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23.12.2024 , 21:46 Uhr
Es bleibt alles ganz anders
„Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ Ob nun Albert Einstein, Benjamin Franklin, alten chinesischen Philosophen oder sonst wem auch immer zugeschrieben, trifft dieser Satz bei der Charakterisierung der jüngsten Regierungsbildung an der Seine doch den Nagel auf den Kopf. Denn es handelt sich bei diesem Recycling verbrauchter Polit-Köpfe der Macronie, wie man hier nicht sehr wertschätzend sagt, um einen oberflächlichen Kulissenwechsel mit der unverhohlenen Message: Es muß was geschehen, aber es darf nichts passieren.
Bleibt das Fazit: Plus ça change plus ça rest la même chose.
Was Neues gibt’s dann doch: Daß Xavier Bertrand auf Betreiben von MLP, wie F. Bayrou auch noch freimütig zugibt, wieder ausgeladen wurde, bedeutet im Umkehrschluß, das französische Pendant zur AfD hat nunmehr ein Veto-Recht bei allen wichtigen Regierungsentscheidungen, sitzt quasi als Phantom mit am Kabinettstisch.
zum Beitrag14.12.2024 , 18:56 Uhr
Der neue Premierminister - ein verkappter Souveränist?
Die Nominierung F. Bayrous beherbergt weitere biografische Pikanterien: Vor den Europa-Wahlen 2009 führte er eine Kampagne gegen den damaligen Kommissions-Präsidenten Barroso, dem er vorwarf, „im Solde Amerikas“ zu stehen. Gleich darauf widersetzte er sich der von Präsident Sarkozy betriebenen Wiedereingliederung in die integrierte Kommandostruktur der NATO, aus der sich Frankreich unter der Präsidentschaft General de Gaulles 1966 zurückgezogen hatte, gleichwohl Mitglied der NATO als politisches Bündnis bleibend. Bayrou wollte über diese Frage in einem Referendum den Wähler abstimmen lassen. (Quellen: „Le Figaro“, „L’Express“)
Ist also bei der Nominierung Bayrous ein leiser souveränistischer Unterton zu hören? Winkt da jemand mit dem Zaunpfahl?
zum Beitrag13.12.2024 , 17:43 Uhr
Biografische Pikanterien
Wie Le Pens RN ist die zentristische „MoDem“ mit dem nunmehr zum Premierminister ernannten François Bayrou als langjährigem Parteiführer in Affären um die Veruntreuung öffentlicher Gelder verwickelt. Auch hier geht’s um illegale Beschäftigungen von Assistenten von Europa-Abgeordneten für die Pariser Parteizentrale. In dem Prozeß hatte die Staatsanwaltschaft für Bayrou 30 Monate Gefängnis mit Bewährung, 70 T € Geldstrafe und den Verlust des passiven Wahlrechts für 30 Monate gefordert. Gegen den im Februar ergangenen Freispruch hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Insofern läuft gegen den ernannten Premierminister ein schwebendes Strafverfahren, ein Novum in der an Skandalen nicht gerade armen Geschichte Frankreichs.
Beim RN dürfte man sich die Hände reiben: Beide Affären juristisch unterschiedlich zu beurteilen würde sie politisieren. Im übrigen waren 2017 unmittelbar nach ruchbar Werden mehrere Mitangeklagte von Ministerposten zurückgetreten, wie F. Bayrou selbst (Justiz), M. Sarges (Europaangelegenheiten) und S. Goulard (Armee-Ministerin), die dann später aus gleichem Grund als EU-Kommissarin im EU-Parlament durchfiel.
zum Beitrag03.12.2024 , 20:33 Uhr
Der Kissinger-Plan
Der frühere NATO-Generalsekr. Stoltenbergs ist sich sicher: „Die Ukraine wird zeitweise Gebiete abtreten müssen“ Diese Idee hatte schon Kissinger vor mehr als 2 Jahren ventiliiert: „Kissinger said that Ukraine should cede territory to Russia to help end the invasion, suggesting a position that a vast majority of Ukrainians are against as the war. Kissinger also pushed for the West to force Ukraine into accepting negotiations with a “status quo ante,” which means the previous state of affairs.“ (The Washington Post 24.5.22).
Der französische Historiker Emmanuel Todd sieht die Kriegsziele des Kremls, aus dessen Sicherheitsbedürfnissen abgeleitet, in 3 Punkten: - Besetzung des östlichen Dnjepr-Ufers; - Besetzung der Oblast Odessa zur Sicherung der Häfen am Schwarzen Meer; - Etablierung einer rußland-freundliche Regierung in Kiew.; (NZZ 30.10.2024)
Daran gemessen wäre Kiew mit dem Einfrieren des Konflikts längs der aktuellen Frontverläufe noch gut bedient. Allerdings hätte man das viel früher haben können, wäre man auf den Kissinger-Plan eingegangen. Der Tod Hunderttausender Kombattanten und Zivilisten auf beiden Seiten war letztlich für die Katz - wie im 1. WK
zum Beitrag03.12.2024 , 10:05 Uhr
Butter statt Drohnen?
Das Pas de Deux zwischen Marie Le Pen und der „Macronie“, wie an der Seine das gegenwärtige Regime gern genannt wird, hat nun ein Ende, nachdem die RN-Chefin dem Premier Ministre Barnier ein Bein gestellt hat. Es war abzusehen, das die parlamentarische Opposition die erste sich bietende Gelegenheit am Schopfe ergreifen wird, dem ungeliebten Jupiter-Präsidenten eins auszuwischen.
Man solle sich nichts vormachen: Die aktuellen Regierungskrisen in Berlin und Paris, den beiden eigentlichen Gravitationszentren der EU, sind auch Ausdruck einer Regime-Krise des EUropäismus’ in seiner von VDL geprägten Erscheinungsform. Angesichts dessen nach dem Paradigmawechsel in Washington den europäischen starken Max zu spielen und so zu tun, dieses VDL-Europa sei nunmehr zum muskelspielenden Gendarmen der liberal-demokratisch etikettierten Freien Welt berufen, sieht immer sichtbarer wie der Schwanz aus, der mit dem Hund wedelt.
Krisenauslöser in Paris ist die Weigerung der Lohnabhängigen, die militärische Großtuerei aus den Sozialkassen zu bezahlen. Von Frankreich lernen…
zum Beitrag29.11.2024 , 21:00 Uhr
Blauäugig
Mein Gott, Walter! Was soll dieses Getöse? Ein Koalitionspartner hat die Regierungsbeteiligung aufgekündigt. So what! Und das soll gleich dem „D-Day“ der anglo-amerikanischen Landung in der Normandie zur Bekämpfung der Hakenkreuzler-Pest gleichkommen? Hamm wir’s nicht ’ne Nummer kleiner?
Daß Koalitionen zerbrechen ist ja wohl wahrlich kein Jahrhundertereignis, gerade mit Blick auf die jüngere deutsche Zeitgeschichte. In diesem Falle zerbrach ein Zweckbündnis, das von Anfang an wie eine politische Mesalliance aussah.
Im übrigen war ja dieser Seitenwechsel der Gelben hierzulande bekanntlich nicht der erste. 1966 zerbrach die Regierung Erhard-Mende am Thema Steuererhöhungen, 1982 das Kabinett Schmidt-Genscher III am Dissens über die „Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit“ („Scheide-Papier“ des Wirtschaftsministers Otto Graf Lambsdorff) Gelegentlich mal den Mantel nach dem politischen Wind zu hängen und die Seiten zu wechseln, wenn er sich dreht, gehört mithin zum Brauchtum bei den Gelben.
Sich über die hier offenbarten Hinterzimmer-Manöver aufzuregen, zeugt von einem gehörigen Maß politischer Blauäugigkeit.
zum Beitrag29.11.2024 , 09:29 Uhr
Hitler und die Westmächte
Zitat @Janix: „Anfang 1938 wäre Hitler einfacher militärisch zu neutralisieren gewesen als 1945 niederzukämpfen.“
Und von wem? Doch nicht etwa von den Großmächten Frankreich, Großbritannien oder den USA? In Frankreich lautete die Losung der herrschenden bürgerlichen Rechten nach dem Schock der Volksfront „Lieber Hitler als Léon Blum“, in Großbritannien hatte gerade ein bekennender Hitler-Fan als König abgedankt, allerdings nicht aus politischen Gründen, und auch in den USA wäre wenig später um Haaresbreite ein Hitler-Fan Präsident geworden.
Die Westmächte waren weder interessiert noch gar in der Lage, Hitler „militärisch zu neutralisieren“. Ihnen lag viel mehr daran, Deutschlands militärischen Expansionshunger nach Osten abzuleiten (Münchener Abkommen) und war als Sperrriegel gegen die befürchtete Ausbreitung des Kommunismus zu instrumentalisieren.
Ihr Verhältnis zu Hitler-Deutschland war dann eher von konkurrierenden imperialen Interessen bestimmt als von moralisch-menschenrechtlichen Impulsen. Das Schicksal der in Deutschland verfolgten Juden war dem Westen im Grunde höchst gleichgültig, wie die ergebnislose Evian-Konferenz im Juli 1938 bewies.
zum Beitrag28.11.2024 , 14:03 Uhr
Desinteresse
So lange wie kein anderer Regierungschef hatte A. Merkel als Kanzlerin die deutsche Beteiligung am US-amerikanischen Krieg gegen Afghanistan an der Backe. Für den Chefredaktor der NZZ Eric Gujer sei dieser Krieg „Merkels Krieg“ gewesen, den sie verloren, bei ihr allerdings keinerlei Spuren hinterlassen hätte und dem sie „mit professioneller Gleichgültigkeit“ begegnet sei. (NZZ, 27.08.2021)
Träfe dies tatsächlich zu, so würde dies dann auf der Habenseite von Merkels Kanzlerschafts-Bilanz zu verbuchen sein, neben dem Atomausstieg und der Gelassenheit in der Flüchtlingskrise 2015. Sich nicht für einen Krieg zu interessieren, ist das Löblichste, was man einem Spitzenpolitiker nachsagen kann. Gäbe es doch mehr davon!
