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Aktuelle Obsession mit der RAFAufarbeitung sähe anders aus

Lilly Schröder
Kommentar von Lilly Schröder

Natürlich sind Ex-Terrorist*innen, die Banküberfälle begehen, eine Gefahr. Aber keine, die eine solche Aufblähung des Staatsapparats legitimiert.

In Berlin haben sich tatsächlich Menschen mit der RAF-Terroristin Daniela Klette solidarisiert Foto: Christophe Gateau/dpa

O b Großfahndungen oder Wohnungsdurchsuchungen – der Staat tut alles, um die Bür­ge­r*in­nen vor dem neuen Staatsfeind Nr.1 zu beschützen: den Linksterrorist*innen. Dass es im Jahre 2024 größere Bedrohungen gibt als Capoeira tanzende und Spirelli-Nudeln essende Rent­ne­r*in­nen mit terroristischer Vergangenheit, erscheint dabei nebensächlich. Die Grusel-Faszination für die RAF hat den Staat, die Polizei und die Medien erneut in den Bann gezogen.

Dass die RAF-Terrorist*innen brutale Morde begangen haben und dafür büßen sollten, steht außer Frage. Auch die Heroisierung von RAF-Ter­ro­ris­t*in­nen und Solidarisierungsbekundungen mit ihnen sind unangemessen und für Angehörige der Opfer extrem schmerzlich.

Der mediale Hype und das Auffahren von Polizei und Sicherheitsbehörden für die Ex-Terrorist*innen sind jedoch überzogen. Am Samstagabend mit einem Großaufgebot von 450 Po­li­zis­t*in­nen bei einer RAF-Solidarisierungsdemo mit 200 De­mons­tran­t*in­nen in Berlin-Kreuzberg anzurücken, und das mit der Sorge vor Vermummungen und polizeifeindlichen Sprechchören zu rechtfertigen, ist unverhältnismäßig.

Natürlich sind Ex-Terrorist*innen, die Banküberfälle begehen, eine Gefahr, aber keine, die eine solche Aufblähung des Staatsapparats legitimiert. Anstatt die Verhaftung einer Terroristin aus den 1990ern nach über 30 Jahren als einen „Meilenstein in der deutschen Kriminalitätsgeschichte“ zu feiern, sollte die Polizei ihre Priorität auf die tatsächlichen Staatsfeinde Nr. 1 legen. Derzeit gibt es nämlich größere akute Gefahren als die von links, etwa die rund 600 Neonazis, die sich aktuell einer Festnahme entziehen.

Die Frage bleibt, ob das repressive Vorgehen das wirksamste Mittel ist, um die Gräueltaten der RAF aufzuarbeiten. Ginge es tatsächlich darum, den Forderungen der Angehörigen der Opfer nachzukommen, gäbe es sinnvollere Maßnahmen. Eine bestünde darin, den Ex-Terrorist*innen im Gegenzug für ihre Aussagen einen Rückweg in die Legalität anzubieten.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hießt es, die Terroristin Daniela Klette stammt aus einer RAF-Generation der 1970er Jahre. Das stimmt nicht, sie wird zur 1990er-Generation gezählt. Wir haben die Jahreszahl korrigiert.

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Lilly Schröder
Redakteurin für Feminismus & Gesellschaft im Berlin-Ressort Schreibt über intersektionalen Feminismus, Popkultur und gesellschaftliche Themen in Berlin. Studium der Soziologie und Politik.
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57 Kommentare

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  • Auch die RAF hatte von ihren Eltern den Auftrag erhalten, die Welt "besser" zu machen. Das geht halt nicht.

  • Das ist Ablenkung von den eigentlichen Problemen.

  • "Aufblähung des Staatsapparats"

    ???

    Die Rentnerterroristin mit ihrem Waffenlager im Schlafzimmerschrank wurde von jemand Privaten aufgestöbert. taz.de/Rechercheur...n-Klette/!5993206/

    Der Staat hat nicht einmal die dafür notwendigen Softwaretools.



    Das ist nichts aufgebläht. Das ist ein luftleerer schlapper Luftballon.

