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Altkanzler Schröder hält zu PutinIch, ich, ich

Bisher hält der ehemalige Kanzler Gerhard Schröder schweigend zu Putin. Dieser Starrsinn hat auch mit seiner Aufsteigerbiografie zu tun.

Er bleibt an der Seite Putins – die Meinung anderer scheint ihn nicht zu kümmern Foto: Rafael Heygster/Agentur Focus

Die Ampel hat einen „Maßgabenbeschluss“ auf den Weg gebracht. Gerhard Schröder komme seinen Amtsverpflichtungen nicht nach. Daher werden Büro und Mitarbeiter des Altkanzlers „ruhend gestellt“. Das Büro existiert allerdings de facto nicht mehr. Die Mitarbeiter haben wegen der Verstocktheit ihres Ex-Chefs schon vor Wochen gekündigt. Eine Heldentat ist dieser „Maßgabenbeschluss“ aber nicht.

Er ist eher ein Ausdruck des Bedürfnisses der SPD, ein Zeichen zu setzen: Man möchte mit Schröder, dessen Kanäle nach Moskau vor drei Monaten noch viele Sozialdemokraten schätzten, nichts zu tun haben. Schröder allerdings dürfte die Aufgabe seiner Mitgliedschaft bei dem Zweitligisten Hannover 96 tiefer getroffen haben als dieser Beschluss. Es kann allerdings auch sein, dass er mittlerweile, was Gefühle betrifft, in dem zwiespältigen Stadium völliger Schmerzfreiheit angelangt ist.

Schröder hält ungerührt und starrsinnig an seinen Jobs in russischen Staatskonzernen fest. Er paktiert mit Putin und bleibt (fürstlich bezahlt) Teil in dessen Machtapparat. Weder der Angriffskrieg in der Ukraine noch die nackte Diktatur, die in Russland herrscht, kümmert ihn. Das unmoralisch zu nennen, ist untertrieben. Aber ist Moral mehr als Gesetz? Helmut Kohl ignorierte als Altkanzler frech die Frage, woher die Million Spenden stammten, die er illegal zum Ausbau seiner Macht in der Union benutzt hatte. Büro und Mitarbeiter behielt er.

Es gibt ein merkwürdiges Rätsel bei Schröder und Putin. Die Frage nach dem Warum. Ihr Verhalten widerspricht nicht nur jedem rudimentären Verständnis von Moral, sie stellt auch unsere Vorstellungen von zweckmäßigem, eigennützigem Verhalten auf den Kopf. Putin entfesselt einen Angriffskrieg, den er selbst bei militärischen Geländegewinnen politisch und ökonomisch verlieren wird. Schröder, der sich keinen Millimeter von Putin distanziert, macht sich damit selbst zu einer Art sozialem Leprakranken.

Warum ruiniert er seinen Ruf?

Man mag an Erich Honecker nach dem Mauerfall denken. Auf beide schaut man mit einer Mischung aus Abscheu, Ratlosigkeit und jenem Mitleid, das wir für Figuren übrig haben, die hoffnungslos aus der Zeit gefallen sind. Und es noch nicht mal merken. Die Vorstellung, wie kurz die Gästeliste bei Schröders Beerdigung sein wird, hat etwas Beklemmendes.

Warum hält Schröder so altersstarrsinnig an der Männerfreundschaft mit dem Diktator fest? Warum ruiniert er seinen Ruf, vertreibt seine letzten Freunde? Vielleicht klingt in der Weigerung nachzugeben das Drama des sozialen Aufsteigers nach. Schröder hat sich aus subproletarischen Verhältnissen nach ganz oben gearbeitet, um als Kanzler im edlen Mantel zu posieren. Das war jene „Ich-habe-es-geschafft“-Geste, die Bildungsbürger peinlich finden. Sie sollte Zugehörigkeit anzeigen und demonstrierte dabei das Gegenteil.

Die lässige Selbstverständlichkeit im Umgang mit Stil, Macht und Geld, die dem Großbürgertum in die Wiege gelegt ist, steht dem Aufsteiger nicht zur Verfügung. Sie lässt sich aber auch nicht kaufen. Der Aufsteiger ist oft eine prekäre Figur. Die Agendapolitik war vielleicht auch eine symbolische Abgrenzung von dem Unten, aus dem er selbst einmal kam. Auch auf die SPD schaut Schröder vom Gipfel seines sozialen Aufstiegs mit einer kaum verhüllten Arroganz herab. 2017 beim Parteitag in Dortmund bekundete er, das Wahlprogramm nicht gelesen zu haben, obwohl es doch genau darum ging. „Ich habe es euch nicht immer leicht gemacht, aber ganz leise sage ich: ihr mir auch nicht.“ Das war sehr viel Ich für jemand, der seit zwölf Jahren kein Politiker mehr war.

Dass er sich nur ein paar Tage, nachdem er den Job des Kanzlers los war, als Putins Lobbyist verdingte, passte da ins Bild. Schröder gab den Rüpel mit Geld, den die Meinung der anderen so wenig interessiert wie das Koordinatensystem bürgerlicher Moral oder die Empfindlichkeiten der SPD.

Bei Kohl war die Weigerung, die Wahrheit zu sagen, Ausdruck der Hybris der Macht. Er, der Kanzler der Einheit, glaubte zu dürfen, was andere nicht dürfen. Schröders Verstocktheit hat allerdings eine andere Textur. Er glaubt das Recht zu haben, ein Egoist zu sein. Hier spricht – oder genauer hier schweigt – das gepanzerte Ich des Aufsteigers, der es ganz alleine nach ganz oben geschafft hat. Er glaubt absolut niemand etwas zu schulden. Schon gar keine Erklärungen.

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85 Kommentare

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  • Wenn er aus der SPD fliegt, kann er ja bein den Linken eintreten. Die würden ihn mit offenen Armen empfangen.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Viel Gas, viel Has(s), viel Freud:



    @ROHM DIETMAR: „in Russland tut dies Schröder um die Hasspeicher im Sommer noch voll zu bekommen“ Fehlt da nicht ein „s“ in Hasspeicher?



    taz.de/Altkanzler-...bb_message_4326088

  • "Dieser Starrsinn hat auch mit seiner Aufsteigerbiografie zu tun."



    Das ist ja eine sehr steile These, verbunden mit etwas Küchenpsychologie. Und dieses Gefasel von "ganz unten" und "subproletarisch"- wie arrogant.



    Wieso Gerhard Schröder an seiner Freundschaft mit Putin festhält, ist doch nicht wirklich so relevant, dass man sich derzeit so sehr darüber den Kopf zerbrechen muss. Der Bundestag streicht ihm nun eben die (freiwillige) Finanzierung seines Büros, da er offenbar keine Amtspflichten mehr ausübt. Ist doch in Ordnung. Er behält sein gesetzlich geregeltes Ruhegehalt und das ist korrekt.



