piwik no script img

Waffendebatte in den USAReformunfähig bis aufs Blut

Bernd Pickert
Kommentar von Bernd Pickert

Eine Mehrheit in den USA befürwortet strengere Waffengesetze. Ihr Wunsch kommt, ähnlich wie bei Klima- und Gesundheitspolitik, nicht zur Umsetzung.

Gedenkstätte auf dem Stadtplatz von Uvalde für die Opfer des Amoklaufes in einer Grundschule Foto: Wong Maye-E/ap

D er Mord an 19 Grundschulkindern und 2 Lehrerinnen im texanischen Uvalde müsste ein Wendepunkt sein in der US-amerikanischen Debatte über innere Sicherheit, Waffengewalt und Waffenkontrolle. So wie der Mord an 20 Grundschulkindern und 6 Leh­re­r*in­nen in der Sandy-Hook-Grundschule vor fast 10 Jahren ein Wendepunkt hätte sein müssen. Oder das Columbine-Schulmassaker mit 12 getöteten Schü­le­r*in­nen und einem Lehrer vor knapp 23 Jahren.

Oder jedes Einzelne der Hunderten von „Mass Shootings“, die es seither immer und immer wieder in fast allen Teilen der USA gegeben hat. 45.000 Menschen sterben in den USA Jahr für Jahr durch Waffengewalt. Aber diese unfassbare Abfolge von Tragödien, von zerstörten Leben und trauernden Familien, ist längst Alltag in der US-amerikanischen Politik.

2018, nach dem Schulmassaker in Parkland, Florida, schien es so, als ob die Bewegung junger Menschen, die in den ganzen USA Proteste für bessere Waffengesetze initiierten und Hunderttausende auf die Straße brachten, vielleicht einen Unterschied machen könnte. Aber es geschah wiederum – nichts.

Die Lobby der Waffenhersteller ist besser organisiert

Dabei gibt es seit vielen Jahren Mehrheiten in der Bevölkerung für strengere Waffengesetze. Aber diese Mehrheiten in den Umfragen werden nicht umgesetzt in Mehrheiten im Kongress. Die Lobby der Waffenhersteller ist stets besser organisiert als die der Waffenopfer. Es tut weh zu verfolgen, wie die US-Politik nicht in der Lage ist, naheliegendste Gesetze zu verabschieden.

Dass diese Reformunfähigkeit nicht nur für das Thema Schusswaffen gilt, sondern auch für andere Schlüsselfragen wie Klimapolitik, Gesundheitsversorgung oder Bildung, vermag da nicht zu trösten, im Gegenteil. Dass die US-amerikanische Politik nicht in der Lage ist, rationale Resultate im Sinne der Mehrheit zu produzieren, frustriert jene, die sich innerhalb der USA dafür einsetzen, und schwächt das Ansehen demokratischer Systeme weltweit.

Rechtskonservativ-libertäre Ideologie

Das ist gefährlich, aber nicht naturgegeben, sondern Ergebnis der Macht jener furchtbaren rechtskonservativ-libertären Ideologie, die „Freiheit!“ schreit, wenn es um den Wunsch nach Waffenbesitz oder die Ablehnung des Maskentragens geht, aber „Verbot“ ruft, wenn die Rede vom Recht der Frauen auf sicheren Schwangerschaftsabbruch ist, die den strafenden Staat gegen Dro­gen­kon­su­men­t*in­nen gefordert sieht, aber dem Kapitalismus Wohnungs- und Gesundheitsversorgung überlässt.

Das zerstört die Idee von Gemeinwohl, die Demokratien funktionieren lässt. Und solange sich das nicht ändert, wird es wieder und wieder Ortsnamen geben, die von einem Tag auf den anderen für blanken Horror stehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Bernd Pickert
Auslandsredakteur
Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org
Mehr zum Thema

45 Kommentare

 / 
  • Ich habe nicht von Moral gesprochen. Ich spreche von der sozialen Stabilität die jede und jeder aus Familien, Freundeskreise, Vereine, Regionen etc. kennt und erfährt wenn Menschen sich gleichberechtigt mit einander austauschen und agieren.