zum Beitrag28.11.2024 , 12:01 Uhr
Verstrickungen
Zitat: „Ballast ihrer DDR-Biographie“
Zu diesem „Ballast“ gehört auch ihre große Verstrickung in die DDR in Gestalt einer „Agit-Prob“ (sic!)-Sekretärin der FDJ“, wie es mal sehr geschichtsmächtig ein FAZ-Forist formulierte. Diese Verstrickung-Legende übersieht, daß A. Merkel FDJ-Mitglied wie 2,3 Mio. oder 80 % aller DDR-Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 25 war. Ihre Mitgliedschaft endete folglich 1979 und konnte höchstens 1 Jahr als „Agi-Prop-Sekretärin“ gewirkt haben, einen Posten, den es allerdings auf der untersten Ebene der „FDJ-Gruppe“ gar nicht gab, sondern erst in der „Grundorganisation“. Wie frühere Adlershofer ADW-Arbeitskollegen von ihr persönlich dem Verfasser dieser Zeilen bestätigten, beschränkte sich ihr FDJ-„Engagement“ in der Tat auf das Organisieren von Theaterbesuchen o. ä. Damit dürfte ihre „Verstrickung“ in das SED-Regime ein Vogelschiß sein im Vergleich früherer Bundeskanzler und Spitzenpolitiker zu dem des NS, etwa Adenauer, der in Hitler „unsere einzige Rettung“ sah (Schreiben an den Preuß. Innenminister v. 10.8.1934), Erhard (Planungshelfer für den SD), Kiesinger, (NSDAP-Mitglied seit 1933, AA-V-Mann zu Goebbels), Strauß (NSFO) usw.
zum Beitrag20.11.2024 , 20:47 Uhr
Dem ist nichts hinzuzufügen. Genau da liegt der Hund begraben.
zum Beitrag19.11.2024 , 12:25 Uhr
Querfronten
Zitat: „Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin“
Was heißt hier „Querfront“? Mit dieser modischen Diskursfigur wird unverdrossen die Legende gepflegt, hierbei handle es sich um ein ewig-zärtliches Bündnis zwischen Kommunisten und Nazis. Es entstammt hingegen ganz im Gegenteil den bürgerlichen Minderheitsregierungen zw. 1930 und 1933 und wurde von Reichswehr-General v.Schleicher verfolgt, einem engen Vertrauten Hindenburgs. Als letzter Reichskanzler vor dem Showdown der Hakenkreuzler sah er die Rettung Deutschlands in einem „Querfront“-Bündnis aus Reichswehr, Gewerkschaften und dem Strasser-Flügel der NSDAP, quasi eine „Harzburger Front Light“. Die Idee erstarb mit der Demission Schleichers am 28. 1.1933.
„Querfront“ war also ein zutiefst konservatives Konzept, das dann in der Zustimmung der „bürgerlichen Mitte“ einschl des katholischen Zentrums zu Hitlers Ermächtigungsgesetz am 24. März seine parlamentarische Weihe erfuhr. Die beiden linken Parteien SPD und noch weniger KPD kamen in diesem Spiel nicht vor. (s. K. Sontheimer: Antidemokratisches Denken in d. Weimarer Republik, A. Schildt: Zur Querfrontkonzeption d. Reichswehrführung am Ende der Weimarer Republik)
zum Beitrag17.11.2024 , 12:57 Uhr
Wege und Ziele
Zitat: „Die parlamentarische Demokratie ist nicht das Ziel, sie ist ein Weg. Sie überlässt uns die Entscheidung, ist selber aber noch keine“
Eine bemerkenswerte Erkenntnis. In der Tat: „Demokra- tie" strictu sensu ist kein Wertekanon per se, sondern lediglich eine vereinbarte Verfahrensordnung zur Kür der politischen Eliten, nicht mehr und nicht weniger. Sie ist eher eine technische Konvention für einen modus operandi und keine Doktrin, nach deren Credo die Ge- sellschaft temporär regiert werden soll. Sie definiert nur das Regelwerk, nach dem die Multiple Choice unter einer vorgegeben (endlichen) Zahl von Doktrinen zu erfolgen hat. Diejenigen solch unerquicklicher Formationen wie Fratelli d’Italia, GOP, Reconquête, Sverige-demokraterna, FÖP, SVP, Vox, Rassemblement National, AfD et. al. sind, sofern als nicht verfassungskonform mit Platzverweis belegt, einige der Stände auf dem Marktplatz der Demokratie wie andere auch und gehören folglich ebenso zum "Werte-Westen" wie die diejenigen ihrer Konkurrenten. Wäre der Ausgang einer solchen Wahl nicht prinzipiell offen, könnte man sich diesen ganzen Zirkus gleich ganz sparen.
zum Beitrag11.11.2024 , 22:49 Uhr
Jacke wie Hose oder Kapitalistische Einheitspartei
Zitat: „Auf die Arbeitsplatzverlagerungen, Freihandelszonen und Deregulierungen im Zuge der Globalisierung hat kaum eine demokratische linke(re) Volkspartei des Westens eine erfüllende Antwort.“
Was heißt hier „eine erfüllende Antwort“? Die ultra-liberale Deregulierung der Wirtschaft ist eine Kreation von Reagan und Thatcher von den Reps und den Konservativen, servil fortgeführt von Clinton und Sir Tony Blair von den Dems und New Labour. Ergo: Es gibt schlicht keine „demokratische linke(re) Volkspartei des Westens“ (mehr), falls es so was überhaupt je gegeben hat. Clinton und Blair haben insofern durchaus „erfüllende Antworten“ gefunden, nämlich solche, welche die Erwartungen des Big Money erfüllen. So gesehen trifft Gor Vidal den Nagel auf den Kopf: „«Es gibt nur eine Partei in den Vereinigten Staaten, die Eigentumspartei ... und sie hat zwei rechte Flügel: Republikaner und Demokraten.» Eine Wahl zwischen beiden ist folglich eine Wahl zwischen Pest und Cholera oder die Wahl zwischen den Farben der Stiefel, von denen der Kleine Mann getreten wird...
zum Beitrag10.11.2024 , 21:48 Uhr
Jacke wie Hose oder Kapitalistische Einheitspartei
Zitat: „Auf die Arbeitsplatzverlagerungen, Freihandelszonen und Deregulierungen im Zuge der Globalisierung hat kaum eine demokratische linke(re) Volkspartei des Westens eine erfüllende Antwort.“
Was heißt hier „eine erfüllende Antwort“? Die ultra-liberale Deregulierung der Wirtschaft ist eine Kreation von Reagan und Thatcher von den Reps und den Konservativen, servil fortgeführt von Clinton und Sir Tony Blair von den Dems und New Labour. Ergo: Es gibt schlicht keine „demokratische linke(re) Volkspartei des Westens“ (mehr), falls es so was überhaupt je gegeben hat. Clinton und Blair haben insofern durchaus „erfüllende Antworten“ gefunden, nämlich die Erwartungen des Big Money erfüllende Antworten. So gesehen trifft Gor Vidal den Nagel auf den Kopf: „Es gibt nur eine Partei in den Vereinigten Staaten, die Eigentumspartei ... und sie hat zwei rechte Flügel: Republikaner und Demokraten." Eine Wahl zwischen beiden ist folglich eher eine Wahl zwischen Pest und Cholera oder die Wahl zwischen den Farben der Stiefel, von denen der Kleine Mann getreten wird.
zum Beitrag10.11.2024 , 15:00 Uhr
Jacke wie Hose oder Kapitalistische Einheitspartei
Zitat: „Auf die Arbeitsplatzverlagerungen, Freihandelszonen und Deregulierungen im Zuge der Globalisierung hat kaum eine demokratische linke(re) Volkspartei des Westens eine erfüllende Antwort.“
Was heißt hier „eine erfüllende Antwort“? Die ultra-liberale Deregulierung der Wirtschaft ist eine Kreation von Reagan und Thatcher von den Reps und den Konservativen, servil fortgeführt von Clinton und Sir Tony Blair von den Dems und New Labour. Ergo: Es gibt schlicht keine „demokratische linke(re) Volkspartei des Westens“ (mehr), falls es so was überhaupt je gegeben hat. Clinton und Blair haben insofern durchaus „erfüllendeAntworten“ gefunden, nämlich die Erwartungen des Big Money erfüllende Antworten. So gesehen trifft Gor Vidal den Nagel auf den Kopf: „Es gibt nur eine Partei in den Vereinigten Staaten, die Eigentumspartei ... und sie hat zwei rechte Flügel: Republikaner und Demokraten." Eine Wahl zwischen beiden ist folglich eine Wahl zwischen Pest und Cholera oder die Wahl zwischen den Farben der Stiefel, von denen der Kleine Mann getreten wird...
zum Beitrag29.09.2024 , 20:57 Uhr
Höllenfeuer
Zitat Tomás zerolo: „Rüstung sollte keine Gewinne abwerfen. Sonst haben wir eine Gruppe, die an Krieg starkes Interesse hat -- und die mit jedem Krieg mächtiger wird.“
Dazu Karls Kraus: „Jetzt sprechen hat entweder zur Voraussetzung, daß man keinen Kopf hat, oder zur Folge. Wenn man dem Teufel, dem der Krieg seit jeher eine reine Passion war, erzählt hätte, daß es einmal Menschen geben werde, die an der Fortsetzung des Krieges ein geschäftliches Interesse haben, so hätte er einen aufgefordert, es seiner Großmutter zu erzählen. Dann aber, wenn er sich von der Tatsache überzeugt hätte, wäre die Hölle vor Scham erglüht und er hätte erkennen müssen, daß er sein Lebtag ein armer Teufel gewesen sei!“ (1916)
zum Beitrag29.09.2024 , 15:38 Uhr
„In diesem Krieg gibt es kein Sieg“
„Soldat Soldat in grauer Norm Soldat Soldat in Uniform Soldat Soldat, ihr seid so viel Soldat Soldat, das ist kein Spiel Soldat Soldat, ich finde nicht Soldat Soldat, dein Angesicht Soldaten sehn sich alle gleich Lebendig und als Leich
Soldat Soldat, wo geht das hin Soldat Soldat, wo ist der Sinn Soldat Soldat, im nächsten Krieg Soldat Soldat, gibt es kein Sieg Soldat, Soldat, die Welt ist jung Soldat Soldat, so jung wie du Die Welt hat einen tiefen Sprung Soldat, am Rand stehst du
Soldat Soldat in grauer Norm Soldat Soldat in Uniform Soldat Soldat, ihr seid so viel Soldat Soldat, das ist kein Spiel Soldat Soldat, ich finde nicht Soldat Soldat, dein Angesicht Soldaten sehn sich alle gleich Lebendig und als Leich“ (Wolf Biermann)
zum Beitrag24.09.2024 , 14:55 Uhr
Sichtweisen
Zitat @Tra Montana: „Als ehemaliger BKAler verwehre ich mich gegen eine derart vorurteilsbeladene Sicht auf “die Polizei” .