    Und seine persönliche Einschätzung zu Putin darf er ebenfalls behalten. Geben wir doch dem alten Mann nicht mehr Bedeutung, als er hat.

    • @Felis:

      "Er behält sein gesetzlich geregeltes Ruhegehalt und das ist korrekt."

      Wenn man bedenkt, wieviele Rentner vom Fiskus geschröpft werden, sobald sie mehr als einen Minijob ausüben müssen, weil die Rente vorne und hinten nicht reicht, dann ist das nicht korrekt, dass Alt-Bundeskanzler jährlich für Nichts Hunderttausende an Steuergelder reingeblasen bekommen und nebenbei in der Wirtschaft absahnen. Ob ihm sein "Nebenverdienst" bei Putin mit der Staatsrente verrechnet wird, wage ich zu bezweifeln.

  • >Die Vorstellung, wie kurz die Gästeliste bei Schröders Beerdigung sein wird, hat etwas Beklemmendes.

    Da meint aber einer, die Zukunft vorhersagen zu können. Und Schöder ist immerhin Jahrgang 1944, der macht es noch ein bisschen. Wer weiß, ob es dann, wenn er mal beerdigt wird, noch die Grünen gibt oder zumindest jemanden, der sie für eine pazifistische Partei hält

  • Danke Herr Reinecke, treffender wurde über diese Sache meiner Meinung nach bisher nicht berichtet.



    Die Doppelmoral der CDU, nicht nur beim Thema Kohl. Ich erinnere hier einmal an Ronald Pofalla der als Schröder zu Gazprom wechselte, mit beleidigter Knödelstimme feststellte:



    „Die Menschen müssen den Eindruck haben, dass es Gerhard Schröder nicht um Gas geht, sondern ausschließlich um Kohle.“



    Um dann Jahre später, aus der CDU Zentrale in den Aufsichtsrat der Bahn zu wechseln. Daher wohl der Nachname, sein Po fiel aus dem Parteisessel in den Vorstandssessel.



    Nur eines ist mir ein Rätsel. Seit mehr als 16 Jahren hat Schröder kein politisches Amt mehr inne. Weder in seiner Partei, nur in irgendeiner Regierung.



    Warum ist seine Meinung noch so bedeutend? Wenn heute meine Ausbilderin von vor 16 Jahren vor mir stünde und ein Werbeschild des örtlichen Gaswerks schwenken würde, es ginge mir am Arsch vorbei.



    Der Mann ist politischer Rentner, seine Meinung könnte mir nicht ferner sein.



    Was der Bundestag sich eher auf die Fahnen schreibe müsste, als ein Lex Schröder:



    Ein Lobbyregister,



    ein Arbeitsverbot für Abgeordnete neben der Tätigkeit im Parlament(warum dürfen Abgeordnete in Aufsichtsräten hocken, die sollen uns vertreten!),



    eine Sperrzeit die verhindert, dass Politiker direkt nach ihrer politischen Tätigkeit in die Wirtschaft wechseln (Was bei leitenden Angestellten und Managern im abgewandelter Form Gang und Gebe in den Arbeitsverträgen in ist. Keine Firma will, dass wichtige Angestellte Interna oder Firmengeheimnisse mit zur Konkurrenz nehmen)



    Und da sehe ich nicht nur Schröder an, mein Blick liegt auch auf Christian Wulff und Roland Koch.

  • Geldgier spielt sicher eine Rolle, die "Aufsteiger-Theorie" finde ich wenig überzeugend. Nach meiner Küchen-psychologie gibt es einen viel simpleren Grund: Trotz. Schröder hat nicht mehr viel zu verlieren, sein Ruf wäre auch dahin, wenn er jetzt eilfertig eine Riesen-Kehrtwende al la Schwesig hinlegen würde. Geld hat er genug. Aber wenn er jetzt einknicken würde, käme das ja einem Schuld- oder zumindest Fehlerbekenntns gleich. Dazu ist sein Ego zu geschwollen.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Adel wäre schön. - In den Gemütern.

    • @95820 (Profil gelöscht):

      "Schröder ist korrupt, also erpressbar."



      NANaNA!



      Der war mal ne Große Nummer der westlichen Wertegesellschaft. Wo nur hat er sich dieses korrupt sein weggeholt? Widerspiegelung seiner Herkunft?

      • 9G
        95820 (Profil gelöscht)
        @Lästige Latte:

        ???

        • @95820 (Profil gelöscht):

          falsch gelaufen ist für @Barbara Falk

      • @Lästige Latte:

        Diese Antwort ist ist hier an falscher Stelle gelandet

    • @95820 (Profil gelöscht):

      "Ach nur im Feenland der Lieder.."

  • Ach, der Schröder. Ignoranter Charakter-Dinosaurier. Heldentum, entstanden in einem isolierten individuellen Seelenkosmos für eine peinlich dumme Sache. Die Energie, mit der er es nach ‚ganz oben‘ schaffte, hat ihren Kultivierungszeitpunkt verpasst (banal sinnbildlich: sein trotzig übertriebenes Verhältnis zur Currywurst). Lebenslang testosteronverdächtige Gesten. Da sind so viele Ähnlichkeiten mit Putin ...



    Diese Selbsteinkesselung passiert immer wieder, täglich. Vergeudete Charakterstärke. Siehe Die Linke, der die Treue zur Ideologie wichtiger ist, als zur Realität. Siehe Grünen-Anhänger:innen, die partout ihre enge Naturschutz-Religion nicht aufzugeben vermögen (immerhin für eine gute Sache). ‚Nibelungentreue‘ zu ‚Freunden‘ bei Kohl. Pervertierung des Liberalismus bei der FDP. Anbetung der Disruption bei der AfD. Feminist:innen, die Ideen mit Wahrheiten verwechseln.



    Es braucht mehr Politiker:innen, die nicht psychotherapiebedürftig sind. Das Gute für mich: einige gibt es imho bereits. Sogar in hohen Ämtern.

  • "Es gibt ein merkwürdiges Rätsel bei Schröder und Putin. Die Frage nach dem Warum."

    So kompliziert ist die Frage doch nicht. Schröder ist korrupt, also erpressbar. Und deshalb ist sein aktuelles Verhalten absolut nachvollziehbar und "zweckmäßig und eigennützig", er möchte nicht, dass es auffliegt.



    Ich hatte das schon mal an anderer Stelle geschrieben: Allein für das, was Schröder, öffentlich bekannt, als Aufsichtsratsvorsitzender bei Rosneft Jahr um Jahr durchwinkt, indem er die Konzernführung entlastet, wird ihm, sobald in Russland normale Verhältnisse eingekehrt sind, ein Strafverfahren in Russland einbringen, mindestens wegen Beihilfe zur Untreue.

    • @Barbara Falk:

      "Schröder ist korrupt, also erpressbar."