    Ich möchte behaupten, diese Vorstellung von Stabilität hat die selbe Gültigkeit als eine "elementare" oder eher "fysikalische" Vorstellung von Stabilität im Sinne von, im Gleichgewicht auf einander gestapelte Steine.



    Aus meiner Sicht leider somit Ihre ebenfalls "aus ganz bestimmten Faktoren hergestellten Stabilität" unter der selbe Schwäche wie die meine.



    Gehören wir also unterschiedlichen Glaubensrichtungen an?

  • Das kommt raus, wenn man auf Gedeih und Verderb immer die rechtsextremen Ränder möchte. Meinungen, die nicht in den rechten Mainstream passen, werden zu Meinungen zweiter Klasse degradiert.

  • Vielleicht sollte man als Normalperson zukünftig Stahlhelm und Splitterschutzweste tragen?

  • Ungerechte, ungleiche Gesellschaften sind instabile Gesellschaften.



    In USA und in Europa und anderswo.

    Leider lebt die Rechtskonservativ-libertäre Ideologie und Wirtschaft vom Recht und Freiheit der Stärkeren und von der Missachtung des Gemeinnützigen und der Bedürfnisse der Vielen. Lokal, national und global - auch in Europa.

    • @Nilsson Samuelsson:

      "Ungerechte, ungleiche Gesellschaften sind instabile Gesellschaften."

      Hmmm, ziemlich unverfroren von den USA, seit 160 Jahren dieser - sicher unbestreitbaren - Erkenntnis eine Nase zu drehen. "Stabilere" Gesellschaften waren wohl die mittelalterlichen Feudalstaaten und natürlich die römischen und chinesischen Kaiserreiche. Das müssen ja wahre Gleichheits- und Gerechtigkeitsoasen gewesen sein. Wusste ich gar nicht...

      Gegenthese: Dass Gleichheit und Gerechtigkeit wirklich sowas wie politische Synonyme sind, muss die Weltgeschichte noch beweisen. Bislang sieht es eher nach dem Gegenteil aus: Mittel- oder gar langfristig akzeptierte "Gerechtigkeit" zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass sie reichlich Raum für UNgleichheit lässt.

      • @Normalo:

        Was wollen Sie damit sagen?



        Das mittelalterische Feudalstaaten (sozial, politisch und ökonomisch) "stabiler" waren? Da bin ich mir nicht mal sicher, dass das wirklich stimmt. Woran würden Sie das festhalten?

        • @Nilsson Samuelsson:

          Einfachste Gleichung:



          Stabilität = Vergangene Zeit/Veränderung (der sozialen, politischen und ökonomischen Strukturen)

          Wenn sich also über Jahrhunderte (also etliche Generationen von Menschen, die ihr ganzes Leben in der jeweiligen Gesellschaft verbracht haben) an diesen Strukturen nichts ändert, kann man von einem hohen Maß an Stabilität reden.

          Man könnte auch eine "fortschrittsrelative Stabilität" denken und die Überlebenszeit eines sozialen Modells im umgekehrten Verhältnis zum Wandel der ökonomischen und technischen Gegebenheiten in derselben Zeit rechnen. Dann wären wahrscheinlich die USA weit vorne...

          Was ich also sagen will ist: Dass das Zulassen von Ungleichheit destablisierender wirkt als das konsequente Streben nach Gleichheit, muss erst noch erwiesen werden. Ein wirklich auf Gleichheit getrimmtes System müsste ja erst einmal seine eigene Einführung überleben. Allein DAS hat sich schon als äußerst schwierig herausgestellt. Meist war der Wandel von der wohlgemeinten Utopie zum totalitären Terrorstaat nahezu übergangslos, und jeder egalitäre Teil, der dann noch verblieben war, musste exzessive Sicherheitsapparate unterhalten, weil jeder Abweichler von dem Ideal (der es "gerechter" fand, in die eigene Tasche zu wirtschaften) eine krebsartige Hebelwirkung auf sein Umfeld entwickelte.

          Es gibt tatsächlich gar nicht viele Menschen, die Gleichheit (im Sinne einer gesellschaftlich umgesetzten Ergebnisgleichheit) für wirklich "gerecht" halten. Und bei den wenigsten von diesen übersteht diese Haltung das eigene Verlassen der Verliererseite. Andere finden von vornherein Anderes "gerecht" - insbesondere z. B. die Freiheit, NICHT gleich zu sein und auch nach ökonomischer Ungleichheit zu streben.

