Aktuelle Obsession mit der RAF: Aufarbeitung sähe anders aus
Natürlich sind Ex-Terrorist*innen, die Banküberfälle begehen, eine Gefahr. Aber keine, die eine solche Aufblähung des Staatsapparats legitimiert.
O b Großfahndungen oder Wohnungsdurchsuchungen – der Staat tut alles, um die Bürger*innen vor dem neuen Staatsfeind Nr.1 zu beschützen: den Linksterrorist*innen. Dass es im Jahre 2024 größere Bedrohungen gibt als Capoeira tanzende und Spirelli-Nudeln essende Rentner*innen mit terroristischer Vergangenheit, erscheint dabei nebensächlich. Die Grusel-Faszination für die RAF hat den Staat, die Polizei und die Medien erneut in den Bann gezogen.
Dass die RAF-Terrorist*innen brutale Morde begangen haben und dafür büßen sollten, steht außer Frage. Auch die Heroisierung von RAF-Terrorist*innen und Solidarisierungsbekundungen mit ihnen sind unangemessen und für Angehörige der Opfer extrem schmerzlich.
Der mediale Hype und das Auffahren von Polizei und Sicherheitsbehörden für die Ex-Terrorist*innen sind jedoch überzogen. Am Samstagabend mit einem Großaufgebot von 450 Polizist*innen bei einer RAF-Solidarisierungsdemo mit 200 Demonstrant*innen in Berlin-Kreuzberg anzurücken, und das mit der Sorge vor Vermummungen und polizeifeindlichen Sprechchören zu rechtfertigen, ist unverhältnismäßig.
Natürlich sind Ex-Terrorist*innen, die Banküberfälle begehen, eine Gefahr, aber keine, die eine solche Aufblähung des Staatsapparats legitimiert. Anstatt die Verhaftung einer Terroristin aus den 1990ern nach über 30 Jahren als einen „Meilenstein in der deutschen Kriminalitätsgeschichte“ zu feiern, sollte die Polizei ihre Priorität auf die tatsächlichen Staatsfeinde Nr. 1 legen. Derzeit gibt es nämlich größere akute Gefahren als die von links, etwa die rund 600 Neonazis, die sich aktuell einer Festnahme entziehen.
Die Frage bleibt, ob das repressive Vorgehen das wirksamste Mittel ist, um die Gräueltaten der RAF aufzuarbeiten. Ginge es tatsächlich darum, den Forderungen der Angehörigen der Opfer nachzukommen, gäbe es sinnvollere Maßnahmen. Eine bestünde darin, den Ex-Terrorist*innen im Gegenzug für ihre Aussagen einen Rückweg in die Legalität anzubieten.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes hießt es, die Terroristin Daniela Klette stammt aus einer RAF-Generation der 1970er Jahre. Das stimmt nicht, sie wird zur 1990er-Generation gezählt. Wir haben die Jahreszahl korrigiert.
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