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Till Amelung ist Autor, Tessa Ganserer Grünen-Politikerin und Kalle Hümpfner Verbands-Referent*in Foto: Anja Weber

Debatte ums Selbstbestimmungsgesetz„Trans ist keine Mode“

Wie einfach darf es sein, den Vornamen und das eingetragene Geschlecht zu ändern? Ein Streitgespräch zum neuen Selbst­be­stim­mungs­gesetz mit Till Amelung, Tessa Ganserer und Kalle Hümpfner.

W eil im Bundestag so viel zu tun ist, kommt die Grünen-Abgeordnete Tessa Ganserer zu spät zum Gespräch in die taz. Eine spontane Fraktionssitzung am Morgen. Die Ampelkoalition arbeitet gerade an einem ihrer größten geschlechterpolitischen Projekte: In den kommenden Wochen will sie die Eckpunkte des Selbstbestimmungsgesetzes vorstellen. Menschen sollen dann mit einem einfachen Gang zum Amt ihren Geschlechts­eintrag ändern lassen können. Ohne Hürden wie Gutachten. Im Konferenzraum der taz sitzen heute drei Menschen gemeinsam an ­einem Tisch, die das persönlich betrifft: Tessa Ganserer ist eine der beiden ersten geouteten trans Frauen im Bundestag, Kalle Hümpfner ist Re­fe­ren­t*in beim Bundesverband Trans*, der bundesweiten Interessenvertretung politisch engagierter trans Personen. Till Randolf Amelung ist Autor und gilt als Kritiker des geplanten Selbstbestimmungsgesetzes.

taz am wochenende: Demnächst sollen Menschen selbst wählen dürfen, welches Geschlecht in ihrem Pass steht. Frau Ganserer, wird Geschlecht dadurch beliebig?

Tessa Ganserer: Nein. Wir wollen eine rechtliche Grundlage dafür schaffen, dass Menschen selbstbestimmt einen nicht passenden Geschlechtseintrag korrigieren können. Welchem Geschlecht ein Mensch angehört, kann letztlich nur jeder Mensch für sich selbst beantworten. Das ist eine Frage der Würde.

Mal in die Runde gefragt: Was meinen Sie, wenn Sie von Geschlecht sprechen?

Kalle Hümpfner: Viele Menschen gehen noch immer davon aus, dass es nur zwei Geschlechter gibt und sich das an Genitalien festmachen lässt: Penis oder Vulva als entscheidendes Merkmal für „männlich“ oder „weiblich“. In der Wissenschaft dagegen herrscht weitgehend Konsens, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt und Geschlecht biopsychosozial zu verstehen ist. Das innere Wissen um die eigene geschlechtliche Verortung, also die geschlechtliche Identität, ist entscheidend.

Ganserer: Für 99 Prozent der Bevölkerung ändert sich durch eine rechtliche Vereinfachung, die das zur Grundlage macht, überhaupt nichts.

Till Amelung Foto: Anja Weber

Till Amelung: Widerspruch. Es ändert sich sehr wohl etwas, wenn eine Änderung des offiziellen Geschlechtseintrags allein per Selbstauskunft möglich wird. Das verändert fundamental etwas für alle: Die Basis von Geschlecht …

Ganserer: … nein! Sie brauchen nur nach Belgien fahren, nach Dänemark oder in die Schweiz, die alle Selbstbestimmungsgesetze haben. Ich habe nicht den Eindruck, dass dort seitdem ein Kulturkampf ausgebrochen oder Geschlecht als solches abgeschafft worden wäre. Die Zivilisation bricht nicht zusammen, weil trans Personen Menschenrechte gewährt werden.

Amelung: Wenn bisher das Geschlecht bestimmt wird – sei es nach der Geburt durch die Hebamme oder bei trans Personen später im Leben durch Gutachten –, dann beruht das auf einer Übereinkunft: Was verstehen wir unter Frauen, Männern, Trans- oder Intersexualität? Eine völlig selbstbestimmte Äußerung entzieht sich dem. Es gäbe keine Überprüfung nach gesellschaftlichen Vorstellungen mehr.

Herr Amelung, wäre das so schlimm?

Ganserer: Ja, wo ist das Problem? Ich komme aus dem Bayerischen Wald und identifiziere mich viel mehr als Waldlerin denn als trans, obwohl ich schon seit 20 Jahren nicht mehr dort wohne.

Amelung: Klare Definition bietet Orientierung – für einen selbst und für die Gesellschaft. Ich möchte nicht, dass Jugendliche den Eindruck bekommen: Nur weil sie den Rollenerwartungen nicht entsprechen, müssen sie sich als trans bezeichnen. Insbesondere junge Mädchen verstecken sich hinter diesem Label trans, weil sie unter den gesellschaftlichen Konventionen leiden. Aber damit sind sie noch lange nicht trans.

Tessa Ganserer Foto: Anja Weber

Hümpfner: Sie reproduzieren hier den Mythos, dass es für Jugendliche, die sich mit den gesellschaftlichen Erwartungen nicht wohl fühlen, ein einfacher Ausweg wäre zu sagen: Okay, dann bin ich eben trans. Trans Jugendliche erfahren so viel Mobbing und Diskriminierung in der Schule oder der Familie. Niemand kann behaupten, dass sie durch ein Coming-out ein leichteres Leben hätten – ganz im Gegenteil.

Was sagen denn die Jugendlichen selbst?

Hümpfner: Aus Studien wissen wir, dass trans Jugendliche ihr Coming-out meist mehrere Jahre hinauszögern. Sie leben also lange Zeit mit dem Wissen um ihre geschlechtliche Identität, bevor sie sich outen. Gleichzeitig wurden die Jugendlichen in derselben Studie zu Diskriminierungserfahrungen befragt. 90 Prozent haben solche Erfahrungen gemacht, bis hin zu körperlicher Gewalt. Das ist die traurige Realität.

Trotzdem nimmt die Zahl der Menschen, die ihren Geschlechtseintrag ändern lassen, jährlich um ungefähr sieben Prozent zu. Ist trans eine Mode?

Ganserer: Nein, trans ist keine Mode. Ich finde es ein Unding, wenn Menschen das behaupten. Aber die Zahl derjenigen, die sich outen, steigt. Das liegt daran, dass die Akzeptanz zunimmt. Uns gibt es ja jetzt schon. Wir tauchen nicht aus dunklen Löchern auf, bloß weil wir bei der amtlichen Personenstandsänderung würdevoll behandelt werden. Wir existieren, wir leben in dieser Gesellschaft.

Kalle Hümpfner Foto: Anja Weber

Hümpfner: Bis 2011 mussten sich trans Personen sterilisieren lassen, um ihren Geschlechtseintrag ändern zu können. Natürlich schreckte das ab. Klar gibt es heute mehr sichtbare trans Personen. Bekannt ist auch: trans Personen gab es schon immer in den unterschiedlichsten Gesellschaften, nur die Konzepte und Begriffe haben sich geändert.

Amelung: Trotzdem: der Begriff trans ist so offen geworden, dass vieles darunter subsummiert wird. Lange gab es eine medizinisch enge Definition. Da ging es darum, dass jemand ein tiefes, anhaltendes Unbehagen mit dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht hat und deshalb eine Geschlechtsangleichung will. Seit der Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation WHO, die im Januar in Kraft getreten ist, wird trans offener definiert.

Trans ist seitdem offiziell keine Krankheit mehr.

Hümpfner: Herr Amelung, die Definition, auf die Sie sich beziehen, ist von 1990 und längst überholt. Es macht überhaupt keinen Sinn, wenn Sie die rauskramen. Das aktuelle Klassifika­tionssystem der WHO spiegelt den Stand der wissenschaftlichen Debatte.

Amelung: Doch, es ist wichtig, diese Unterschiede zu verstehen. Warum sind heute mehr Leute trans? Weil sich die Definition maßgeblich verändert hat.

Junge Mädchen verstecken sich hinter dem Label trans, weil sie unter gesellschaftlichen Konventionen leiden

Till Amelung

Ganserer: Zum Glück! In den 1960er Jahren haben Psy­cho­lo­g*in­nen den Begriff „Transsexualität“ definiert. Damals wurde das als psychische Störung kategorisiert. Man ging davon aus: Im Kopf von trans Personen stimmt etwas nicht. Nur wer eine komplette körperliche Angleichung anstrebte und heterosexuelle Normen erfüllte, entsprach den herrschenden Vorstellungen von sogenannten „Transsexuellen“. Alle anderen wurden in die Ecke der Perversen gestellt.

Amelung: Ich bleibe dabei: Mein Verständnis von trans ist, dass Geschlechtsdysphorie, also das Unbehagen mit dem Körper, der Kern sein muss.

Ganserer: Es geht zum Glück nicht um persönliche Meinungen Einzelner, sondern es gibt Expert*innenwissen. Trans ist ein Spektrum.

Spektrum, das heißt: Einige trans Personen wollen hormonelle oder operative Angleichungen ihrer Körper, andere nicht. Einige nehmen Hormone, andere nicht. Einige sind binär – also männlich oder weiblich –, andere nicht.

Ganserer: Trans definiert sich eben nicht allein an der Frage, welche körperliche Angleichung angestrebt wird.

Es gibt fast eine halbe Million trans Menschen in Deutschland, für die es nun ein neues Gesetz geben soll. Warum regt das so viele Menschen auf?

Ganserer: Wir werden in eine Welt geboren, in der uns von klein auf beigebracht wird, Geschlecht sei etwas Biologisches und Binäres. Das Thema trans wurde lange tabuisiert, sodass uns buchstäblich die Worte dafür fehlen. Und jetzt treten trans Personen selbstbewusst in der Öffentlichkeit auf, erstreiten ihre Grundrechte, fordern sie ein. Das fordert die Gesellschaft heraus. Es verunsichert manche, es macht Angst, sich eingestehen zu müssen, dass die Welt anders ist, als ihnen beigebracht wurde. Deshalb finden wir diese Ablehnung überall: unter Männern, in Teilen des Feminismus, auch in Teilen der queeren Community.

Noch gilt in Deutschland das Transsexuellengesetz. Was ist das Problem daran?

Hümpfner: Im Transsexuellengesetz zeigt schon das Wort „transsexuell“, dass es um Pathologisierung geht. Viele Personen lehnen das mittlerweile ab. Dieses Gesetz ist 1981 in Kraft getreten. Seitdem müssen zwei externe Gut­ach­te­r*in­nen prüfen, ob eine Person wirklich trans ist. Manche fragen nach der Unterwäsche oder nach sexuellen Vorlieben, was übergriffig ist und in einem solchen Verfahren nichts zu suchen hat. Zudem läuft das Verfahren über das Amtsgericht. Aufwand und Kosten für die rechtliche Änderung des Geschlechtseintrags sind hoch, im Schnitt mehr als 1.800 Euro. Dieses Gesetz verletzt die Menschenwürde. Sogar das Bundesverfassungsgericht sagt, es dürfe keine zu hohen Hürden geben, um den Geschlechtseintrag zu ändern.