          Das stabilste System ist daher im Zweifel eines, das es nicht nötig hat, einen detaillierten Maßstab für Gerechtigkeit durchzusetzen, sondern erträgt, das Jeder seine Version davon zumindest anstreben kann, ohne auf Umstürze oder Gewalt zurückgreifen zu müssen.

          • @Normalo:

            Ich glaube jede und jeder weisst was mit Stabilität gemeint ist. Wenn Geschwister in einer Familie ungelich behandelt werden gibt es schlechte Stimmung und Ärger. Genau so wenn in der Schulklasse oder im Sportverein ungleich behandelt wird oder in der Stadtgesellschaft, oder im Land usw. Soziale Ungerechtigkeit schafft schlechte Stimmung, Konflikte und Instabilität. Natürlich kann eine "Scheinstabilität" auch mit Gewalt, Diziplin und Authorität erzwungen und lange aufrechterhalten werden - nur das ist nicht die Stabiltät die ich meine und anstrebe.

            • @Nilsson Samuelsson:

              Stabilität - auf einer noch elementareren Ebene - ist erreicht, wenn sich die verschiedenen Kräfte, die auf den status quo wirken, gegenseitig aufheben. Welcher Art diese Kräfte sind, ist keine moralische Frage. Es kommt erstmal auf die Wirkung an. Und da KANN eben Gewalt, Terror etc. stabilisierend wirken - möglicherweise stärker als Zufriedenheit und Handlungsfreiheit der Bevölkerung.

              Dass SIE nur eine aus ganz bestimmten Faktoren hergestellte Stabilität als solche akzeptieren wollen, ist eine moralische Entscheidung. Als solche schränkt sie natürlich die Methoden ein, die zur Verfügung stehen. Ob ein derart eingeschränktes Wunschbild - also Stabilität, die auf Zufriedenheit basiert, die wiederum auf Gleichheit basiert - überhaupt realisierbar ist oder ewig Utopie bleiben wird, ist eine offene Frage.

              Historisch ist sie jedenfalls noch nie mit "Ja" beantwortet worden (so meine Ausgangsthese). Ein Grund dafür könnte sein, dass UNzufriedenheit, gerade auch mit einem status quo, der "nur" Gleichheit mit Anderen gewährleistet, tatsächlich eine wesentliche Eigenschaft eines erheblichen - und ipso facto gestaltenden - Teils der Menschheit ist.

              • @Normalo:

                Ich habe nicht von Moral gesprochen. Ich spreche von der sozialen Stabilität die jede und jeder aus Familien, Freundeskreise, Vereine, Regionen etc. kennt und erfährt wenn Menschen sich gleichberechtigt mit einander austauschen und agieren.

                Ich möchte behaupten, diese Vorstellung von Stabilität hat die selbe Gültigkeit als eine "elementare" oder eher "fysikalische" Vorstellung von Stabilität im Sinne von, im Gleichgewicht auf einander gestapelte Steine.

                Aus meiner Sicht leider somit Ihre ebenfalls "aus ganz bestimmten Faktoren hergestellten Stabilität" unter der selbe Schwäche wie die meine.

                Gehören wir also unterschiedlichen Glaubensrichtungen an?

  • "Dabei gibt es seit vielen Jahren Mehrheiten in der Bevölkerung für strengere Waffengesetze. Aber diese Mehrheiten in den Umfragen werden nicht umgesetzt in Mehrheiten im Kongress."



    Meinungsumfragen sind so leicht zu manipulieren,das sie kein echtes Argument darstellen: Art der Fragestellung und der Antwortmöglichkeiten, wer wird gefragt (Alter,Wohnort,Einkommenshöhe,Ausbildung,Ethnizität,etc) wie viele,die Kriterien der Auswertung,...



    Grundsätzlich könnte man jedes Umfrageergebnis mit einem gegenteiligen kontern.