Die hier präsentierte Sicht auf „die Polizei“ ist nicht vorurteils- sondern faktenbeladen. Als der deutschen Sprache hinreichend mächtige Taz-Leser verwahre ich mich gegen eine solch verzerrende Sicht auf die getroffene Einschätzung. Solange gegen die darin stützend aufgeführten historischen Tatsachen kein Widerspruch ergeht, dürfen sie als zutreffend gelten und für die daraus gefolgerte Charakterisierung der Sicherheitskräfte als Körperschaften als Beweismittel zulässig sein. Daß es in der deutschen „Polizei“ neben Taz-Lesern auch AfD-Wähler gibt, darf als Binse gelten. Aber hier ging es aber um jeweiligen Proportionen der vermuteten Rechtsaffinität im Vergleich zum soziologischen Durchschnitt, in unserem Falle am Beispiel Frankreichs. Dort ist es übrigens der RN, welche die schlechte Bezahlung der Sicherheitskräfte und die immer stärkerer Gewalt gegen sie besonders lautstark beklagt.
Die Unterscheidung zwischen „passenden“ und „unpassenden“ Studien ist bemerkenswert. Daß die hier zitierte IFOP-Studie einigen nicht „paßt“, ist verständlich.
zum Beitrag21.09.2024 , 15:17 Uhr
Schwarz-braun durchseuchte Sicherheitsapparate in EU-Europa
Einer IFOP-Studie zufolge hatten 2017 die Sicherheitskräfte Frankreichs (inkl. Polizei, Armee und Geheimdienste) eine zum Landesdurchschnitt doppelt so hohe Wahlaffinität zu AfD-liken Formationen (48 % gegenüber 25%) ("Radioscopie de l’électorat du Front National", IFOP, 18/04/2017). Mithin darf fast die Hälfte der Beamten der französischen Sicherheitsapparate zum stabilen Wählerstamm des französischen Pendants zur AfD gezählt werden. Daran dürfte sich nichts geändert haben.
Warum sollte das in der übrigen EU und v. a. ausgerechnet in Deutschland nun anders sein mit seiner Tradition der Freicorps mit Hakenkreuzen an den Stahlhelmen, der „Schwarzen Reichswehr“, eines SD-geführten BKA in den Nachkriegsjahren, nationalkonservativer Bundeswehrgeneräle wie Speidel und Heusinger, des „Unna-Papiers“ von Gen. Middendorf gegen das Prinzip der „Inneren Führung“ („nahe an Revolte und Putsch“ - „Die Zeit“), der Günzel- und Maaßen-Affäre. Auffällig schließlich das in den Corporate Media vorherrschende ohrenbetäubende Schweigen zu den einst von der „Taz“ verdienstvollerweise aufgedeckten Umsturzplänen in Polizei und Bundeswehr.
zum Beitrag10.09.2024 , 22:58 Uhr
Schwerter zu Pflugscharen!
Für den Initiator der DDR-Friedensbewegung Friedrich Schorlemmer und seine Mitstreiter, den Vorläufern des späteren Neuen Forums und des „Bündnisses 90 / Die Grünen“ in der DDR gab es keine keine „bösen“ und keine „guten“ Waffen. Alle Schwerter, ausnahmslos alle, in Ost wie in West, sollten zu Pflugscharen umgeschmiedet werden, so ihr sehr populäres Credo.
Daher heute wie vor 40 Jahren, einige Waffengenerationen später: „Frieden schaffen ohne Waffen! Schwerter zu Pflugscharen!“, denn „Soldaten sind sich alle gleich / lebendig und als Leich (Wolf Biermann)“
zum Beitrag06.09.2024 , 10:23 Uhr
Schnittmengen Zitat: „Stattdessen hat Frankreich jetzt einen Premierminister, der von Beginn an von der Gnade der Rechtspopulisten unter Marine Le Pen abhängig ist.“
Da liegt der Hund begraben: Die Ernennung Barniers ist ein eindeutiges Kooperation-Signal Macrons an den RN, das französische Pendant zur AfD. Zu dessen politischer Biografie gehören schwulen- und abtreibungsfeindliche Positionen ebenso wie eine strikt restriktive Einwanderungspolitik in die EU und das Kopftuchverbot im Öffentlichen Raum. Hier gibt es signifikante programmatische Schnittmengen mit den Lepenisten des RN, die nunmehr als Königsmacher den Preis für die Unterstützung Barniers nach Belieben in die Höhe treiben können.
Was dieses Signal für die sich abzeichnenden Kräfteverhältnisse hierzulande bedeutet, kann man sich an den Fingern abzählen. Letztlich wird zusammenfinden, was historisch zusammengehört.
Im übrigen wieder ein wohltuend ausbalancierter Kommentar von Rudolf Balmer.
zum Beitrag31.08.2024 , 10:17 Uhr
Maske oder Nicht-Maske, das war nicht die Frage...
... sondern die Illusion, nur eine administrativ verfügte und sanktionsbewehrte Maskenpflicht hätte das Land vor dem Untergang bewahren können. Plausibel verkündete, evidenzbasierte Ratschläge und Empfehlungen zu einem vorsichtigen infektionshemmenden Verhalten in der Öffentlichkeit, adressiert an mündige und eigenverantwortliche Bürger, dürften hingegen keinen geringeren Effekt gehabt haben, eher im Gegenteil, wie in Schweden abzulesen. Notorische Maskenmuffel werden sich durch Zwangsmaßnahmen nicht zu korrekter Handhabung von Masken haben bewegen lassen. Diejenigen, die Masken ohnehin für ein probates Schutzmittel hielten, bedurften keines Bußgeldkatalogs.
Zwang oder Nicht-Zwang, das war hier die Frage.
zum Beitrag30.08.2024 , 11:41 Uhr
Masken für die Katz?
„Die Wirkung der Maskenpflicht ist nicht belegt. Eine neue Analyse findet keine Belege dafür, daß Masken die Verbreitung von Atemwegsviren verlangsamen.“ (Tagesspiegel v. 2.2.2023)
Das sieht die Expertenkommission zur Evaluierung der Anti-Corona-Politik wohl ähnlich: „Neben der allgemeinen und im Labor bestätigten Wirksamkeit von Masken ist nicht abschließend geklärt, wie groß der Schutzeffekt von Masken in der täglichen Praxis ist, denn randomisierte klinische Studien zur Wirksamkeit von Masken fehlen. Es ist zu beachten, daß das Tragen von Masken auch einen psychologischen Effekt hat, da durch Masken im Alltag allgegenwärtig auf die potentielle Gefahr des Virus hingewiesen wird. Die Maske ist daher zum immer sichtbaren Symbol der Infektionsprophylaxe und stiftete damit Vigilanz bei den Menschen. Die daraus resultierenden Effekte können nicht gemessen werden. Vorliegende Studien beziehen sich auf Selbstauskünfte. Eine generelle Empfehlung zum Tragen von FFP2-Masken ist aus den bisherigen Daten nicht ableitbar.“ (EVALUATION DER RECHTSGRUNDLAGEN UND MAßNAHMEN DER PANDEMIEPOLITIK. BERICHT DES SACHVERSTÄNDIGENAUSSCHUSSES NACH § 5 ABS. 9 IFSG, Berlin, 30.6.2022)
zum Beitrag29.08.2024 , 22:49 Uhr
Desavouierungen
Zitat @Spitzbube: „Der Beschluß war ja nicht ein "Ausrutscher", der Richter hat vielmehr bewußt einen Fall vorbereitet und konstruiert, um seinen Arbeitgeber - den Staat - zu desavouieren.“
Nein, der Richter hat nicht „den Staat“ desavouiert, sondern nur einen Verwaltungsakt der Exekutive als rechtswidrig beurteilt und kassiert. Und die ist mitnichten sein „Arbeitgeber“, dem er zu gehorchen habe, sondern nur eine der drei Staatsgewalten, noch dazu den beiden übrigen untergeordnet. Die Exekutive zu kontrollieren und ggf. zurückzupfeifen, ist die Raison d’être der Judikative.
Und seit wann ist es eine strafbare Sünde, der Staat zu „desavouieren“? Aus den gängigen Definitionen jedenfalls ist dies nicht abzuleiten, ob man nun diejenige von Max Weber („Herrschaftsverhältnis von Menschen über Menschen mittels physischer Gewaltsamkeit“) oder die von Gramsci heranzieht („institutionelles Instrument zur Konservierung der Hegemonieder herrschenden Klasse“), in keiner ist „der Staat“ in Stein gemeißelt und gegen jegliche Anfechtungen immun.
Im übrigen hat sich die Exekutive mit solchen Verfügungen wie die in dieser Causa verhandelten hinreichend selbst „desavouiert“.
zum Beitrag28.08.2024 , 20:43 Uhr
Eigenmächtigkeiten
Zitat: „Der Bundesgerichtshof prüft die Verurteilung des Richters Christian Dettmar. Er hatte die Maskenpflicht an Weimarer Schulen eigenmächtig aufgehoben.“
Was heißt hier „eigenmächtig“? Als Dritte Gewalt ist die Judikative mit der „Eigenmacht“ ausgestattet, das Handeln der Exekutive zu kontrollieren und ggf. zu korrigieren. Diese Gewaltenteilung gehört zur DNA eines demokratischen Gemeinwesens. Ansonsten scheint es in dieser Causa vordergründig um strittige Interpretationen der Zuständigkeiten, also um eher formale Aspekte der Verfahrensordnung zu gehen. Allerdings stellt sich die Frage, ob es auch bei einem affirmativen Urteil des Weimarer Familienrichters zugunsten der Maskenpflicht im Klassenzimmer ein solches juristisches Tamtam gegeben hätte. Was zu bezweifeln ist.
Davon unberührt bleibt die sich zunehmend durchsetzende Erkenntnis, daß der Familienrichter C. Dettmar in der Sache wohl Recht gehabt hatte: Die Maskenpflicht in den Schulen war epidemiologisch für die Katz, folglich dem Kindeswohl in dem Maße abträglich, wie ihr individueller psychologischer und physiologischer Schaden größer war als der prätendierte Nutzen für jedes einzelne Kind.
zum Beitrag27.08.2024 , 21:49 Uhr
Deutsch-Syrische Geheimdienstkooperation im Wandel der Zeiten
Zitat: „Deutsche Politiker haben ein neues Pauschalrezept entdeckt: Zusammenarbeit mit Terrorregimen.“
Was ist daran neu? Vielleicht sollte man alte Regierungsvereinbarungen mit Damaskus aus der Versenkung holen? Bis zum „Arabischen Frühling“ 2011 galt hierzulande ein Abkommen mit dem Assad-Regime zur Abschiebung unerwünschter Flüchtlinge. Noch als die damaligen Unruhen in Syrien bereits Hunderte Todesopfer gefordert hatten, saßen in Deutschland Asylsuchende in Abschiebehaft und warteten auf ihre Deportation in das syrische Krisengebiet.
