AfD-Vorsitz im Innenausschuss: Skandalöses Versagen der Ampel

Ausgerechnet die AfD stellt künftig den Vorsitz des Innenausschusses. Unfassbar, dass die Koalition das nicht verhindert hat.

Bundestagsabgeordnete Christina Baum am Rednerpult

Auf Kriegsfuß mit der bundesdeutschen Demokratie: AfD-Abgeordnete Christina Baum Foto: Marijan Murat/dpa/picture alliance

Den „Hass, wie wir ihn zuletzt nicht nur auf Straßen und Plätzen, sondern auch vor privaten Wohnungen von Politikern gesehen haben“, beklagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Mittwoch anlässlich der Ernennung der neuen Regierung.

Was er unerwähnt ließ: Dieser Hass hat einen parlamentarischen Arm. Erst am Dienstag demonstrierte die AfD-Abgeordnete Christina Baum bei der Coronadiskussion im Bundestag, dass ihre Partei mit der bundesdeutschen Demokratie auf Kriegsfuß steht. Von „Vollstreckern und Mitläufern dieses Corona-Regimes“ fabulierte die Rechtsaußenpolitikerin, von Terror, Willkür und einer „Knechtschaft des Volkes“. Das waren Worte des Hasses und der Hetze, die ihre Partei wie eine zeitgenössische Variante des Nationalsozialismus erscheinen lassen.

Es ist ein schlechter Witz, dass nun ausgerechnet die AfD künftig im Bundestag den Vorsitz des Innenausschusses stellen wird. Das nicht verhindert zu haben, ist ein politisches Versagen der neuen Ampelkoalition.

Denn die Vorsitzendenposten in den Ausschüssen werden in mehreren Runden nach der Größe der Fraktionen vergeben. Dabei erhält traditionell die größte Oppositionsfraktion, also nun die Union, den Vorsitz im Haushaltsausschuss. Bei den restlichen Ausschüssen gab es die freie Wahl. SPD, Grüne und FDP, die vor der AfD das Zugriffsrecht hatten, hätten also nur die richtigen Prioritäten setzen müssen.

Gesundheitsausschuss geht ebenfalls an die AfD

Haben sie aber nicht. So war den Grünen der Europaausschuss wichtiger, damit ihr Ex-Fraktionschef Anton Hofreiter ein repräsentatives Trostpflaster für seine Ausbootung bei der Ministerpostenvergabe erhält.

Dass auch noch der Vorsitz im Gesundheitsausschuss in die Hände der AfD fällt, setzt dem Ganzen die Krone auf. Dass mitten in der Coronapandemie weder die Ampelparteien noch die Union diese Funktion für wichtig genug halten, um sie nicht den parlamentarischen Re­prä­sen­tan­t:in­nen der „Querdenker“-Bewegung zu überlassen, ist skandalös. Das ist kein guter Start in die neue Legislaturperiode.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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