    Außerdem sind strengere Waffengesetze nur "Symptombehandlung". Verknappt gesagt sind nicht die Waffen ,sondern die gesellschaftlichen Umstände das ursächliche Problem.Solange die Mehrheit aber am amerikanischen Lebensweg festhält,egal ob nun Republikaner,Demokraten, Trumpisten,Liberale ,ändert sich nichts in Gottes eigenem Land.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Vermutlich liegt das an dem amerikanischen Exzeptionalismus, von dem auch Barack Obama schwärmte…



    de.wikipedia.org/w...r_Exzeptionalismus

  • "Reformunfähig bis aufs Blut" - ups! Da hab ich mich doch glatt verlesen!



    Dachte bei Reformunfähig ging um das Tempolimit hierzulande oder die Pflegereform hierzulande oder den Mietendeckel hierzulande oder mehr Steuergerechtigkeit hierzulande .

    Aber hier ist ja offenbar alles im Lot, dann lass uns doch mal auf die USA rumkloppen ...

    • @Bolzkopf:

      Ich bin mir sicher, auch in Ihrem Bolzkopf gibt es irgendwo die eine oder andere Baustelle. Eine schlechte Angewohnheit vielleicht, die Sie einfach nicht loswerden oder gar liebgewonnen haben. Sollte dies der Fall sein, so empfehle ich, doch erstmal vor der eigenen Türe zu kehren, statt Probleme hierzulande so dreist anzusprechen.

      Merkste selber, ne?

      • @Kawabunga:

        Oh Gott, ich leiste Abbitte.



        Was habe ich getan ... Ich bin ja von mir selbst entsetzt.



        Wie konnte ich nur angesichts der schmeichelhaften Feststellung, in den USA sei "man" Reformunfähig "bis auf's Blut" unsere großartigen Reformverdienste so schmählich unter den Scheffel stellen...

  • taz: "45.000 Menschen sterben in den USA Jahr für Jahr durch Waffengewalt."

    In jedem anderen Land würde man das Bürgerkrieg nennen. Es wird sich in den USA aber nichts ändern, denn der US-Amerikaner liebt seine Schusswaffe wohl mehr als seine Kinder und Enkelkinder.

    Das Recht auf privaten Waffenbesitz wurde wenige Jahre nach der Gründung der Vereinigten Staaten in einem Verfassungszusatz als Grundrecht verankert – im so genannten 'Second Amendment'. Das Second Amendment entstand während des Unabhängigkeitskrieges gegen die Engländer. Anscheinend haben die US-Amerikaner immer noch Angst, dass die Engländer zurückkommen. Spaß beiseite, denn der US-Amerikaner hat nicht mehr alle Latten am Zaun mit seinem Waffenwahn.

    Die "Durchgeknallten", die alle paar Jahre in US-Schulen herumballern und Menschen erschießen, sind aber nur die Eisbergspitze in diesem Schusswaffen-Irrsinn, denn die 45.000 Menschen die in den USA Jahr für Jahr durch Waffengewalt sterben, findet man zum größten Teil in den Slums, also da wo Gangbanden ihr Unwesen treiben. Wenn Schusswaffen mit 'Armut und soziale Ungerechtigkeit' gepaart werden, dann nimmt das bekannterweise immer ein böses Ende. Im Grunde müssten die Amerikaner entwaffnet werden und ein echtes soziales System muss in den USA eingeführt werden, dass auch die Armen endlich mal auffängt.

    "Schauen Sie sich die USA an. Das ist gelebter Kapitalismus im Endstadium. Die Reichen haben sich komplett zurückgezogen. Eigene Wohnviertel mit Zäunen und Sicherheitspersonal, eigene Kindergärten, Schulen, Unis, Krankenhäuser. Die Mittelschicht braucht zwei Jobs parallel, um überhaupt halbwegs klar zu kommen. Das letzte Drittel sitzt komplett im Dreck, obdachlos oder in Vierteln, in die sich nicht mal mehr die Polizei traut." [Volker Pispers - Kabarettist]

    • @Ricky-13:

      Wenn man "den" US-Amerikaner so über einen Kamm schert und die überspitzten Worte eines Kabarettisten als Realitätsbeschreibung verwendet, wird man weder dem Land noch seinen Bürgern gerecht. Auf dieses banalisierende Klischee des US-Staatswesens mögen Ihre simplifizierend-obrigkeitlichen Lösungsansätze passen. Aber in en echten USA gewinnen Sie damit keinen Blumentopf - und das nicht nur wegen der NRA.

