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G20 und die Ausschreitungen in HamburgDie Stunde der Diskurs-Chaoten

Die Ausschreitungen waren gefährlich, überflüssig und idiotisch. Aber eines waren sie mit Sicherheit nicht: so schlimm wie rechter Terror.

Was war hier los? Schaulustige begutachten die Folgen der Krawallnacht Foto: dpa

Hamburg taz | Es funktioniert jedes Mal: Es knallt nach einer Demo, und alle Maßstäbe verrutschen. Und zwar restlos. Das Chaos, das die Randalierer mit ihren brennenden Barrikaden anrichten, es beherrscht nicht nur die Straße, sondern befällt auch die Köpfe und von da aus die Kommentarspalten, Talkshows, Parlamentsdebatten und Redaktionen.

Die Bilder aus Hamburg waren, wie Bilder von Ausschreitungen sind: dramatisch, beängstigend, spektakulär. Wer sie aus der Ferne sieht, denkt an Bürgerkrieg. Tatsächlich spielte sich die von maximal 500 Beteiligten betriebene Randale im Wesentlichen an einer einzigen Ecke, über eine etwa 400 Meter lange Strecke, ab. Direkt daneben saßen Hunderte völlig ungerührt in den Bars und Cafés.

Das angeblich komplett dem Mob überlassene und von diesem in Schutt und Asche gelegte Hamburg sah an genau dieser Stelle am nächsten Tag aus, als ob nichts geschehen wäre – und zwar schon bevor der als „G20-Helden“ gefeierte Bürgerputztrupp mit Besen und Anti-Graffiti-Schaum am Sonntag anrückte.

Die Ausschreitungen am Freitag waren völlig idiotisch, brutal, überflüssig, gefährlich. Eins waren sie unter Garantie nicht: „so schlimm wie Terror von Rechtsextremen und Islamisten“. Das war Kanzleramtsminister Peter Altmaier dazu eingefallen. Der Mann bekleidet eines der wichtigsten Ämter in diesem Staat, mit seiner Geschichte des NSU und den islamistischen Anschlägen mit vielen Toten der vergangenen Zeit.

SPD-Chef Martin Schulz spricht von „Mordbrennern“, Welt-Journalist Ulf Poschardt von „Faschisten“. Nach den Ausschreitungen schlägt die Stunde der Diskurs-Chaoten. Jan Fleischhauer vom Spiegel schreibt: „Wer am Samstag gegen G20 auf die Straße geht, solidarisiert sich mit dem Mob.“ So hätte er es gern.

In Haftung genommen

Am Samstag waren 76.000 Menschen, die meisten mit redlichen Anliegen, unterwegs. Es flog kein Stein, keine Flasche. Doch sie alle und auch die, die Sitzblockaden organisierten und dabei niemandem ein Haar krümmten, werden in Haftung genommen. Von der „Katharsis“, die nun kommen müsse, ist die Rede.

Am Montag war dazu etwa zu hören, „die Linke“ habe 2001 in Genua „Glück gehabt“, dass der Demonstrant Carlo Giuliani erschossen wurde. So sei sie als moralischer Sieger aus der Auseinandersetzung hervorgegangen und habe sich die Gewaltdiskussion ersparen können. In Hamburg aber habe die Polizei „besser agiert“, also niemanden erschossen. Jetzt ist die „Linke“ der moralische Verlierer und müsse die eigenen Reihen säubern.

Und wehe, jemand wagt es, noch über etwas anderes sprechen zu wollen.

Linksextremer ­Terror in Hamburg war widerwärtig und so schlimm wie ­Terror von Rechts­extremen und Islamisten. Danke, ­Polizei. Danke, Hamburg

Peter Altmaier auf Twitter

Zum Beispiel darüber, dass Demonstranten in Hamburg geknüppelt, gepfeffert, auseinandergetrieben wurden, und zwar keineswegs nur da, wo es knallte. Oder darüber, dass auch Journalisten, Unbeteiligte und offenbar sogar eine Anwältin verprügelt wurden. Jeder, der dar­auf verweist, muss sich sofort für den Freitagabend rechtfertigen.