Über lange Jahre waren zuvor aus Deutschland abgeschobene Personen, unter ihnen auch Minderjährige, in mehreren Fällen sofort nach der Ankunft in Syrien von den dortigen Repressionsbehörden inhaftiert worden, mit denen Berlin schon seit geraumer Zeit teilweise eng zusammenarbeitete, wie im Falle des Deutsch-Syrers Mohammed Haydar Zammar, der im November 2002 in einem Damaszener Foltergefängnis von deutschen Polizisten und Geheimdienstlern verhört wurde. Vorausgegangen war bekanntlich ein Ausbau der deutsch-syrischen Geheimdienstkooperation, vorrangig zur Migrationseindämmung.
zum Beitrag21.08.2024 , 20:02 Uhr
Zitat DiM: „@Reinhardt Gutsche Wie sollte ein Land, dass die Todesstrafe abgeschafft hat, Todesurteile nachträglich anerkennen? Und mit dem Tod der Beschuldigten, Angeklagten, Verurteilten endet die Strafverfolgung, so dass eine nachträgliche Anerkennung auch unter diesem Gesichtspunkt ausscheidet.“
Die Nichtanerkennung der Nürnberger Urteile durch die Bundesrepublik betraf nicht nur das Strafmaß, sondern die Legitimität dieser Prozesse an sich. Auch die Urteile unterhalb der Todesstrafe wurden nicht anerkennt, und die Straftäter galten als nicht vorbestraft, im Unterschied zu den von der NS-Justiz Verurteilten, unabhängig vom Strafmaß. Hier galt der Grundsatz: „Was damals rechtens war, kann heute nicht Unrecht sein“, so der Marinehilfskriegsgerichtsrat und spätere CDU-Ministerpräsident von Baden-Württemberg Hans Filbinger zu den Anschuldigungen, als NS-Richter mehrere Todesurteile erwirkt zu haben.
Keiner der unter der NS-Justiz verhängten Urteile wurde jemals unter der bundesdeutschen Justiz einer Revision unterzogen. Alle Urteile galten als rechtskonform, die Verurteilten mithin als vorbestraft - eben im Unterschied zu den in Nürnberg Verurteilten. Darum geht es hier.
zum Beitrag21.08.2024 , 09:35 Uhr
Nürnberger Urteile bis heute nicht anerkannt
Anläßlich des 60. Jahrestages der Nürnberger Urteile erinnerte 2006 die Linken-Fraktion in einer Kleinen Anfrage an deren zwiespältige Bewertung in der Bundesrepublik (Bundestag-Drucksache 16/3452): „Von Politik und Öffentlichkeit wurden sie in den fünfziger Jahren vor allem als „Siegerjustiz“ diffamiert, es fand eine weitgehende Solidarisierung mit den verurteilten Tätern statt und die frühe Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland zielte insbesondere auf eine Amnestierung der verurteilten Täter bzw. ein Ende der juristischen Aufarbeitung (vgl. N. Frei, Vergangenheitspolitik. Die Anfänge der Bundesrepublik und die NS-Vergangenheit). So wurde das Urteil gegen Alfred Jodl 1953 von einem deutschen Gericht aufgehoben. Begründet wurde dies mit dem "Rückwirkungsverbot", wonach Taten nicht verurteilt werden dürfen, die zum Zeitpunkt ihrer Begehung noch nicht strafbar sind. Im „Spiegel“ (43/2006) heißt es: „Mit dem Ex-post-facto-Argument weigert sich die Bundesregierung bis heute, die Nürnberger Urteile als Recht anzuerkennen.“
Daran hat sich bis heute nichts geändert: Die in Nürnberg Verurteiltem gelten bis heute als nicht vorbestraft.
zum Beitrag16.08.2024 , 12:38 Uhr
Strategische Spielchen
Das Vorgehen von Compact werden all jene begrüßen, die die AfD zum Teufel wünschen. Solche Manöver und strategische Kombinationen gehören in Frankreich seit ewig zum politischen Spiel, - als „Désistement“ im 2. Wahlgang. Bei den jüngsten Parlamentswahlen, von Macron in einem Anflug politischer Umnachtung anberaumt, hat dies dem RN einen Dämpfer verpaßt, was allerdings v. a. der republikanischen Disziplin der linken NFP-Kandidaten zuzuschreiben war, die sich konsequent als Drittplatzierte zugunsten eines bürgerlichen RN-Gegners mit einer „strategischen Stimmempfehlung“ zurückzogen, was überproportional vielen Kandidaten des Macron-Lagers zum Sieg verhalf, signifikant mehr als in umgekehrter Konstellation: In dem honorablen 2. Platz Macrons stecken also viele Stimmen originärer Linkswähler, die sich beim Wahlakt die Nase zugehalten haben, nur um einen noch größeren Gestank zu verhindern. Hingegen gaben bei manchen RN-Siegen Stimmen der Macronisten den Ausschlag.
Auf hiesige Verhältnisse übertragen, könnte die CDU durch Wahlbeihilfe für aussichtsreiche Kandidaten von Grünen, Linken und BSW der AfD schaden, sollte dies dann auch wirklich gewollt sein…
zum Beitrag14.08.2024 , 09:52 Uhr
Kapitalistische Einheitspartei
Zitat @Charly Lupo: „Ich halte die Republikaner für das Land und für die Welt besser als die Demokraten.“
Dazu Gore Vidal: «Es gibt nur eine Partei in den Vereinigten Staaten, die Eigentumspartei ... und sie hat zwei rechte Flügel: Republikaner und Demokraten.»
zum Beitrag01.08.2024 , 20:10 Uhr
Informationsflüsse in Zeiten der politischen Colera
Zitat: „Der Verfassungsschutz wappnet sich für den Fall einer Regierungsbeteiligung der AfD. Käme es tatsächlich dazu, könnte der Informationsfluss aus dem Verbund von Bundesamt und Landesämtern in das entsprechende Landesamt gedrosselt oder gar abgeschnitten werden.“
Na schön und gut. Aber was machen wir bei einer nicht undenkbaren Konstellation einer Regierungsbeteiligung der AfD im Bund ? (...was die Götter verhindern mögen!) Mutatis mutandis müßte dann das BfV vom Informationsfluss derjenigen LfV abgeschnitten werden, in deren Länderns es noch keine AfD-Regierungsbeteiligung gibt.
Nicht zu reden von den internationalen Verflechtungen der Intelligence Community: Werden sich alle 20 deutschen Geheimdienste dann vom Informationsfluss der analogen französischen Geheimdienste RG, DGSE,DGSI,DRM, DRSD, DNRED und TRACFIN „abschneiden“, wenn der Rassemblement National an der dortigen Regierung beteiligt wird?
Fragen über Fragen
zum Beitrag27.07.2024 , 22:45 Uhr
Elitismus vrs. Volksherrschaft
Zitat: „Eine „Diktatur der Mehrheit“ konstatierte bereits John Stuart Mill als große Gefahr der Demokratie“.
Der Rekurs auf John S. Mill als Autoritätsreferenz ist bemerkenswert, war doch der Spiritus rector des englischen Liberalismus’ aus Furcht vor dem Pöbel ein entschiedener Gegner des allgemeinen und Verfechter des Mehrklassenwahlrechts, das nur der gebildeten Elite zustehen sollte. Alles andere führe zur Ochlokratie, also zur Herrschaft des Plebs, im 19. Jh. oft auch als Laokratiebezeichnet, wörtlich „Volksherrschaft“.
Inzwischen wurde dieses elitistische Wording durch die kaum weniger dünkelhafte Diskursfigur „Populismus“ etwas verhüllt.
Hinter dieser herablassenden Denkweise verbirgt sich das Grundmotiv im Kampf gegen die Gegner der vier im Bund promiskuitiven, d. h. wechselseitig koalitionsfähigen Parteien, die sich gegenseitig keinerlei Unvereinbarkeitsregel unterwerfen: Es handelt sich um ungebildete Pöbel, die schlicht nicht alle Tassen im Schrank haben. So einfach ist das. (Diese XXL-Koalition bringt nach den Umfragen kaum noch zwei Drittel auf die Wählerwaage. Bei der jüngsten BT-Wahl waren es noch drei Viertel...)
zum Beitrag27.07.2024 , 18:03 Uhr
Follow the Politics?
Einen wichtigen Platz in der Bilanz-Debatte der Anti-Corona-Politik nimmt die Frage der Schließung der Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen ein. Dazu war bislang die RKI-Expertise eindeutig: Mit Verweis auf die Studienlage galten Schulschließungen „nur bei einem R0 von mehr als 1,6 und einer Letalität von mindestens 1 %“ als effektiv. (Perlroth DJ, Glass RJ, Davey VJ, et al.: Health outcomes and costs of community mitigation strategies for an influenza pandemic in the United States. Clin Infect Dis 2010;50(2):165) Daraus folge, daß „nur in einer relativ schweren Pandemiewelle mit rascher Verbreitung und einem hohen Anteil schwerer Erkrankungsverläufe (präventive) Schulschließungen eine sinnvolle Maßnahme darstellen.“ (Nationaler Pandemieplan Teil II – Wissenschaftliche Grundlagen, RKI, Berlin 2016, S. 52)
Zum Zeitpunkt der ersten Schulschließungen Mitte März 2020 lag der R-Wert hierzulande bei ça 1 und die Legalität bei 0,06% (Quellen: RKI ; Tagesspiegel)
Daraus folgt: Die Schulschließungen erfolgten entgegen dem wissenschaftlichen Erkenntnistand des RKI und des Nationalen Pandemieplanes, waren folglich eine rein politisch indizierte Maßnahme.
zum Beitrag27.07.2024 , 10:41 Uhr
Zitat @Land of plenty: „Absolut richtig und notwendig diese Aktionen!“
Nein, absolut falsch und überflüssig diese Aktionen!
zum Beitrag27.07.2024 , 10:38 Uhr
Interpretationen
Zitat @nutzer: "@Reinhardt Gutsche Sie interpretieren die DIVI Zahlen falsch."
Und wie lautet nun die "richtige Interpretation". Im übrigen waren die DIVI-Zahlen in meinem Kommentar nicht Gegenstand einer "Interpretation", sondern einer Frage, nämlich der Frage, wie man angesichts dieser Zaheln darauf kommen konnte, es drohe eine Flutung der Intensivkapazitäten durch die Ungeimpften. Die Auslastung der Intensivstaionen lagen auch zum Zeitpunkt des inkriminierten Spahn-Topos von der "Pandemie der Ungeimpften" Anfang November 2021 unter 85%. (In der Schweiz gelten Intensivstationen erst ab einer Auslastung von 90% als "rentabel"!)
zum Beitrag26.07.2024 , 17:50 Uhr
In den KW 40 bis 43 gab es bundesweit ça. 750 positiv auf SARS-Cov-19 getestete Intensivpatienten. Davon galten ça 500 als umgeimpft. Bis zur KW 46 stieg diese Zahl auf ça 550 (Quelle: RKI-Wochenberichte v. 4. und 22.November 2021; Wieviel davon Covid-19 der primäre Einweisungsgrund war, ist darin allerdinbgs nicht eigens ausgewiesen!)