      NANaNA!

      Der war mal ne Große Nummer der westlichen Wertegesellschaft. Wo nur hat er sich dieses korrupt sein weggeholt? Widerspiegelung seiner Herkunft?

    • @Barbara Falk:

      Genau. Und wenn er seine Posten bei Gazprom und Rosneft in den kommenden Tagen nicht niederlegt, landet wer u.U. auf der EU-Sanktionsliste. Ich hoffe ja auch sehr, dass sich ein paar ausgeschlafene Juristen finden, die seine Verantwortung für die BND-Aktivitäten im zweiten Tschetschenienkrieg zur Anzeige bringen. Das wird dann kein Verfahren in Moskau wegen Beihilfe zur Untreue bei Rosneft. Das wird ein Verfahren in Den Haag wegen Beihilfe zum Genozid in Tschetschenien. Ich wünsche dem Schröder jedenfalls ein langes Leben, so dass er all das noch erleben wird.

  • "Wir müssen und wir haben unseren Arbeitsmarkt liberalisiert. Wir haben einen der besten Niedriglohnsektoren aufgebaut, den es in Europa gibt." sagte Gerhard Schröder 2005 vor dem World Economic Forum in Davos. Und zum Dank für Niedriglöhne und der Senkung des Spitzensteuersatzes für Reiche, bezahlt ihm der kleine naive Steuerzahler jetzt sein Büro in Berlin. "Trotz seiner Jobs in der russischen Energiewirtschaft hat Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) im vergangenen Jahr 407.000 Euro aus der Staatskasse für sein Büro in Berlin erhalten", schreibt das 'Handelsblatt'.

    Zuerst hat Schröder den Sozialabbau in Deutschland massiv betrieben (Hartz IV, Rentnerarmut, Kinderarmut, Niedriglohnsektor, etc.) und dann ist er nach Russland gegangen, um dort der "oberste Gasableser" zu werden und politische Türen für Putin zu öffnen. Für Putin ist Schröder zwar nur eine Figur auf dem Schachbrett, aber diese Figur spielt Schröder anscheinend sehr gerne; besonders für das Gehalt was er von Putin bekommt.

    Und trotzdem traut die SPD sich immer noch nicht, sich von dem 'putintreuen' Gerhard Schröder zu trennen. Ein Mann der auf der Gehaltsliste eines Staates steht, der gerade einen gnadenlosen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt, in dem auch ukrainische Frauen und Kinder sterben. Das ist mehr als erbärmlich für die SPD.

    • @Ricky-13:

      Wegen Rentnerarmut, Kinderarmut, HartzIV, Niedriglohnsektor, Kurzarbeitergeld ist Deutschland halt so attraktiv für Geflüchtete. Sie haben recht man sollte alle diese Armut abschaffen.

  • Der Begriff "subproletarische Verhältnisse" ist abwertend und suggeriert eine Eindeutigkeit, die nicht besteht. Der Begriff des Proletariats ist eine Erfindung des Bürgertums und übertrug die alte Herrenvorstellung des faulen Knechts auf den Begriff Proletariers, der ab 1830 den Begriff des Pöbels ersetzte und der seine negative Konnotation aufgrund der Vorbehalte des Bürgertums nie ablegen konnte. (Michael Schwartz)

    Historisch gesehen nutzte die SPD diesen Begriff als soziales Abgrenzungsmerkmal gegen das Lumpenproletariat ganz unten, der sogar sozialdarwinistische Vorstellungen einschloss.



    Womit wir bei der These Reineckes wären, Schröder wolle um jeden Preis nach oben hinauf. Demnach könnten die auch innerhalb der SPD ehemals existierenden scharfen Abgrenzungs-mechanismen gegen die ganz unten auf Schröder stark gewirkt haben, die er zugleich durch Bildung und Beruf überwinden wollte. Schröder, der sich als Proletarier aus Tale in Westfalen bezeichnete und trotzdem mit Hartz politisch gegen die ganz unten wütete.



    Schröder der nachkriegsmagere Junge in der Welt der bolzenden Bauernjungen, ein Außenseiter, der ein starkes Mitgefühl für seine schwer schuftende Mutter hatte. In seinem Versprechen, sie später im Mercedes abzuholen ist die ganze Wut auf die Marginalisierung der "untersten Schicht" dieser Gesellschaft zu spüren. Schröder, der seinen Pastor hasste, weil für ihn als Jungen von ganz unten die Kirche nichts übrighatte. Insofern ist Schröder ein höchst ambivalenter Mensch, mit dem sich Reinecke auch nicht beschäftigen würde, wenn da nicht ein Kern wäre, dem selbst Schröders Gegner zuneigen, dem zugwandten Menschenfänger, der sein Leben und die damit zusammenhängenden emotionalen Abwertungen offenlegte. Trotz seiner fatalen Zuneigung zu Putin ist das ein starkes Pfund, das ihn fundamental von Olaf Scholz unterscheidet, der emotional gesehen ein komplettes Rätsel ist.



    Schröder sollte Putin abschwören und für die ganz unten stiften.

    • @Lindenberg:

      ' ... Schröder der nachkriegsmagere Junge in der Welt der bolzenden Bauernjungen, ein Außenseiter, der ein starkes Mitgefühl für seine schwer schuftende Mutter hatte. .....'



      Er war nicht der einzige mit so einer schmonzettenwürdigen Biographie. Irgendwann ist man für das, was man tut, voll verantwortlich. Egal, welche Kindheitsgeschichte man sich und anderen auftischen kann.

      'Jeder Mensch erfindet sich früher oder später eine Geschichte, die er für sein Leben hält, oder ein ganze Reihe von Geschichten.' (Max Frisch)

    • @Lindenberg:

      Wer HartzIV bekommt ist nicht ganz unten. Er bekommt Unterstützung von der arbeitenden Gesellschaft um eine missliche, temporäre Situation zu überwinden. Man kann das auch Solidarität nennen. Man stellt sich gerne als HartzIV- Opfer hin um den Makel der Arbeitslosigkeit der Politik und der Gesellschaft oder den Politikern zuzuschieben, ist aber, von Ausnahmen abgesehen, nicht bereit in der misslichen Situation mit viel Zeit, die Gesellschaft ehrenamtlich zu unterstützen. Abgesehen vom BGE, was wäre denn die Alternativ? Auswandern in Staaten mit einem besseren System? Nur welche?

      • @Pepi:

        "Wer HartzIV bekommt ist nicht ganz unten."



        Das stimmt natürlich schon.Der Obdachlosenzeitungenverkäufer neulich in der S-Bahn war auch ganz happy das er seine Lebensverhältnisse soweit geordnet hat ,das er demnächst "Stütze" bekommen kann. Und auch unter Obdachlosen gibt es unterschiedliche Schweregrade der Bedürftigkeit....