Oder über die Behauptung der Polizei, dass sie die Schanze nicht gleich zu Beginn der Krawalle räumen konnte. War es tatsächlich so? Es standen ein halbes Dutzend Wasserwerfer, dazu viele Räumpanzer bereit. Die Sache wäre erledigt gewesen. Genauso hatte sie es an den Abenden zuvor gehalten. Die Frage interessiert niemanden mehr.

Eine von denen, die die friedlichen Blockaden organisiert haben, war die Sprecherin der ­Interventionistischen Linken, Emily Laquer. Sie hat – auch in der taz – die Frage aufgeworfen, warum der strukturellen Gewalt – Hunger, Kriegen, Mittelmeertoten, Frauenmorden, Klimawandel, Umweltzerstörung – so erbärmlich wenig und der Gewalt des Mobs auf der Straße so überbordend viel Aufmerksamkeit beigemessen wird. Und damit hat sie recht. Die Reaktion auf die Ereignisse vom Freitagabend haben genau das gezeigt. Wieder einmal.

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45 Kommentare

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  • Damit hier nicht auch wieder völlig aus dem Blick gerät, worum es bei den G20-Protesten von 75.000 Teilnehmern am 08.07.17 tatsächlich ging, hier eine Fotostrecke (Kann auch als Slideshow abgespielt werden) , die u.a. auch Fotos vom Polizeieinsatz in der Ludwig-Erhard-Straße/Ecke Herrengraben enthält.

    https://1drv.ms/f/s!AgJ_MIxh1Jm2sDNwAe5y_1LNv8X_

     

    (Quelle und Copyright: Reinhardt Schwandt; ver.di - AK Frieden)

  • Ja, jetzt ist das Heulen und Zähneklappern laut. Freunde, aus dieser Nummer kommt ihr nicht so schnell raus. Dumm gelaufen.

    • @Peter Meier:

      Ich verstehe Ihre Aussage nicht ganz. Erstens haben diese Ausschreitungen mit Politik so gut wie nichts zu tun und zweitens, erschließt sich die Häme nicht, die in ihrem Kommentar mitschwingt?

       

      Kann es sein, daß Sie sich sogar noch darüber freuen, daß Menschen die Autos abgefackelt wurden, nur damit Sie hier hämische Posts hinterlassen können und am Stammtisch und in Facebook von den bösen Linken erzählen können?!

  • Es ist wohltuend, wenn die taz sich nicht dem Befehl beugt, in welchem Tonfall und mit welchen unsinnigen Vergleichen die Zustände in Hamburg zu verurteilen seien. Gleichsetzen mit rechtsextremen Morden? Geht es noch? So schwachsinnige Äußerungen gehen in anderen Medien noch glatt durch, wenn sie von Spitzenpolitikern erst einmal kamen.

     

    Abgesehen davon muss auch geschaut werden, wer die Täter waren, von wem sie angestiftet wurden, wer das auf oberster udn politischer Ebene zuvor abgenickt hatte und die persönliche und strafrechtliche Verantwortung dann auch mittragen sollte.

     

    Was die Täter hinter den Kulissen betrifft: Das werden wir freilich nur herausfinden, wenn ein Unteruchungsausschuss eingereichtet wird und eine Überführung der Täter in den Innenministerien und bei der Polizei möglich wird.

    • @Celsus:

      Sie meinen, die Rote Flora ist gar keine linke Institution, sondern ein Projekt des Verfassungsschutzes? Und Herr Beuth ist ein Agent des BND?

      Interessant, auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen.

      • @rero:

        HIerzu hatte ich auch schon Hinweise gelesen. Es könnte durchaus sein, daß der Staat hier seine Finger im Spiel hatte...

  • "Die Ausschreitungen am Freitag waren völlig idiotisch, brutal, überflüssig, gefählrlich." schreibt die TAZ. Leider gilt das auch für die ganze Veranstltung G20. Denn wohl die Hälfte dieser Mächtigen der Welt, von denen soviel Gutes erwartet worden war, gehört ebenso vor Gericht gestellt: Putin und Trump, Xi, der saudische König und der türkische Diktator sind bekanntlich eher für ihre Verletzung der Menschenrechte berüchtigt als für ihre guten Taten berühmt. Widodo lässt öffentlich Schwule auspeitschen, Pena Nieto, Temer, Zuma gelten als gnadenlos korrupt , und wofür Juncker steht, wird sich noch herausstellen. Was, bitte, kann man da erwarten?

