die drei fragezeichen
: „Das Tempolimit kommt noch dieses Jahr“

Foto: David Ausserhofer

Andreas Knie, 59, ist Mobilitätsforscher am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und dort Leiter der Forschungs­gruppe Digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung.

1 taz am wochenende: Herr Knie, eine der letzten Bastionen gegen ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen gerät ins Wanken: der ADAC. Wie erklären Sie sich das Einlenken des größten deutschen Autoclubs?

Andreas Knie: Der ADAC merkt, dass die Bevölkerung bei der Frage Tempolimit schon weiter ist als die Politik. Wir schätzen, dass bundesweit bis zu 60 Prozent der Bevölkerung für ein Tempolimit sind, besonders Frauen und junge Menschen. Dieser Wunsch, sich zu profilieren und zu befreien, ist ein rein männliches Ding. Es gibt aktuell faktisch fast nur noch ältere Männer, die gegen ein Tempolimit sind. Und da viele von ihnen in leitenden Positionen bei Zeitungen sitzen und eine meinungsbildende Kraft haben, hat man den Eindruck, halb Deutschland sei für „freie Fahrt für freie Bürger“.

2 Zugleich fordert der ADAC neue umfassende Studien, um die Auswirkungen eines Tempolimits zu erforschen. Die gibt es doch schon. Was soll das?

Als Forscher sage ich: Neue Studien sind wunderbar, davon lebt die Wissenschaft. Das ist einfach ein Versuch, Zeit zu gewinnen. Faktisch wissen wir alles, was wir brauchen. Jedes unserer Nachbarländer ist sehr zufrieden mit dem Tempolimit, die Vorteile sind ein besserer Verkehrsfluss, weniger tödliche Unfälle und weniger CO2-Emissionen.

3 Wann kommt das Tempolimit?

Noch dieses Jahr, wahrscheinlich schon in den kommenden fünf Monaten. Die Legislative wird das beschließen, und zwar wahrscheinlich auf Initiative der SPD. Und das muss dann auch ein Herr Scheuer vom Bundesverkehrsministerium umsetzen. Wenn es etwas gibt, das nichts kostet, CO2 einspart und sich auch noch leicht durchsetzen lässt, dann ist es das Tempolimit.

Fragen: Denis Gießler