        " Er bekommt Unterstützung von der arbeitenden Gesellschaft um eine missliche, temporäre Situation zu überwinden."



        Das ist die Theorie. Die Praxis sieht da etwas anders aus. Natürlich ist es nicht zu unterschätzen das man nicht hungern,nicht von Obdachlosigkeit betroffen ist ,usw. Allerdings habe ich darüber hinaus kein Maßnahme des Arbeitsamtes /Jobcenter erlebt,die mir geholfen hätte ,die missliche, temporäre Situation zu überwinden. Bewerbungstraining,Jobcoaching ,Kompetenztraining,... völlig sinnlos sin diese ganzen maßnahmen ja nicht. Sie schaffen schon Arbeitsplätze:Ein ganzer Dienstleistungsindustriezweig existiert nur wegen HartzIV. Leider hat die eigentliche Klientel davon so gut wie gar nichts...

        • @Mustardmaster:

          Wer Ihnen nicht glaubt, dem sei die Doku "Die Hartz-Maschine" empfohlen, die nicht von der taz, sondern vom ÖR stammt ...

          programm.ard.de/TV...id_281067024123058



          (vielleicht wird man bei YT noch fündig),

          wobei ich die Rechtsanwälte nicht so verteufeln würde, denn mehr als jeder zweite Prozeß geht zugunsten des beim Sozialgericht klagenden Hilfsempfängers aus, dazu kommen die Fälle, die eine außergerichtliche Erledigung erfahren, um die Statistik nicht noch übler ausschauen zu lassen.

          Eine in Zahlen ausdrückbare, tatsächliche Erfolgsgeschichte der Jobcenter, die eine Vermittlungsquote weit über eine Beschäftigungsdauer von sieben Tagen hinweg abbilden würde, wäre so jämmerlich schlecht, daß man sich ohne diese Doku fragen müßte, weshalb der Laden noch finanziert wird - nicht von der Industrie, vom Steuerzahler, wohlgemerkt ...

    • @Lindenberg:

      Ein tiefsinniger Beitrag, aber genau das hier:

      "Schröder sollte Putin abschwören und für die ganz unten stiften."

      ...will der "Altkanzler a. D." eben absehbar ums Verrecken nicht tun, und WARUM er das nicht tun wird, war der Gegenstand des Artikels.

      • @Normalo:

        Es macht Sinn zu versuchen, Schröder aus seinen Widersprüchen heraus zu verstehen, auch wenn er alle Brücken abgebrochen hat.



        Warum? Vielleicht, weil einem Schröder als ehemaliger Kanzler trotz seiner katastrophalen Arbeitsmarktpolitik nicht ganz egal ist, weil er ein Stück der Geschichte der SPD ist, die sich zwar immer für soziale Gerechtigkeit engagierte, aber als Kind ihrer Zeit bis in die Weimarer Republik hinein für das Lumpenproletariat nicht viel übrighatte, sich sogar davon stark abgrenzte. Diese gesellschaftlich stark wirkende Einstellung, plus des Sozialdarwinismus und Hass auf alles Minderwertige der Nazis, wirkte stark bis in Schröders Jugendjahre hinein. Der Schlüssel für Schröders unmoralisches Verhalten gegenüber der Ukraine könnte in den tiefen emotionalen Ungerechtigkeitserfahrungen Schröders liegen, die er überkompensierte, indem er das Ich, Ich, Ich zu seinem alleinigen Maßstab machte.



        Ich halte Schröder als gläubigen Christen für klug genug, dass zu durchschauen und seinen Frieden mit seinem inneren Dämon zu machen, indem er Putin abschwört und für die ganz unten (nicht abwertend gemeint) eine Stiftung gründet.



        Wer würde ihm nicht verzeihen, denn Schröder - und das macht ihn so sympathisch - ist trotz aller Machoallüren eigentlich ein herzlicher den Menschen zugewandter Mensch. Das genaue Gegenteil zur Politikmaschine Scholz, der sein Innerstes im Gegensatz zu Schröder (Familie, Herkunft, emotionales Leid als Jugendlicher, Kriegsschicksaal des Vaters) niemals öffentlich machen würde, als ob er etwas zu verbergen hätte.

        • @Lindenberg:

          "Wer würde ihm nicht verzeihen,..."

          Jeder, der egozentrische Extrovertierheit nicht mit Charakterstärke verwechselt. Den mit ersterer haben wir es bei Schröder recht unmissverständlich zu tun.

          Ich bin kein Freund jener Denkschule, die versucht, den Täter zum Opfer (der Gesellschaft, seiner Zeit, irgendwelcher Taten gegen ihn etc.) zu verklären. Am Ende kann ich von einem Menschen, der seinerseits beansprucht, als zurechnungsfähig und Träger eines freien Willens respektiert zu werden, auch erwarten, dass er - vereinfacht ausgedrückt - Gut und Böse nicht so eklatant verwechselt.

          Schröder ist darüber hinaus - aufgrund durchaus bewundernswerter Hartnäckigkeit - studierter Jurist und sollte es verdammt nochmal draufhaben, einen lupenreinen Antidemokraten und Verbrecher als solchen zu erkennen, auch wenn er als Pate seiner Adoptivkinder vor ihm steht. Er wäre Putin ein besserer Freund, wenn er NICHTS - einschließlich der Gefährdung seiner Freundschaft und seiner lukrativen Jobs - unversucht ließe, um ihm die fatale Fehlgeleitetheit seiner Politik beizubringen.

  • ....Auf beide schaut man mit einer Mischung aus Abscheu, Ratlosigkeit und jenem Mitleid, das wir für Figuren übrig haben, die hoffnungslos aus der Zeit gefallen sind. Und es noch nicht mal merken. ..



    Das trifft es eigentlich.



    Bei den Honeckers fällt mir manchmal das rumänische Ehepaar ein. Dann verwerfe ich den Gedanken wieder.(wegen Pastor Uwe Holmer)



    Bei den Schröders würde ich das Haus(Wohnung) in Hannover für Ukrainereisende(Frauen und Kinder) zur Verfügung stellen.



    Mit Doris Schröder-Köpf läßt sich bestimmt ein medienwirksames Arrangement finden.



    So-yeon Schröder-Kim kann selbstverständlich nach dem Gebet an der Essensverteilung für die Frauen und Kinder beteiligt werden.

  • Aha,



    mehr Verachtung für Aufsteiger geht nicht. Dieser Kommentar neigt dazu, Menschen als asozial hinzustellen, die nicht als Millionäre geboren wurden, die wiederum sich so zu keinem Zeitpunkt ihrere Existenz Gedanken um Arbeit oder Geld machen mussten.



    Ein mieser Charakter ist ein mieser Charakter, gleich welcher sozialen Herkunft: die Sachsens, die von und zu Guttenbergs.etc. p. p.



    Eine politische Einordnung des G. Sch. wäre eines Kommentars wert. Das war keiner.