Zu diesem Zeitpunkt betrug die Zahl der freien Intensivbetten inkl. Notfallreserve insgesamt ça 12850, d. h. die umgeimpften Intensivpatienten belegten weniger als 5 % der Kapazitäten. (Quelle: DIVI-Intensivregister)
Wie im November 2021 angesichts dieser Zahlen eine Überlastung der Intensivkapazitäten durch umgeimpfte Intensivpatienten mit einem positiven Sars-Cov-19 Test drohen sollte, bleibt das Geheimnis des damaligen BMG.
zum Beitrag19.07.2024 , 18:57 Uhr
Sale
Zitat: „Bei vielen Themen sind die Grünen in der Defensive und können derzeit nichts dafür. Aber an ihrer Verkaufstechnik sollten sie dann doch mal arbeiten.“
Es dürfte weniger an der „Verkaufstechnik“ liegen als an den (Auslauf)Produkten: Es wird Zeit für eine neue Kollektion. In solchen Fällen heißt es in der Regel: Schlußverkauf! Alles muß raus!
Die Absicht der Grünen, „nicht zurück in die Nische“ zu wollen, kommt dem Eingeständnis gleich, ihr Angebot sei nichts als ein Nischenprodukt...
zum Beitrag12.07.2024 , 22:34 Uhr
Verwechslungen
Zitat: „Doch keine halbe Stunde zuvor hatte Biden den ukrainischen Präsidenten Selenskyj als „Präsident Putin“ begrüßt.“
Bleibt zu hoffen, daß Biden nicht auch noch die russische mit der ukrainischen Hauptstadt verwechselt, wenn auf den roten Atomknopf drückt…
zum Beitrag08.07.2024 , 20:05 Uhr
Pfeifen im Walde?
Zitat: „Wahlniederlage für Le Pen in Frankreich: Die extreme Rechte ist gescheitert.“
So erfreulich es ist, daß die Blütenträume des RN (vorerst) geplatzt sind, so gewagt ist es, da schon gleich von dessen „Wahlniederlage“ und „Scheitern“ zu sprechen: Eine politische Formation, die ihren Stimmenanteil im ersten Wahlgang, auf 10 Mio nahezu verdreifachen konnte, hat keine „Niederlage“ erlitten, sondernd geht eher als strahlender Sieger vom Platz.
Daß sich dieser Sieg nicht proportional in Parlamentssitzen niederschlägt, ist v. a. der republikanischen Disziplin der NFP-Kandidaten zuzuschreiben, die sich im 2. Wahlgang konsequent als Drittplatzierte zugunsten eines bürgerlichen RN-Gegners zurückzogen („désistement“), was überproportional vielen „Ensemble“-Kandidaten zum Sieg verhalf, signifikant mehr als in umgekehrter Konstellation: In dem honorablen 2. Platz der alten Präsidentenmehrheit stecken viele Stimmen originärer Linkswähler, die sich beim Wahlakt die Nase zugehalten haben, nur um einen noch größeren Gestank zu verhindern. Hingegen gaben bei manchen RN-Siegen Stimmen der Macronisten den Ausschlag.
zum Beitrag08.07.2024 , 17:15 Uhr
Brandmauern Zitat: „Bei der Stichwahl in Frankreich haben sich die Macronisten mit der Brandmauer gegen den Rassemblement National schwergetan. Das hat Folgen im Parlament.“ In der Tat: So erfreulich es ist, daß die Blütenträume des RN (vorerst) geplatzt sind, so gewagt ist es, da schon gleich von dessen „Wahlniederlage“ und „Scheitern“ zu sprechen: Eine politische Formation, die ihren Stimmenanteil im ersten Wahlgang auf 10 Mio nahezu verdreifachen konnte, hat keine „Niederlage“ erlitten, sondern geht eher als strahlender Sieger vom Platz. Daß sich dies nicht proportional in Parlamentssitzen niederschlägt, ist v .a. der republikanischen Disziplin der NFP-Kandidaten zuzuschreiben, die sich im 2. Wahlgang als Drittplatzierte konsequent zugunsten eines bürgerlichen RN-Gegners zurückzogen („désistement“), was überproportional vielen „Ensemble“-Kandidaten zum Sieg verhalf, signifikant mehr als in umgekehrter Konstellation: In dem honorablen 2. Platz des Macron-Blocks stecken viele Stimmen originärer Linkswähler, die sich beim Wahlakt die Nase zugehalten haben, nur um einen noch größeren Gestank zu verhindern. Hingegen gaben bei manchen RN-Siegen Stimmen des Macron-Blocks den Ausschlag.
zum Beitrag07.07.2024 , 17:14 Uhr
Zuständigkeiten
Zitat: „…es sei „dringend an der Zeit, dass das Thüringer Justizministerium aktiv wird und weitere Entscheidungen verhindert, die zu Lasten von Geflüchteten gehen, die Anspruch auf Asyl haben“.
Das führt zur Frage nach der Zuständigkeit des Justizministeriums als Teil der Exekutive. Nach Art.97,1GG, §1GVG und §25DRiG sind Richter gegenüber derExekutive unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen, folglich auch nicht der Dienstaufsicht seitens des Justizministeriums. EinerDienstaufsichtuntersteht der Richter nur, soweit nicht seine Unabhängigkeit beeinträchtigt wird (§26Abs. 1 DRiG), und auch nur durch übergeordnete Gerichte, nicht aber durch das Justizministerium.
Die richterliche Unabhängigkeit als Ausdruck der Gewaltenteilung ist grundlegendes Merkmal des Rechtsstaates. (Vgl. Günther Schmidt-Räntsch, Johanna Schmidt-Räntsch:Kommentar zum Deutschen Richtergesetz.)
Um Mißverständnissen vorzubeugen: Der Verfasser teilt die politischen Bedenken gegen den Richter, hat jedoch Zweifel an der Rechtmäßigkeit der geforderten Vorgehensweise gegen ihn.
zum Beitrag07.07.2024 , 15:35 Uhr
Kontinuitäten
Es ist so notwendig wie aus deutscher Sicht delikat, auf eine gewisse universalistische Kontinuität des Antijudaismus’ zu verweisen, dabei eine a-historische Sichtweise, eine selektive Ursachenerklärung und vor allem eine euphemisierende Vermischung der doch sehr disparaten Erscheinungsformen riskierend: Es ist historisch einfach unhaltbar, einen palästinensischen Teenager, der sich aus Rache an seinen von den ISF im Bombenterror getöteten Geschwistern spontan zu anti-israelischen Terrorakten hinreißen läßt, mit solchen Figuren wie Treitschke, Streicher, Himmler et al. polit-moralisch in demselben Topf zu verkochen, was der geschundenen teutonischen Seele natürlich eine willkommene moralische Entlastung bietet. Der mit preußen-deutscher Gründlichkeit und industrieller Systematik in deutschem Namen exekutierte Massenmord an 6 Mio. Juden ist einfach von einer unerreichten historischen Singularität, die durch nichts, aber auch gar nichts relativiert und damit in seiner prä-zivilisatorischen Ungeheuerlichkeit verharmlost werden kann. Aber genau dies geschieht implizit mit einem mehr oder weniger metaphysischen Verweis auf die Kontinuität „ewiger Judenfeindschaft“.
zum Beitrag06.07.2024 , 13:04 Uhr
Interpretationen
Zitat: „Die Europawahlen hat er als Sanktion gegen seine Politik und seine Person interpretiert.“
Mit dieser Interpretation dürfte Macron ausnahmsweise mal ins Schwarze getroffen haben…
zum Beitrag26.06.2024 , 12:55 Uhr
Die Kriegswaisen von heute sind die Hamas-Kämpfer von morgen
Eigenen Verlautbarungen zufolge haben die ISF bislang 15 000 Hamas-Kämpfer getötet. Nach älteren Unicef-Angaben beläuft sich Zahl der getöteten palästinensischen Kinder unter den zivilen Opfern der ISF-Militäroperation „Eiserne Schwerter“ gegen die Hamas als Reaktion auf deren Pogrom vom 7. Oktober 2023 auf ebenfalls 15 000. Damit kämen auf jeden getöteten Hamas-Terroristen ein getötetes palästinensisches Kind.
Die Geschichte dieses Konfliktes ist gepflastert mit den Totenschädeln „geopferter Zivilisten“ beider Seiten, ohne daß mit ihnen die Sicherheit der jeweils anderen Bevölkerung garantiert worden wäre. Es ist nachgerade umgekehrt: Auf die Atrozitäten der Hamas mit alttestamentarischer Logik zu antworten, bereitet den Boden für immer neue Ungeheuerlichkeiten: 40% der Zivilbevölkerung des Gaza-Streifens sind Kinder und Jugendliche, darunter immer mehr Waisen, die Hamas-Kämpfer von morgen...