  • Die RAF war die letzte Instanz, die dem ausufernden Kapitalfaschismus in dieser verachtenswert widerlichen Gesellschaft, deren einzige Tugenden Narzissmus und Borniertheit sind, Einhalt geboten hat.

    • @LaCucaracha:

      Durch wahlloses Morden.



      Und hier ist so schrecklich, dass niemand nach Deutschland herkommen oder da bleiben will. Sieht man auch an noch viel kapitalfaschistischeren USA: Niemand will in die USA einwandern und die, die da sind, wollen einfach nur so schnell wie möglich raus, weshalb die USA an ihren Grenzen Mauern bauen müssen, so schlimm ist das bei denen. Aber alle wollen eigentlich in die Länder mit besseren Systemen, z.B. China, Venezuela, Nordkorea, Kuba etc. In diesen Ländern läuft es so viel besser, nur die Kapitalfaschisten lassen es einfach nicht zu, dass die Bevölkerung ausreist und dorthin auswandert.

    • @LaCucaracha:

      Indem sie Menschen getötet hat?

    • @LaCucaracha:

      "Die RAF war die letzte Instanz, die dem ausufernden Kapitalfaschismus in dieser verachtenswert widerlichen Gesellschaft, deren einzige Tugenden Narzissmus und Borniertheit sind, Einhalt geboten hat."



      Und wir hoffen alle, dass das so bleibt!



      Abgesehen davon, dass die RAF nicht mal kurzfristig diese Ziele ('Kapitalismus Einhalt gebieten') hat erreichen können, sondern ausschließlich Terror und Gewalt verbreitete, sind selbsternannte Mordbanden unter dem Deckmantel erhöhter Moralität nichts, was eine Gesellschaft gebrauchen könnte.

  • Ist ja auch wirklich wahr, Beteiligungen an Morden und Entführungen, ein paar Banküberfälle, gebunkerte Waffen und Sprengstoffe - also irgendwann sollte mal Schluss sein. Nein, sollte nicht! Das ist keine linke Folklore, das sind und waren Schwerverbrecher!

  • Bei dieser RAF Frau wurden Waffen, Munition, Gold, etc. gefunden. Da wäre ich auch lieber mit einer Hundertschaft gekommen, als Polizei. Zumal es ja viele Unterstützer gibt, wie die Demos gezeigt haben. Ich kann mit dem RAF Scheiß nichts anfangen, die sind genauso Pack wie andere. - Und mir gefällt der "Whataboutism" nicht. Wenn wir alte Nazis und KZ Wächter mit riesigem Aufwand vor Gericht zerren, alte Morde von vor 30 Jahren versuchen aufzuklären, dann müssen wir uns auch die RAF`ler holen. Aufwand egal. Tut nichts zur Sache.

  • Wer hier von fehlender Verhältnismäßigkeit spricht, dem könnte man auch Zustimmung zu der einen oder anderen Tat unterstellen.



    Die Terroristen leben im Untergrund, haben keinen Rentenanspruch und erhalten kein Bürgergeld, die leben von Einbrüchen, Überfällen und Raub, oder erhalten die Spenden von Unterstützern?

    • @Tino Winkler:

      Oder leben und arbeiten unter falscher Identität. Was hier wohl der Fall war (anderer Name).

  • 4G
    47351 (Profil gelöscht)

    Frau Klette wurde nicht primär zur Gefahrenabwehr verhaftet, sondern für zur Last gelegte Taten aus der Vergangenheit.

    Sie war sicher weiterhin gut beraten und weiß am besten, wann diese Tatbestände verjähren. Ansonsten hätte sie ja im Sinne einer Aufarbeitung schon längst dem Beispiel von Barbara Meyer oder Sabine Callsen folgen können.

    Für eine vorauseilende Begnadigung ist da kein Platz.

  • Schön, dass das auch noch jemand anderes so sieht. Ich finde es angesichts der Dinge, die in unserem Land passieren, peinlich, dass so viel Aufwand getrieben (=Geld verschwendet) wird.