  • So ist es leider. Wer nicht mitheult und zähnefletschend mindestens 3 Linke reißen will, der hat quasi selbst Steine geschmissen und Autos angezündet.

     

    Die Rechtsbrüche und -beugungen seitens der Polizei - geschenkt.

     

    Die Perversion der strukturellen Gewalt des Kapitalismus - egal.

     

    Ausschreitungen - und dass, endlich, endlich!, auch mal von links. Der biedere Mensch der Mitte war schon irritiert - im Zuge von Demonstrationen gegen Gx - die Welt geht unter.

     

    Was für ein Irrsinn.

    • @Unerträgliche Seinsleichtigkeit:

      da ist was dran...

  • Und wieder ein Artikel, in dem es nur darum geht, Gewalt klein zu reden. Liebe taz, das ist beschämend!

    • @Martin74:

      Niemand möchte hier kleinreden. Aber die Hysterie der letzten Tage wird am Ende nur den Nazis helfen...

       

      Denke Sie mal drüber nach...

       

      Eine starke Linke, bedeutet eben auch eher eine schwache Rechte und umgekehert.

       

      Wenn der Staat jetzt gegen Links vorgeht, wird sich das bitte rächen. Denn Antifa und Co tun viel gegen rechts, auch wenn Sie das vlt nicht immer mitbekommen...

    • @Martin74:

      Herr Altmaier stellt brennende Barrikaden, Mülltonnen und Autos auf eine Stufe mit den Anschlägen des IS, die allein in den letzten paar Jahren mehrere hundert Menschenleben und in die tausende gehende Verletzte forderte, er stellt ein paar geplünderte Geschäfte auf eine Stufe mit rechtem Bombenterror und den 77 wehrlosen ermordeten Kindern von Utoja.

       

      Wer redet denn hier Gewalt klein?

       

      Sie beschämen nur sich selbst, sonst niemanden.

    • @Martin74:

      "Die Ausschreitungen am Freitag waren völlig idiotisch, brutal, überflüssig, gefährlich"

       

      Eine schreckliche Realtivierung von Gewalt, die hier geschieht!

      Aber jeder Versuch der Differenzierung (zB der Unterscheidung von Gwalt auf der Straße und der organisierten Mordbande des NSU) – der ja noch keine moralische Wertung enthält – wird ja leider sofort als Kniefall vor einem linken Mob gesehen...es ist halt Wahlkampfjahr, denn eigentlich kann das sowohl die deutsche Politik als auch Öffenlichkeit besser.

  • Dieser Artikel ist nicht weiter hilfreich, weil es nicht "Die Linken" gab, die protestierten und vor allem hirnlos zerstörten.

    Und dann diese Horroraktionen von Hamburg noch irgendwie relativieren zu wollen - schönen Dank. Wenn Leute Menschenleben auf's Spiel setzen, dann sind sie Arschlöcher und ihre Agenda, die sie wahrscheinlich nicht buchstabieren können, ist fuck egal. Auch die taz kann jetzt mal aufhören, irgendwelche Widerlinge noch in Schutz zu nehmen oder abzuwägen, wo es nichts abzuwägen gibt.

    • @cazzimma:

      Das ist doch Unsinn und zwar von rechts. Natürlich sind die Tage u.a. von Linken mit organisiert wurden.

       

      Ich bin kein Freund von Gewalt und lehne solche Aktionen grundsätzlich ab, in Hamburg wurde eine ganze Woche lang

      friedlich und inhaltlich demonstriert. Über 80 000 Menschen, wovon sehr viele eher links orientiert sind, kann man an den Inhalten messen

      und nicht an Aktionen von einer Minderheit, die Randale gemacht hat.

       

      - Aktionstage,

      - G20-Protestwelle,

      - Alternativgipfel: Gipfel für globale Solidarität,

      - No G20 Klimaaktion,

      - Nachttanzdemo,

      - G20 Welcome to hell,

      - Grenzenlose Solidarität statt G 20

       

      Ihre Argumentation ist lächerlich und Sie wissen das, hier geht es nur um ein Bashing nach Links.