zum Beitrag25.06.2024 , 21:19 Uhr
Marx und die „Judenfrage“
Als Beweis für den Antisemitismus des Juden Karl Marx wird gern dessen Schrift „Zur Judenfrage“ aus der Asservatenkammer hervorgeholt, dabei verkennend, daß es sich hierbei um eine polemische Replik auf den tatsächlichen Antisemiten Bruno Bauer handelt, dessen von Marx kritisch paraphrasierte antisemitische Thesen nun kurzerhand dem Kritiker selbst in den Mund gelegt werden (I. Stützle). Der Haupteinwand von Marx gegen Bauer betraf dessen These, die Juden müßten bereit sein, für ihre Emanzipation ihre Religion aufgeben. Nicht die Juden, so Marx, müßten ihren Glauben aufgeben, um sich zu emanzipieren, sondern umgekehrt der Staat selbst müsse sich von jeglicher Religion frei machen. Für Marx war Judenemanzipation letztlich nur möglich als Emanzipation von aller Religion schlechthin (D. Claussen). In der „Heiligen Familie“ hat er den Grad der politischen Judenemanzipation zum Gradmesser für den zivilisatorischen Entwicklungsstand eines Staates schlechthin erklärt. (H. Brunkhorst; vgl. M. Krauss, Jude, Antisemit und Hassobjekt, in: Jüdische Allgemeine, 27.4.2018)
Das ist mithin nun nachgerade das Gegenteil von Antisemitismus à la Luther, Stöcker u. Streicher
zum Beitrag25.06.2024 , 21:11 Uhr
Judentum und Arbeiterbewegung
Zitat: „Kistenmacher thematisiert neben Antiimperialismus auch einen antisemitischen Antikapitalismus“
Da ist sie wieder, die ebenso beliebte wie geschichtsvergessene Diskursfigur von der Identität von Antisemitismus und Kapitalismuskritik, dabei die Tatsache ignorierend, daß seit Beginn der Arbeiterbewegung unter deren Führern jüdischstämmige Persönlichkeiten überproportional vertreten waren: „Allen voran sind hier der Frühsozialist und Pionier des Zionismus Moses Hess sowie der ebenfalls aus jüdischer Familie stammende Karl Marx zu nennen. Die deutsche Arbeiterbewegung stellte einen politischen Emanzipationsraum, in dem Juden sich ohne Vorbehalte ge- genüber ihrer Herkunft beteiligen konnten.“(J. Hirsch, Jüdische Emanzipation u. die Arbeiterbewegung vor 1933)
Auch „für die Zeit vor dem 2. Weltkrieg ist eine überproportional hohe Beteiligung von Menschen jüdischer Herkunft an der Arbeiterbewegung feststellbar. Beide prägte das Streben nach Emanzipation. Besonders im östlichen Europa entwickelten sich jüdische Arbeiterorganisationen, die gegen doppelte Unterdrückung als Proletarier und Juden kämpften.“ (Börner et al, Judentum u. Arbeiterbewegung)
zum Beitrag24.06.2024 , 22:22 Uhr
Phänomene
Zitat @B.Iotox: „Da gab's neulich ein Umfrageergebnis, nach dem Frau BSW aktuell die drittbeliebteste Politikerin in Deutschland ist. Phänomenal, wie eine so gut (aus)gebildete Gesellschaft sich so vera***en lässt“
Dieser Befund dürfte mehr noch auf die beiden Erstplatzierten gemünzt sein…
zum Beitrag24.06.2024 , 08:39 Uhr
Netanjahu und die Lebensinteressen Israels
„Man fragt sich, ob Netanjahus politischer Instinkt nur noch auf den eigenen Machterhalt reduziert ist. Nicht nur die Amerikaner sind zu dem zutreffenden Schluß gekommen, daß eine auf Dauer angelegte Kontrolle Israels über das Gebiet westlich des Jordans vielleicht militärisch für einige Zeit durchzuhalten wäre, politisch aber eine Sackgasse ist. Die Ablehnung jeglicher Zugeständnisse für alle Zeit ist sicher der falsche Weg. Der Ideologe Netanjahu, der seinen extremistischen Koalitionspartnern nach dem Mund redet, müßte dem Politiker Netanjahu weichen, der vor allem die Interessen seines Landes im Sinn hat.“ (FAZ, 21.1.2024)
Mit anderen Worten: Die Politik der rechtsextremistischen Likud-Koalition unter Netanjahu hat diese Lebensinteressen nicht im Sinn, widerspricht ihnen folglich und gefährdet somit die nachhaltigen Überlebenschancen des Landes. Wenn aber diese Frage, die Existenz des Staates Israel, wie von der IHRA-Definition postuliert, der Lackmus-Test für Antisemitismus ist, dann ist diese genozidale Politik Netanjahus zutiefst antisemitisch.
zum Beitrag20.06.2024 , 17:12 Uhr
Zusammenhänge
Zitat: „Jedenfalls besteht kein Zusammenhang zwischen einem spektakulären potenziellen Anstieg der CO2-Emissionen und des eventuellen Rückgangs der Tageshöchsttemperatur in EINEM Land.“
Der spektakuläre Anstieg der CO2-Emissionen in Saudi-Arabien seit 1960 ist nicht „potenziell“ sondern real. Wenn es nun aber keinen „Zusammenhang zwischen einem spektakulären Anstieg der CO2-Emissionen und des eventuellen Rückgangs der Tageshöchsttemperatur in EINEM Land“ gibt, dann kann es ihn folglich auch nicht im umgekehrten Falle eines entsprechenden Anstiegs geben.
Wie dem auch sei, die aktuellen Mekka-Toten scheinen wohl keinen hinreichenden Beleg für die Klimakatastrophe zu liefern, wie in der allgemeinen Berichterstattung insinuiert. Nur darum ging es hier.
zum Beitrag20.06.2024 , 17:09 Uhr
Zeiträume
Zitat: „Ihre Quelle (wetter.com) geben die genannten Werte nicht her, es werden keine Zeiträume für die Messdaten angegeben.“
Doch, die werden bei wetter.com sehr wohl angegeben, und zwar, wie angeführt, für die Jahre 1961 bis 1990 als Durchschnitt der Tageshöchsttemperaturen im Juni.
Der Wetterbericht von heute: „Nach einem sonnigen Donnerstag wird es in Mekka morgen und am Samstag wolkiger und die Sonne scheint nur noch zeitweise. Dazu bleibt es trocken und es weht ein böig auffrischender Wind. Es wird wärmer: Die Höchstwerte steigen von 40 Grad heute auf 43 Grad am Samstag.“ (www.wetteronline.de/wettertrend/mekka)
Der 7-Tagesprognose von wetter.com zufolge ist für die kommende Woche ab Dienstag wiederum ein Absinken der Tageshöchsttemperatur auf 38° zu erwarten. (www.wetter.com/wet...ka/SAXY00002.html)
zum Beitrag20.06.2024 , 09:45 Uhr
Klimawandel in Saudi-Arabien
Zitat: „…die Tatsache offensichtlich nicht berücksichtigt, dass die Temperatur heutzutage bei 50 Grad liegen kann, wenn die Pilgerzeit in den Sommer fällt.“
Die Tageshöchsttemperaturen in Mekka beliefen sich gestern (Mittwoch) auf 41°, für die kommenden beiden Tage sind 40° prognostiziert. Die durchschnittliche Juni-Höchsttemperatur in Mekka (Messungen an den Klimastationen im Zeitraum 1961 bis 1990) wird mit 44° angegeben. (Quelle: wetter.com).
Sollten diese Parameter nicht erstunken und erlogen sein, ergäbe sich daraus die Erkenntnis, daß die Tageshöchsttemperaturen in Mekka derzeit um bis zu 4° unter dem langjährigen Durchschnitt von vor 50 Jahren liegen. Der Klimawandel hätte im Falle Saudi-Arabiens folglich womöglich gar zu einem leichten Temperaturrückgang geführt.
Demgegenüber sind die CO2-Emissionen in Saudi-Arabien seit 1960 um sage und schreibe das ça 3000-fache angestiegen. (Quelle: Statista)
Welche Erklärung gibt es für das bizarre Phänomen eines Rückgangs der Tageshöchsttemperaturen in Saudi-Arabien im heißesten Monat Juni bei parallelem spektakulären potentiellen Anstieg der CO2-Emissionen in diesem Wüstenland?
zum Beitrag17.06.2024 , 21:19 Uhr
Zuständigkeiten (II)
Zitat @Cerberus: „Neben dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gilt auch für das disziplinarrechtliche Ermittlungsverfahren (§ 17 Abs. 1 BDG) der Legalitätsgrundsatz.“
Dieser Satz ist so unstrittig wie die Erkenntnis, daß die Sonne im Osten aufgeht. Aber in dieser Causa geht es dem Vernehmen nach ausschließlich um straf- und zuwendungsrechtliche Belange, nicht aber um disziplinarrechtliche. Für die wäre die BMBF in diesem Falle auch nicht zuständig, da nicht die unmittelbare Dienstvorgesetzte der Unterzeichner, bei denen es sich überwiegend um Landesbeamte handeln dürfte, folglich unter die Zuständigkeit der jeweiligen Länderministerien fielen. Die nichtbeamteten Unterzeichner hätten ohnehin nicht mit disziplinar- sondern mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu rechnen. Aber auch für die wären deren unmittelbarer Dienstherr zuständig und nicht die BMBF.
zum Beitrag17.06.2024 , 17:12 Uhr
Hin- und Herverschiebungen des Sagbaren
Zitat MednaGora: “Was vor zwanzig Jahren noch richtig rechts war, ist mittlerweile salonfähig." Dieser Satz gilt ja wohl nicht nur für Israel, sondern für so ziemlich alle westlichen Gesellschaften. In Deutschland verschiebt die afd das Sagbare weit nach rechts“
Im Grunde handelt es sich nicht nur um „Verschiebungen des Sagbaren“ von rechts in die Mitte, sondern auch von der Mitte nach Links, etwa wenn Sigmar Gabriel verkündet, den Krieg nach Rußland tragen zu wollen, wenn Putin sich nicht unterwirft.
Das erinnert an Äußerungen wie die des langjährigen CDU-Fraktionsvorsitzenden Alfred Dregger, die den Angriff Deutschlands gegen die Sowjetunion 1941 „nicht grundsätzlich falsch fanden“ (vgl. K. Nelhiebel: Der braune Faden. In: Blätter für deutsche und internationale Politik 6/2010). Das zwischenzeitlich unter W. Brandt und H. Schmidt Unsagbare hat sich inzwischen wieder ins Sagbare verschoben, diesmal unter tatkräftigen Schubkraftverstärkung durch Seeheimer-SPD und (Oliv)Grüne, und dominiert die Mitte. Die Stahlhelmfraktion läßt grüßen.
zum Beitrag17.06.2024 , 12:00 Uhr
Zuständigkeiten
Zitat: „…klargestellt, dass zuwendungsrechtliche Aspekte“ nicht Bestandteil der rechtlichen Prüfung sein sollten. Diese habe ergeben, dass der Inhalt des Briefs von der Meinungsfreiheit gedeckt sei.“
Was ist mit „diese“ gemeint: die „rechtliche Prüfung“ oder die „zuwendungsrechtlichen Aspekte“? Wieder eine zu Mißverständnissen einladende ambivalente Formulierung, die der Glaubwürdigkeit der Ministerin nicht gerade zuträglich ist: Es wäre nicht die Aufgabe des Wissenschaftsministeriums gewesen, politische Äußerungen von unabhängigen Wissenschaftlern auf ihre mögliche strafrechtliche Relevanz zu "prüfen" und zu bewerten, sondern einzig der zuständigen Staatsanwaltschaft. Der Prüfauftrag im Apparat des Wissenschaftsministeriums macht nur Sinn unter zuwendungsrechtlichen, nicht aber unter strafrechtlichen Aspekten.
Allerdings wäre es der Ministerin natürlich nicht verboten, öffentlich ihre Kritik an dem Inhalt des inkriminierten Offenen Briefes zu äußern, allerdings als Staatsbürgerin wie Frau Lieschen Müller auch, und nicht in ihrer Eigenschaft als Kabinettsmitglied.
zum Beitrag17.06.2024 , 10:11 Uhr
Unrealismen
Zitat: „Eine rechte Organisation würde dort am liebsten Siedlungen errichten. Doch das ist unrealistisch… Das Westjordanland ist von israelischen Siedlungen durchkreuzt. Haben sie die Sicherheit der Menschen in Israel erhöht? Wohl kaum.“
Es geht hier nicht um „realistisch“ oder „unrealistisch“ oder die „sicherheitsrelevante Zweckmäßigkeit“ solcher Siedlungsprojekte, sondern um ihre völkerrechtliche Legitimität, die diesem Bericht zufolge offensichtlich wieder religionsmythischen Legenden des Alten Testaments untergeordnet werden soll, vergleichbar mit der Forderung der israelischen Nationalreligiösen nach Landnahme von Eretz Israel in seiner gesamten biblischen Ausdehnung.