    • @Jalella:

      Michael Colborne, der Klette fand sagt: "Alles, was ich verwendet habe, kann jeder andere auch benutzen. Man muss nur etwa 30 Euro dafür bezahlen." ( taz.de/Rechercheur...n-Klette/!5993206/ )

      Viel ist das nicht. 🤓

    • @Jalella:

      Hätten Sie das auch über den Riesenaufwand um Demjanjuk & Co. geschrieben? Ausschwitz und RAF-Terror sind sicher grundverschiedene Maßstäbe, aber KEINER von beiden reicht aus, um zu solchen Taten einfach mal "Lass gut sein." zu sagen.

  • Diese Art von Unverhältnismäßigkeit hat eine lange Tradition. Kennt noch jemand den "OMGUS Report"? Da wird beschrieben wie Nazis in wichtigen Pöstchen eingesetzt wurden. Seitdem hat sich höchstens an der Oberfläche etwas geändert, um die Gewinnsteigerung nicht zu gefährden.



    Unser Staat täte gut daran, an das Glück seiner Bürger und vor allem an Bildung und die alten und neuen Nazis zu denken, bei künftigen Aktionen und Plänen.



    Stattdessen wird reflexartig-blind auf die Linken gehauen. Irgendwie haben die ja bestimmt auch etwas mit den pösen Kommunisten zu tun :-)

    • @realnessuno:

      Ich sage mal: NSU 2.0. Aber die PolizistInnen dort werden nicht nur mit Samthandschuhen, sondern gleich gar nicht angefasst.

  • Danke für diesen Beitrag. Und auffälig, wie sehr das das Kommentariat "triggert" (um mir ein Wort daraus auszuleihen).

    Mensch müsste meinen das gespenst von McCarthys Dackel spuke noch irgendwo herum...

  • 8G
    81283 (Profil gelöscht)

    Und der Chor, leise, aus dem Hintergrund, fern links:

    „ …taz, der kampf geht weiter …“

  • Die "Sicherheitsbehörden" wollen jetzt halt die anderen beiden Vögel fangen, bevor ihnen jemand wie ein chilenischer Sportmoderator mit ein paar Minuten Zeit und ein paar Google-Addins ihnen zuvorkommt. Muß ja nicht nochmal so laufen wie dieses Aufzeigen der völligen Inkompetenz der deutschen sog. Staatsmacht bei der Nummer mit Frau Klette.

  • Es muss wohl an der eigenen Historie liegen, dass dieTAZ sich soviel Gedanken um gefasste Gesetzesbrecher macht. Was würde wohl geschrieben, wenn die von der anderen politischen Seite die gleichen Straftaten begangen hätten? Sehr unsouverän, liebe Redaktion.

    • @vieldenker:

      Meinen Sie die Morde, Brandanschläge und ander Gewaltverbrechen, die ständig von Rechtsterroristen auch in den letzten Jahren begangen wurden sind? Meinen Sie etwa die Rechtsterroristen, die auf der Flucht sind und bei denen schon nach kurzer Zeit die Fahndung eingestellt wird und die zum Teil sogar Hilfe aus Kreisen der Polizei erhalten?

      Da fragt man sich schon welchen Anteil Ihre Historie an Ihrem unsouveränen Beitrag hat. Und wie viel Sie wirklich "denken".

      • @Bartleby208:

        Unbedacht ist wohl eher ihr Versuch der persönlichen Diskreditierung. Aber vielleicht lag‘s ja an der Uhrzeit.

      • @Bartleby208:

        Sie meinen, weil die Rechtsterroristen nicht genug verfolgt würden, müsste man als Ausgleich die Linksterroristen auch laufen lassen? Währe ein komisches rechtsstaatliches Verständnis.

      • @Bartleby208:

        Äpfel und Birnen. Das besondere an den aktuellen Ergreifungsbemühungen ist, dass es Jahrzehnte später (erst) gelingt, bekannte Terrorverdächtige dingfest zu machen. Bei aktuellen Rechtsterroristen ist eher das Problem, dass sie eben KEINE Bekennerschreiben oder sonstige Spuren dalassen und man oft genug auf die Hilfe hellseherischer Fähigkeiten oder galoppierender Dummheit angewiesen ist, um herauszufinden, nach wem man eigentlich sucht.