Frau Ganserer, auf dem Wahlzettel zur Bundestagswahl stand Ihr falscher männlicher Vorname. Was hat das mit dem Transsexuellengesetz zu tun?

Ganserer: Ich finde es entwürdigend, dass Menschen sich intimste Fragen und psychologische Gutachten gefallen lassen müssen, damit der Staat sie so akzeptiert, wie sie sind. Niemand sollte sich dem unterziehen müssen. Deswegen habe ich das für mich selbst nicht fertig gebracht. Für mich folgt aus meiner Verweigerung, dass ich mich ständig vor fremden Menschen rechtfertigen muss: bei der Fahrscheinkontrolle, wenn ich einen Mietvertrag unterzeichne oder im Hotel einchecke. Jedes Mal wenn ich meinen Personalausweis vorzeigen muss, muss ich mich erklären, weil ich Frau Tessa Ganserer bin, weil ich mich nicht verleumden kann. Das ist das Demütigendste, was eine Gesellschaft machen kann: einem Menschen die Würde zu nehmen.

Wie haben Sie das im Wahlkampf gemacht?

Ganserer: Das war eine Höllentour für mich. Ich will gar nicht daran denken, welche Nachteile es mir gebracht hat, dass Menschen meinen Namen auf dem Wahlschein nicht sofort gefunden haben. Mir haben trans Personen, die auf kommunaler Ebene kandidieren wollten, berichtet, dass sie deswegen ihre Kandidatur zurückgezogen haben, weil sie emotional dazu nicht imstande waren. Das Transsexuellengesetz bedeutet fehlende Teilhabe.

Amelung: Sie haben sich aber ja bewusst und aus politischen Gründen dafür entschieden, die Verfahren nicht zu durchlaufen. Täten Sie das, könnten Sie die unangenehmen Situationen, die Sie beschreiben, einfach beenden.

Hümpfner: Ich kann gut verstehen, dass sich Tessa Ganserer dem verweigert. Ich habe das Verfahren gemacht, aber ich habe auch jahrelang überlegt, ob ich mich dieser Begutachtung aussetzen möchte. Ich bin nicht-binär trans, das heißt, ich verorte mich weder als männlich noch als weiblich. Bis 2018 war es nicht möglich, überhaupt einen Geschlechtseintrag zu bekommen, der zu meiner Identität passt. Ich habe ihn dann ganz streichen lassen. Trotzdem macht es mich wütend, dass dafür die Begutachtung nötig war.

Im Transsexuellengesetz geht es um Pathologisierung. Es verletzt die Menschenwürde!

Kalle Hümpfner

Herr Amelung, wie war das bei Ihnen?

Amelung: Ich selbst konnte vor 16 Jahren die Erkenntnis formulieren, dass ich trans Mann bin und den Weg der Geschlechtsangleichung gehen möchte. Von diesem Weg wäre ich auch nicht entbunden worden, hätte ich sofort ein Formular beim Standesamt ausfüllen können. Auch mein Äußeres hätte vor der Hormonbehandlung noch Fragen aufgeworfen. Es geht nicht nur um den gewünschten Namen im Pass. Ich engagiere mich ehrenamtlich in einer der größten deutschsprachigen Gruppen für trans Personen und ihre Angehörigen auf Facebook. Dort sagen die meisten: Okay, es mag vielleicht ein bisschen lästig sein, auf die Gutachten warten zu müssen und zum Amtsgericht zu gehen. Aber kaum jemand sagt, das ist furchtbar.

Und die hohen Kosten?

Amelung: Bei sehr vielen Personen ist Prozesskostenhilfe möglich.

Ganserer: Es freut mich, wenn Sie die Begutachtungen als nicht demütigend empfunden haben. Ich freue mich auch für alle, die keine körperliche Gewalt erleben mussten und in ihrem Berufsleben nicht stigmatisiert wurden. Aber die Realität sieht für die Mehrheit anders aus. Was das allein für a Gfrett für mich ist, damit Rechnungen und Verträge auf meinen korrekten Vornamenausgestellt werden! Sogar das Finanzamt akzeptiert mittlerweile nach jahrelangen Diskussionen meinen korrekten Vornamen Tessa.

Was ist eine Gfrett?

Ganserer: Ein elendiger Aufwand, Mühe, Anstrengung! Tut mir leid – wenn ich emotional werde, falle ich manchmal ins Bairische. Für mich und viele andere trans Personen ist es einfach Psychoterror, den Alltag zu bestehen. Wenn ich in den letzten Monaten in eine Gaststätte oder einkaufen wollte und dafür einen Schnelltest vorlegen musste, musste ich immer meinen Personalausweis vorzeigen. Gleichzeitig hat der allergrößte Teil der Bevölkerung kein Problem mit mir. Für die Menschen spielt das amtliche Dokument keine Rolle für den Umgang miteinander. Ich bin nicht naiv, ich weiß genau, dass man mir meine Transgeschlechtlichkeit an der Nasenspitze ansieht. Trotzdem sind die meisten Menschen in der Lage, mich als die Frau zu lesen, die ich bin, und mich respektvoll zu behandeln.

Das Gesetz, für das Sie in den kommenden Wochen Eckpunkte präsentieren wollen, soll beinhalten, dass alle Menschen ab 14 Jahren selbstbestimmt ihren Geschlechtseintrag und Vornamen ändern können.

Ganserer: Seit sechs Jahren fordert der Europarat, dass die Mitgliedsstaaten einfache, schnelle, für alle Menschen zugängliche Verfahren zur amtlichen Personenstandsänderung einführen, die ohne Zwangsbegutachtung auskommen. Zahlreiche europäische Länder haben sich auf diesen Weg gemacht. Seit Jahren wird eine Reform des Transsexuellengesetzes versprochen. Die Ampelkoalition hat sich darauf ­verständigt und wird das jetzt umsetzen.

taz am wochenende

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Amelung: In einem früheren Gesetzentwurf der Grünen, der abgelehnt wurde, ging es aber auch darum, das Recht auf medizinische Behandlungen festzuschreiben. Liege ich da richtig oder falsch, Frau Ganserer?

Ganserer: Korrekt. Tessa Ganserer macht eine Pause, beugt sich vor und lächelt Amelung provokativ an. Und?

Amelung: Ich finde Ihr Verhalten gerade albern.

Ganserer: Worauf wollen Sie denn hinaus? Ja, wir wollen als Ampelkoalition auch den Rechtsanspruch auf medizinische Versorgung festschreiben. Aber das wird ein anderes Gesetz.

Hümpfner: In der Debatte ist immer wieder wichtig, klar zu machen: Im Selbstbestimmungsgesetz geht es nur um den Verwaltungsakt, einen Geschlechtseintrag personenstandsrechtlich zu ändern. Das ermöglicht Menschen gesellschaftliche Teilhabe.

Aber medizinische Behandlung – Hormonbehandlungen, Operationen – sind ja für viele trans Personen ein wichtiges Thema.

Hümpfner: Ja, trans Personen müssen ein Recht haben auf Transitionsmaßnahmen. Die Behandlung muss sich am wissenschaftlichen Stand orientieren und zugänglich sein. Es darf keine Reihenfolge geben: erst Hormontherapie, dann OP. Zudem ist es wichtig, auch Jugendliche mitzudenken. Pubertätsblocker sind eine erste wichtige Maßnahme.

Das sind Medikamente, die die körperliche Pubertät für Monate oder Jahre aufhalten.

Hümpfner: Dadurch lässt sich Zeit gewinnen, um zu überlegen: Welche Maßnahmen möchte ich ergreifen oder auch nicht? Natürlich sollten Jugendliche in dieser Phase die Möglichkeit haben, mit Be­ra­te­r*in­nen zu sprechen und, wenn gewünscht, mit Psychotherapeut*innen, um eine gute, informierte Entscheidung zu treffen.

Amelung: In anderen Ländern wie Großbritannien und Schweden wird man gerade wieder vorsichtiger mit Pubertätsblockern. Sich mit seinem Körper und Geschlecht im Kindes- und Jugendalter nicht wohl zu fühlen, betrifft eben nicht nur trans Personen. Da muss man aufpassen.

Ganserer: Vielleicht können wir uns ja darauf einigen, Herr Amelung, dass es ein großes Problem ist, dass Körper derart normiert werden. Ich bin der Überzeugung, dass die gesellschaftliche Akzeptanz für die meisten trans Menschen das Wichtigste ist. Erst dann kommt die Frage, welche körperlichen Veränderungen gebraucht werden.

Wie ist es, Herr Amelung, können Sie sich darauf einigen?

Amelung: Natürlich spielen gesellschaftliche Normen eine Rolle. Trotzdem muss man sich doch die Frage stellen, an welchen Stellen das bisherige biologische Verständnis von Geschlecht noch Relevanz hat …

Spielen Sie auf die Frage an, ob sich zum Beispiel eine trans Frau mit Penis in der Frauenumkleide eines Schwimmbads umziehen darf?

Amelung: Genau, das ist elementar. Um solche Fragen kreisen Konflikte. Wenn alle Menschen den Geschlechts­eintrag einfach ändern können, sind solche Sachen nicht geregelt. Mein Ansatz wären da zum Beispiel Unisexumkleiden oder -toiletten als Standard mit Einzelkabinen.

Hümpfner: Ob Einzelkabinen oder Unisex, da finden wir sicher gute Lösungen. Was mir viel wichtiger ist: Für das Selbstbestimmungsgesetz sind diese Fragen irrelevant. Es gibt keine Ausweiskontrollen vor Toiletten. Auch jetzt schon gibt es Frauen mit Penis. Es ist nicht mehr erlaubt, eine Genitaloperation zu erwarten, um den Geschlechts­eintrag zu ändern.

Deshalb gibt es ja auch schon Konflikte um Schutzräume, um Frauenhäuser zum Beispiel und die Frage, in welchen Fällen diese auch trans Frauen aufnehmen.

Hümpfner: Ich habe mich in den letzten Wochen mit verschiedenen Ver­tre­te­r*in­nen von Verbänden ausgetauscht, die sich gegen Gewalt gegen Frauen engagieren. Da ist ganz klar: Wenn eine Person in einem Frauenhaus Unterstützung sucht, gibt es zum Glück einige Häuser, die auch trans Frauen aufnehmen – unabhängig davon, ob diese operiert sind. Ich warne davor, einen Penis mit der Ausübung von sexualisierter Gewalt gleichzusetzen. Es ist schlimm, wie viel Misstrauen trans Frauen erfahren, weil ihnen unterstellt wird, potenzielle Tä­te­r*in­nen zu sein.

Amelung: Wenn ein Frauenprojekt sagt: Ich möchte keine trans Frauen aufnehmen, sondern eben nur Frauen nach dem biologischen Geschlecht – dann ist das deren Selbstbestimmung. Dafür sollten sie nicht moralisch unter Druck gesetzt werden.