Man stelle sich vor, Putin käme auf die Idee, auf Rügen slawische Siedlungen errichten zu wollen mit dem Argument, dort hätten schließlich schon vor 1000 Jahren Slawen gesiedelt, sei folglich „urrussisch“. Außerdem sei dies für die Sicherheit Rußlands unabdingbar. Man würde diese Schnapsidee wohl kaum mit dem euphemistischen Attribut „unrealistisch“ abtun.
zum Beitrag16.06.2024 , 17:55 Uhr
„In diesem Krieg gibt es kein Sieg“
„Soldat Soldat in grauer Norm Soldat Soldat in Uniform Soldat Soldat, ihr seid so viel Soldat Soldat, das ist kein Spiel Soldat Soldat, ich finde nicht Soldat Soldat, dein Angesicht Soldaten sehn sich alle gleich Lebendig und als Leich
Soldat Soldat, wo geht das hin Soldat Soldat, wo ist der Sinn Soldat Soldat, im nächsten Krieg Soldat Soldat, gibt es kein Sieg Soldat, Soldat, die Welt ist jung Soldat Soldat, so jung wie du Die Welt hat einen tiefen Sprung Soldat, am Rand stehst du
Soldat Soldat in grauer Norm Soldat Soldat in Uniform Soldat Soldat, ihr seid so viel Soldat Soldat, das ist kein Spiel Soldat Soldat, ich finde nicht Soldat Soldat, dein Angesicht Soldaten sehn sich alle gleich Lebendig und als Leich“ (Wolf Biermann)
zum Beitrag15.06.2024 , 17:45 Uhr
„If you can’t beat them, join them.“ - so ein populäres amerikanisches Sprichwort. Erkennbar ist es unmöglich, die Moskoviter in die Knie zu zwingen, weder militärisch noch ökonomisch. (vgl. David Teurtrie „Warum die Sanktionen gegen Russland scheitern“, Le Monde diplomatique, Juni 2024). Ergo: Verhandlungen jetzt, ehe sich das Kräfteverhältnis noch weiter zu Ungunsten des Westens verschiebt. Jetzt kann es nur noch darum gehen, zu retten, was zu retten ist.
zum Beitrag14.06.2024 , 23:21 Uhr
Ein politischer Kamikaze-Akt
Der Wochenzeitung „Le Novelle Observateur“ zufolge habe Macron mit seiner einsamen Entscheidung die Büchse der Pandora geöffnet und ein veritables politisches Erdbeben ausgelöst, das das ohnehin schon prekäre politische Gleichgewicht der französischen politischen Landschaft gefährlich umstülpen könnte. Macron geriere sich als die einzige Alternative zu den National-Populisten und verhalte sich wie ein pyromanischer Feuerwehrmann, das Risiko eingehend, sein zweites Mandat in der Kohabitation mit dem Rassemblement Nationale zu beenden und den Lepenisten das Bett für die Präsidentschaft zu bereiten.
Derweil fliegen bei den Postgaullisten „Le Républicains“ des einstigen Skandalpräsidenten Sarkozy die Fetzen in der ungemütlichen Position, zwischen den Fronten des auf die Schnelle zusammengezimmertes Linksbündnisses „Neue Volksfront“ aus Sozialisten, Grünen, Kommunisten und den „Unbeugsamen“ unter Mélanchon auf der einen und dem RN auf der anderen Seite zerrieben zu werden: Die „bürgerliche Mitte“ schmilzt wie das Chagrin-Leder bei Balzac. Die Entscheidung Macron sei ein verantwortungsloses Manöver, nicht weniger ein politischer Kamikaze-Akt.
zum Beitrag11.06.2024 , 15:50 Uhr
Politische Farbenlehre
Der Pazifismus und der Schutz von Natur und Umwelt vor dem Dreckschleuder-Kapitalismus waren einst die beiden konstituierenden Kernelemente der politischen DNA der Grünen. Ersteres hat diese Partei spätestens seit J. Fischers Sündenfall einer Beteiligung am NATO-Krieg gegen Jugoslawien über Bord geworfen und die Parteifarbe „Grün“ zum militärischen „Olivgrün“ mutieren lassen.
Später wurde dann dem Sündenfall der Promotion-Aktion für die schmutzige Braunkohle auch die zweite tragende Säule des alten Parteigebäudes demontiert. Die Parteifahne im Interesse der zuverlässigen politischen Identifizierung sollte daher zutreffenderweise um die Farbe Braun ergänzt werden.
Daß dieses Parteigebäude nach den Gesetzen der politischen Statik einstürzen könnte, scheint das Partei-Establishment après tout nicht zu fürchten, denn es hat für alle sichtbar unter den LibMod-Fittichen längst ein neues gefunden und sich dort behaglich eingerichtet.
Wählersoziologisch mutet diese Yuppie-Partei schon lange eh als Lifestyle-Partei der Müsli-Liberalen an. Diese schleichende Strategiewende der Grünen erinnert an die Burgfriedenspolitik der Sozialdemokraten vor dem 1. Weltkrieg.
zum Beitrag09.06.2024 , 18:37 Uhr
Zitat: „Das Treibhausgas Kohlendioxid sammelt sich neuen Daten zufolge in der Atmosphäre schneller an als je zuvor. Die Werte lägen inzwischen weit über denen während der gesamten bisherigen menschlichen Existenz.“
Im Text wird leider nicht verraten, wieviel davon anthropogen induzierten Emissionen geschuldet ist im Vergleich zu den nichtanthropogenen Anteilen. Gegen letztere ist ohnehin kein Kraut gewachsen.
Interessant wären nicht zuletzt etwaige Veränderungen dieser Proportionen in der Zeitachse. Schließlich wäre zur Effizienzbeurteilung emissionshemmender politischer Maßregeln die regionale Verteilung der Emmissionsentwicklung unumgänglich: Laut Umweltbundesamt sollen sie hierzulande seit 1990 um 40% gesunken sein. („Detaillierte Treibhausgas-Emissionsbilanz 2022: Emissionen sanken um 40 Prozent gegenüber 1990“, Verlautbarung vom 15.01.2024)
zum Beitrag08.06.2024 , 13:01 Uhr
Auf internationalem Parkett hui - in der Kommune pfui?
Zitat: „Für die AfD sitzt Frank Böwe in einem Kreistag, für die CDU in einem Stadtrat“
Wer politische Milieus mit dem politischen Geisteszustand einer AfD zum Teufel wünscht, fragt sich natürlich, wie griffstark Losungen wie die Forderung nach „Brandmauern“ sind und in Klein-Kleckersdorf funktionieren sollen, wenn dies nicht mal in der EU funktioniert. Auf internationalem Parkett wird etwa die italienische Regierungschefin und bekennende Mussolini-Verehrerin und mithin Proto-Faschistin in Brüssel mit Küßchen rechts und Küßchen links begrüßt, zeigt sich mit der Kommissionspräsidentin Seit an Seit als ein Herz und eine Seele auf Konferenzen zur Flüchtlingsabwehr an den Außengrenzen der „Festung Europas“ (wie neulich in Rom) und wird von einem jovialen US-Präsidenten freundlich lächelnd zum Kamingespräch im Oval Office gebeten. Die politische Agenda der aktuellen Regierungskoalition in Rom unterscheidet sich dabei keinen Deut von derjenigen der AfD und der übrigen Formationen mit vergleichbarem Geisteszustand.
Die Causa entstellt das Verhältnis von CDU und AfD zur Kenntlichkeit: Letztere ist Fleisch vom Fleische der Ersteren.
zum Beitrag07.06.2024 , 21:59 Uhr
Marx und die „Judenfrage“
Als Beweis für den Antisemitismus des Juden Karl Marx wird gern dessen Schrift „Zur Judenfrage“ aus der Asservatenkammer hervorgekramt, dabei verkennend, daß es sich hierbei um eine polemische Replik auf den tatsächlichen Antisemiten Bruno Bauer handelt, dessen von Marx kritisch paraphrasierte antisemitische Thesen nun kurzerhand dem Kritiker Marx selbst in den Mund gelegt werden (I. Stützle). Der Haupteinwand von Marx gegen Bauer betraf dessen These, die Juden müßten bereit sein, für ihre Emanzipation ihre Religion aufgeben. Nicht die Juden, so Marx, müßten ihren Glauben aufgeben, um sich zu emanzipieren, sondern umgekehrt der Staat selbst müsse sich von jeglicher Religion frei machen. Die Judenemanzipation war für Marx letztlich nur möglich als Emanzipation von aller Religion schlechthin (D. Claussen). In der „Heiligen Familie“ hat er den Grad der politischen Judenemanzipation zum Gradmesser für den zivilisatorischen Entwicklungsstand eines Staates schlechthin erklärt. (H. Brunkhorst; vgl. M. Krauss, Jude, Antisemit und Hassobjekt, in: Jüdische Allgemeine, 27.4.2018)
Das ist mithin nun das Gegenteil von Antisemitismus à la Luther, Wagner oder Stoecker.
zum Beitrag07.06.2024 , 12:18 Uhr
Judentum und Arbeiterbewegung
Da ist sie wieder, die ebenso beliebte wie geschichtsvergessenen Diskursfigur von der Identität von Antisemitismus und Kapitalismuskritik, dabei die Tatsache ignorierend, daß seit Beginn der deutschen Arbeiterbewegung unter deren Führern jüdischstämmige Persönlichkeiten überproportional vertreten waren: „Allen voran sind hier der Frühsozialist und Pionier des Zionismus Moses Hess sowie der ebenfalls aus jüdischer Familie stammende Karl Marx zu nennen. Die deutsche Arbeiterbewegung stellte einen politischen Emanzipationsraum, in dem Juden sich ohne Vorbehalte gegenüber ihrer Herkunft beteiligen konnten.“(J. Hirsch, Jüdische Emanzipation u. die Arbeiterbewegung vor 1933)
Auch „für die Zeit vor dem 2. Weltkrieg ist eine überproportional hohe Beteiligung von Menschen jüdischer Herkunft an der Arbeiterbewegung feststellbar. Beide prägte das Streben nach Emanzipation. Besonders im östlichen Europa entwickelten sich jüdische Arbeiterorganisationen, die gegen doppelte Unterdrückung als Juden und Proletarier kämpften.“(Börner/Jungfer/Stürmann, Judentum u. Arbeiterbewegung: Das Ringen um Emanzipation in der ersten Hälfte d. 20. Jhs., Berlin Boston 2018)
zum Beitrag02.06.2024 , 21:00 Uhr
Netanjahu - der Zerstörer der jüdischen Volkes?
