Angriff auf Kinder aus Ghana: „Abscheuliche Tat“
In Grevesmühlen sind zwei ghanaische Mädchen von Jugendlichen angegriffen worden. Die Polizei geht von einem rassistischen Motiv aus.
![Portrait von Manuela Schwesig Portrait von Manuela Schwesig](https://taz.de/picture/7065270/14/Rassistischer-Angriff-Kinder-Mecklenburg-1.jpeg)
Der Vater, der die Jugendlichen zur Rede stellte, sei ebenfalls attackiert worden. Er und seine leicht verletzte achtjährige Tochter mussten im Krankenhaus behandelt werden. Die Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung, Volksverhetzung und Beleidigung laufen und die Polizei sucht Zeug*innen.
In Grevesmühlen leben gut 10.000 Menschen. Am Wochenende war Stadtfest, das Grölen rassistischer Parolen zu dem Lied „L’Amour toujours“ offenbar inklusive, jedenfalls hat die Polizei entsprechende Anzeigen aufgenommen. Ob ein Zusammenhang zum Angriff besteht, werde geprüft. Jedenfalls war viel los und vom Stadtkern, wo gefeiert wurde, bis zum Ploggenseering, wo die Mädchen mit ihrer Familie laut NDR seit 2016 leben und nun angegriffen worden sind, sind es nur zehn Minuten zu Fuß.
Die Polizei beschreibt die Bewohner*innenschaft in den vier- und fünfgeschossigen Wohnblöcken am Ploggenseering als heterogen, Menschen unterschiedlicher Nationalitäten wohnten hier. Einen Übergriff wie diesen habe es so noch nicht gegeben.
Gesunkene Hemmschwelle
Die Reaktionen fielen entsprechend aus. Am Samstag schrieb Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) auf der Plattform X, ihre Gedanken und ihr Mitgefühl seien bei den betroffenen Kindern und ihrer Familie. „Diese abscheuliche Tat muss rasch Konsequenzen haben. Rassismus und Gewalt sind widerlich. Das gilt erst recht, wenn Kinder angegriffen werden.“
Der parteilose Bürgermeister von Grevesmühlen, Lars Prahler, besuchte die Familie am Wochenende. „Diese rassistisch motivierte Tat macht mich fassungslos. Das zeugt von bodenlosem Hass und enthemmter Unmenschlichkeit und lässt sich nicht entschuldigen. Auch nicht dadurch, dass es Jugendliche sind“, sagte Prahler dem NDR.
Daniel Trepsdorf vom Demokratiezentrum Westmecklenburg, einer Organisation, die sich für den Kampf gegen Rechts einsetzt, teilte am Sonntag mit, er sehe „Kontinuitätslinien“. Und: „Wir erleben auch bei unseren Beratungen in Schulen aus dem Landkreis Nordwestmecklenburg, wie stark in den letzten Jahren die Hemmschwelle gesunken ist, sich rassistisch, demütigend und mit Gewaltfantasien gegenüber Menschen mit Migrationsbiografie zu äußern.“
Die Polizei hat viele Hinweise, aber keine konkreten Beschreibungen. Die Integrationsbeauftragte Jana Michael appellierte an die Jugendlichen: „Jeder Zeuge, der schweigt, macht sich mitschuldig und verhindert die Aufklärung dieser widerlichen Gewalt an Kindern.“
Update: Am 17. Juni hat die Polizei Rostock ihre Angaben zu dem mutmaßlich rassistischen Angriff teilweise revidiert. Nach der Auswertung von Hinweisen Anwohnender stelle sich der Sachverhalt inzwischen anders dar, so die Polizei. Demnach soll das achtjährige Mädchen keine, wie zuvor angegebene, körperliche Verletzungen erlitten haben, die auf die zuvor geschilderte Tathandlung hindeutete. Weitere Angaben zum Tathergang und die Verletzungen des Vaters der Kinder wurden nicht revidiert.
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