Hümpfner: Natürlich müssen Frauenhäuser Einzelfallentscheidungen treffen. Aber Geschlechtertrennung ist kein Mittel gegen sexualisierte Gewalt. Es gibt auch Gewalt von cis Frauen gegen cis Frauen. Und das Selbstbestimmungsgesetz setzt ja das Strafrecht nicht außer Kraft.

Noch ein Konfliktthema: Könnten sich Personen durch Änderung des Geschlechtseintrags Vorteile erschleichen?

Hümpfner: Wenn wir die Frauenquote anschauen, zum Beispiel in der Politik, gibt es leider einige Beispiele von cis Männern, die versucht haben, sich für einen Tag als trans Frau auszugeben, um auf eine Liste zu kommen.

Zum Beispiel bei den Grünen in Reutlingen, wo ein Kommunalpolitiker bei einer Abstimmung spontan behauptete, er definiere sich als Frau. Er wollte damit die Regelung seiner Partei vorführen, dass bei der Frage, wer für einen Frauenlistenplatz ­kandidieren kann, nur die Selbst­identifikation zählt.

Hümpfner: Das sind Leute, die Gegner des Selbstbestimmungsgesetzes sind. Aktionen wie diese sollen Gegenwind erzeugen. Aber die kommen damit nicht durch, weil klar ist: es geht um Provokation, nicht um ein ehrliches Coming-out. Tatsächlich ist es so, dass trans Frauen in aller Regel keine Vorteile, sondern viele Nachteile gegenüber cis Männern haben.

Manche, die sich als Feministinnen bezeichnen, lehnen es offen ab, sich für den Schutz von trans Personen einzusetzen. Warum?

Amelung: Feministische Arbeit basiert darauf, bestimmte gesellschaftliche Probleme in den Blick zu nehmen, die Frauen betreffen. Das basiert eben auf der Zuordnung, wer oder was eine Frau ist und welche Probleme sich daraus ergeben. Nehmen wir den Bereich Frauenförderung im Beruf. Mädchen machen im Laufe ihres Lebens bestimmte gesellschaftliche Erfahrungen. Zum Beispiel werden sie nicht unbedingt dazu erzogen, eine Führungsposition anzustreben oder ein selbstbewusstes Verhältnis zu ihrem Körper zu entwickeln. Manche Feministinnen fürchten dann, dass ihre Projekte, diese Mädchen zu fördern, durch ein solches neues Gesetz gefährdet werden.

Hümpfer: Die Ursache liegt tiefer. Ja, viele feministische Anliegen sind in unserer Gesellschaft nicht umgesetzt. Auf Gleichstellungs- oder Anti-Gewaltprojekten lastet hoher Druck. Die finanzielle Förderung ist begrenzt, die Aufgaben sind groß. Da herrschen sicher Frustration und Sorge. Ich glaube aber, dass es derzeit vor allem von rechts Kräfte gibt, die sehr gezielt versuchen, feministische Ak­teu­r*in­nen an dieser Stelle gegeneinander auszuspielen.

Ganserer: Es ist nicht der Feminismus, der sich gegen trans geschlechtliche Menschen wendet oder gegen das Selbstbestimmungsgesetz. Den Feminismus gibt es nicht, es hat ihn nie gegeben. Die Frage, wer eine Frau ist, wer zur feministischen Bewegung gehört, ist so alt wie die Bewegung selbst. Gleichwohl aber gibt es gewichtige Stimmen wie den Bundesverband der Frauenhäuser, die sich ganz klar für das Selbstbestimmungsgesetz aussprechen und das nicht als Widerspruch zu ihrer Arbeit begreifen. Diese lauten Stimmen, die sich gegen das Selbstbestimmungsgesetz wenden, sprechen nicht für den Feminismus als solchen.

Die Schwulen- und Lesbenbewegung ist der trans Bewegung bei der Gleichstellung etwa 30 Jahre voraus

Tessa Ganserer

Schauen wir in die Zukunft. Wie blicken wir in 20, 30 Jahren auf die derzeitige Debatte zurück?

Amelung: Das kommt darauf an, wie sie ausgeht. Wir müssen uns auch mit Themen auseinandersetzen, die vielen in der trans Community nicht behagen. Wenn wir das schaffen, werden wir froh sein, die Debatte geführt zu haben.

Ganserer: In 30 Jahren werden wir beim Thema trans ungefähr da sein, wo wir als Gesellschaft heute beim Umgang mit gleichgeschlechtlicher Liebe sind. Die Schwulen- und Lesbenbewegung ist der trans Bewegung im Hinblick auf Gleichstellung und Akzeptanz etwa 30 Jahre voraus. 1990 wurde Homosexualität als psychische Störung gestrichen. Heute ist für viele Menschen völlig unvorstellbar, dass Schwule vor 50 Jahren noch verfolgt wurden. Und trotzdem werden auch heute noch Schwule gehänselt und zusammengeschlagen. In 30 Jahren werden sich die meisten Menschen nicht vorstellen können, dass man von trans Personen psychologische Gutachten und ein Gerichtsverfahren verlangt hat. Aber die gesellschaftliche Diskriminierung von trans Personen wird noch nicht vorbei sein.

Hümpfner: Ich glaube, Menschen werden auf diese Debatte schauen und sich mit einem Kopfschütteln fragen: Warum haben die sich denn damals so angestellt?

Korrektur: In einer früheren Version des Interviews wurde in einer Frage erwähnt, Menschen könnten wählen, welches Geschlecht im Personalausweis stehe. Gemeint war der Pass, da der Personalausweis keinen Geschlechtseintrag enthält. Das haben wir korrigiert.

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96 Kommentare

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  • Die Selbstbestimmungsbewegung versucht gar nicht, das biologische Statussystem zu überwinden - es geht nur um die Überwindung der biosozialen Zugangshürden dazu.

    Statt sich frei von den Konzepte Mann/Frau zu machen und sich unabhängig von diesen Kategorien etwa frei zu kleiden und zu verhalten muss immer ein Status erstritten werden, der sich weiterhin am binären Modell orientiert. Zwar wird "nichtbinär" als dritter Status hinzugefügt, aber letztlich bleibt das System stabil: Männer sehen aus wie Männer, Frauen wie Frauen, Nichtbinäre mal so und mal so. Eigentlich bleibt alles, wie es ist, nur der Zugang ist selbstbestimmter.

  • Das Geschlecht binär zu definieren und an primären Faktoren festzumachen, ist kulturelle Basis und wird nicht hinterfragt.

    Dabei *wissen* wir, das es überall und jederzeit andere Menschen gibt.

    Verfolgung, Vernichtung, Diskrimierung, Ausgrenzung haben nicht daran geändert.

    Anstelle sich über die Bereicherung an der Akzeptanz der Realität zu erfreuen, kehrt eine alte Brutalität gegen das andere wieder zurück.

    Wenn man das Geschlecht anhand primärer Geschlechtsorgane definiert, sollte man sich folgende Fragen stellen:

    (1) Wie ordne ich Intersexualität ein?

    (2) Verliert man durch Unfall, Krankheit oder Krieg sein Genital, Brust oder Haare, verliert man damit sein Geschlecht?

    (3) Geschlecht ist nicht gleich Fortpflanzungsorgan oder -fähigkeit. Wer ist die absolute Instanz, die entscheiden kann?

    (4) Biologie und Evolution ist eine sich stetig ändernde Erscheinung. Wann werden alte Regeln sinnlos?

    (5) Für eher gläubige Menschen: Warum gefällt es Gott, Trans*Menschen zu schaffen? Darf der Mensch sich darüber hinwegsetzen?

    (6) Meine juristische Frage: Warum verwehrt man Trans*Menschen allgemeine Rechte unter dem Hinweis, dass (theoretischer) Missbrauch möglich wäre? Mit demselben Argument könnte man auch Führerscheine verbieten.

    Ich habe 63 Jahre schlimmste Gewalterfahrungen (bis heute) erlebt. Meine konkrete Persönlichkeit ist unwichtige gegenüber anoynem Ressentiments.

    Ich wünsche mir auch eine Akzeptanz innerhalb der LGBTI-Community, da erstaunlicherweise viel Homosexuelle selbst Trans*Menschen ablehnen.

    So far my tiny penny ...

  • persönlich finde ich es falsch bei diesem Thema über Geschlecht zu reden, ist das nicht vielmehr die Sexuelle-orientierung als wirklich das Geschlecht? die definition von Geschlecht als binär je nach tatsächlichen biologischen Geschlechtsmerkmalen ist meiner Meinung nach weiterhin wichtig. aber dass was als Soziales Geschlecht bezeichnet wird sollte nicht vernachlässigt werden.

    Ein Problem ergibt sich jedoch mit der Toleranz von den (ich nenne sie jetzt mal so, weil ich mich mit den Begriffen nicht auskenne) "nicht binären Menschen" der Unwissenheit der anderen Menschen gegenüber, die sich als binär fühlen. (habe leider ziemlich oft eher schlechte Erfahrungen gehabt)



    Es ist eben nicht immer ersichtlich als welches "Gender" ein Mensch sich fühlt. Wenn man dann aus Unwissen den falschen Artikel benutzt und angestarrt wird als hätte man einen Mord begangen, dann erziehlt das (finde ich) einen negativen Eindruck auf die "Unwissenden". Sowas verringert leider die Akzeptanz. Auch die Publizierung, dass in fast allen Medien jetzt "nicht-binäre" Personen dargestellt werden als wäre das weiter verbreitet als "binär" finde ich leitet viele zu einem negativen Bild das sich nur schwer ändern lässt.

    (Ich muss sagen ich habe leider einige Vorurteile und ich versuche diese zu vermindern.)

    Punkt ist ich finde die Bezeichnung als "Gender" also Geschlecht irreführend und würde das eher als Sexuelle-Orientierung bezeichnen (dazu gehört ja schließlich auch das Gefühl vom eigenen sozialen Geschlecht). Für öffentliche Schreiben oder Angelegenheiten, kann ja gerne die Ansprache gewählt werden. Aber man kann nicht erwarten dass diese Orientierung einem beim ersten Blick angesehen werden kann.

    Entschuldigt bitte mein Rambling, diese ganze Dabatte bereitet mir Kopfschmerzen und ich musste dies einfach mal loswerden

  • Es ist erfrischend, wie sachlich und ruhig sich hier ausgetauscht wurde. Was für ein Unterschied zu Sven Lehmann, der mE mit seinem Hass auf anders Denkende mehr Schaden als Nutzen für Transpersonen anrichtet. Viel spannender wäre natürlich ein gutes, faires sachliches Gespräch zwischen etwas MdB Ganserer und Dr. Korte oder Prof. Steinhoff. Das wäre ein Top-Beitrag zu Qualitätsjournalismus und Debatte.