       

      Ich hätte mir gewünscht, es hätte angesichts des rechten Terrors wie der NSU und des rechten Mobs der tagelang gegen Flüchtlinge und deren Unterkünfte vorging und bei dem gezielt Menschenleben in Gefahr gebracht wurden, in dem z.B. Häuser angezündet wurden, so ein Geheul gegeben hätte. Widerlicher verlogener Haufen.

    • @cazzimma:

      Brennende Mülltonnen töten niemanden... Hunger, Verzweiflung und Waffen jedoch schon... Vielleicht sollten Sie den Artikel zwecks besseren Verständnisses nochmal lesen...

    • @cazzimma:

      ahh, dann ist die Exekutive alsodie Polizei auch ein Arschloch, sehe ich inzwischen tatsächlich auch so!!!

      aber :

      love is the only way- zumindest für die die Verstand und Anstand haben

  • Kein Mensch redet mehr über ertrunkene Flüchtlinge oder verhungerte Kinder. Bedankt Euch beim linken Mob, ob es ein paar Hundert Chaoten waren oder ein paar Tausend. Und auch dieser Kommentar schadet der Sache. Wer linke Gewalt anders bewertet als rechte, der hat rein gar nichts verstanden. Einigen Demonstranten war es offensichtlich egal, ob Polizisten oder Unbeteiligte verletzt oder getötet werden. Vielleicht hätten sie es bejubelt. Anders kann man die Bilder und das Verhalten nicht interpretieren. Wer mit Steinen auf die Köpfe von "Bullen" zielt, nimmt Opfer in Kauf. Den Unterschied zu Nazis, die bewohnte Flüchtlingsunterkünfte anzünden, muss mir Herr Jakob erklären.

    • @Bulbiker:

      Es ist ja auch noch nie ein Rechter gewaltätig gegen Polizisten geworden... Uuups, Hogesa in Köln, war da was?

       

      Es hat ja auch noch nie ein Rechter auf unbewaffnete Zivilisten gezielt oder gar geschossen... Äh... Utoya, noch ein Begriff?

       

      Es hat meines Wissens auch noch kein Autonomer sein Schwert gezückt, um einem unpolitischen Anwohner, den er zuvor aus seiner Wohnung auf die Straße geschleift hat, medienwirksam vor laufenden Kameras zu enthaupten.

       

      Die ganze diskussion ist hochgradig verlogen und dient eben nur der Ablenkung von den gravierenden "Fehlern" oder eben auch dem bewußten Vorsatz, mit dem die Polizeiführung die Stimmung schürte, bis sie eskalierte und sich dann zurückzog anstatt einzuschreiten, in der politischen Inkaufnahme, einen ganzen Stadtteil "notfalls" auch mehr oder weniger "kontrolliert" niederbrennen zu lassen.

       

      Eine solche Schergenarmee namens "Polizei" braucht niemand - ausser dem einen Bevölkerungsprozent namens "Elite", das sie wirklich schützt. Vor den übrigen 99 %, nicht nur vor den paar "Autonomen".

      • @cursed with a brain:

        wer was braucht, entscheiden die wähler im herbst.

    • @Bulbiker:

      Vielleicht kann ich Dir weiterhelfen. Der Unterschied besteht in der Motivation: Nazis begehen Straftaten in der Regel, weil sie sich oder ihr Volk als etwas Besseres sehen, den Fremden, Anderen überlegen. Diese Anderen müssen ausgerottet werden. Linke gewalt hingegen ist in der Regel getragen von der Motivation, die Gesellschaft gerechter, hierarchieloser zu machen, sie richtet sich zudem gegen die Auswirkungen einer kapitalistischen Wirtschaft mit aller ihren schrecklichen Folgen, insbes. hinsichtlich Folgen für Gesellschaften in globalen Süden und die Umwelt. Und ja, die Motivation ist maßgeblich für die Beurteiluntg von Handeln, dies wird insbsesondere im Strafrecht deutlich. Im Strafrecht: Wer aus Habgier tötet, ist ein Mörder, Mindeststrafe lebenslänglich. Wer einen Menschen fahrlässigerweise umbringt, kann mit einer Geldstrafe davonkommen.

