbaren Gründen, umstrittenen sächsischen Schriftsteller mit den "einfachen Leuten" vermengen. Ich glaube nicht dass das so aufgeht.

  • Ich verstehe nicht, weshalb bei Diskussionen manche Behauptungen nicht direkt aufgegriffen und dann differenziert betrachtet bzw. weiter nachgefragt werden. Etwa, welche Ziele möchten die



    "paar Hanseln mit einem Luftgewehr" erreichen und welche Ziele möchten Aktvist*innen wie L. Neubauer erreichen. Da sollte es doch recht einfach sein, die Absurdität solcher Vergleiche aufzudecken und sichtbar zu machen? Zumal es bei absurd Argumentierenden ohnehin eine ebenso beliebte typische Whataboutism-Ablenkung ist, weil es eben keine sinnbehafteten Argumente gibt...

  • Der berühmteste sächsische Autor ist immer noch Karl May.



    Auf jeden Fall berühmter und authentischer...

  • Künstler....

  • Mit Leuten, wie Tellkamp hat es keinen Sinn mehr auch nur irgendwie zu interagieren. Das adelt diese Leute nur, denn zu einem tatsächlich offenen Diskurs haben sie wenig bis nichts beizutragen.



    Einen Tag nach den Ereignissen der Razzien nimmt man für sich schon eine Deutungshochheit in Anspruch, welche man bei dieser Informationslage gar nicht haben kann. Sollte der Herr wegen seines Umkreises, öffentlich oder privat, tiefere Erkenntnisse haben, dann sollte er sich als wahrer Patriot verhalten und die Behörden informieren.



    Die Staatsfeindlichkeit ist aber nicht abzustreiten. Als der Feuilleton sein Ego gestreichelt hat, wähnte er sich im besten Land der Welt. Nun folgen haltlose abstruse Vergleiche mit der DDR vollkommen die Tatsache leugnend, dass hier jeder ohne Repressionen alles sagen darf, allerdings ohne den Anspruch, dass die eigene Interpretation unwidersprochen bleiben kann.



    Dieser Systemfehler bei der Einschätzung und Bewertung von Freiheit und Demokratie ist bei vielen in der DDR sozialisierten Menschen schon systemimmanent. Man kann sich nicht davon lösen, dass es früher die Partei gab, die den öffentlichen Diskurs autoritär prägte und auch die Deutung über diesen. Naiv dachte man und insbesondere Herr Tellkamp, dass wenn man sich weit oben in der Nahrungs- und Einflusskette als erfolgreicher Schriftsteller positioniert, man keinen Widerspruch mehr erdulden muss, wie früher die Führungskader der Partei.



    Endgültig in die esoterisch-angehauchte Scheinrealität verabschiedet hat sich der Mann, als er den Klimaaktivist:innen die Wissenschaftlichkeit abspricht. Bedauerlich, dass solche Veranstaltungen mit handverlesenen Gästen durchgeführt werden und ein gewählter Ministerpräsident der CDU sich für faschistisch-durchsetztes Gedankengut auf der Bühne instrumentalisieren lässt. Es ist genug - mit Rechten reden ergibt keinen Sinn.

    • @Hatespeech_is_not_an_opinion:

      Sie reden also nur noch mit Linken. Tellkamp nur noch mit Rechten. Und das ergibt dann Sinn?

      • @Running Man:

        Nein, es geht doch darum, ob es Sinn macht, mit für die Demokratie nicht mehr Erreichbaren in einen „Dialog“ gehen zu wollen … darüber wiederum lässt sich auch streiten.



        Aber ich bin dafür, dass wir das dann unter uns ausmachen und nicht noch die Feinde der Demokratie dazu einladen.

      • @Running Man:

        Schön die Worte verdrehen...



        ohne für andere sprechen zu wollen, ich würde die Aussagen eher so deuten, dass es keinen Sinn macht rechten Redner*innen eine Plattform zu bieten wo sie unwidersprochen ihren Mist erzählen können.



        Miteinander reden hilft schon noch bei einigen (da stell ich mir allerdings eher ein Format vor wie der Bundespräsident derzeit zum Beispiel in Freiberg).