  • Ich halte die Vereinfachungen durch die neuen Regelungen selbstverständlich auch für besser, notwendig. Alles was Leiden oder Demütigung verringert.



    Frage: hat denn die Zahl der Homosexuellen seit 1985 zugenommen?

  • Ein wenig verwirrend ist es schon. Da verbringt man Jahrzehnte damit, die Rollenklischees, die am (biologischen) Geschlecht hängen, möglichst abzumildern oder gar zu beseitigen. Man schaut, dass sich der Unterschied zwischen den Geschlechtern, soweit es nur geht, auf den einen reduziert, dass das eine Kinder austragen kann (und das eben glücklicherweise auch zuweilen tut) und das andere nicht. Und jetzt soll es auf einmal SOO identitätsstiftend sein, wie sich jemand selbst in genau diese Rollenklischees einordnet? Denn das sollte klar sein: Die Begriffe "Mann" und "Frau" (oder auch "keines von beiden") KÖNNEN abseits der reinen Biologie nur einen Menschen wirklich definieren, wenn man sie mit einem Haufen Vorstellungen belegt, wie eine Frau oder ein Mann so zu sein hat.

    Aus meiner Sicht hat so ein rein gefühltes Geschlecht genauso wenig im Ausweis verloren wie z. B. die Lieblingsfarbe oder ob jemand eher aufbrausend oder sanftmütig drauf ist. Das sind tatsächlich innere Merkmale, die sich relativ zum Umfeld mehr oder minder als individualisierbar herausstellen können, aber nichts objektiv identifizierendes.

    Bleibt also die durchaus ernstgemeinte Frage: Warum überhaupt noch "Geschlecht" im Pass stehen haben? Als "aus-weisendes" Merkmal einer Person ist es nur geeignet, wenn es nicht ohne weiteres änderbar ist. Das weißt wieder auf das biologischen Geschlecht (sei es nun von Geburt an oder erst seit einer Transition so, wie es ist). Aber ist das heute wirklich noch NOTWENDIG, um einem Menschen anzusehen, ob er ist, wer er vorgibt zu sein? Das ist eine technische Frage, die man vielleicht auch in einer etwas technischeren Form ähnlich wie anbdere biometrische Ausweismerkmale lösen könnte - wie gesagt: wenn nötig.

    • @Normalo:

      Sehe ich auch so. Das Geschlecht wird übrigens nur ins Personenstandsregister eingetragen und in den Reisepass. Im Personalausweis steht das Geschlecht hingegen nicht.

      • @Budzylein:

        Der wesentliche Punkt ist wohl das Personalstandsregister, da mit dem Eintrag dort durchaus divergierende Rechtssphären eröffnet werden. Wie Sie unten richtig schreiben, müsste auch das aufhören, damit man auf die Eintragung verzichten kann. Auf die Reaktion der Gleichstellungslobby auf diesen Vorschlag wäre ich gespannt - will sagen: WIE heftig ablehnend sie genau ausfiele.

        Also gehen wir mal davon aus, dass das so schnell nicht passiert. Was tun? Antonia Hofreiter [Disclaimer: Jede Ähnlichkeit mit realen Personen ist fake news], mannsbildig wie sie ist, auf einen Frauen-Listenplatz setzen, damit sie endlich auch Ministerin werden kann? ;-)

        Spaß beiseite: Natürlich ist es eine Juristenkrankheit, bei der Eröffnung von rechtlichen Möglichkeiten immer sofort an das Missbrauchspotenzial zu denken. Aber das ist nunmal real, und wenn eine geschlechtliche Selbstbestimmung wirklich nicht mehr hinterfragt werden kann, dann wird mit einiger Wahrscheinlichkeit das Umgehen der geschlechterspezifischen Vorschriften die es nunmal gibt (und die weit überwiegend der Frauenförderung dienen), zunächst verschämt anfangen und dann zunehmend Normalität werden. Wer FÜR das Selbstbestimmungsgesetz ist, sollte darauf substanzielle Antworten haben. In dem Artikel sehe ich keine. "Der kommt damit nicht durch." funktioniert genau nicht mehr, wenn im Gesetz steht, dass man ihn damit durchkommen lassen MUSS.

    • @Normalo:

      Wollten Sie wirklich schreiben die Rollenklischees hängen am biologischen Geschlecht? Also so wie ich das verstehe hängen die am sozialen Geschlecht (Gender) - man wird so behandelt wie man wargenommen wird und sich gibt.

      Auf jeden Fall hat es große Auswirkungen auf die Einzelperson, wenn sie als das wahrgenommen wird was sie sein möchte und entsprechend behandelt wird, von daher ist es schon verständlich das Leute sich wieder teilweise in Rollenbilder begeben. Das gibt Sicherheit und Bestätigung.

      • @Rahl:

        Die Rollenklischees "hängen" nicht am sozialen Geschlecht, sie SIND im Wesentlichen das, was man "soziales Geschlecht" nennt. Denn was bleibt von der Idee von "Mann" und "Frau" als unterscheidbare Kategorien übrig, wenn man die Biologie ausklammert - außer der Summe der vorgefertigten Vorstellungen, welche sozialen Rollen Menschen spielen, die sich der einen oder anderen dieser Kategorien zuordnen?

        Die Gleichstellungspolitik versucht, die Wirkung dieser Klischees auf Angehörige des einen oder anderen biologischen Geschlechts zu mindern, indem sie sie überwindet. Sie sagt: "Eine Frau hat gar nicht soundso zu sein. Sie kann ALLES sein. Das Klischee ist falsch." Der Versuch, stattdessen die Klischeepakete zu nehmen, so zu lassen, wie sie sind, aber in das Belieben des Individuums zu stellen, ob es sich dazu bekennen will, zielt zwar auch auf eine Lösung der Klischees vom biologischen Geschlecht ab. Er konterkariert die Gleichstellung aber insoweit, als er Geschlechterklischees an sich aktiv aufrechterhält. Sicherheit und Geborgenheit in der selbstgewählten Schublade hin oder her - für die Gleichstellung ist wenig erreicht, wenn statt früher der Gruppe der biologischen Frauen jetzt soziale Frauen Opfer von Sexismus werden. Sexismus basiert nunmal auf Rollenklischees.

      • @Rahl:

        "Also so wie ich das verstehe hängen die am sozialen Geschlecht (Gender) - man wird so behandelt wie man wargenommen wird und sich gibt"

        Sie wollen sagen Kinder zu pflegen ist Frauensache?

        Die Rollen wurden definitiv am biologischen Geschlecht fest gepampt.



        Jede der einzelnen Verhaltensweisen und Aufgaben aus dem Rollenklischeebaukasten kann aber vom jeweils anderen Geschlecht ebenfalls wahr genommen werden.

        Kein biologischer Mann wird zur "Frau" nur deswegen, weil er soziale Arbeiten macht.

        • @Rudolf Fissner:

          Nein, wenn man der Idee folgt wie im Artikel beschrieben wird Mann zur Frau wenn er das auf dem Amt ändern lässt.

  • 0G
    06792 (Profil gelöscht)

    Mich hat die Diskussion leider komplett verloren.

    Ich bemühe mich wirklich. Aber da quasi alle Begriffe neu definiert werden, hat man immer das Risiko das man die "falschen" Begriffe benutzt und angefeindet wird.

    Ich habe nicht den Eindruck das es hier noch wirklich darum geht allen Menschen (egal wie sie sich mit ihrem Geschlecht verorten) ein möglichst erfülltes Leben zu ermöglichen.

  • Was ich mich an dieser Stelle frage: Welchen Sinn sollte es haben, in Ausweisen das Geschlecht anzugeben, mit dem sich jemand identifiziert? Das ergibt für mich keinen Sinn, da sollte man eher überlegen, ob dann Geschlecht überhaupt noch was auf dem Ausweis zu suchen hat.

    • @Iris Winkler:

      Im Personalausweis steht kein Geschlecht.

      • @planb:

        Doch, im Reisepass:



        www.bmi.bund.de/DE...eisepass-node.html

        Noch spannender ist folgendes Zitat:

        "Ab sofort: Eintrag des Geschlechts im Reisepass kann anders lauten als im Personenstandsregister



        Für eine Person, die weder männlich ("M") noch weiblich ("F") ist, wird in der visuell lesbaren Zone des deutschen Passes ein "X" eingetragen. In der maschinenlesbaren Zone wird das "X" durch das Symbol "

    • @Iris Winkler:

      "Was ich mich an dieser Stelle frage: Welchen Sinn sollte es haben, in Ausweisen das Geschlecht anzugeben, mit dem sich jemand identifiziert?"



      Gute Frage eigentlich! Ist ein Ausweis nicht vielmehr dazu da, durch _andere_ identifiziert werden zu können?

  • Wer freiwillig Hormone schluckt, an sich rumoperierten lässt, hat sicher einen argen Leidensdruck. Und nimmt ja auch einige Gesundheitsrisiken auf sich. Diverse Krankheiten, verkürzte Lebenserwartung sind mögliche Folgen. Mir fällt es schwer, auch Jugendlichen den Weg in die medizinischen Versuchsstätten zu ermöglichen.

    • @Zuversicht:

      Verssuchsstätten? Jede weigliche Jugendliche bekommt die Pille verschrieben. Wer zu früh in die Pubertät kommt bekommt Pubertätsblocker. An intersexuellen Menschen wird direkt nach der Geburt rumgeschnippelt. Cisfrauen bekommen sofort Hormone, wenn deren Hormonhaushalt sich durch die Wechseljahre verändert. Genauso bei Prostatakrebs werden diese Medikamente millionenfach eingesetzt. Also hören Sie auf so zu tun als ob das experimente, hochgefährliche Stoffe seien. Gerade bei jungen Menschen ohne Vorerkrankungen ist Rauchen oder Alkohol zigfach gefährlicher.

      • @schnarchnase:

        Wenn sie cis Frau als begriff verändern, wen meinen sie damit?

      • @schnarchnase:

        Das stimmt doch alles gar nicht. Sie übertreiben maßlos. Weder wird heute noch an intersexuellen Menschen nach der Geburt rumgeschnippelt, noch bekommen Frauen Hormone in den Wechseljahre (die Mehrheit möchte das nämlich nicht) etc. Sie bauen hier einen "Strohmann" auf.

      • @schnarchnase:

        Pubertätsblocker können zu schweren gesundheitlichen Problemen führen, das lebenslange fehlende Erleben von Orgasmen gehört dazu.

        • @planb:

          Haben Sie für Ihre Behauptungen auch seriöse Quellen?