  • Sicher ist das US-amerikanische Waffenrecht aus europäischer Perspektive ebenso komplett irrsinnig und irrational wie die Unfähigkeit zu politischen Kompromissen im Zwei-Parteien-System oder die völlige Unfähigkeit dazu Gesetze die inzwischen ein Vierteljahrtausend auf dem Buckel haben zu reformieren weil sie als sakrosankt gelten. Und auch wenn diese Zustände mittelfristig das Potential haben zur existentiellen Bedrohung für US-Gesellschaft und -Staat zu werden, sind sie aber eben dennoch Fakt. Pragmatisch wäre also zu fragen wie sich innerhalb der gegebenen Parameter Verbesserungen erreichen ließen. Da Reformvorhaben sich seit Jahrzehnten als undurchführbar erweisen, bliebe der NRA-Logik zu folgen und eben auch die Kinder zu bewaffnen, schließlich dürfte es Gründe dafür geben, dass solche Massaker so viel häufiger in Schulen als etwa in Bürogebäuden stattfinden bei denen ein Täter mit der Gegenwehr der Belegschaft rechnen müsste. Eine Magnum in jedem Ranzen wird die bad guys schon stoppen.

  • Vielen fehlt verständlicherweise jegliches Verständnis dafür warum sehr viele Amis derart Knarrophil sind. Es kann sich kaum ein Europäer vorstellen, was es psychisch anrichtet, wenn von klein auf klar ist, dass man bei Krankheit oder Arbeitsverlust im Elend landet: Die US Gesellschaft ist eine Angstgesellschaft.



    Die Waffe gibt da Pseudosicherheit, sie ist der Sozialstaatsplacebo. Da das gesellschaftliche Netz unzureichend ist um Strauchelnde aufzufangen, lebt der Durchschnittsamerikaner in permanenter unterschwelliger Existenzangst. Das Angst die ganze Gesellschaft lenkt merkt man ja auch an Gerichtsverfahren wo ´ich hatte Angst - deswegen schoss ich ihm in den Rücken´ sogar für Polizisten eine legitime Begründung ist.



    Statt permanent an Waffengesetzverschärfungen zu scheitern, weil die diesen Sicherheitsplacebo bedrohen, sollte eine Haftpflicht für alle Knarrenträger eingeführt werden, die alle gesellschaftlichen Kosten ihres 2. Verfassungswurmfortsatzes im Holster abdeckt.



    Erstens würden sehr schnell Kostenreduzierende, also Sicherheitserhöhende Maßnahmen populär und zweitens wäre die Versicherungslobby der passende Beelzebub um den NRA Teufel auszutreiben.

    • @Euromeyer:

      Die ganze Argumentation ist furchtbar deutsch. WENN die US-Bürger in breiter Mehrheit so dächten, sähe dieses Land anders aus.

      Ist es so schwer sich vorzustellen, dass viele Menschen in den USA gar nicht diesen überwältigenden Wunsch nach (sozialer) Absicherung haben? Dass sie auf persönliche Handlungsfähigkeit und Eigenverantwortung mehr Wert legen als auf Risikovermeidung? Dass sie umgekehrt das fanatisch Besitzstände wahrende und Schäche schützende Deutschland als eine Angstgesellschaft bezeichnen würden, (weil uns z. B. beim Thema "Kündigungsschutz lockern" sofort die Schweißperlen auf die Stirn treten)?

      Es gibt sicher US-Amerikaner, die genauso denken, wie Sie das umschreiben. Aber der Anteil derer, die da eine ganz andere Mentalität haben, ist um ein entscheidendes Quantum größer als hierzulande. Deshalb funktionieren im Zweifel auch solche (wieder: sehr deutschen) Lösungen wie eine Versicherungspflicht dort kein Stück besser als ein partielles Waffenverbot es täte.

      Nur damit Sie nicht von der flachsen Seite druafspringen: Ich behaupte nicht, dass die US-Mentalität BESSER wäre. Ich sage nur, dass sie vielfach ANDERS ist, und dass, was aus der deutschen Froschperspektive als gute Lösung erscheint, dort eher zum Rohrkrepierer taugen kann.