      • @diapontisch:

        ... und wenns die leute ums verrecken nicht einsehen wollen, dass " linke" nur das beste für sie wollen, werden dann halt gulags & kz gebaut, auf dass sie endlich einsichtig werden

      • @diapontisch:

        "Linke gewalt hingegen ist in der Regel getragen von der Motivation, die Gesellschaft gerechter, hierarchieloser zu machen"

        Genau - und da stören Kleinwagen und Geschäfte mit Migrationshintergrund nur.

        WAS RAUCHT IHR FÜR EIN ZEUG???

        • @unimog_andi:

          Wenn Motivation irrelevant wäre, dann leben Sie in einem falschen Staat, sofern Sie in der BRD leben.

          Unser Rechtssystem bewertet die Motivation und trennt z.B. zwischen Mord und Totschlag. Und auch der Vorsatz wird in der Rechtssprechung immer beurteilt afaik.

  • Ein sehr erfreulicher Artikel, der die Relationen wieder klarstellt.

    • @Age Krüger:

      Dieser Meinung - kurz und knapp - kann ich mich nur anschließen !

      Ein sehr guter Artikel - man ist versucht, sich dafür zu bedanken, angesichts vieler einseitiger Betrachtungen durch Presse und Medien.

  • Lieber Herr Jakob, warum richten Sie dann nicht Ihre Apelle auch an die Autonomen, eben mal nicht auf den von Ihnen beschriebenen 400m zuzulangen und damit die gewünschten Bilder zu liefern und lenken nicht Ihrereits auf andere Bilder ab? Ich habe es mittlerweile satt, in Hamburg lief im großen Maßstab ab, was man in der Provinz im kleinen erlebt. Wenn in Jena, wie letztes Jahr, dreimal im Jahr mehrere Tausend Bürgerinnen und Bürger gegen Nazis auf die Straße gehen, man dann in den Zeitungen aber vorwiegend über die Blödmänner (sorry, aber Frauen sind es meistens nicht), die Flaschen und Steine werfen und andere dumme Dinge machen, lesen kann (auch die taz war nicht gefeit dagegen: https://www.taz.de/Archiv-Suche/!5356058&s=jena/), dann macht das fassungslos und wütend. Und ja, auch bei uns war zu diskutieren und wurde auch diskutiert, wie überzogen die Polizeiaktionen waren, wie die Bürgerrechte der Anwohner und Protestierenden eingeschränkt wurden - doch eine Solidarität, darin auch die ständig ihre Militanz Betonenden zu integrieren - sorry, nein, die nicht (mehr) meinerseits. Sollen die doch umgedreht erst einmal ihre Anschlussfähigkeit an den friedlichen, ja bürgerlichen, bürgerschaftlichen Protest beweisen. Bis dahin sind sie meine politischen Gegner.

  • Alles doch sehr langweilig. Obwohl ich ungerührt im Café sitze und eigentlich zurück zu meiner Holunder-Limo müsste:

    Es ist derselbe globale Themenkomplex, der die meisten Demonstranten wie auch Leute wie Macron, Trudeau, de Blasio zu dieser sublimen Gipfelerfahrung geführt hat.

     

    Christian Jacob spricht mir ansonsten aus der Seele. Nur eins ist in Deutschland zuverlässig: Die Tendenz bestimmter Politiker zu Hysterie und Übertreibung.

    Dass sich der Verfassungsschutz immer wieder vermummt (und verjüngt) macht den Braten auch nicht fett. Trenchcoats used to be so much nicer.

    Die Anti-Auto-Gnomen sind auch nicht mehr das, was sie waren. Nur wegen Trump und Theresa ihr Willkommen auf Englisch zu formulieren, ist kriecherisch.

    Wie gesagt: Man langweilt sich doch sehr. Much sound and fury, signifying nothing.