    • @oldleft:

      So ist es. Im Norden gibt´s den alten Spruch "Wenn (ut) Schiet wat ward...". Der Artikel sagt dasselbe, nur mit mehr Wörtern und etwas "feiner" ausgedrückt.

      • @Budzylein:

        Korrekt im Norden & btw - der S.R. Text - ein ungenießbarer Brei an hohlem Ego-Echo - weist derart viele 🕳🕳🕳🕳 intellüll auf - daß mir mein Text - wohl weil er keine Steine zum Queren des Morastes - vor Schreck drin abgestürzt ist - a 🥱 - lohnt in echt nicht. Zu faul.



        & VOR ALLEM - DREIST GEKLAUT - WA!



        “ICH, ICH, ICH“ © Robert Gernhardt - Roman - wär mir vxxl-fach lieber gewesen.Gellewelle&Wollnichwoll •

        kurz - “Voll in die Hüse! - Hüse? - Hose!“



        © Robert Gernhardt - 🙀🥳 -

      • @Budzylein:

        Ja, quasi angeborenes "Kaschmir-nicht tragen-Können". Was fürn Quatsch. Gefährlich.

  • Helmut Kohl



    3 Jahre Kirch 1,8 Mio DM (€0,9 Mio.)



    2 Jahre Credit Suisse DM/€?



    Das war auch kein Ruhmesblad.



    Schröder hat Mio. von Putin bekommen.



    Erich Honnecker war pleite und saß zeitweilig im gleichen Gefängnis wie zur NS-Diktatur. Geld erhielt er von Arafat bzw. den Palästinensern. Sicherlich hat Erich Honnecker auch falsche Entscheidungen getroffen und zu verantworten gehabt. Für mich ist Schröder aber einsame Spitze: Es leben seit Jahren 1,5 Mio. Kinder und Jugendliche unter Hartz-IV-Bedingungen, werden gezielt für ihre Eltern oder Elternteile verarmt. Dass er parallel ein Leben in Luxus und Überfluss führt, mit dubiosen Politikern und Vladimir Putin verbunden ist. Es passt ins Bild.



    Insofern sehe ich noch einen ziemlichen Unterschied zwischen Kohl, Honnecker und Schröder.

    Aber selbst Helmut Schmidt war Herausgeber der Zeit und immer Mitglied der SPD. Auch das ist nicht gerade superkorrekt. Ich hoffe, Angela Merkel schafft es ohne Extra-Jobs und mit dieser fürstlichen Rente auszukommen.

    Übrigens fällt Kohls Zeit durchaus in die Phase, wo Steuersünder in der Schweiz auf der Prioritätenliste der Finanzämter standen.

  • Schröder ist ein Machtmensch: eine notwendige Voraussetzung für das Geschäft in den oberen Etagen der Politik und Wirtschaft. Er ist/war Genosse der Bosse, was seiner historisch aufstiegsorientierten SPD in vieler Hinsicht gefiel und den schäbigen Deal Hartz 4 erst möglich machte. Und vor allem ist Schröder von selbstverständlich dröhnender Männlichkeit mit patriarchalem Verhalten (Frauen: „Gedöns“) und mit entsprechend zierlichen Partnerinnen an seiner Seite, die ihm nicht die Show stehlen. Alles das passt zur fatalen Freundschaft mit dem russischem Diktator, erklärt aber absolut nicht, wieso Schröder diese Freundschaft trotz der gezielten Brutalität des Kriegsgeschehens nicht infrage stellt.



    Das Private ist politisch: Schröder hatte mit seiner vorletzten Frau zwei russische Kinder adoptiert; Putin ist, wie z lesen war, ihr Pate. Zu Schöders demonstriertem männlichem Ehrenkodex gehört, komme was wolle, das gegebene Wort zu halten, natürlich besonders, wenn es fürstlich belohnt wird und weitere gute Geschäfte verspricht.

  • Welche "Amtsverpflichtung" hat ein Ex-Kanzler?

  • Nunja, so wie Schröder dem Putin beisteht, stehen viele andere hier in Deutschland anderen Kriegsverbrechern zur Seite. Nur weil so mancher das Morden der einen nicht so schlimm findet, wie das Morden der anderen, muss man sich nicht an Schröder festbeißen. Schließlich könnte er ja dann, wenn die Kriegstreiber hier und dort eskalieren, den Vermittler machen und den Atomkrieg abwenden, den hier so viele anscheinend sich herbeiwünschen.

  • "Warum hält Schröder so altersstarrsinnig an der Männerfreundschaft mit dem Diktator fest? " Die Leute sind so in der Branche, in der Schröder arbeitet.



    Der demokratische US-Kongressabgeordnete Tom Lantos hat dem früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) "politische Prostitution" vorgeworfen. www.tagesspiegel.d...on-vor/869586.html

  • Aufsteiger sind per se lächerliche Gestalten, die sich bei den wertvollen "Bildungsbürgern" nur blamieren. Soll das "Subproletariat" doch bitteschön bleiben, wo es hingehört.



    Was für ein Dünkel des Autors, den ich gar nicht in den hohen Sphären des "lässigen Grossbürgertums" vermutet hätte. Das hat es doch hoffentlich nicht nötig, Kommentare für die taz zu schreiben?

  • Ich erinnere gerne ein weiteres Mal an den Unterschied zwischen (gefühlter) Moral und Gesetz; weder Schröders Tätigkeit für russische Unternehmen, noch seine privaten Kontakte nach Russland verstossen gegen irgendein Gesetz. Zu mehr als zu Gesetzestreue ist aber niemand verpflichtet. In diesem Sinne kann ich Reinecke nur antworten: Schröder schuldet tatsächlich niemand etwas. Nun wäre mir diese ganze Debatte egal, wenn es nur um Schröder gehe. Aber hier wird ein Exempel statuiert: der gegenwärtige politisch-mediale Mainstream verlangt Unterwerfung. Das allerdings sehe ich eher als Zeichen politischer Verwahrlosung. Und ehrlich gesagt: die Mischung aus Doppelmoral und Manichäismus ist auch intellektuell schwach. Es gab Zeiten, in denen man klüger und kultivierter diskutiert hat.

    • @O.F.:

      Es gibt ein stillschweigendes, aber nicht minder reales, Gegenseitigkeitsverhältnis zu den Privilegien, die Deutschland seinen wichtigsten Amtsträgern auch über die Amtszeit hinaus gewährt: "Wir tragen Dich weiter auf Händen, und Du machst dem Amt dafür im Ruhestand keine Schande - und respektierst die Vorstellungen Deines Souveräns, was "keine Schande" ist."

