Nobelpreis für Medizin: Aus der Zeit gefallen
Das Nobelkomitee hat sich dagegen entschieden, Verdienste um die mRNA-Forschung auszuzeichnen. Das ist mutlos und zeigt: Der Preis ist ein Relikt der Vergangenheit.
D er alljährlichen Nobelpreiszirkus wirft nicht immer, aber doch fast immer die Frage auf, wie das ehrwürdige Komitee und die Nobelversammlung in Stockholm eigentlich zu ihren Entscheidungen kommen. Spielen die Damen und Herren des Karolinska-Instituts Kandidaten-Bingo, losen sie aus der stets reich bestückten Nominierten-Trommel aus – oder fließt erst einmal der Aquavit, bis man sich sicherheitshalber erst gar nicht mehr daran erinnert, was Alfred Nobel mit diesem Preis wollte?
Wie viele der sogenannten Laureat:innen sind auch die diesjährigen Preisträger fraglos hervorragende Forscher. Nobelpreise für Sinneswahrnehmung und Signalübermittlungen im Nervensystem hat es allerdings schon reichlich gegeben; vom Sehen übers Riechen bis hin zur Signalweiterleitung an Nicht-Nervenzellen sind immer wieder ähnliche Aspekte des gleichen, sehr wichtigen, aber eben nicht mehr neuen Grundlagenthemas ausgezeichnet worden. Und wenn man sich jetzt doch kurz und nüchtern an Nobel erinnert: War es nicht so, dass der Preis an jene Wissenschaftler:innen gehen soll, die der Menschheit im vergangenen Jahr den größten Nutzen beschert haben?
Stockholm schafft es schon lange, dieses Kriterium zu ignorieren, aber dieses Jahr gab es einen nahezu unumgänglichen Kandidaten, der Nobels Vorgabe entsprochen hätte, inhaltlich zumindest: die mRNA-Impfung. Sie ist nicht nur für den Kampf gegen Corona eine echte wissenschaftliche Revolution, sie wird es noch für viele andere Infektionskrankheiten sein, gegen die man bisher mit den herkömmlichen Impfkonzepten nicht oder nur schlecht ankommt. Die Grippe zum Beispiel.
Klar, für das Komitee wäre die Suche nach den maximal drei Preisträgern schwierig geworden. Wie immer in der modernen Forschung waren viele Köpfe an dem Erfolg beteiligt, nicht nur mRNA-Forscher übrigens. Aber so mutlos aus der Zeit zu fallen mit dem diesjährigen Preis, zeigt erneut, dass der Nobelpreis ein Relikt der Vergangenheit ist. Schade, denn Aufmerksamkeit erregt er immer noch. Der Impfquote hätte sie vielleicht geholfen.
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