    • @Euromeyer:

      Eine Haftpflichtversicherung für die Folgen illegaler Handlungen? Warum sollte eine so konstruierte Solidargemeinschaft für die Verbrechen ihrer Mitglieder aufkommen? Und bräuchte es dieser Logik folgend nicht überall und für alle Verbrechen eine solche Versicherung? Und wie hoch sind die "gesellschaftlichen Kosten" eines toten Kindes in Dollar gemessen eigentlich genau?

      • @Ingo Bernable:

        Das Opfer die Folgen alleine tragen ist ja noch unfaier. Autofahrer finanzieren ja die Kosten der Raser auch mit - im Gegensatz zu Fußgängern, die keine potenziell tödlichen 1,5t Geschosse bewegen. Eine Haftpflicht streckt genau diese Kosten vor, würde die nur zahlen, wenn es keine ´illegalen´ Gründe eines Verkehrsunfalls gibt, würde sie NIE zahlen, denn hätte sich der Verursacher an Paragraf 1 gehalten, wäre ein Unfall, außer bei technischem Versagen unmöglich. Die Ballermannversicherung kann ja dann analog vom Illegalen die Kosten eintreiben versuchen - dann wohl meist mit dem Oujo-Brett :)



        Und die Kosten eines Toten werden laufend Verfahren festgelegt - ist nichts Neues.

  • Es kommen in den USA jedes Jahr durch Schusswaffen mehr Menschen um als es bisher Tote im Krieg gegen die Ukraine gibt. Im Grunde befindet sich die USA in einer Art Bürgerkrieg, wo jeder damit rechnen muss, gegebenenfalls angeschossen oder erschossen zu werden. Seitens des obersten Gerichtshofes wird das Recht auf diesen Bürgerkrieg als verfassungsgemäß geschütztes Recht eines jeden Bürgers definiert. Ein Recht, aus diesem Krieg auszuscheiden, gibt es nicht. Dieser Gerichtshof hat übrigens kürzlich mit 6 zu 3 Stimmen geurteilt, dass sogar Unschuldige hingerichtet werden dürfen, wenn Formalien eingehalten wurden. Mit diesem Urteil wollte das oberste Gericht der USA die Rechtssicherheit schützen. Das spricht für sich.

  • Selbst wenn die Mehrheit gegen Waffen ist - darin liegt das Problem: sie haben weniger firepower. Für mich sind die USA ein sehr unzivilisiertes Land. Bewaffnete religiöse Fundamentalisten mit einem mehr als schrägen Religionsverständnis und einer gewissen Bildungsferne laufen rum und schreiben anderen, eher gebildeten Menschen vor was sie zu tun und zu lassen haben. Abtreibung nur als ein aktuelles Beispiel. So groß ist der Unterschied zu den Taliban da nicht.

  • Das ist schon der Oberhammer, 1 Tag nach dem Massaker an Kindern die Jahrestagung der NRA abzuhalten.

    Welcher Staat in der Welt wäre so kaltschnäuzig und hartherzig?

    • @cuba libre:

      Einmal ist die NRA eine private und keine staatliche Organisation. Zudem steht der Termin schon länger fest,es ist eine ziemliche große Veranstaltung ,die man nicht mal eben so spontan vertagen kann.

      • @Mustardmaster:

        Kann man doch!

  • Die Wyatt Earp-Mentalität gepaart mit religiösem Fanatismus ergibt ein merkwürdiges Verhalten in der Bevölkerung.



    Hinzu kommt die waffenstrotzende Supermacht - uns kann keiner was!

    Die Gefängnisse sind voll mit Menschen, die ihre Interessen mit Hilfe von Waffen durchsetzen wollten.



    So langsam sollten auch die Republikaner kapieren, dass diese Haltung nur zur Katastrophe führen kann. Eine Dumpfbacke wie Senator Ted Cruz, "ein entschiedener Verteidiger des in der amerikanischen Verfassung garantierten Rechts auf Waffenbesitzes" (Wikipedia) ist offenbar im System in der Lage einen Senatorposten einzunehmen.