      Kohl hat dagegen "nur" insoweit verstoßen, als er kanzler-unwürdiges Verhalten zu Zeiten seiner Amtsführung im nachhinein nicht aufarbeiten wollte. Verziehen wurde ihm das nie, auch wenn er seine Privilegien behalten durfte. Dass er, der promovierte Historiker, gleichermaßen als Bimbesgate-Kanzler wie als Kanzler der Einheit in die Geschichte eingeht, dürfte für ihn aber Strafe genug gewesen sein.

      Schröders Ehrgeiz war dagegen immer schon diesseitiger motiviert. Er wollte es nach oben schaffen, der Große Mann und als solcher respektiert werden. Geschichtsbücher interessieren ihn weniger. Daher ist der akute Respektsentzug in Form der "Entweihung" als Altkanzler eine probate Reaktion.

      • @Normalo:

        Es hilft nichts, neue Bedingungen zu erfinden, an denen diese Privilegien hängen sollen - es gibt bisher keine Einschränkungen. Nun kann man gerne darüber diskutieren, ob diese Privilegien zeitlich beschränkt werden sollten. Dass der Anlass dafür eine (rechtlich gar nicht mal einfache) Maßregelung eines Ex-Kanzlers ist, der von der politischen Mehrheitsmeinung abweicht, ist bedenklich. Man kann lange darüber diskutieren, wer Schande über ein Land bringt; mir persönlich ist jedenfalls nicht Schröder peinlich, sondern die gegenwärtige, unangenehme Mischung aus wilhelminischem Schulterschluss und Sofa-Bellizismus.

        • @O.F.:

          Wie gesagt, die Kriterien sind nicht neu, nur weil sie noch nie jemand so konkret aufgeschrieben hat:

          Ein Altkanzler erhält seine Privilegien aus einem Grund. Und der ist immer schon gewesen, dass er sich auch nach Abtritt immer noch als - zumindest ideeller - Repräsentant des Landes verstehen darf und soll.

          Dazu gehört auch die grundsätzliche Verpflichtung gegenüber den politischen Prinzipien dieses Landes. Diese Verpflichtung war und ist sicher nicht so scharf zu verstehen wie bei noch amtierenden Repräsentanten, aber es gibt sie - zumindest solange man das zugehörigen Prestige und die Privilegien in Anspruch nimmt (ich bin sicher, Schröder lässt sich immer noch wahnsinnig gern mit "Herr Bundeskanzler" anreden...).

          Man kann un dsollte daher einen kategorischen Unterschied machen zwischen "nicht der Mehrheitsmeinung/dem Weißbuch der Bundesregierung Folgen", was sicher verzeihlich ist, und "Alles konterkarieren, wofür die deutsche Verfassungsethik steht". Das muss der die Privilegien gewährende und das Prestige vermittelnde Staat NICHT mittragen.

          Offene, loyale Unterstützung eines antidemokratischen Diktators und Kriegsherrn in einem verbrecherisch geführten und das Völkerrecht mit Füßen tretenenden Angriffskrieg fällt ganz unbestreitbar unter letztere Kategorie: Unsere Verfassung wurde gezielt geschrieben, um Menschen davon abzuhalten, die Staatsgewalt so zu missbrauchen, wie Putin das tut. Wer dazu nicht ein gerüttelt Maß an Distanz wahrt, steht nicht mehr für Deutschland, und das darf Deutschland auch nach außen kenntlich machen.

          Denn um mehr als Symbolik geht es faktisch nicht: Schröders Büro ist schon lange verweist, weil niemand mehr für ihn arbeiten will.

          • @Normalo:

            Wie gesagt: diese Kriterien wurden niemals offfiziell festgelegt; ich bin bisher davon ausgegangen, dass in einem Rechtsstaat auf der Grundlage von Gesetzen entschieden wird - und das Bauchgefühl einer fanatisierten politischen Mehrheit (?) hat keine Gesetzeskraft. In einer Demokratie ist Dissens nicht strafbar.



            Zweitens - und auch das finde ich beängstigend - deuten Sie hier (auf der Grundlage einer fragwürdigen Vereinfachung) Ihre persönliche Meinung zu den "politischen Prinzipien" dieses Landes um. Wie gesagt: Erschreckend.



            Unsere Verfassung wurde übrigens geschrieben, um Freiheitsrechte zu schützen: und dazu gehört auch und gerade die Freiheit minoritärer Positionen. Genau das ist der Unterschied zwischen einer Demokratie und einem populistischen Autoritarismus. Denken Sie darüber einmal nach...

            • @O.F.:

              Gesetze sind der Auslegung zugänglich, und nein, die Verfassung verpflichtet den Staat nicht, den Träger einer Minotitätemeinung aktiv zu unterstützen, wenn diese Meinung ihren Prinzipien widerspricht.

              Es ist ja nicht so, als bekäme Schröder den Mund verboten. Er kann weiter in Putins Horn tuten, wie er will. Und wenn ihm jemand dafür etwas antun will, wird sich sogar ein Personenschützer dazwischenwerfen. Nur ein gesponsertes Büro hat er nicht mehr.

              Unterdrückung sieht anders aus. Die findet man in Reinkultur, wenn in Russland jemand etwas gegen Schröders "lupenrein demokratischen" Buddy äußert.

              • @Normalo:

                In diesem Fall exisitiert aber keine entsprechende gesetzliche Regelung. Punkt. Hier wird jemand, ohne rechtliche Grundlage, für eine abweichende Meinung sanktioniert. Und das sollte man auch dann problematisch finden, wenn man weder Schröder noch sein Russland-Bild schätzt. Es geht hier ums Prinzip.



                Der Hinweis, er könne seine Meinung ja noch sagen, bloß ohne eigenes Büro, geht am Punkt vorbei - und grenzt an Autoritarismus light: solche Sanktionen sind nicht erst dann ein Problem, wenn man im Gefängnis landet, sondern wenn das Ausüben eines Grundrechts negative Konsequenzen hat.

                • @O.F.:

                  "In diesem Fall exisitiert aber keine entsprechende gesetzliche Regelung. Punkt."

                  Und die braucht es auch nicht. Punkt.

                  Zum Einen besteht kein Gesetz nur aus seinem Wortlaut. Wenn man es fachgerecht unter Beachtung seines Zwecks, seiner Entstehungsgeschichte und seiner systematischen Einordnung in die Rechtsordnung auslegt, ist das Ergebnis dieser Auslegung nicht minder geltendes Recht als der geschriebene Gesetzesbuchstabe.

                  Zum Zweiten ist in unserem Land für gesetzliche Regelungen auf Bundesebene rein zufällig genau derselbe Laden demokratisch legitimiert und zuständig wie der, der jetzt Schröder sein Büro gestrichen hat. Wenn es nicht gerade Verfassungsrecht bricht, kann der insoweit machen, was er (mehrheitlich) will.