        Wenn überhaupt kann man das Spektakel gerade mit Späterfolgen in der Ahnung von Nazi-Verbrechen vergleichen - und ja, die sind wohl auch gemeint (und mittlerweile größtenteils biologisch erledigt). Denn mal ehrlich: Hatten Sie bei den kaum noch lauffähigen Greisen von John Demjanjuk bis Brunos S. auch so einen "Ey, echt jetzt noch?"- Moment, oder war für Sie bei DENEN nicht vielmehr klar, dass Strafanspruch und zugehöriger Ermittlungsaufwand nicht vor der vermeintlichen Harmlosigkeit des alternden Täters haltmachen?

    • @vieldenker:

      nein. die taz setzt sich ernsthaft mit dem thema auseinander. es gibt noch andere medien, die das tun, z.b.:



      ""Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut"



      Eine angemeldete, friedliche Demonstration müsse man akzeptieren, sagt Michael Buback.

      Trotzdem dürfe man Sympathie-Aktionen nicht verbieten: "Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut in Deutschland. Wenn eine solche Demonstration ordnungsgemäß angekündigt und genehmigt ist und auch nicht zu Ausschreitungen führt, dann muss man das akzeptieren", betonte Buback. "Auch wenn man mit den Parolen, die dort verbreitet werden, nicht einverstanden ist oder sie nicht selbst äußern würde.""



      www.ndr.de/nachric...tieren,raf466.html

    • @vieldenker:

      „Was würde wohl geschrieben, wenn die von der anderen politischen Seite die gleichen Straftaten begangen hätten?



      HÄTTEN?



      Der Rechtsterrorismus hat mindesten 200 Menschen in den letzten Jahren das Leben gekostet.

      • @Tiene Wiecherts:

        genau! allerdings wurde diese zahl nicht von den offiziell zuständigen stellen angegeben, sondern durch journalistInnen herausgefunden.



        aklein das ist schon eine schande! die sog. "dienste" hatten währenddessen die augen fest geschlossen, bzw. waren auf dem rechten auten total blind.

      • @Tiene Wiecherts:

        Zugegeben, eine unscharfe Formulierung. Es geht nicht um die Nichtwahrnehmung rechtsterroristischer Gewalt, sondern um die Frage, ob man schwere Gewalttaten quasi vergessen sollte, weil sie von der „richtigen“ Seite verübt wurden und „die Anderen“ ja noch viel schlimmer sind.

  • "Ginge es tatsächlich darum, den Forderungen der Angehörigen der Opfer nachzukommen, gäbe es sinnvollere Maßnahmen. Eine bestünde darin, den Ex-Terroristen im Gegenzug für ihre Aussagen einen Rückweg in die Legalität anzubieten."

    Aber vor Gericht soll sie schon noch, oder?

  • Das Thema triggert insbesondere die taz und ihre Lese- und Kommentarkreise. Ich bekomme sonst relativ wenig von der Aufregung mit, andere Zeitungen verlautbaren dies mittlerweile in den inneren Seiten (gut, BILD u.a. Springermedien lese ich nicht). Selbst in meine social media Kanälen wird mir das Thema nicht (mehr) reingespült.



    Aber gut - macht Aufarbeitung. Doch ich lese dann leider (neben den ganzen Relativierungen und üblichen Whataboutism) nur über eine "Aufarbeitung" der Handlungen der Gegenseite, vulgo des Staatsapparates. Ich lese nirgends eine Selbstbefragung über Mittel, Ziele, Illusionen, Fehler, Schuld, gewonne Einsichten und Schlußfolgerungen für einen selbst. Dann sollte man es aber auch nicht Aufarbeitung nennen.

    • @Hans aus Jena:

      > Ich lese nirgends eine Selbstbefragung

      Diese Selbstbefragung wurde doch nach der Zeit der RAF vielfach gemacht.