  • In der Sterilitätssprechstunde hat mich früher total überrascht, dass mein Kollege den Trans- Ehemann fragte, ob er Kinder geboren haben und der „ ja“ sagte. Heute hab ich mich dran gewöhnt. Durch heterologe Insemination konnte er nun auch noch Vater werden. Normal. Seine leibliche Kinder reden ihn nun mit Vornamen an. Oder Mann mit erhaltener Scheide, der sagte, er wolle ja vielleicht noch Kinder gebären, eine Frau, die ihren Penis opferte u sich eine Scheide machen ließ ( sehr komplikationsbehaftet, Gefahr einer Fistel zum Darm ( Op in Amsterdam), und voller Verachtung von denen sprach, die ihren Penis nicht abgeben wollte ( die würden sehr attraktiv im Rotlichtmilieu sein), nach ersten Irritationen jetzt alles normal bzw.okay. Zu bedenken f junge Leute: Irreversibilität!!! Aber auch das große Glück , wenn man/Frau/es sich endlich richtig fühlt. Kleine Nebenproblemchen: Mann mit Gynäkomastie, Frau mit starker Behaarung. Oft auch ein Problem: der Adamsapfel!

  • Ich finde es bedauerlich, dass ihr einen nicht transionierten als Trans vorstellt, den transionierten aber als 'normalen' Mann.

    • @Peterbausv:

      Wobei der transitionierte Mann sich in diesem Zustand wahrscheinlich als "normal" empfindet. Dafür hat er schließlich lange gekämpft.

  • Komme zwar aus der atheistischen Ecke, sympathiere jedoch seit langem mit dem Buddhismus, der eine erfahrungs- und nicht glaubensorientierte Religion ist. Und wohl mehr eine Wissenschaft als eine Religion darstellt. Es gibt dort keinen Gott.

    Das Geschlecht entscheidet die Psyche, unabhängig vom Körper. Habe ich den Körper eines Mannes, fühle mich aber als Frau, bin ich eine Frau. Vice versa.

    Buddhismus richtet den Fokus auf den Menschen und einen Lever tiefer auf Bewusstheit. Bewusstheit, die Essenz des Menschen, ist unabhängig von seiner jeweiligen Emanation, ob die in diesem Leben eher weiblich oder eher männlich ausfällt, ist relativ wurscht. Beide Aspekte haben ihre Berechtigung, ihre Vor- und Nachteile, kein Geschlecht ist dem anderen über- oder untegeordnet, keine Hautfarbe besser als die andere, ebensowenig der Kontostand.

    Zudem gilt: Bewusstheit ist jenseits von Leben und Tod.

    Für mich persönlich gilt daher, dass ich gut mit dem Körper umgehe, jedoch weiß, dass ich ihn jederzeit verlieren kann. Wenn ich um seine Vergänglichkeit weiß, halte ich mich auch nicht zu sehr weder mit ihm noch meiner Psyche auf sondern richte meine permanente Aufmerksamkeit auf Bewusstheit, meine Essenz.

    Und versuche bei all dem auch noch ein bisschen Spaß zu haben und meinen Humor nicht zu verlieren.

    • @shantivanille:

      Wie machen Sie das, sich als Frau bzw. Mann fühlen?

  • Frage: Haben alle, die dann in ihrem Pass keine Änderung vornehmen dann je nach Eintrag das soziale Geschlecht "männlich" bzw. "weiblich" im Pass?

  • "In der Wissenschaft dagegen herrscht weitgehend Konsens, dass es mehr als zwei Geschlechter gibt..." - Ich fürchte, das ist eine Wunschvorstellung, die nur in der Community - Blase existiert.

  • "Wie einfach darf es sein, den Vornamen und das eingetragene Geschlecht zu ändern? "

    Es scheint so komplex zu sein, dass noch nicht einmal klar ist, ob damit dann das biologische oder das soziale Geschlecht eingetragen wird.

    • @Rudolf Fissner:

      Ja, im Deutschen werden die Unterschiede zwischen Sex und Gender munter verwischt. Wenn das Selbstbestimmungsgesetz kommt, wird eigentlich nur eine selbstbezeichnete Geschlechtsidentität eingetragen, die dann aber auch für andere verbindlich gelten soll. Also eine Art Gender, aber anders als bei Gender nicht das gesellschaftlich konstruierte Fremdbild, sondern das von der Person, die es betrifft, konstruierte Selbstbild.

  • Noch eine Frage: Könnte es nicht auch sein, dass trans zwar nicht NUR, aber AUCH eine Mode ist? Dass sich heute also zwar einerseits, dem liberaleren Klima sei dank, tatsächlich mehr Menschen mit Geschlechtsdysphorie outen als früher, was ja nichts anderes als erfreulich wäre. Dass es aber andererseits, daneben und zusätzlich, eine "Modewelle" gibt, in der Jugendliche in der Abgrenzungs- und Selbstfindungsphase sich als "trans" erklären? Sprich: dass trans nicht NUR, aber AUCH eine spezifische Jugendkultur der Gegenwart ist?



    Anlass für meine Frage: Vor wenigen Wochen traf ich auf einem Familienfest meine 16-jährige Nichte, die sich nun als mein trans Neffe vorstellte. Er hatte zwei Kumpel dabei, ein weiterer trans Junge und eine sich als nicht-binär identifizierende Person. Alle drei waren ziemlich versiert im einschlägigen queer-aktivistischen Vokubular und auch sehr diskussionslustig, was in die sonst eher dröge Feier auch frischen Wind brachte. Ich mochte die und habe sie so angeredet, wie sie es wünschen. Allerdings hätte ich meine Kognition, meine Intuition, mein Weltwissen und meine Menschenkenntnis schon wirklich komplett abstellen müssen, um glauben zu können, dass das NICHTS mit einer Modewelle / einer Jugendkultur zu tun hat. In den letzten Jahren habe ich schon einige vergleichbare Berichte aus dem Bekanntenkreis gehört. Mag sein, wir irren uns alle und es handelt sich bei diesen Jugendlichen samt und sonders tatsächlich um Personen mit Geschlechtsdysphorie. But I have my doubts.

    • @Marcel_L:

      same doubts here

      Kind hat einen Haufen Freund*innen, die "plötzlich" trans sind, oder non-binär oder cis und pan-/bi-/homosexuell oder oder.



      Und unter all denen, die ich davon persönlich kenne, halte ich es bei etwa einem*r von 10 für "echt".

      Ich meine das nicht bös und ich freue mich wie Bolle, dass der trans Sohn einer Freundin so leben kann wie er möchte und dass diese Kids da viel gelassener, menschenfreundlicher und zugewandter miteinander sind als die Menschen "in meiner Jugend". Ich glaube allerdings auch, dass gerade in der Pubertät die Flucht nach vorn ins Anderssein v.a. für eigentlich unglückliche, labile, unzufriedene Jugendliche ein Weg sein kann sich abzugrenzen und gleichzeitig sichtbar zu werden. Also eher so ein rebellisches Handeln gegen den vermeintlichen gesellschaftlichen Anspruch, dass Jungs wie Gangsta und Mädchen wie GNTModel zu sein hätten.

      Insofern ist eine genaue, empathische, aufrichtige psychologische Begleitung enorm wichtig.

      • @hierbamala:

        (hatte meine maximalen Zeichen erreicht^^) wollte aber noch abschließenden Mitgeben :D

        Natürlich kann ich mich, entegegen meiner bisher guten Menschenkenntnis, auch irren.. das wird die Zukunft zeigen. Ich hoffe nur, dass alle, mit der für sich jeweils getroffenen Entscheidung glücklich sind oder es noch werden :)

      • @hierbamala:

        Ich als trans*Person, beruflich im medizinischen/sozialen Bereich unterwegs, muss dieser Beobachtung leider zustimmen, da ich ähnliche Vermutungen habe.

        Oft wirkte es so, als wüssten Sie nicht so recht, worauf sie sich da einlassen.. der Schritt der Transitionierung ist schon echt nicht einfach.. auch unter guten Rahmenbedingungen (soziale Akzeptanz, etc.) und die hohe Erwartung auf große Veränderung durch Hormone (gleicht einem Glücksspiel in meinen Augen).

        Diejenigen, die Ihnen oft als trans*Vorbilder auf Tiktok und anderen (a)sozialen Medien dienen, sind in meinen Augen sehr charakterstarke Menschen, hatten gute Erfolge bei der Transitionierung/körperlichen Angleichung. Was diese scheinbar mit Leichtigkeit durchmach(t)en, wird meiner Ansicht nach unterschätzt. Vielen geht diese Charakterstärke noch ab, vor allem, wenn das soziale Umfeld nicht das beste ist. Diese Stärke, so finde ich, wird auch benötigt, um die Transitionierung gut überstehen.. sonst wird "das neue Leben" in der heutigen Gesellschaft leider noch ein harter Höllenritt. Und natürlich: der Kopf muss auch mit den Veränderungen klarkommen, die dadurch entstehen.

        Wenn ich mir zudem mal anschaue, was bei den Betroffenen da noch so für "psychologische Erkrankungen" mit reinspielen (meiner Beobachtung nach am häufigsten Borderline-Störung = Meister der Menschenmanipulation), lässt das duchaus Raum für gewisse Zweifel, dass wirklich alle ganz plötzlich in ihrer Selbstfindungsphase erkannt haben, trans* zu sein.



        Niemandem davon möchte ich absprechen, dass es wirklich so ist, wie sie empfinden, ist meiner Ansicht nach in vielen Fällen jedoch nicht so.

        Ob nun (ungeoutetes/ungelebtes) trans*sein in der Folge zu anderen psychischen Erkrankungen führt (ausgenommen Depressionen/depressive Phasen) oder ob nun andere Dinge dazu führen, zu glauben, man wäre trans*.. mag ich nicht beurteilen. Dafür gibt es die psychotherapeutische Begleitung (durchaus zurecht!).

  • Was für ein trauriges, eindimensionales Denken. Dass man sich jenseits der binären Vorstellungen von Geschlecht auch wohlfühlen kann, dass man gerne trans sein kann, dass man männlich und weiblich sein kann und dabei glücklich - das ist für Amelung offenbar nicht zu denken. Traurig.

    Im Gegenteil: Aus jeden Satz Amelungs strömt Angst. Angst vor Unklarheit, Ungeordnetheit. Angst vor dem Vielschichtigen, dem Ambivalenten. Und statt sich dieser Angst zu stellen, will er anderen Verbote erteilen. Traurig.

    • @Franny Berenfänger:

      Amelung ist der einzige transitionierte trans-mensch in der Runde.

    • @Franny Berenfänger:

      So verstehe ich ihn nicht. Aber er ist vorsichtig und möchte, dass man nicht überstürzt Entscheidungen trifft, die das ganze zukünftige Leben betreffen. Vor allem gilt das ja für junge Menschen. Was für den Bereich Strafrecht, Autofahren, Wahlen etc. gilt, soll hier plötzlich nicht gelten, nämlich dass ein junger Mensch noch in der körperlichen und mentalen Entwicklung steckt?