                  Und nein, nicht das Ausüben, sondern das UNTERGRABEN von Grundrechten hat hier negative Konsequenzen. Was Schröder da unterstützt, ist keine unter dem Schutz unserer Verfassung stehende "abweichende politische Auffassung" oder ein rosarotes "Russland-Bild" sondern schlicht Völker- und Menschenrechtsverstöße der schlimmsten Art. Aber das - und die Perversion, ausgerechnet unser Grundgesetz als Werkzeug für deren Verharmlosung zu missbrauchen - zu ignorieren, scheint ja bei Ihnen Prinzip zu sein.

                  • @Normalo:

                    Doch, natürlich bedarf es in einem Rechtsstaat einer gesetzlichen Grundlage - übrigens auch für Entscheidungen des Bundestages. Die Bürostreichung nur für Schröder ist ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.



                    Schröder untergräbt auch keine Grundrechte, weil er in einer außenpolitischen Frage eine abweichende Meinung vertritt - genau das bedeutet Meinungsfreiheit. Die Gefahr für Demokratie und Rechtsstaat in Deutschland geht gerade nicht von Schröder aus, sondern von einem fanatisierten juste milieu, das meint, jeden Dissens niederbrüllen zu dürfen.

                    • @O.F.:

                      Der Bundestag hat es gegeben, der Bundestag kann es wieder nehmen. So einfach ist das.

                      Ob das mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz zu vereinbaren ist, diskutiere ich erst mit Ihnen, wenn Sie es schaffen, sich mal damit kritisch auseinander zu setzen, was genau Schröder da für eine "abweichende Meinung" vertritt und inwieweit die mit den Zielen des Grundgesetzes vereinbar ist. Bis dahin können Sie gerne weiter kühmen.

                      • @Normalo:

                        Nein, der Bundestag kann das nicht einfach wieder nehmen; eine Demokratie ist keine Mehrheitsdiktatur. Privilegien für Ex-Kanzler etc. gelten zunächst einmal für alle oder eben für keinen; sie sind aber nicht an politische Gefälligkeit gebunden.



                        Was für Meinungen Schröder vertreten hat, ist vollkommen unerheblich; die Meinungsfreiheit gilt hier (mit sehr engen, justiziablen Einschränkungen) für alle; ich mache Sie gerne ein weiteres Mal darauf aufmerksam, das ich nicht Schröder verteidige, sondern ein Grundrecht gegen eine sich als autoritärer Mob gebährende politisch-mediale Mehrheit.

                        • @O.F.:

                          Jaja, diese scheinheiligen "Man wird ja wohl noch sagen dürfen...."-Argumente kenne ich zur Genüge aus den entsprechenden Ecken. Aber Sie sollten schon etwas sauberer differenzieren, ob Sie jetzt gegen einen Maulkorb (den es gar nicht gibt) zufelde ziehen wollen oder gegen eine Ungleichbehandlung mit seinen Vorgängern (die es gibt, die aber aufgrund von Schröders Verhalten gerechtfertigt sein dürfte).

                          • @Normalo:

                            Die von Ihnen implizierte Unterstellung können Sie sich sparen - nicht ich bin hier derjenige, der die Einschränkung von Grundrechten fordert (soviel zu den "entsprechenden Ecken".



                            Zumal Ihr Argument wieder nicht aufgeht: es gibt in Deutschland Gesetze, die die Grenzen der Meinungsfreiheit regeln. Die sind zum Glück sehr eng gefasst. Eine eher pro-russische Positionen im Ukraine-Krieg zu vertreten, ist nicht justiziabel und von der Meinungsfreiheit gedeckt.



                            Deshalb hat die Ungleichbehandlung auch keine rechtliche Grundlage - was sie auch daran erkennen, dass man versucht, bei der Aberkennung der Privilegien ohne direkten Verweis darauf zu argumentieren.



                            Ein "Maulkorb" (Ihr Wort, nicht meines), d.h. eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, beginnt nicht erst dann, wenn man für Dissens eingesperrt wird - Schikanen und Benachteilungen gehören auch schon dazu. Es ist nicht ohne Ironie, dass die besonders lautstarken Russland-Kritiker in diesem Forum die Kriminalisierung von Dissens fordern. Vielleicht fällt Ihnen der Widerspruch auf?

                            • @O.F.:

                              Klarstellung: Meinungsfreiheit ist ein Grundrecht, bezahlte Büros im Bundestag sind es nicht. Gleichbehandlung von Gleichem ist ein Grundrecht, Gleichbehandlung von Ungleichem ist es nicht.

                              Sie verharmlosen fortwährend die aktive, nicht nur verbale Unterstützung eines verbrecherischen und auf Menschenrechte pfeifenden Regimes als bloße "abweichende Meinung", die man doch wohl äußern dürfen wird. Ja, das weckt Assoziationen.

                              Umgekehrt überhöhen Sie die Wegnahme eine ganz besonderen Privilegs zu einer Schädigung, die einen Grundrechtseingriff darstellen soll, als wäre das ein geschütztes Jedermannsrecht.

                              Machen Sie sich erstmal schlau, wozu diese Privilegien dienen! Das sind nämlich keine vermögensgleichen Bonbönchen als Dankeschön für geleistete Dienste, sondern zielgerichtete Unterstützungen bei bestimmten Aufgaben und Lasten, von denen der Gesetzgeber unterstellt, dass sie bei einem ehemaligen Bundeskanzler anfallen, und die er nicht aus seiner Privatschatulle bezahlen müssen soll.

                              Dass diese Unterstellung unwiderlegbar sei, steht nirgends und ist auch nicht vorgesehen. Stimmt sie im Einzelfall nicht, erfüllt also ein Altkanzler nachweislich keine Aufgaben im Interesse der Bundesrepublik (sondern tritt dieses eher mit Füßen) und trägt die Lasten jemand anderes (hier besagtes verbrecherisches Regime), verlieren sie ihren Zweck und der Bundestag damit die Berechtigung, den Steuerzahler mit ihnen zu belasten.

                              Soweit das nicht im Gesetzestext steht, ist es - wie gesagt - durchaus im Rahmen der Kompetenzen des Bundestages, es trotzdem anders zu handhaben, denn RechtsSETZUNG ist nunmal sein ureigenes Gebiet. Aber auch ohne geänderte Rechtssetzung kann man die Entscheidung ganz einfach durch Auslegung des aktuellen Gesetzes begründen (Terminus technicus: "teleologische Reduktion"): Das Privileg wird gewährt, soweit es seinen Zweck erfüllt. Der ist nicht, dass ein Altkanzler sich mit staatlicher Unterstützung als bezahlte politische Abrissbirne betätigen kann.