  • Diese Diskussion ist ähnlich unsinnig, wie ob Hitler schlimmer war als Stalin (von den Opferzahlen nimmt sich das nicht viel). Was soll denn daraus folgen? Die einzige Folge ist, dass das klare politische Signal, dieser Straßenterror ist Faschismus und Kriminalität, wieder mal verwässert wird und die klammheimliche Freude mal wieder fröhliche Urstände feiert.

  • N'abend allerseits ...

     

    Der Kommentar ist schon ganz ok. Diese Betroffenheits-Lamentos rundum nerven, schon gar die Sightseeing-Tour des Bundespräsi zur willentlichen eigenen Erschütterung. Gesellschaft des Spektakels einerseits (mal Guy Debord lesen!), andererseits de facto Ablenkung von den tatsächlichen Fakten und dem vielfachen und massenhaften Aufbegehren gegen G20. Und, Überraschung: Deswegen war das alles auch genau so gewollt und perfekt inszeniert. Und kommt einem Einsatzleiter entgegen, der seine persönlichen Komplexe und Neurosen mal wieder mit Feldherrn-Attitüden verkleistern kann.

    Keine Frage: Die Krawallaktionen sind dem Ganzen nicht förderlich und schon gar nicht zu akzeptieren, weil sie vielfach völlig Unbeteiligte treffen, die oft selbst kaum über die Runden kommen. Das ist aber nix Neues bei den Autonomen und Co: Zerschlagt die Sahne, zerschlagt den Quark, zerschlagt den ganzen Kartoffelsalat. Rumtata, tatütata. Spießige Versatzstücke. Versucht's mal mit Spaßguerilla, Dada-Revival, kreativen Interventionen. So jedenfalls lockt ihr seit mindestens zwei Jahrzehnten keinen Normalo hinter dem Ofen hervor. Was jetzt durchau keine Stellungnahme gegen selbstbestimmte Gegenwelten ist, um das hinzuzufügen. Aber nochmal an alle die, die jetzt rumkreischen über den erneuten Untergang des Abendlandes, diesmal eben nicht durch den Muselmann: Wo seid ihr bei den ständig im Mittelmeer Ertunkenen, den Verhungerten, den Selbstmorden in Griechenland, dem Rumvegetieren in Flüchtlingslagern etc. pp.? Die Krawallschäden in Hamburg belaufen sich tatsächlich auf einen minimalen Bereich. Die Lamentos klingen, als sei die ganze Stadt in Schutt und Asche gelegt worden. Was eher auf die Bürgerrechte zutrifft. Habe die Ehre.

  • 8G
    88181 (Profil gelöscht)

    " Sie hat – auch in der taz – die Frage aufgeworfen, warum der strukturellen Gewalt – Hunger, Kriegen, Mittelmeertoten, Frauenmorden, Klimawandel, Umweltzerstörung – so erbärmlich wenig und der Gewalt des Mobs auf der Straße so überbordend viel Aufmerksamkeit beigemessen wird."

     

    Vielleicht ist das ja deshalb so, weil es einen ja auch mehr tangiert, wenn der eigene Nachbar gefoltert und ermordet wird, als wenn das weit weg passiert.

     

    Vielleicht ist das einfach nur menschlich.

     

    Ich bezweifle stark, dass es gelingen kann, durch diese dilettantische Gewalt, die viel schlimmere sichtbar zu machen.

     

    Die RAF wollte den Deutschen Vietnam durch Kaufhausbrände erlebbar machen. Dieser Logik sind bekanntlich nur wenige gefolgt und es kam auch nichts Gutes dabei heraus.

     

    Man muss wohl dickere Bretter bohren um in die Lage zu kommen, die Gesellschaft wirklich zu verändern. Das Abfackeln von diesem oder jenem ist da nicht geeignet.

  • Ich meine, Mittelmeertote, Kriege, Umweltzerstörung und Klimawandel nehmen sehr viel Raum in der Berichterstattung - nicht nur in der Taz - ein. Aktuell wird es nur zwischendurch vom Thema Gewalt bei Demonstrationen überlagert. In 4 Wochen wird es wieder andersherum sein. Insofern scheint Frau Laquer nur auszudrücken, ihr wäre ein anderes Thema lieber.

