Agentin-Verschwörung um Taylor Swift: Was angeblich jeder weiß
Das Trump-Volk fürchtet Taylor Swift. Der Megastar soll in geheimer Mission für Präsident Biden unterwegs sein. Ist da vielleicht was dran?
Taylor Swift ist der Megastar der Musikindustrie. Die 34-jährige Musikerin ist zurzeit überall präsent. Diese Popularität macht sich inzwischen auch die rechte politische Szene in den USA zu nutze. Seit mehreren Wochen kursiert eine Verschwörungstheorie, die staunen lässt.
Laut mehreren konservativen Onlinepersönlichkeiten und Medien soll Swift Teil einer von den Demokraten und US-Präsident Joe Biden inszenierten Geheimoperation sein, die den Musikstar für seine politischen Ziele missbraucht. Swift ist demnach eine Geheimagentin, die Millionen von Fans dazu bringen soll, im November für Biden zu stimmen und damit einen möglichen Wahlsieg von Ex-Präsident Donald Trump zu verhindern.
Beweise für diese wilden Spekulationen gibt es keine. Für konservative Radio-Talkshows und Fernsehsender wie Fox News, Newsmax oder OANN ist dies allerdings kein Grund, nicht ausführlich darüber zu berichten. Nachdem die Verschwörungstheorie anfangs nur im rechten Lager der Republikaner Anklang gefunden hatte, ist sie mittlerweile Mainstream. Fox-News-Moderator Jesse Watters erklärte in seiner Sendung „Jesse Watters Primetime“ am 9. Januar, dass das US-Verteidigungsministerium bereits vor mehr als vier Jahren die Idee hatte, Swift als Agentin zu gewinnen.
„Es ist wahr. Die Abteilung für Propaganda innerhalb des Pentagon hatte den Verbündeten der Nato vorgeschlagen, Taylor Swift als Geheimagentin zur Bekämpfung von Falschnachrichten im Internet zu rekrutieren“, sagte Watters in der Sendung.
Einfach abschütteln
Nur einen Tag später dementierte das US-Verteidigungsministerium bereits diese Spekulation und zitierte dabei Swifts Hitsong „Shake It Off“, zu Deutsch, abschütteln. „Bezüglich der Verschwörungstheorie: wir werden sie einfach abschütteln“, sagte die Pressesprecherin des Pentagon, Sabrina Singh.
Damit hätte die ganze Sache vorbei sein können. Doch das Dementi aus dem Pentagon scheint vielmehr Benzin ins Feuer gegossen zu haben. Das Internet ist mittlerweile voll von Spekulationen über Swift, ihre Beziehung zu American-Football-Star Travis Kelce, dem bevorstehenden Super Bowl und der diesjährigen Wahl.
Ben Johnson, ein konservativer YouTuber und Influencer, mit mehr als 2 Millionen Followern auf X, ehemals Twitter, setzte noch einen obendrauf, als er in einem Video die Verschwörungstheorie scheinbar bestätigte und auch Profiliga NFL und Kelce als Teil des Ganzen nannte.
„Mittlerweile weiß jeder, dass Taylor Swift eine Geheimagentin der Regierung ist. […] Man muss kein Verschwörungstheoretiker sein, um das Ganze zusammenzufügen. Man muss nur aufmerksam sein“, schrieb er in einem Post am Montag.
Gewagte Theorie
Laut Johnson werden die Kansas City Chiefs den Super Bowl am 11. Februar gegen die San Francisco 49ers gewinnen. Die NFL würde schon dafür sorgen. Danach werde es zu einer Verlobung zwischen Kelce und Swift kommen, und wenn beide am Zenit der medialen Aufmerksamkeit sind, werden sie Joe Biden unterstützen, um dessen Wahlkampf zu retten.
Es ist eine gewagte Theorie, die nur am Rande etwas mit der Realität zu tun hat. Für Maga-Anhänger, also Trumps loyalste Unterstützer, ist es trotzdem ein Schreckensszenario. Sie fürchten sich vor Taylor Swift und ihrem großen Einfluss auf, vor allem, junge Wähler.
„Diejenigen, die diese Verschwörungstheorien verbreiten, haben eine sehr reale Angst, dass sie ihre Fans in Biden-Wähler verwandeln könnte. Dies jedoch mit einer an den Haaren herbeigezogenen Verschwörungstheorie zu verhindern lässt sie völlig lächerlich aussehen“, sagt der frühere republikanische Kommunikationsexperte Douglas Heye im Gespräch mit der taz.
Swifts Rückendeckung ist kein automatischer Siegbringer
Die Angst der Republikaner, dass Swift die Wahl beeinflussen könnte, ist dabei nicht komplett unbegründet. Bereits zu den Midterm-Wahlen 2018 und zur Präsidentschaftswahl 2020 hatte sich die Sängerin politisch engagiert und jeweils demokratische Kandidaten unterstützt. Biden besiegte Trump 2020. 2018 konnte einer von zwei Kongresskandidaten in Tennessee seine Wahl gewinnen. Swifts Rückendeckung ist also kein automatischer Siegbringer.
Laut einer Newsweek-Umfrage würden 18 Prozent der Befragten ihre Stimme eher einem Kandidaten geben, der die Unterstützung des Popstars genießt. Bei Menschen unter 35 Jahre steigt diese Zahl auf knapp 30 Prozent.
„Wenn wir auf 2016 zurückblicken, dann hat Hillary Clintons Wahlkampfteam überall Prominente eingesetzt. Vor allem an den letzten beiden Wochenenden im Wahlkampf war es fast unmöglich, in den so wichtigen Swing States eine Hillary-Kundgebung zu besuchen, bei der es nicht auch ein Promi-Konzert gab. Und was passierte am Ende? Sie hat verloren“, sagte Heye.
Biden hofft auf Swifts Unterstützung
Allerdings habe kein Prominenter, auch nicht Swift selbst, vor vier oder acht Jahren annähernd so viel Einfluss gehabt wie sie heute. „Taylor befindet sich gerade auf einem globalen Höhepunkt, den wir in diesem Land seit Elvis oder den Beatles nicht mehr gesehen haben“, so Heye weiter.
Das wissen natürlich auch die jeweiligen Wahlkampfteams der Kandidaten. Wie die New York Times in dieser Woche berichtete, hätte Präsident Biden gerne erneut die Unterstützung des Megastars. Bislang hat sich Swift nicht öffentlich zum Wahlkampf geäußert.
Auch Ex-Präsident Trump hat bisher zu den Verschwörungstheorien seiner Unterstützer keine Stellung bezogen. Und geht es nach Heye, dann sollte er dies beibehalten. „Es gibt einige vielversprechende Themen, mit denen Trump die Wähler von Bidens Schwächen als Präsident überzeugen könnte. Die Wirtschaft und die Migrationskrise sind zwei Dinge, die einem sofort einfallen. Swift ist es bestimmt nicht.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Benjamin Netanjahu
Er wird nicht mehr kommen
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Scholz bezeichnet russischen Raketeneinsatz als „furchtbare Eskalation“