                              • @Normalo:

                                Ich habe Ihnen schon mehrfach erklärt, dass der Bundestag in solchen Fragen eben nicht völlig frei handeln kann, sondern an Maßstäbe wie Gleichbehandlung gebunden ist; es ist schlichtweg nicht möglich, einer Person Privilegien zu entziehen, weil sie gerade eine andere Meinung vertritt als die Bundestagsmehrheit. Ihr Verweis auf "Gleichbehandlung von Ungleichem" ist - mit Verlaub - Unsinn, weil das Vertreten einer anderen Meinung noch keine "Ungleichheit" herstellt. Wenn Sie die Diskussionen der letzten Wochen verfolgt hätten, wäre Ihnen aufgefallen, dass dabei genau dieses Problem eine große Rolle gespielt hat.



                                Wir leben nicht mehr im Feudalismus, in dem Regierende Privilegien als Gnadenakt verteilen können - Deutschland ist immer noch ein Rechtsstaat.



                                Die Meinungsfreiheit wird in dem Moment geschädigt, in dem das Äußern von Dissens negative Konsequenzen hat - und das ist hier klar der Fall. Sie stellen hier permanent demokratische Mindeststandards in Frage - und merken das nicht einmal. Dazu allerdings kann man Wesentliches bei Lipset nachlesen.

                                • @O.F.:

                                  Die Verharmlosung geht weiter. Weiterer Austausch erübriget sich.

                                  • @Normalo:

                                    Ich verharmlose nichts, ich verteidige demokratische Standards gegen Eiferer, die Andersdenkende als inneren Feind behandeln. Wer Dissens nicht als legitimen Teil demokratischer Meinungsbildung betrachtet und Sanktionen fordert, statt auf Argumente zu setzen, steht nicht mehr auf dem Boden des GG.

    • @O.F.:

      Falsch. Der Mainstream verlangt nicht Unterwerfung sondern Solidarität mit einem Land, das Opfer einer verbrecherischen Aggression ist. Da gibt es nur Ja oder Nein - mögen Sie es auch Manichäismus nennen , und übrigens macht ein Fremdwort noch keine intellektuelle Stärke.

      • @Konfusius:

        Nur ein Ja oder Nein? Genau diese Haltung ist gefährlich.

      • @Konfusius:

        Ich danke Ihnen für Ihren Beitrag - er illustriert nämlich noch einmal das Problem, auf das ich hingewiesen habe: die Simplifizierung von Konflikten, die durchaus komplexe Ursachen haben, auf ein simples Gut/Böse-Schema (eben: Manichäismus), vor dessen Hintergrund dann eben nicht mehr diskutiert werden kann. Wie gesagt: mir ist das zu schlicht - und ich halte es für politisch gefährlich.

        • @O.F.:

          Bitte erklären Sie einem dummen Menschen wie mir, welche komplexen Zusammenhänge jemanden dazu ermächtigen, ein souveränes Land in Schutt und Asche zu bomben.

          • @Motzkopf:

            Ich würde doch wert darauf legen, dass ich keine Diskutanten hier als "dumm" bezeichnet habe, sondern lediglich Argumente bzw. Darstellungen als simplifizierend. Der Unterschied ist mir wichtig.



            Genauso wenig habe davon gesprochen, dass Russland dazu "ermächtigt" wäre, die Ukraine anzugreifen, sondern dass dem gegenwärtigen Krieg eine Eskalationsspirale voranging, an der auch andere Mächte einen hinreichend großen Anteil hatten. Ich habe also nichts legitimiert, sondern eine sachliche Ursachenforschung gefordert, die über die üblich platten gut-böse Narrative hinausgeht.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    „Dieser Starrsinn hat auch mit seiner Aufsteigerbiografie zu tun.“ Soso. (Scheiß auf Schalke 04.)



    Herr Reinecke, wollen Sie noch ernst genommen werden?

    • @95820 (Profil gelöscht):

      anschließe mich - mist - was noch zu sagen wäre - Text abgestürzt - 💤🙀😡 -

  • Und was wäre gewonnen, würde Schröder von seinen Posten zurücktreten? Nichts. So behält Schröder seinen vielleicht eher geringen, aber dennoch zweifellos vorhandenen Einfluss auf Putin. Schröder ist ein erwiesener Freund Putins und was einem ein Freund unter vier Augen sagt, wiegt immer mehr als das was irgendjemand der einen überhaupt nicht kennt ein paar tausend Kilometer entfernt in die Kameras spricht. Gemeint sind damit vor allem Politiker, die heute so, morgen so reden.

    • @Laura Marwitz:

      Soviel Naivität ist ja rührend. - Der KGB Mann Putin weiß, wie er Menschen einzuschätzen und zu nehmen hat, um sie zu instrumentalisieren.







      www.t-online.de/na...-des-westens-.html

  • hier wird geschrieben das Schröder es ganz alleine geschafft hat , nein das stimmt so nicht, wenn die SPD (und wir Wähler) ihn nicht geholfen hätte währe er höchstens Kreisvorsitzender in Lüneburg geworden !

  • Wieso hat Schröder nicht das Recht "Egoist" zu sein?

    • @White_Chocobo:

      Warum er nicht das Recht hat, Egoist zu sein?

      Weil er uns schadet.

      • @Berrybell:

        Wieso schadet er "uns"? Er ist doch schon lange nicht mehr Regierungsvorsteher.

  • Vielleicht erpresst ihn Putin auch. Soll ja durchaus vorkommen, das Geheimdienste Informationen haben, die man nicht an der Öffentlichkeit sehen will.

    • @Strolch:

      Dass könnte auch für Scholz und Steinmeier und Merkel gelten...

      • @Argonaut:

        Das ist richtig. Stellt sich nur die Frage, ob die Amerikaner oder die Russen mehr wissen....

  • Nicht umsonst wird der Aufsteiger auch Goldkettchen-Gerd genannt. Aber das ha nicht nur mit seiner Karriere zu tun. Solche Leute haben meist einen Mangel an sozialer Erziehung genossen.

  • 0G
    03998 (Profil gelöscht)

    Die Agenda-Politik und einiges andere war nicht nur eine Abgrenzung sondern eine Art Strafe für das "Unten" aus dem er kam. Man/frau erinnere sich doch einmal an die Abschaffung des Steuerfreibetrages für Alleinerziehende - und den darauffolgenden Protest angeführt von seiner Halbschwester. Daraufhin wurden Alleinerziehende wie Singles besteuert. Und auch das "Unten" hat Moral und Menschlichkeit - etwas das wohl bei Schröder kaum zu finden ist. Nein er war schon immer ein ganz spezieller Typ - und hatte trotzdem viel Anhänger in der SPD. Man/frau denke nur daran wie er seiner Ex-Frau einen Abgeordneten-Platz im niedersächsischen Landtag verschafft hat.

  • Ein bisschen wie in "Scarface".

  • Danke! Knallhart auf den Punkt gebracht! Die gelungene Analyse einer jämmerlichen Witzfigur mit maximal verpatzter Politikerkarriere. Und er ist leider nicht der einzige krankhaft starrsinnige, durch Geld und Macht verblendete alte Mann auf dieser Welt. Die Liste ist lang.