        Aber Demagogen wie einem Bhaktdi, also Menschen die null an Kommunikation, sondern nur an Agitation interessiert sind, eine Bühne bieten... Ist kein Reden in meinem Interesse.

  • Hmhja.

    Wenn Meinungsfreiheit eigentlich bedeutet "ich will die dicksten Schoten bringen dürfen, ohne dass andere das sagen".

    Potzblitz. Nichts darf man heute mehr sagen. Nichts, ohne dass jemand daherkommt und meint "das mit den 95% ist aber bullshit".

    Manwirddasauchmalsagendürfen. Jawoll. Ist ja wie innerDiktatur hier.

  • Ich schaue ab und zu in der- Freien Welt(St..mer) vorbei.



    Ein klasse Beispiel für(St..mer)!



    Das Bild oben paßt ohne Photoshop perfekt zu Sven von Storch und Beatrix von Storch.

  • "Anschlussfähigkeit" ist immer ein ziemlich dämlicher Vorwurf.



    Wenn Nazis eine funktionierende Wasserversorgung dem Verdursten vorziehen, spricht das nicht gegen das Betreiben eines Wasserwerks.

    Lieber sollte man Tellkamp vorwerfen, wenn er Unsinn redet - etwa über Klimaaktivisten.

    Am meisten beängstigt mich übrigens Kretschmer.



    Nicht, weil er Tellkamp sprechen lässt - ich bin immer für ein Forum für eine Vielfalt von Meinungen.

    Sondern weil er sein Fähnlein stets nach dem Winde hängt.



    Eine eigene Haltung hat er entweder nicht mehr, oder zumindest ist sein Handeln völlig unabhängig davon.



    Und natürlich versucht er, sich mit solchen PR-Aktionen beim entsprechenden Klientel beliebt zu machen.

    Das ist fadenscheinig und falsch.



    Er soll zeigen, was er politisch umsetzen will, und daran kann jeder überlegen, wie sehr man mit ihm übereinstimmt.

    Einladungen und Herausreden "der Redner spiegelt nicht die Meinung des Gastgebers wider" ist ein feiges Wegducken vor dem klaren Positionieren.

  • Tellkamp hat die typischen Reaktionsmuster, die auch andere Faschistenfreunde kennzeichnen: Wenn man ihn am wunden Punkt erwischt macht er auf Opfer und bei seinen umstürzlerischen Formulierungen pocht er auf die Meinungsfreiheit in dieser Demokratie. - Ein perfider Wichtigtuer, mit seiner Reichweite auch ein gefährlicher ...

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    „Diese Wirkmächtigkeit von Verschwörungstheorien hätte ich nicht für möglich gehalten.“ (Kretschmer)



    Jaja. Von Fakten wird er immer wieder überrascht, der Herr MP.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Überrascht glaube ich nicht.

      Das ist so ein Satz, den man gerne in die Kamera sagt. Die eigene Position ist klar, niemand wird wirklich angegriffen und der Leser fühlt sich bestätigt, daß das Alles ganz schwiereg ist, stellt sich also emotional neben den MP.

      Hohe Kunst der Rhetorik also aber sachlich natürlich Quatsch. Darum geht es aber auch nicht.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Die sollten lieber liegen bleiben...



      Soviel geballte Kompetenz ist für normale Wähler echt zuviel - so kurz vorm Fest.

  • durchaus interessante Einblicke in die wahnhafte Wahrnehmung der Realität. Unter pathologischen Gesichtspunkten lässt sich daraus beistimmt eine handfeste Diagnose erstellen.



    Kretschmer ist leider in einer unrühmliche Position. Ist der Irrsinn erstmal weit genug verbreitet, kommt man nicht drumrum sich damit zu beschäftigen, ob das nun umbedingt in dieser Form sein muß.... weiß ich nicht.