  • Wieder so unglaublich viel Pseudo- Debatte um eine so einfache und klare Frage. Es spricht gar nichts dagegen, dass jeder sein Geschlecht selber definieren kann. Es spricht zwar auch nicht viel dafür, denn es gibt eigentlich keinen erkennbaren Gewinn, aber Selbstbestimmungsrecht ist nun mal Selbstbestimmungsrecht. Die eigentliche Frage müsste aber lauten: warum überhaupt ein Geschlecht? Wieso muss man das definieren, egal wer? Die Betroffenen stören sich wahrscheinlich ja auch sehr viel mehr an der als falsch empfundenen Festlegung, als dass sie sich so unbedingt selber festlegen wollen. Falls Selbst wenn das eine selbstbestimmte Festlegung ist, ist sie ja vielleicht auch gar nicht so leicht. Mit einer generellen Nichtfestlegung können wir uns jedenfalls auch die unsägliche Ausdifferenzierung von irgendwelchen geschlechtlichen Identitäten schenken. Jeder darf sein was er will, niemand darf wegen irgendwas benachteiligt werden, niemand soll aber auch glauben, mit seinem ach so schillerden Hiersein die Krone der Schöpfung darzustellen. Und selbst wenn man darauf stolz ist, muss das dann ausgerechnet der Staat bestätigen?

    • @Benedikt Bräutigam:

      Warum kein Geschlecht mehr? Weil es fast durchweg Männer sind, die vergewaltigen und morden. Weil es dann keine Femizide mehr gibt, die man ja so schon als Kategorie zu ignorieren versucht. Weil männliche Spitzensportler und Transfrauen gegenüber biologisch weiblichen spitzensportlerinnen wo es auf Muskelnkraft, ausdauer und Lungenvolumen geht unwiderlegbare Vorteile haben. Geschlecht ist eine sinnvolle, weil realitätsadäquate epistemologische Kategorie.

    • @Benedikt Bräutigam:

      Der Staat soll ja gar nichts mehr bestätigen sollen/dürfen/müssen, sondern nur in den Pass drucken.

      Schöner wäre natürlich eine Welt, in welcher das Geschlecht, welches auch immer, keinerlei Rolle mehr bezüglich Rechte und/oder Pflichten spielte. Dann bräuchte es auch keine Frauenquote mehr, in die sich jemand hineinschummeln könnte. Und Gewalt jeder Art ist, wie im Interview bereits erwähnt, schon durch das Strafrecht abgedeckt.



      Letztendlich ist das Geschlecht des Gegenübers höchstens für die Frage relevant, mit wem man gern ins Bett steigen bzw. das Leben teilen möchte.

      Kurz und bündig zusammengefasst hat das Problem auch Lorettas Dialog in Das Leben des Brian: Sie möchte einfach grundsätzlich anerkannt bekommen, dass sie Babys haben möchte, unabhängig von körperlichem Vermögen. Alles andere ist Unterdrückung ihrer Person.

  • Gleichzeitig nicht-binär und trans? Ist das denn wirklich gleichzeitig möglich? Und wie definiert man dann "trans", wenn man auch nicht-binäre Menschen inkludieren möchte?

    • @vulkansturm:

      Das ist nicht böse gemeint, aber diese zwei sicherlich völlig ernst gemeinten Fragen zeigen für mich, wie völlig absurd und abgekoppelt die Diskussion ist. Ich verstehe diese Fragen einfach nicht. Ich argwöhne aber, dass sie Ergebnis irgendwelcher Definitionsprozesse innerhalb irgendwelcher Communities sind und eher mit Deutungsmacht als mit Freiheit zu tun haben. Ich möchte einfach nur, dass jeder so sein darf wie er will, sich nicht definieren lassen muss, sich aber auch nicht selber definieren muss, sich nicht und andere nicht inkludieren oder exkludieren muss oder darf. Sollte das so unmöglich sein?

  • Kalle Hümpfner beklagt, dass es Cis-Männer gibt, die gar nicht trans sind, aber versuchen, sich ohne "ehrliches Coming-Out" Vorteile zu verschaffen, indem sie sich einfach zur Frau erklären. Die Schaffung dieser Möglichkeit ist aber eine zwingende Folge des von Hümpfner befürworteten Selbstbestimmungsgesetzes, denn dieses Gesetz soll ja keinerlei Prüfung vorsehen, ob die betreffende Person tatsächlich trans ist oder nicht. Sein Argument, dass Transfrauen es in aller Regel schwerer haben als Cis-Männer, ändert daran nichts. Wäre z. B. die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung - wie es früher der Fall war - für Frauen niedriger als für Männer, würde ich als Cis-Mann sofort die Möglichkeit nutzen, die mir das Selbstbestimmungsgesetz bietet. Ich hätte es dann, anders als wirkliche Transfrauen, auch nicht schwerer als Cis-Männer, denn meinen amtlichen Geschlechtseintrag sieht man mir ja nicht an. Das Selbstbestimmungsgesetz funktioniert nur auf der Grundlage der tatsächlichen völligen rechtlichen Gleichbehandlung aller Geschlechter, also ohne Geschlechterquoten, Frauenparkplätze u. ä. Dabei stellt sich aber die Frage, wieso es dann überhaupt noch ein rechtliches Geschlecht geben soll, wenn das rechtliche Geschlecht frei wählbar ist und die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Geschlecht keinerlei rechtliche Bedeutung mehr hat.

    • @Budzylein:

      Man kann Frauen und Männer nicht einfach wegdefinieren. Spätestens wenn Ihr Körper sich "geschlechtsspezifisch" bemerkbar macht mit Menstruation, Schwangerschaft oder gar einer spezifischen Krankheit wird seine Bedeutung für das eigene Selbst ersichtlich. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass man Geschlecht eben nicht wählen kann; aber man muss sich nicht den geschlechtsspezifischen Normen unterwerfen, was Kleidung, Verhalten etc. betrifft.

      • @resto:

        Niemand definiert Frau und Mann weg, wo kommen diese Behauptungen her? Die Definitionen verändern sich nur etwas, ohne das dabei "alles Alte" verschwinden würde. Wenn Sie sagen man muss sich nicht den Normen unterwerfen, sind Sie ja selbst der Meinung die Definitionen sind nicht mehr so eindeutig.



        Auch körperlich muss sich weit weniger bemerkbar machen als Sie sagen. Wer Hormone nimmt für den ändern sich viele solcher körperlichen Eigentschaften. Geschlechtsorgane kann man operieren. Medizinische und biologische Zuschreibungen sollte man sowieso oft präziser machen als nur "Mann oder Frau", an den spezifischen Zuschreibungen ändert sich dann auch nichts.

        • @Rahl:

          Biologie ist aber keine Zuschreibung. Das merken Sie spätestens, wenn Sie als Frau Brustkrebs (habe das gerade durchgemacht: dabei sind Sie total auf Ihre Biologie zurückgeworfen) oder eine andere spezifische Krebsart haben, oder auch einfach, wenn Sie menstruieren; das Blut ist echt und keine Einbildung.

      • @resto:

        Sehe ich auch so. Meine Überlegung bezog sich deshalb auch nur auf das rechtliche Geschlecht, das eigentlich überflüssig ist, wenn es umfassende rechtliche Gleichbehandlung gibt.

        • @Budzylein:

          Ergänzung: Überflüssig ist das rechtliche Geschlecht auch bei umfassender Gleichbehandlung nur dann, wenn es frei wählbar ist. Eine rechtliche Gruppenzuordnung, die - wie es die bisherigen Entwürfe eines Selbstbestimmungsgesetzes von FDP und Grünen vorsehen - außer von einem Antrag von keinerlei weiteren Voraussetzungen abhängt, hat keine erkennbare Funktion.

      • @resto:

        Geschlechtspezifische Medizin ist halt transfeindlich.



        Wer als Arzt Frau Ganserer medizinisch wie eine Frau behandelt begeht einen Kunstfehler, wer sie wie einen Mann behandelt misgendert sie.

        • @Peterbausv:

          Solche konstruierten Probleme vor zu bringen hilft ja wirklich keinem hier. Medizinisch muss man sowieso auf die individuelle Vorgeschichte des Patienten eingehen, sonst ist man ein schlechter Arzt. Gleichzeitig kj



          ann man Frau Ganserer entsprechend ansprechen. Es gibt da gar keinen Konflikt.

          • @Rahl:

            Was soll denn daran konstruiert sein?



            Oder weniger konstruiert als 'Es gibt mehr als 2 Geschlechter'?

            Gendermedizin bezieht sich aufs biologische Geschlecht, damit ist das transfeindlicher Biologismus.

        • @Peterbausv:

          Da gibt es dann keinen Ausweg aus der Misere.

    • @Budzylein:

      Korrektur: Es gab früher keine niedrigere Regelaltersgrenze für Frauen als für Männer; da habe ich mich falsch erinnert. Aber es gab eine Altersrente für Frauen, bei der Frauen, die nach Vollendung des 40. Lebensjahrs 10 Jahre rentenversicherungspflichtig gearbeitet haben und insgesamt 15 Jahre rentenversichert waren, schon mit 60 statt mit 65 in Rente gehen konnten. Diese Voraussetzungen waren bei den meisten Männern erfüllt, sodass Millionen von Männern durch einfache Änderung des Geschlechtseintrags 5 Jahre früher in den Ruhestand hätten gehen können, wenn es damals schon ein Selbstbestimmungsgesetz gegeben hätte, wie es die Ampelkoalition anstrebt.

  • Ist das dann eine legale Möglichkeit an Arbeitsplätze zu kommen, die einem sonst aufgrund einer Frauenquote verwehrt blieben? Oder gilt die Frauenquote ausdrücklich nur für „echte“ Frauen? Beide Gedanken erscheinen falsch.

    • @schwarzwaldtib:

      Da es bei diesen Quoten grundsätzlich darum gehen soll Frauen mehr Teilhabe zu ermöglichen, sehe ich kein Problem damit. Ich halte es für eher unwahrscheinlich das Leute massenhaft ihren Geschlechtseintrag ändern nur um Quotenregelungen zu umgehen. Da gehört ja schon ein wenig mehr dazu. Aber eigentlich nützt Spekulieren auch nicht viel, wir müssen den Gesetzesvorschlag abwarten um zu sehen ob das mit bedacht wurde.

  • Ich bekomme in meiner täglichen Arbeit diesbezüglich langsam ein Problem. Arbeits- und Bedienplätze an Maschinen und Anlagen, brauchen eine ergonomische Gestaltung, sonst gehen die Arbeitenden an diesen Aufgaben langfristig gesundheitlich zugrunde.



    Die ganze Welt ist aber auf die Physis von Männlein und Weiblein zugeschnitten, die haben einfach zum Teil völlig unterschiedliche körperliche Möglichkeiten und Voraussetzungen.