    • @cuba libre:

      Wyatt Earp. Gutes Beispiel.



      de.m.wikipedia.org...ei_am_O._K._Corral



      Dort mal lesen unter widersprüchliche Berichte. Kann gut sein dass Earp ein Mörder war. Der Film basiert einzig auf seiner Darstellung, die er direkt in Hollywood hat einfließen lassen. Dann die Verehrung für irgendwelchen dreckigen Outlaws die als Söhne ihrer jeweiligen Heimatstädte verehrt werden. Das wirst schon ein besonderes Licht auf das sog. „Rechtsempfinden“.

  • @GYAKUSOU

    Das ist unsäglich naiv.

    Es fängt mit der falschen Annahme an, das Wahlsystem würde die Mehrheit repräsentieren (bei der Wahl 2016 hat tatsächlich Clinton knapp drei Millionen Stimmen mehr als Trump erhalten [1]).

    Weiter geht es damit, dass das Wahlverhalten (z.B. weniger Wahlurnen in sozial benachteiligten Gebieten) beeinflusst werden kann (und in den USA gerne und eklatant wird).

    Subtiler, aber schlimmer noch, die Propaganda (schauen Sie sich mal an, welche Spenden der NRA wo hingehen: die würden diese Ausgaben nicht tätigen, wenn sie nichts brächten).

    Schwachstellen auch unserer Demokratie. Also Augen auf und machen. Demokratie ist so viel mehr als gelegentlich zur Wahl zu gehen.

    Staubschutzanzug und Sekundenkleber gehören (leider!) auch manchmal dazu.

    • @tomás zerolo:

      Machen wir doch endlich eine Kampange für die Einführung des Verhältniswahlrechts in den USA.

    • @tomás zerolo:

      Leider wird bei der ganzen Debatte übersehen ,das das eigentliche Problem nicht einzelne Gesetze sind ,sondern eben das Gesellschaftschaftssystem der USA insgesamt Willkürliche Stichpunkte: Ellenbogenmentatlität,hohe individuelle Konkurrenz,ein mangelhaftes Sozial- und Bildungssystem,das die ärmeren Schichten massiv benachteiligt, gegenseitiger Rassismus- auch POC's können Rassisten sein, allgemeiner Materialismus,dazu aber auch religiöse Heuchelei,usw.



      Natürlich sind Schußwaffen in dem Mix problematisch,doch weder sind sie die Ursache,noch wird man sie da in absehbarer Zeit eliminieren können. Die (Schul)Massaker sind nur gelegentliche spektakuläre Vorfälle. Der Großteil der Schußwaffentoten (ca. zwei Drittel ) sind Suizide. Zum Rest gehören zahlreiche Straftaten die mit illegalen Waffen begangen wurden, d.h. legal durfte der Täter eh keine Schußwaffe besitzen. Da helfen dann auch keine zusätzlichen Gesetze.

    • @tomás zerolo:

      "Es fängt mit der falschen Annahme an, das Wahlsystem würde die Mehrheit repräsentieren (bei der Wahl 2016 hat tatsächlich Clinton knapp drei Millionen Stimmen mehr als Trump erhalten [1])."



      Diese Eigenart des Wahlmännersystems ist ja nun auch ein uralter Hut und wird meist von der Partei ,die dadurch Nachteile hat , öffentlich beklagt. Ist es zum Vorteil,sagt man natürlich nichts. Und deswegen ändert sich auch nichts daran.



      Siehe kurier.at/politik/...ritten/227.029.034

  • In einem Land, in dem es mehr Waffen als Einwohner (102 Waffen pro 100 Einwohner) gibt, glaube ich nicht dass eine Mehrheit gegen den Besitz einer Waffe ist. die Umfrage hieß ja auch "für strengere Waffengesetze", doch was soll das heißen, nur 1 Halbautomatik pro Person?

    • @Rudi Hamm:

      60% besitzen keine Waffe. D.h., bei den restlichen US-Amerikaner:innen gibt es viele, die ganze Arsenale zu Hause haben. Nicht alle Menschen über einen Kamm scheren, auch in den USA gibt es nicht wenige Menschen mit Grips.

      • @resto:

        In Summe stimmt ihre Aussage, doch unter den weißen Amerikanern besitzt die Mehrheit der Haushalte eine Waffe.