    Diese wahnhaft Verblendeten, wie diesen Tellkamp erreicht man nicht mehr, aber vielleicht noch die, die das mal eben so konsumieren und irgendwie anschlußfähig finden, ohne dabei schon verfestigte Ideologen zu sein. Vielleicht. Aber dafür bräuchte es schon etwas mehr Widerspruch, in solchen Diskussionen. Ignorieren wird in Sachsen wohl nicht mehr funktionieren. So knapp wie die letzte Wahl ausfiel wird die nächste bestimmt wieder. Also muß man auch mit Idioten sprechen, bloß wie geht das strategisch klug...?

  • Huch! Oje!

  • "Warum eigentlich nicht?"

    In Sachsen gehen die Uhren eben anders, alle reden mit allen. Der eine macht mit Nazis rum und haut selbst mehr als fragwürdige Sprüche raus, der andere ist der Ministerpräsident.

    Tellkamp so:

    "Die meisten fliehen nicht vor Krieg und Verfolgung, sondern kommen her, um in die Sozialsysteme einzuwandern. Über 95 Prozent. Das ist eine offizielle Untersuchung. 95 Prozent der Migranten!"

    Darüber kann man doch reden.

    • @Jim Hawkins:

      „reden“ und darüber, dass Klima-Aktivisten doch eigentlich Terroristen sind offenbar auch.

    • @Jim Hawkins:

      Das stimmt aber doch auch.

      Die Leute wollen hier arbeiten, also zahlen sie dann in die Sozialsysteme ein.

      • @Sonntagssegler:

        Und zwar nicht zu knapp.

        Die Zahlen in dem Artikel sind zwar alt, aber dennoch aussagekräftig:

        "Demnach zahlte 2012 jeder in Deutschland lebende Ausländer durchschnittlich 3300 Euro mehr Steuern und Sozialabgaben als er an staatlichen Leistungen erhielt. Insgesamt sorgten die 6,6 Millionen Menschen ohne deutschen Pass so für ein Plus von 22 Milliarden Euro."

        www.spiegel.de/wir...men-a-1005217.html

        • @Jim Hawkins:

          Ihr link ist wirklich alt und trifft nicht mehr zu.

        • @Jim Hawkins:

          Und wieviel zahlen die anderen Bürger Steuern mehr als sie Sozialleistungen erhielten ? Der Vergleich hinkt.

          • @Klempner Karl:

            Das weiß ich nicht.

            Vielleicht sollten Sie das Mal recherchieren.

  • Die CDU kann es nicht lassen, sich Leuten anzubiedern, deren Gesinnungsgenossen sie ohne zu zögern auf ihrer Terasse abknallen würden. Naiver gehts nicht.

  • Das wirft glaube ich sehr schwierige Fragen auf. Einerseits zeigt dieser Artikel viele Punkte auf, warum viele Menschen Tellkamp scharf ablehnen. Andererseits kann man glaube ich nicht wirklich bestreiten, dass Tellkamp auf dem Boden des GG und der Demokratie steht. (Natürlich könnte er oder jemand aus seinem nächsten Umfeld "abgleiten", aber abgleiten könnten viele, auch aus anderen Richtungen). Jahrzehnte war die deutsche Gesellschaft homogener. Ich nehme es so wahr, dass das GG und die Idee der Demokratie eine solche Spannbreite an Sichtweisen, Lebensweisen, Zielen etc. zulassen, dass sich nicht mehr alle tolerieren können. Es gibt verschiedenste Gruppen, die sich wechselseitig so tief ablehnen und so tief voneinander erschüttert sind, auch objektiv ausschließen, dass ein Zusammen schwierig wird. Oft hofft man auf das Argument, dass sich das Verhalten und die Kontakte der abgelehnten Gruppen als offen so gewalttätig oder demokratiefeindlich zeigen, dass die klare Orientierung wieder gegeben ist. Ich bin mir da aber nicht sicher: mein Eindruck ist, dass es tiefer im Menschlichen liegt für bestimmte Werte/Ziele/Sichtweisen zu stehen, die andere Werte/Ziele/Sichtweisen ausschließen und zu gegenseitigen Erschütterungen führen. Manches davon ist über klares demokratisches Fehlverhalten auflösbar und man findet dann wieder eine gemeinsame Basis - aber mein Eindruck ist eben, dass das nicht immer der Fall ist. Da setzt sich dann vielleicht eher auf Dauer die stärkere gesellschaftliche Strömung durch, um wieder zu einer gewissen gesellschaftlichen Einheit ohne allzutiefe gegenseitige Erschütterungen zu kommen.