     

    Herr Jakob, ich meine nicht, dass sie damit recht hat. Es ist das, was die Leute aktuell interessiert. Ich erwarte, dass die Taz dann auch darüber schreibt. Alles andere würde den Eindruck hinterlassen, die Taz versuche etwas totzuschweigen.

  • 3G
    32795 (Profil gelöscht)

    "Sie hat – auch in der taz – die Frage aufgeworfen, warum der strukturellen Gewalt – Hunger, Kriegen, Mittelmeertoten, Frauenmorden, Klimawandel, Umweltzerstörung – so erbärmlich wenig und der Gewalt des Mobs auf der Straße so überbordend viel Aufmerksamkeit beigemessen wird. Und damit hat sie recht."

     

    Fasst euch bei der taz mal schön selbst an die Nase. Der Liveblog am Donnerstag und Freitag folgte fast nur den Polizeiaktionen.

     

    Die Berichte am Donnerstag und Freitag beschäftigten sich überwiegend mit dem Vorgehen der Polizei. Am Samstag kam der Schwenk und am Sonntag war dann plötzlich von einem kriminellen Mob die Rede.

     

    Ihr wart so damit beschäftigt der Polizei eine einzuschenken, da wurde der Gipfel zur Nebensache. Dann beamte Scotti die friedliebenden Autonomen hoch und Satan ließ den kriminellen Mob auf die Schanze los und seit dem Zeitpunkt seid ihr nur noch im Abwehrkampf. Vom Gipfel hört man jedenfalls wieder nur am Rande.

     

    Das ist Journalismus nach dem amerikanischen Trump-Prinzip, es geht nur noch darum irgendwen zu dämonisieren oder irgendwem aus der Patsche zu helfen, um Politikinhalte geht es jedenfalls kaum noch.

  • Spätestens morgen Nachmittag werden die beiden obersten Verunsicherungsminister - Joachim Hermann und Thomas de Maizière - erste gesicherte Beweise für Massenvernichtungswaffen in der Schanze im Bereich der Roten Flora vorlegen können. Und dann kann es ja auch nicht mehr lange dauern, bis Christian Lindner vor laufenden Kameras eigenhändig die ersten Diesel-Fahrzeuge abtransportiert.

    • @Rainer B.:

      Und dann wird Angela Merkel die sofortige Beseitigung aller „rechtsfreien Räume“ in Deutschland nach der Wahl ankündigen. Diese Ankündigung aber mit Rücksicht auf die Interessen diverser Großkonzerne noch vor der Wahl wieder zurücknehmen.

      • @Rainer B.:

        Und eine Woche später wird Peer Steinbrück erklären, dass er doch nicht mehr Kanzlerkandidat der SPD sein will und stattdessen lieber zur HSH-Nordbank wechselt. Die braucht jetzt unbedingt seine Hilfe, weil der gesamte Vorstand als Folge ständiger Entlastungen durch Aufsichtrat und Gerichte komplett vom Erdboden verschwunden ist.

        • @Rainer B.:

          Kurz darauf sieht man Wolfgang Schäuble nervös vor dem Bundestag hin und her rollen. Er singt ein paar Zeilen aus einem Song von Hanns Dieter Hüsch

          „Die sich vom Kirchturm stürzen,

          die Welt noch mit Gelächter würzen

          Und für den Tod beizeiten,

          sich selbst die Glocken läuten

          Die an den Imbißtheken hängen, sich weder vor- noch rückwärtsdrängen

          Und still die Tagessuppe essen,

          dann alles wieder schnell vergessen.“

          • @Rainer B.:

            Jetzt ist es so weit. Es kommt, was kommen musste. Die Grünen fordern Heiko Maas geschlossen auf, sofort den Dealer zu wechseln.

  • Das ist fein, Herr Jakob. Sie verweisen darauf, dass die anderen viel schlimmer sind. Bedauern wird nicht zum Ausdruck gebracht. Nur: war ja alles nicht so schlimm, sah doch am nächsten Morgen wieder alles gut aus. Der Putztrupp war überflüssig (die dort gezeigte Solidarität, passt Ihnen offensichtlich nicht). Der Umstand, dass ein Supermarkt angezündet wurde, über den sich Wohnungen befanden, wird bei Ihrem Vergleich munter ignoriert - dass es keine Toten gab, war schlicht und ergreifend pures Glück.