    Wir müssen das im Zuge der geplanten Gesetzesänderungen unbedingt im Auge behalten, denn im Moment MUSS ich wissen, ob Frau, Mann, oder Schwanger, da hantiert. Wie gehen wir damit um, ohne hier die Menschen durch die Hintertür doch wieder mit der Geschlechterfrage konfrontieren zu müssen? Nehmen wir nur die „weiblichen“ Parameter? Dann könnten einige nur von „männlicher“ Physis ohne Langzeitschäden zu bewältigende Aufgaben, nicht mehr akzeptiert werden. Wie kann ich die Würde des Menschen nach einer Geschlechtsangleichung schützen, wenn diese Entscheidung bspw. von weiblich zu männlich gefallen ist?



    Ich kann Ihn dann doch nicht vom Körperbau als „Mann“ rechnen, das wäre schädlich für seine Gesundheit, aber ich will auch nicht der sein, der dieses „Wissen“ wie auch immer, dann doch „beschaffen“ muss, dann Sitz ich wieder zwischen allen Stühlen.



    Ich will mit der Frage ganz und gar nicht provozieren, oder via Fachproblemen, Sachopposition herbeireden, ich habe nur noch keinen Ansatz, wie man das lösen könnte.

    • @Weidle Stefan:

      Ganz einfach, nach individueller Physiognomie - bei uns auf der Arbeit haben nicht alle cis-Männer die gleichen Körpermaße und auch der "Hänfling" bringt andere Voraussetzungen mit als der preisverdächtige Bodybuilder - bislang konnte allen ein angemessener Arbeitsplatz eingerichtet werden. Schwierig wird es für mich nur, wenn ich mich mit meinen 1,92 m Größe dann in ein, für Männer, "normgerechtes, Auto setzen muss.

      • @Lorianma:

        So wäre das sicher richtig, aber ich sehe die Leute meist nicht, sondern muss das anhand verfügbarer Tabellen vorab auslegen.



        Da geht es auch um juristische Fragen, als Hersteller ist man da schnell ein „Böser“ für BG und BUV, „Stand der Technik“, usw. Mir ist nur wichtig, dass wir das Thema nicht aus den Augen verlieren, wenn sich der Pulverdampf in der Diskussion schon längst wieder verzogen hat.



        Die Welt ist im Detail einfach brutalst binär und das untere und obere 5% Perzentil, fällt jetzt schon immer raus.

  • „Welchem Geschlecht ein Mensch angehört, kann letztlich nur jeder Mensch für sich selbst beantworten“, sagt Frau Ganserer. Ich kann diese These akzeptieren, mit der einzigen Konsequenz, dann nicht mehr zu verstehen, was das Wort „Geschlecht“ bedeutet. Im Vergleich zu den Kämpfen, die Transpersonen austragen müssen, ist das ein geringer Preis, den ich gerne zahle.



    Bezeichnend ist aber doch, dass Kalle Hümpfner die sich aufdrängende Frage nach der Wortbedeutung nur ausweichend beantwortet: „wissenschaftlicher Konsens“, „psychosoziales Phänomen“. Was ist das für ein Phänomen, und wie viele Geschlechter gibt es? Die Autorin Carolin Wiedemann schlug einmal vor: „So viele, wie es Menschen gibt.“ Das ist ein wirklich schöner Gedanke, aber, noch einmal, was ist Geschlecht dann, was bedeutet das Wort in dieser Aussage?



    Das Thema steht gerade erst an der Schwelle von der Nische in den Mainstream. Spätestens, wenn die Ampel ihre Gesetzesentwürfe vorlegt, ist mit einer breiten Debatte zu rechnen. Konservative und Rechte werden hier lautstark viel Hässliches absondern. Aber für Aktivist*innen wird es vielleicht irgendwann nicht mehr ausreichen, jedem, der die Thesen der Queertheorie kritisch hinterfragt oder ganz einfach nicht versteht, „Transfeindlichkeit“ oder gar „Hass“ zu unterstellen. Wenn man die Leute dazu bringen möchte, die Wörter „Geschlecht“, „Mann“ und „Frau“ in einer fundamental anderen Bedeutung zu benutzen als in der bisher üblichen – was ja vielleicht eine gute, dem Fortschritt dienliche Idee ist – , dann sollte man ihnen erklären können, was man mit diesen Wörtern meint. Transfrauen sind Frauen? Fair enough. Aber was meinst du mit „Frau“?



    Vielleicht werden die Leute in 30 Jahren die Vorstellung einer Geschlechterbinarität ebenso belächeln wie wir heute das geozentrische Weltbild. Oder aber sie werden die 2020er als eine Zeit betrachten, in der eine sich selbst als progressiv verstehende Bewegung ideologisch verrannt hat. Ich würde keine Wette abschließen.

    • @Marcel_L:

      Keiner von den 3 Befragten beantwortet die Frage, wie sie "Geschlecht" definieren oder was nach ihrer Vorstellung ein Mann oder eine Frau ausmachen soll. Das geplante Selbstbestimmungsgesetz macht eine solche Definition auch überflüssig, weil danach zur Änderung des amtlichen Geschlechtseintrags nur ein entsprechender Antrag der betreffenden Person erforderlich ist, sonst nichts.

      Für andere bedeutet dieses Gesetz allerdings weniger Selbstbestimmung, denn die Gesetzentwürfe von FDP und Grünen in der letzten Legislaturperiode sahen z. B. bußgeldbewehrte Verbote für wahrheitsgemäße Äußerungen über den früheren Geschlechtseintrag oder den früher geführten Vornamen von Personen mit geänderten Geschlechtseintrag vor.

  • Im Artikel erschließt es mir nicht, was nun schlimm sein soll, wenn "trans sein" Mode ist. Sollte das nicht als Sympathisierung verstanden werden, wenn andere Menschen sich nonkonform kleiden? Sei es auch nur als Protest gegen die Schikanierungen die bis heute Transmenschen erfahren müssen? Der cis-Mann mit Vollbart und behaarten Beinen trägt Frauenkleidung um zu zeigen, dass ein Mann sich nicht wie Mann verhalten muss und dass vermeintliche "Abweichungen" völlig menschlich sind? Er muss sich ja nicht sofort geschlechtsumwandeln. Und ich finde, weder untergräbt man die Identitätsfindung und den Platz in der Gesellschaft von Transmenschen, noch macht man sich darüber lustig.

  • Als Schwuler frage ich mich ja manchmal schon, ob der Sex nach einer geschlechtsangleichenden Operation noch was von dem hat, was er ursprünglich war und ob das wirklich erstrebenswert wäre, wenn man auch gleichgeschlechtlichen Sex haben könnte. Das wäre auch ein Grund, warum ich eine Geschlechtsumwandlung vermeiden und andere Wege suchen würde. Aber ich kann den Leidensdruck auch nicht wirklich nachvollziehen, die trans-Menschen zu solchen Maßnahmen greifen lassen. Hauptsache, man ist hinterher glücklich und hat es dadurch nicht schwer im Leben.

  • Da ich gerade im Rahmen des Medizinstudium Psychiatrie habe: auch unsere Profs (die der Geschlechtsangleichung usw prinzipiell nicht kritisch gegenüberstehen) warnen vor Pubertätsblockern (außer nach sorgfältiger und langfristiger Diagnose), da die Pubertät mit vielfachen psychischen und hormonellen Veränderungen einhergeht, und damit vorrübergehende Unzufriedenheit mit dem eigenen selbst (Körper/Geschlecht/…) relativ häufig sind. Deswegen empfehlen sie erstmal Lifestyle Maßnahmen (Kleidungsstil, Rufname, etc), da pubertätsblocker massive irreversible körperliche Folgen haben, die schwer belastend sein können, sollte sich die geschlechtsidentität im Rahmen der weiteren Entwicklung nochmal ändern. Das ist ein schwieriges Thema, weil für eine Person, die sich langfristig als Trans definiert pubertätsblocker natürlich viele Vorteile haben, für eine Person mit einer vorrübergehenden Identitätskrise aber langfristig schwere Folgen haben. Wer an die eigene Pubertät oder die der eigenen Kinder zurückdenkt, weis dass die eine schwierige Zeit ist mit großen charakterlichen Änderungen über Jahre..

    • @Vincent Braun:

      Könnten Sie sich bitte dazu äußern wo die Quelle für die Behauptung ist das "Pubertätsblocker massive irreversible körperliche Folgen haben"?



      Diese Medikamente sollen nichts anderes tun als die Pubertät hinauszuzögern, werden sie abgesetzt beginnt die Pubertät ganz normal. Eingesetzt wurden solche Medikamente schon länger bei einigen Krankheiten, auch da habe ich nicht von gehört das die Medikamente so gefährlich wären. Es ist davon auszugehen das man sie sonst gar nicht verabreichen würde.



      Pubertätsblocker führen keine Veränderungen durch.



      Mal abgesehen davon werden diese Medikamente auch nicht leichtfertig verschrieben. Der große Vorteil dieser ist das bei Unsicherheit mit dem Geschlecht im Kindesalter die Pubertät vermieden wird wären man klärt wie die geschlechtliche Identität tatsächlich ist bevor man die Pubertät einsetzen lässt. Irreversibel wäre nur wenn man falsch liegt und Hormone gibt, aber das liegt ja dann nicht an den Pubertätsblockern und wäre auch bei Hormontherapie nach der Pubertät ein mögliches Problem. Bisher ist übrigens die Zahl von Leuten die ihre Transition bereuen sehr gering. Sowas sollte man nicht vergessen, es ist aber wie bei jedem anderen medizinischen Eingriff ein Risiko, dass man individuell abwägen muss. Die Menge an Menschen die bereuen das sie die "falsche" Pubertät durchlaufen haben, bevor sie merkten das sie Trans sind, ist jedenfalls um ein vielfaches höher als die Transition - Bereuenden.

    • @Vincent Braun:

      Welche "massiven irreversible(n) körperlichen Folgen" sollen das denn sein? Und welche Expertise haben ausgerechnet Psychiater in der Beziehung? Die sind bei mir vor allem durch groteske Fehldiagnosen aufefallen. Cismenschen werden ständig bei verfrühter Pubertät, Prostatakrebs, Hormonstörungen mit GRNH-Analoga behandelt. Warum wird das überhaupt gemacht wenn die so gefährlich sind?

    • @Vincent Braun:

      Gewarnt wird bei Jugendlichen auch vor Alkohol, Tabak, sonst. Drogen, schlechter Ernährung, gefährlichen Sportarten aber nirgends erlebe ich so viel Gegenwind. Und hat ein*e Jugendliche erstmal eine drogeninduzierte Psychose bereut er/sie es vielleicht auch und trotzdem ist der Gegenwind hier nicht so emotional aufgeladen. Oder empfehlen die Profs den Jugendlichen auch, erstmal ein oder zwei Jahre in der Psychiatrie zu verbringen bevor sie Dtogen konsumieren?

      • @Lorianma:

        Abgesehen davon, daß mer da auf die Schnelle keine Zahlen findet (also wievielen Heranwachsenden Pubertätsblocker verschrieben werden), halte ich des ned für die allerwichtigste Frage und deswegen ist das Lenken der Debatte um Abbau von Diskriminierung in Richtung Behandlung von Kindern mit Hormonen so ne Mischung aus whataboutism und getarnter Ablehnung aller Änderungen zum Wohle von Trans*menschen und ist somit menschenverachtend.