      Warum ist wohl unter den meisten Linken Gewalt gegen Personen tabu?

      Dass das nicht groß im Internet steht mag daran liegen, dass das World Wide Web wie wir es heute kennen erst seit 1990 für die Öffentlichkeit nutzbar ist.

      de.wikipedia.org/w...ierung_und_das_WWW

      Und die alten Texte im Usenet tauchen nicht in Suchmaschinen auf.

      Die RAF, das war vor dem Internet. Wenn du die Selbstbefragung finden willst, gehst du wahrscheinlich besser in Archiven von Untergrundzeitschriften suchen.

    • @Hans aus Jena:

      Natürlich triggert das Thema woanders nicht -- es läuft ja auch wie gewünscht: der Linksterrorismus ist wieder da!

      Ich finde es vollkommen in Ordnung, dass man sich darüber aufregt, dass man per Haftbefehl "gesuchte" Nazis nicht findet und wegen befürchteter Verstöße gegen das Vermummungsverbot und polzeifeindlichen Sprechchören für 200 Demonstranten 400 Polizisten aufbietet -- während man bei Bauernprotesten nicht einmal Blockaden oder gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr unterbindet.

      Bald kommt dann wieder die CDU, um kräftig zu hufeisen ...

    • @Hans aus Jena:

      sie fassen perfekt zusammen was hier gerade gemacht wird, eine ehrliche offene aufarbeitung wird mit scheuklappen umschifft. das ist offensichtlich, bleibt das warum, ehrliche antworten darauf könnten die eigene agenda erschüttern und einen shitstorm in der bubble auslösen...das möchte doch niemand.

  • Wer in seiner Wohnung ein Sturmgewehr mit Munition, eine geladene Pistole und eine Panzerfaust aufbewahrt, hat sich nicht von seiner Vergangenheit distanziert. Seid wann sind Rentner pauschal bessere Menschen?

    • 6G
      698967 (Profil gelöscht)
      @Nachtsonne:

      Danke für den Kommentar. Genau so ist es. Schon bezeichnend, dass das Capoeira Tanzen gerne so verharmlosend in den Vordergrund geschoben wird. Die daheim gelagerten Waffen, inklusive Panzerfaust (!!!!) werden hingegen gerne unter den Tisch fallen gelassen.

    • @Nachtsonne:

      Sie hatte zumindest so viel Abstand zu ihrer Vergangenheit aufgebaut, dass sie sich ohne Umstände hat abführen lassen. Obwohl sie die Waffen hätte nutzen können.

      Kann es sein, dass sie die Panzerfaust und das Sturmgewehr noch hatte, weil es ohne Untergrundkontakte schwer ist, Kriegswaffen loszuwerden, ohne aufzufallen?

      (eine *geladene* Pistole widerspricht diesem Bild allerdings etwas)

      • @Arne Babenhauserheide:

        Naja, es war offenbar kein Problem diese Kriegswaffen zu diversen Raubüberfällen mitzunehmen.. Das Argument "zieht" also nicht.

      • @Arne Babenhauserheide:

        Nunja, wenn man nicht davon ausgeht gefasst zu werden und die Polizei dann aus dem nichts vor der Tür steht, dann muss man die Waffen direkt greifbar haben um sich zu wehren. Das dürfte nicht der Fall gewesen sein. Aus einem nicht zur Waffe greifen kann man nicht auf ein abschwören schließen.



        Und wie sie sagen, auch die geladene Waffe widerspricht dem. Und das Klette keine Untergrundkontakte hat auch, denn sie muss ja alles über den Untergrund organisiert haben.

        Immerhin hat Klette zuletzt 2016 die Waffen benutzt um einen Geldtransporter zu überfallen. Also einen Nutzen hatten die schon noch. Ob sie abgedrückt hätte, weiß ich nicht, aber mit dem Arsenal ist es schon richtig so, wie hier vorgegangen wurde.