    • @Markus Michaelis:

      Wer in den Kreisen von Ellen Kositza, Gattin des ultrarechten Publizisten Götz Kubitschek verkehrt, steht nicht mehr auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.



      Die Innenministerin, die sich schon lange gegen rechte Gewalt einsetzt, dafür verantwortlich zu machen, dass sich Menschen, besonders seit Beginn der Pandemie, verstärkt demokratiefeindlich radikalisieren, ist unredlich und empörend und entbehrt jeder Tatsache.

    • @Markus Michaelis:

      Ich denke kein Grundgesetz kann diese Problemfelder ausreichend definieren und präventiv Grenzen ziehen, so dass es nur eines Blickes ins GG bedarf, um gefährliche Menschen/Parteien zu erkennen und GG konform zu sanktionieren.



      Die Idee alles ließe sich in irgendwelchen Regularien abstrahiert aber gleichzeitig wasserdicht formulieren, so dass es keiner eigenen Interpretation mehr bedarf ist sehr verbreitet. Das GG, wie jedes andere Regelwerk ist aber ein abstrahiertes Regelwerk, mit allgemein formulierten Regularien, die niemals eine Einordnung bestimmter Fragen vorweg nehmen kann. Dazu braucht es eine eigene Position, eine Interpretation und auch eine Interpolation der Konsequenzen des Handelns dieser Personen. Wäre das nicht so, bräuchte es keine Gerichte, die legen Gesetze auch "nur" aus. Anderer Richter u.U. anderes Urteil.



      Der Widerstand und die Sanktionierung solcher geistigen Querschläger kann nicht allein einem Regelwerk überlassen werden. Aber mit Hilfe dieses Regelwerkes kann man dagegen vorgehen, ein Wille dazu muß allerdings vorhanden sein. Die liberale Sicht, alles müsse komplett neutral beurteilt werden, ist die Verliererkarte im Kampf gegen Nazis. Es braucht schon eine Position. Da kommen wir nicht herum.

      • @nutzer:

        Sehe ich ganz genauso. Wie die Interpretation konkreter Fälle aussieht, darüber gehen die Meinungen dann weit auseinander. Unsere Gesellschaft erhofft sich vom GG zuviel, das ist (auch?) mein Eindruck.

      • @nutzer:

        Nichts von dem, was Sie hier darstellen, ist Aufgabe des Grundgesetzes. Es legt erstens nicht fest, wer die Bösen sind, bietet auch keine Anleitungen dafür an, wie man es festelgt. Und es legt vor zweitens auch nicht fest, wie Privatpersonen die so definierten Bösen sanktionieren sollen. Wer meint, es wäre anders, hat in Artikel 18 und Artikel 21 Abs.2 den letzten Satz und vor allem bei Artikel 20 Abs 4 den letzten Halbsatz übersehen. Die sind aber in einer Demokratie die wichtigsten, weil sie diese Artikel gegen Missbrauch sichern.

        • @Bertold Trüger:

          das ist doch genau mein Punkt, das ist eine Aufgabe die kein Regularium der Welt leisten kann (und soll) auch das GG nicht. Das GG muß interpretiert werden und angewendet.



          Ob gewisse Strömungen extremistisch sind und potentiel gefährlich ist ein Ergebnis von Interpretation und Interpolation dieser Strömungen. Das GG kann höchstens die rechtfertigung für Sanktionen liefern. Bekämpfung ist eine aktive Handlung und Entscheidung der Gesellschaft/Politik, das kann ein GG niemanden abnehmen.



          Genau diese Einstellung bemangel ich aber, da sie von vielen vom GG erwartet wird. Und genau das ist nicht wünschenswert und sogar gefährlich.



          Sie verwechseln in Ihrer Antwort den Boten und die Botschaft.

  • Passt ja, dass die CDU mal wieder Faschisten ein Podium gibt. Ein Schelm wer Absicht dahinter wittert.