        • @Rudi Hamm:

          Stimmt eben nicht. "Lediglich" 50% der weißen Männer besitzen Waffen, bei den weißen Frauen sind es weniger. Ergo ist es eine Minderheit der Haushalte, die Waffen besitzt.

  • tja voll die super tolle demokratie in den vereinigten emiraten ... its a banana republic!

  • Lobby, ja schon. Aber das Problem liegt wohl etwas tiefer.

    Zunächst mal die Politiker, die die Wünsche der Waffen-Lobby erfüllen und dafür bezahlt werden.

    Dann ihre Wähler, die pro-gun sind und dann der Mythos Waffe in den USA, vor allem auf dem Land vor allem unter weissen Männern.

    Wenn du fast nix mehr hast, meine geliebte halbautomatische Waffe kann mir keiner nehmen.

    • @Gegenklang:

      Aber doch sehr viel häufiger als solche Massaker gibt es die täglichen/nächtlichen Schießereien in großen Städten, wie Chicago, Minneapolis, Philadelphia, New York. Dort trifft es auch "unschuldige" Kinder und Erwachsene. Dieses Thema scheint allerdings ein eißes Eisen zu sein.

  • "Dass die US-amerikanische Politik nicht in der Lage ist, rationale Resultate im Sinne der Mehrheit zu produzieren, frustriert jene, die sich innerhalb der USA dafür einsetzen, und schwächt das Ansehen demokratischer Systeme weltweit."



    Sehr richtig. Representative Demokratien sollten von Personen im Parlament vertreten werden, die den Willen der Wähler umsetzen - und grundsätzlich ihrem Amtseid entsprechend zum Wohle der Gesellschaft handeln. Hier wie dort. Und hier wie dort passiert das nicht. Schon gar nicht, wenn es um den Klimawandel geht. Wieviel Nebeneinkommen verschaffen die großen Energieerzeuger deutschen Politikern? Bei Rezo gab es da vor der letzten Wahl so eine böse und gut belegte Aufstellung - Natürlich alles mit dem deutschen Gesetz vereinbar und überhaupt nicht korrupt!



    So ähnlich wird das wohl auch in den USA aussehen, ob nun bei Klimawandel oder Waffenkontrolle...

  • Wenn das Thema den Amerikanern so wichtig ist und es tatsächlich eine große Mehrheit für schärfere Waffengesetze gibt, sollten die Wählern den Demokraten einfach eine deutliche Mehrheit auch im Repräsentantenhauses bescheren. Ich bezweifle, dass es so kommt.

    • @gyakusou:

      Wenn es so einfach wäre...

  • 6G
    655170 (Profil gelöscht)

    Beto O’Rourke, Herausorder des amtieren texanischen Govenors Greg Abott bei der nächsten Wahl, konfrontierte den öffentlich mit seiner Verantwortung und seiner Sympathie für das kranke Waffenrecht in Texas: “Governor Abbott, ... The time to stop this was after Sante Fe High School. The time to stop this was after El Paso. The time to stop the next shooting is right now and you are doing nothing."

    Uvaldes Bürgermeister Don McLaughlin’s nannte O'Rourke daraufhin: "I can’t believe you’re a sick son of a bitch that would come to a deal like this to make a political issue.”

    Nun, ich will die Beleidung dieses unsäglichen Typen nicht widerholen - aber wer und was da krank ist, das ist ja wohl offensichtlich:



    Es sind die republikanischen Steigbügelhalter der Waffenlobby.

    Es sind im konkreten Fall jene republikanischen Texaner mit ihren lächerlichen Monsterhüten, die jetzt wieder grölen: Es sind nicht die Waffen, sondern diejenigen, die damit schießen.



    Noch dümmer daherreden ist schlicht unmöglich.

    Und es ist richtig, was O'Rourke sagt: Jeder, die die kranken Waffengesetze aus dem amerikanischen Post-Mittelalter immer noch verteidigt, ist für jeden Toten mitverantwortlich.



    Und deren Namen als Mitverantwortliche stehen imaginär auf jedem Grabstein.

  • Von der Vorstellung die USA währen ein demokratisches Land sollte man sich langsam verabschieden.