      • @Arne Babenhauserheide:

        Ich habe keine Erfahrung im unauffälligen Entsorgen von Kriegswaffen, aber hätte sie die Teile nicht in Einzelteile zerlegen und die nach und nach "unauffällig" irgendwo im nicht gerade kleinen Berlin wegwerfen können? Immerhin hat sie gut 30 Jahre unbehelligt leben können. Hier in Mainz hat sich seit einigen jahren die Unsitte eingebürgert, Säcke mit Hausmüll neben öffentliche Papierkörbe zu stellen, oder einfach "in die Botanik" zu schmeißen. Würde mich wundern, wenn das in Berlin nicht auch vorkommt.

        Sie hätte sich ja auch einfach stellen können. Aber so weit ging die "Distanzierung" dann wohl doch nicht.

  • Ein Detail:



    "Anstatt die Verhaftung einer Terroristin aus den 1970ern nach über 30 Jahren..."

    Das stimmt so ja nicht. Sie wird verdächtigt, seit ca. 1990 an Anschlägen der RAF beteiligt gewesen zu sein

  • Wo ist denn nun die "Aufblähung des Staatsapparats"?

    Weil die Polizei die Teilnehmerzahl einer einzenen Demo überschätzt hat?

    Dass die Polizei nun nach den anderen beiden sucht, wo es aktuell neue Hinweise gibt, erwarte ich von ihr.

    Dafür wird sie bezahlt.

    Wäre merkwürdig, wenn nicht.

    Übrigens sollen auch Nazis manchmal alt werden, tanzen und Spirelli-Nudeln essen.

    Gilt das für die dann auch?

    • @rero:

      Nazis keinen Raum geben. Auch nicht zum Tanzen oder Spirelli-Essen.

      Grund: Wenn jeder sie so behandelt, als seien sie unerwünscht, werden sie ihr eigenes Weltbild hinterfragen müssen, um wieder in der Gesellschaft akzeptiert zu werden.

      • @Troll Eulenspiegel:

        Richtig. Gilt sorum dann aber halt auch wieder für Linke, denen die Wahl der Mittel aus dem Ruder geraten ist, bzw. die sich einbilden, über dem Gesetz zu stehen. Auch denen kann man aus rechtsstaatlicher Sicht den Raum nicht geben oder lassen.

        • @Normalo:

          Mal unabhängig davon, dass die Gleichsetzung linker und rechter Gesinnung total Banane ist und der Extremismustheorie zuzuordnen ist, hier eine Differenzierung:

          Die Linke der RAF standen grundsätzlich gegen den Kapitalismus, Stalinisten unter den RAF gingen halt auch über Leichen. Die Rechten sind grundsätzlich gegen Menschenleben von Menschen anderer Herkunft.

          Die Gesellschaft sollte Antikapitalismus mit offenen Armen empfangen. Dann klappt es auch mit einer gesellschaftlichen Akzeptanz der RAF, ohne dass diese morden muss.

          Würde die Gesellschaft rechte Idioten mit offenen Armen empfangen, gibt es nur noch mehr Tote. Siehe das Mittelmeer.

          • @Troll Eulenspiegel:

            Genau DESHALB (also weil es immer noch Leute gibt, die wie augenscheinlich auch Sie denken, Terror und Gewalt seien nur abhängig von ihrem politischen Ziel wirklich inakzeptabel) muss der Aufwand weiter betrieben werden: Damit möglichst Wenige auf die depperte Idee kommen, der Rechtsstaat (/das "Schweinesystem") wäre Verbrechern mit der vermeintlich "richtigen" Motivlage gegenüber nachgiebig oder vergesslich.

            Sie können noch so gegen Rechte wettern (und damit auch inhaltlich völlig richtig liegen), das macht das "über Leichen Gehen" für andere politische Agenden keinen Deut weniger menschenverachtend, als es ist und als das es verfolgt gehört. Justitia trägt ihre Augenbinde genau, weil es auch im Positiven keine Gesinnungsjustiz geben darf - und um JEDEM selbsterklärt "Edleren", "Klügeren" oder "Mutigeren" (oder sagen wir doch einfach: "Gleicheren") klarzumachen, dass Einbildung keine Sonderrechte vermittelt, auf anderer Menschenrechte herumzutrampeln.