        Wenn keiner genau weiß, worüber eigentlich debattiert wird, ist die emotionale Aufladung dann genau die Komponente, daß alles so bleibt wie es ist.



        Deswegen wird das Tessa Ganserer als Betroffene und (unfreiwillige) Fachfrau in dem Interview auch so beantwortet haben: "Ich bin der Überzeugung, dass die gesellschaftliche Akzeptanz für die meisten trans Menschen das Wichtigste ist. Erst dann kommt die Frage, welche körperlichen Veränderungen gebraucht werden."



        Gilt auch für Geschlechtsangleichung, und dabei im Besonderen für die immernoch kurz nach der Geburt vorgenommene willkürliche und gegen den eigenen Willen (den mensch da ja auch noch ned hat).

      • @Lorianma:

        Nein sie empfehlen komplett auf Drogenkonsum zu verzichten.Das sollte ihnen auch selber klar sein. Ihr Kommentar kann man getrost Whataboutism nennen.

  • Der Kathechismus korrumpiert das freie Denken der Menschen bis heute. Und dort steht .......er schuf sie als Mann und Frau....... Wie lange wollen wir uns noch vom Aberglauben 2000 jahrealter Überlieferungen geißeln lassen?

  • Ich kann der Diskussion nur zum Teil folgen. Ich wünsche mir eine diskriminierungsfreie Gesellschaft, in der Menschen sich frei entfalten können, lieben und geliebt werden und Respekt erfahren. Dazu braucht es aber eine Möglichkeit der Verständigung unter den Menschen. In dem Bestreben, jedem Individuum ein Maximum an Selbstbestimmung zu ermöglichen, werden zunehmend Begriffe, über deren Bedeutung weitgehend Konsens herrschte, aufgeweicht, Bedeutungen individualisiert und damit immer unklarer. Damit ist denke ich niemandem geholfen. Der eine spricht von Feminismus, die andere antwortet, diesen habe es nie gegeben, um damit auszudrücken, dass auch Feminismus durch viele Facetten gekennzeichnet ist. Diese immerwährende Relativierung und bewusste Verunschärfung von Begriffen führt letztlich zu einer völligen Kommunikationsunfähigkeit. Vereinfachung ist ein notwendiger Mechanismus, um mit der uns umgebenden komplexen Realität umgehen zu können, ohne wahnsinnig zu werden. Daher ist es auch nicht hilfreich, anstelle von zwei Geschlechtern, deren biologische Bedeutung nicht zu leugnen ist, durch ein sogenanntes Spektrum ersetzen zu wollen und ständig zwischen den biologischen Begriffen und soziologischen Implikationen wechseln. Auch dem größten Ignoranten ist klar, dass die biologischen Geschlechter nicht nur in absoluter Reinform anzutreffen sind. Ich kann auch nicht verstehen, wie man man von Geschlechterangleichung sprechen und dem Menschen den Weg zu medizinischen Behandlung möglichst leicht machen will, wenn man die Existenz zweier dominanter Geschlechter und deren Bedeutung für die Gesellschaft gleichzeitig vehement leugnet. Die trans Personen in diesem Interview überzeugen mich mit ihren nicht zu Ende gedachten Argumente nicht. Trotzdem wünsche ich Ihnen selbstverständlich, dass Ihnen mit Respekt begegnet wird und sie selbstbestimmt ihr Leben leben können, so wie es allen Menschen gebührt.

    • @Fünfpluseins:

      "wenn man die Existenz zweier dominanter Geschlechter und deren Bedeutung für die Gesellschaft gleichzeitig vehement leugnet."



      Das wird aber tatsächlich gar nicht gemacht. Die dominanten Geschlechter existieren, niemand behauptet das Gegenteil, es wird nur gesagt das mehr als die Zwei existieren.



      Das soziale Geschlecht ist aber ganz eindeutig ein Spektrum, das sehen Sie doch selbst bestätigt indem Sie sagen es gebe mehr als die "Reinformen". Das ganze ist eine bipolare Verteilung, also zwei starke Häufungen bei Mann und Frau aber eben auch viel dazwischen. Das ist per Definition dann ein Spektrum.

      Auf den ersten Blick mag die allgemeine Behauptung der "immerwährenden Relativierung" und "Kommunikationsunfähigkeit" ja durchaus Sinn machen. Aber haben Sie auch mal konkrete Beispiele was Sie damit eigentlich meinen? So ein diffuses Gefühl verunsichert vielleicht, ist aber auch keine Begründung. Tatsächlich sehe ich keinerlei langfristigen Probleme das Verständnis von Geschlecht zu ändern. Ich glaube auch nicht das es unnötig kompliziert wird, muss es zumindest nicht. Es wird nur ein Problem sich umzustellen für uns alle die diese Konzepte anders gelernt haben. Ich sehe aber kein Problem für neue Generationen einfach anders damit aufzuwachsen.

      • @Rahl:

        Es wird ständig Gender und Sex verwischt und mit dem Begriff Geschlecht beschrieben, obwohl man weiß, dass das falsch ist und bei Laien 'Verwirrung' hervorrufen kann.



        Das kann eigentlich nur Vorsatz sein.

        Auch sowas wie #nodebate fordern üblicherweise die Leute, die keine Argumente haben und das wissen.

    • @Fünfpluseins:

      Wollten Sie wirklich schreiben die Rollenklischees hängen am biologischen Geschlecht? Also so wie ich das verstehe hängen die am sozialen Geschlecht (Gender) - man wird so behandelt wie man wargenommen wird und sich gibt.



      Auf jeden Fall hat es große Auswirkungen auf die Einzelperson, wenn sie als das wahrgenommen wird was sie sein möchte und entsprechend behandelt wird, von daher ist es schon verständlich das Leute sich wieder teilweise in Rollenbilder begeben. Das gibt Sicherheit und Bestätigung.

      • @Rahl:

        Huch was ist denn da passiert. Der kürzere Beitrag sollte doch woanders hin. Sorry

  • Bei diesem Gespräch zeigt sich m.E., wer in welche Geschlechtsrolle sozialisiert worden ist.

  • 6G
    656279 (Profil gelöscht)

    Ich bin durchaus der Meinung, dass jeder Mensch sein Geschlecht frei wählen dürfen sollte; und das ganz ohne entwürdigende Prozeduren oder Kostenschranken; gern auch reversibel im Sinne von trial&error.

    Allerdings, und darauf würde ich bestehen, darf es dann im formalrechtlichen, im organisationsrechtlichen, im zivilrechtlichen Bereich keinerlei Unterschiede mehr geben. Insbesondere sich (vermeintliche) Vorteile durch die jeweilige Wahl des Geschlechts zu verschaffen muß durch die Anpassung aller Gesetze, Verordnungen und sonstiger, bislang verbindlicher und auf das jeweilige Geschlecht abhebender Regularien verhindert werden.

  • Kann man dann das biologische oder das soziale Geschlecht selber wählen?

    • @Rudolf Fissner:

      Ein Problem in diesem Zusammenhang: Weder das "biologische" noch das "soziale" Geschlecht lassen sich einfach definieren. Bisher zumindest. Beim "biologischen" reicht es von "Es gibt zwei und nur zwei Geschlechter, reduziert auf die Fortplanzungsorgane." bis "Das biologische Geschlecht müßte für jede*n individuell festgelegt werden, also derzeit ca. 8 Mrd," Leider gibt es dazu keine großangelegten empirischen Studien, die einem weiterhelfen. Beim "sozialen" Geschlecht ist die Bandbreite ähnlich. Die Studienlage auch.

      • @Wolfgang Mizelli:

        Das war nicht meine Frage. Ich eollte wissen, ob bei dem eingetragenen Geschlecht dann das biologische oder das soziale Geschlecht geändert wird.

        • @Rudolf Fissner:

          Der Eintrag dürfte das soziale Geschlecht betreffen. Es geht ja darum wie man sich gibt, wie man angesprochen werden möchte etc.



          Das biologische Geschlecht besteht aber auch aus mehreren Komponenten. So gibt es natürlich die Gene also Y und X Chromosomen, daraus ergeben sich eine Anzahl von Geschlechtern, da es Mischungen wie XXX oder XXY etc. gibt. Überlichweise wird grob zwischen XX -Frau, XY- Mann und Intersex (für alles andere) unterschieden.



          Der Faktor der Geschlechtsmerkmale variiert aber dann auch nochmal. So kann man mit XX Chromosomen große Brüste und ein weites Becken haben, also stark weibliche Merkmale oder eben eine flache Brust und schmales Becken also geringere weibliche Merkmale. Bei Intersex Menschen gibt es da natürlich auch riesen Variationen. Dieser Teil des biologischen Geschlechts lässt sich ja auch bereits ändern, mit Schönheits-OPs oder Geschlechtsangleichungs-OPs bei Trans-Menschen. Also steht das biologische Geschlecht auch nicht völlig fest. Chromosomen lassen sich aber aktuell ja noch nicht ändern.

          Inwiefern man das "wählen" kann ist nicht so 100% klar. Trans-Menschen haben offensichtlich einen Unterschied zwischen dem wie sie sich fühlen und der Rolle in die sie hineingeboren wurden bzw. sogar ihrem biologischen Geschlecht gegenüber. Diese Menschen werden klar mit dieser Diskrepanz geboren, es gäbe für sie ja sonst wenig Grund ihr Geschlecht in Frage zu stellen. Man muss aber davon ausgehen das auch ein gesellschaftlicher Einfluss vorliegt, da Rollenbilder ja veränderlich sind und kulturell "festgelegt" werden. Da kann eine Diskrepanz eben nur dann auftreten wenn die Rollen einengend und zu strikt sind.

          Also ist es tatsächlich recht kompliziert sowas klar festzustellen, deswegen macht ja Non-Binär bzw. divers als möglicher Eintrag auch viel Sinn.

      • @Wolfgang Mizelli:

        Was würden Sie in einer groß angelegten Studie zum sozialen Geschlecht denn untersuchen wollen, und mit welcher Methodik?

      • @Wolfgang Mizelli:

        Natürlich läßt sich das nicht nur einfach definieren, es ist auch einfach definiert.



        Jeder Mensch produziert Keimzellen, sog. Gameten, Frauen Eizellen und Männer Samenzellen.

        Oder wie Wiki sagt:



        Biologisches Geschlecht:



        Das biologische Geschlecht ist ein Merkmal, das die Fortpflanzungsfunktion eines Individuums, männlich oder weiblich, bei Tieren und Pflanzen bestimmt, die ihre Art durch geschlechtliche Fortpflanzung vermehren.[1][2] Die Art der Gameten, die ein Organismus produziert, definiert sein Geschlecht.