     

    Befremdlich finde ich es zu dem, dass ein Eingreifen der Polizei von der taz gefordert wird, wenn doch zuvor jegliches Eingreifen als unverhältnismäßig dargestellt wird und in (zumindest einem Artikel) im Vorfeld von G20 für Gewalt Sympathie geäußert wird (mit dem Totschlagargument, dass es wo anderes auf der Welt auch Gewalt gibt).

     

    Eventuell wäre etwas Demut bei der taz angesagt, anstatt mit dem Finger auf andere zu zeigen.

     

    Und ja, ich bin bei Ihnen Terrorismus war das nicht; der Begriff wird inflationär verwendet und ist ein Modebegriff. Nur: Es geht aktuell um das Problem des Linksextremismus. Und bloß weil es andere Probleme gibt, heißt das nicht, dass man sich mit diesem nicht beschäftigen darf/muss.

    • @Strolch:

      Na, dann nochmal für Sie ganz langsam zum Mitdenken.

       

      Menschen Zelte wegnehmen, Schlafen und Essen verweigern, mit hanebüchenen Begründungen, die weder mit der Realität, noch mit der Gegenwart, noch mit den konkreten Personen vor Ort etwas zu tun haben.

       

      NICHT gut.

       

      Eine rechtmäßige, friedliche Versammlung mit ca. 12.000 Teilnehmern auseinanderprügeln, weil man meint, von ca. 5 Personen mit Sonnenbrillen könne eventuell eine Gefahr ausgehen.

       

      NICHT gut.

       

      Anschließend unbeeindruckt mit Wasserwerfern neben brennenden Barrikaden stehen und lieber auf ein paar Schaulustige als auf das Feuer zielen.

       

      NICHT gut.

       

      Danach abrücken und sich lieber um "freie Zufahrtswege" vor Nobelhotels und an der Elbphi kümmern, als um brennende PKW und aufgebrochene Geschäfte in einem Viertel, in dem nunmal keine Großverdiener wohnen.

       

      NICHT gut.

       

      Da muß man keine Randale rechtfertigen oder gar "gut" finden, um das wahrzunehmen, was jedem Unvoreingenommenen ins Auge springen MUSS.

    • @Strolch:

      "Linksextremismus" ist auch so ein Modebegriff und wird zumeist von bürgerlichen Staatsfetischisten verwendet, um die Gewalt des Staates legitimieren zu können und des weiteren, um den "Linksextremismus" mit dem Rechtsextremismus gleichsetzen und verunglimpfen zu können. Und das Tolle an dieser Ideologie ist: "die Mitte" soll so damit fein raus kommen.

    • @Strolch:

      "Bedauern wird nicht zum Ausdruck gebracht." Sie haben der Artikel offensichtlich nicht gelesen.

       

      Und Sie können nicht differenzieren, was das "Eingreifen" der Polizei angeht, obwohl das doch nicht so schwer ist: Dort eingreifen, wo es angebracht ist (nicht bei friedlichen Demonstrationen und berichtenden Journalisten), situationsbedingt klug und verhältnismäßig eingreifen, z.B. bei Gewalt und Sachbeschädigung.

       

      Das wollte die Polizeiführung aber nicht, weil sie keinen ihrer 20000 -30000 Polizisten vom Beschützen einer Handvoll Staatsgäste und Despoten abziehen wollte. Das darf man in einer Demokratie kritisieren, zumal es Hunderte Polizeieinsätze auch in dieser Größenordung gibt, die besser laufen.

    • @Strolch:

      Ja, sie geben ein wunderbares Beispiel für das im Artikel angeprangerte Verhalten ab.

       

      Jeder der bei diesem Konflikt mit einer einfachen Antwort nur der einen oder nur er anderen Seite die Schuld gibt, macht es sich zu einfach und ist nicht wirklich an einer Verbesserung der Verhältnisse interessiert.

  • Zynismus pur. Aber die Veranstalter sehen es auch so. Siehe hier:

    https://g20tohell.blackblogs.org/