            Um dem absehbaren Whataboutism zu or zukommen: Der Rechtsstaat macht das nicht perfekt, weil er von Menschen betrieben wird, die menschliche Schwächen haben. Aber das heißt noch lange nicht, dass er Fehler an der einen Stelle mit noch mehr Fehlern an anderer Stelle kompensieren sollte.

        • @Normalo:

          Es ist eine Frage der Verhältnismäßigkeit der Mittel: wenn für den konkreten Schutz einer Grünen-Veranstaltung vor Rechtsextremen nicht genug Polizei zur Verfügung steht, so dass die Veranstaltung abgebrochen werden muss, aber deutlich mehr Polizei für die Jagd nach seit Jahrzehnten nicht mehr aktiven Linksextremen abgestellt wird, haben die Entscheidungsträger das Maß verloren.

          Denn Aktionen von Rechtsextremen bedeuten Lebensgefahr. Seit 1990 sind es in Deutschland Rechtsextreme, die morden. Rechtsextreme haben seit 1990 über 190 Menschen ermordet. Linksextreme keine.

          Deswegen sind beide nicht vergleichbar und der Kampf gegen Rechtsextremismus ist heute bedeutend wichtiger.

          • @Arne Babenhauserheide:

            Wenn Sie also in einer Bank stehen und von einer Maschinenpistole bedroht sind, schauen Sie auf die Schuhe und denken Sie: Rote Schnürsenkel, wenn ich hier sterbe, bin ich wenigstens von dem richtigen getötet worden, ich kann mich entspannen, und bei weißen Schnürsenkeln: Scheiße ein Nazi, jetzt habe ich Angst! Mir wäre ja recht egal, wer die Maschinenpistole hält, ich hätte immer schiß.

            Zu der Grünen-Veranstaltung: War dann im Vorfeld (!) der Ausmaß des Protests bekannt? Die Polizei kann nicht zaubern. Bei den nächsten Parteitagen wird sicher ein anderes Sicherheitskonzept aufgesetzt.

          • @Arne Babenhauserheide:

            Sie meinen also ernsthaft, dieselben Polizisten, die jetzt auf die Fahndung angesetzt werden, würden sonst in Rüstung vor einem Grünen-Parteitag stehen? Danke im Namen aller Polizisten für das Kompliment, was Sie die alle für omnipräsente Tausendsassas halten, aber so funktioniert Polizei nicht.

            • @Normalo:

              Nachtrag: Und zum Thema "wichtiger“: Ein Banküberfall ist ein Banküberfall, und ein Mordversuch ein Mordversuch. Und wenn ich den oder die Täter von beidem dingfest machen kann und das dann auch tue, dann ist daran REIN GAR NICHTS "unverhältnismäßig". Hört endlich auf zu glauben, dass es sowas wie "bessere" Verbrechen gäbe, wenn man nur politisch richtig tickt!!

  • Das Thema scheint die taz Community inkl. Redaktion ganz schön aufzuwühlen!



    Ungeachtet dessen hat Frau Klette aber aktuell noch ein Waffenarsenal zu Hause liegen gehabt, welches auch durch Capoeira Tanzen nicht ansatzweise rechtfertigbar /kompensierbar ist, gleichzeitig aber das Narrativ der grundsätzlichen terroristischen Gefahr eindeutig bedient.



    Wäre Frau Klette so reumütig, wie hier unterstellt wird, hätte sie sich auch freiwillig stellen können, den Waffenbesitz offengelegt und damit eine günstige Ausgangsposition für sich schaffen können. Danach sah es aber nicht aus und das rechtfertigt die staatlichen Maßnahmen definitiv.



    Im Übrigen ist der in den letzten Tagen - und hier auch wieder erfolgte Versuch der Relativierung des Verweis auf den Rechtsextremismus - einfach nur unerträglich. Extremismus ob links oder rechts braucht niemand, aktuell trifft es halt die linke Seite!

    • @Flocke:

      Es trifft eine linke Seite, die seit dem Ende der RAF der Gewalt gegen Personen größtenteils abgeschworen hat.

      Vielleicht versteht die Polizei das nach dem Einsatz mit zwei Polizeikräften pro Demonstrant endlich.

      Seit 1990 sind es in Deutschland Rechtsextreme, die morden. Rechtsextreme haben seit 1990 über 190 Menschen ermordet. Linksextreme keine.

      Deswegen sind beide nicht vergleichbar und der Kampf gegen Rechtsextremismus ist bedeutend wichtiger.

      • @Arne Babenhauserheide:

        "...eine linke Seite, die seit dem Ende der RAF der Gewalt gegen Personen größtenteils abgeschworen hat."



        Größtenteils. Ah ja.



        Was ist mit dem Rest?

      • @Arne Babenhauserheide:

        Was an dem Wort "Kalaschnikow" klingt denn für Sie so speziell gewaltablehnend?

        Außerdem ist Ihre Sicht auf das "Linkssein" der Baader-Meinhof-Bande auch nicht die einzig gültige. Eine andere ist, dass das brutale Berufsverbrecher waren, die primär Raubüberfälle begingen und daneben in einer naiven links-revolutionär vor sich hin träumenden Szene von Möchtegernrebellen ihre Helferlein rekrutierten und für die Stasi den Bürgerschreck mimten. Immer mal wieder einen Anschlag zu verüben und Menschen zu töten war so gesehen eher Imagepflege. Janz feine Leute, also...

        Wohlgemerkt: Wenn es so wäre, machte das ihre Taten auch nicht besser oder schlechter. Die verbrähmten Egotripper gehören genauso hinter Gitter wie die ideologisch sauber durchgestylte, selbsterklärte Stadtguerilla.

    • @Flocke:

      Wer weiß, wer weiß, wo PimEye sie denn so entdeckt...

    • @Flocke:

      Volle Zustimmung. Raubüberfälle und Mordversuche bleiben was sie sind: Verbrechen…

  • Ein kontroverser Beitrag. Richtige Intention, aber dann einige doch sehr "plakative" Aussagen.

    "Ob Großfahndungen oder Wohnungsdurchsuchungen – der Staat tut alles, um die Bür­ge­r*in­nen vor dem neuen Staatsfeind Nr.1 zu beschützen: den Linksterrorist*innen."

    Darum geht es wohl weniger bei dem Versuch der Habhaftwerdung, als um die Aufarbeitung der vergangenen Ereignisse. Speziell die ungeklärten Morde.

    "Derzeit gibt es nämlich größere akute Gefahren als die von links, etwa die rund 400 Neonazis, die sich aktuell einer Festnahme entziehen."

    Stimmt, aber der "aufgeblähte" Staatsapparat sollte wohl in der Lage sein, sich beiden mit Sorgfalt zu widmen. Insofern ist es unnütz, das Eine gegen das Andere "ausspielen" zu wollen.

    "Ginge es tatsächlich darum, den Forderungen der Angehörigen der Opfer nachzukommen, gäbe es sinnvollere Maßnahmen. Eine bestünde darin, den Ex-Terrorist*innen im Gegenzug für ihre Aussagen einen Rückweg in die Legalität anzubieten."

    Wir leben nunmal nicht im rechtsfreien Raum und Justitia beteiligt sich im allgemeinen nicht an" wünsch dir was" Vorstellungen, sondern handelt im Rahmen des Strafrechts. Bei Kooperation eine Strafmilderung in Aussicht zu stellen ist beispielsweise ein gängiges Prinzip. Und der Rückweg in die Legalität ist einfach: sich stellen!

    Zu der Solidaritätskundgebung: wäre die Polizei nur mit einer Hundertschaft angerückt und die Demo wäre eskaliert, würden die selben Leute die jetzt "zuviel" schreien der Polizei vorwerfen, es wären zu wenig Kräfte vor Ort gewesen.

    Mein Fazit: Es wäre jetzt allmählich angebracht, die Berichterstattung auf Sparflamme zu kochen und das Thema RAF nicht noch "künstlich" am laufen zu halten.