Zitat: „Die Demonstrationen richten sich aber auch gegen die israelische Regierung. Im Zentrum von Tel Aviv forderten die Demonstranten am Samstag lautstark Neuwahlen. Sie skandierten, die Zeit der rechts-religiösen Koalition sei vorbei.“
Sie haben erkennbar die Hauptgefahr für ihr Land rekognoszierT: „Netanjahu hat den Staat und die Bewegung nach seinem Bild und Gleichnis geformt: Der Staat ist er, und er ist der Staat. Wer mit ihm ist, ist heilig, wer gegen ihn ist, ist ein Verräter. Seit Jahren hat er den öffentlichen Dienst und seine Führung von allen klugen, sachkundigen und fähigen Leuten geleert und die Reihen mit unqualifizierten Schmeichlern, Kriechern und Abschaum gefüllt. Für seine kranke narzisstische Psyche ist der Staat lediglich ein Werkzeug, das ihm das Gefühl vermitteln soll, ‹ich rette das jüdische Volk›. Er verfügt nicht über die Mechanismen des Realitätsbezugs oder der Introspektion, die ihn erkennen lassen könnten, daß er das jüdische Volk zerstört, anstatt es zu retten.» (Chaim Levinson: „This Is the Greatest Threat Facing Israel. It's Not Hamas.“, Haaretz, Tel Aviv, 27. Mai 2024)
zum Beitrag31.05.2024 , 18:09 Uhr
Katastrophitis
Zitat: „Bald kommt die Sintflut“ Das sieht man beim „Spiegel“ ganz genau so: „Überraschend war die Katastrophe nicht gekommen. Wissenschaftler hatten beizeiten gewarnt, Umweltschützer unermüdlich demonstriert. Schließlich hatten sogar die Politiker den Ernst der Lage erkannt - zu spät: Das Desaster, der weltweite Klima-GAU, war nicht mehr aufzuhalten. Jetzt, im Sommer 2040, ragen die Wolkenkratzer New Yorks weit vor der Küste wie Riffs aus der See. Überflutet, vom Meer verschluckt, sind längst auch Hamburg und Hongkong, London, Kairo, Kopenhagen und Rom. Das Vereinigte Königreich ist in einen Archipel zerfallen. An den Küsten aller Kontinente drängt sich das Meer in die Mündungstrichter der großen Ströme. Wo Nil und Ganges, Rhein und Amazonas in die See fließen, sind mächtige Buchten entstanden, die tief ins Binnenland reichen.
Seit die Eiskappen an den beiden Erdpolen immer rascher abschmelzen, hat die See ganze Länder verschlungen. Dänemark, die Niederlande, Belgien und Bangladesch existieren nicht mehr. Immer häufiger toben in den subtropischen Breiten Stürme von früher unbekannter Wucht, begleitet von sintflutartigen Regenfällen." (DER SPIEGEL 33/1986)
zum Beitrag25.05.2024 , 12:42 Uhr
Die Hamas - Natterngezücht der israelischen Nationalisten?
Zitat Michaela Dudley: „Die Hamas ist in Wirklichkeit kein stiefmütterlich gepflegtes Ziehkind, sondern der wohlgenährte Protegé der UNO und des iranischen Mullah-Regimes.“
Hamas ist wohl eher ein buchstäblich von Netanjahus Likud „gepflegtes Ziehkind“ mit dem politischen Zweck, einen souveränen Palästinenserstaat zu vereiteln: „Jeder, der die Gründung eines palästinensischen Staates vereiteln will, muss die Stärkung der Hamas und den Geldtransfer an die Hamas unterstützen… Das ist Teil unserer Strategie – die Palästinenser in Gaza von den Palästinensern im Westjordanland zu isolieren.“ (Benjamin Netanyahu, Erklärung bei einem Treffen der Knesset-Mitglieder seiner Likud-Partei im März 2019, Quelle: Haaretz, 9. Oktober 2023).
zum Beitrag25.05.2024 , 10:17 Uhr
Diskursfiguren im Wandel der Zeiten
Zitat: „Bundeskanzler Konrad Adenauer sah das als „Wiedergutmachung“, begründete es aber auch mit dem antisemitischen Motiv von der „Macht der Juden“, die man nicht unterschätzen solle.“
Dieser Verweis zielt auf die berühmte Äußerung Adenauers: „Meine Damen und Herren, dat Weltjudentum is eine jroße Macht“, wie sie Rudolf Augstein im „Spiegel“ v. 08. 05. 1995 zitiert. Darin ein „antisemitisches Motiv“ zu sehen, ist schon bemerkenswert, ganz abwegig ist dies nicht. Allerdings wäre damals niemand auf die Idee gekommen, Adenauer des Antisemitismus’ zu bezichtigen. Heute würde er für die Diskursfigur „Weltjudentum“ wohl medial ans Kreuz genagelt, und das nicht zu Unrecht.
Im übrigen ein sehr erhellendes Interview für jüngere Taz-Leser, das zwar hinsichtlich der Beziehungen zwischen der Bonner Republik und Israel in den 50-Jahren historiographisch nichts Neues enthält, aber dankenswerterweise Aspekte in Erinnerung ruft, die von meinungssetzenden Akteuren einer blauäugigen Verklärung dieses Verhältnisses medial gern unter Verschluß gehalten werden.
zum Beitrag24.05.2024 , 20:17 Uhr
Regelbasierte Internationale Ordnung?
Zitat: „Der Internationale Gerichtshof urteilt, Israel müsse die Militäroffensive in Rafah unmittelbar abbrechen.“
Die deutsches Außenministerin wird nicht müde, die Respektierung einer regelbasierten internationalen Staatenordnung zu fordern. Zu den regelsetzenden Institutionen gehört der Internationale Gerichtshof. Man darf gespannt sein, wie die Bundesregierung nach dessen Israel-Entscheidung zu ihrem eigenen Credo steht...
zum Beitrag22.05.2024 , 22:50 Uhr
LG - politisch motivierte Kriminalität“?
Zitat: „Die Staatsanwaltschaft Neuruppin erhebt Anklage gegen fünf Mitglieder der Klimaschutzgruppe Letzte Generation. Der am schwersten wiegende Vorwurf: Bildung einer kriminellen Vereinigung.“
Das hat das Landgericht München schon im November getan (NZZ 23.11.2023). Dabei wurde das politische Anliegen der LG offensichtlich noch nicht einmal in Betracht gezogen, vielleicht gar zum Glück für deren Mitglieder, denn ihre Aktionen erfüllen semantisch korrekt die Bedingung für „politisch motivierte Kriminalität“.
Dazu das BdI: „Was ist politisch motivierte Kriminalität? Als politisch motivierte Kriminalität werden bezeichnet und erfasst: alle Straftaten, die einen oder mehrere Straftatbestände der sogenannten klassischen Staatsschutzdelikte erfüllen, selbst wenn im Einzelfall keine politische Motivation festgestellt werden kann. Dazu zählen… auch die Bildung einer terroristischen Vereinigung (§ 129a StGB); Straftaten, die in der Allgemeinkriminalität begangen werden können (wie …Widerstandsdelikte, Sachbeschädigungen), bei denen jedoch unter Würdigung der gesamten Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass sie: den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen richten.“ Die Straßenblockaden der sog. Letzten Generation dürften den zitierten Sachverhalten voll entsprechen, denn sie zielen darauf ab, damit die politischen Entscheidungsgremien und mithin den demokratischen Willensbildungsprozeß durch solcherart Nötigung zur Erreichung eines bestimmten politischen Zieles zu beeinflussen.
Mit dem Urteil des LG München war noch keine politische Aussage über Sinn oder Unsinn der plakatierten Ziele der LG getroffen. Gut möglich, daß die Justiz nun konsequenterweise einen Schritt weiter geht und die Aktionen der LG als PMK einstuft.
zum Beitrag22.05.2024 , 09:39 Uhr
Bodenhaftung
Zitat: „Bettina Stark-Watzinger hatte erklärt, das Statement von Wildt & Co mache sie „fassungslos“. Gerade „Lehrende müssen auf dem Boden des Grundgesetzes stehen“. Das war, kaum verhüllt, der Vorwurf, dass sich die inzwischen mehr als 1.000 UnterzeichnerInnen mit ihrem Brief verfassungsfeindlich betätigt hätten.“
Eine nahliegende inhärente Schlußfolgerung, bei deren Kritik man Stefan Reinecke nur beipflichten muß. Die Israel-Frage ist ein Politikthema unter anderen und wie andere Politik-Themen auch nicht explizit Gegenstand des Grundgesetzes, und schon gar nicht einer seiner Ewigkeitsklauseln.
Aber das Statement der Berliner Hochschullehrer vermeidet ja sogar ausdrücklich jede inhaltliche Parteinahme in dieser Frage, sondern verteidigt lediglich das studentische Recht auf friedlichen Protest, „unabhängig davon, ob wir mit den konkreten Forderungen des Protestcamps einverstanden sind“. Damit stehen sie nicht nur „auf dem Boden des Grundgesetzes“, sondern machen sich damit ausdrücklich zu dessen Verteidigern, insbesondere der Art. 3 (3) und 8 (1). Es ist im GG kein Artikel auffindbar, gegen den das inkriminierte Hochschullehrer-Statement verstoßen haben könnte. Bis zu einer anderslautenden rechtsgültigen Gerichtsentscheidung darf es folglich als einschränkungslos verfassungskonform gelten. Gerade Bundesminister müssen auf dem Boden des Grundgesetzes stehen...
zum Beitrag21.05.2024 , 18:46 Uhr
Tyrannei der Mehr- oder der Minderheit?
Zitate: „Alexis de Tocqueville hat 1835 in seiner berühmten Studie „Über die Demokratie in Amerika“ vor der Tyrannei der Mehrheit gewarnt.“
und
„Politikwissenschaftler Daniel Ziblatt plädiert dafür, Lehren aus dem Trumpismus zu ziehen und die Demokratie vor radikalen Minderheiten zu schützen.“
Mit Verlaub, Euer Ehren, aber beide Zitate stoßen eine kontradiktorische Message aus: Was ist die größere Gefahr, die Tyrannei der Mehrheit oder die Tyrannei der radikalen Minderheit? Also was denn nun? Bei dem Teufel, dem man an die Demokratie-Wand malt, muß man sich schon zwischen beiden Tyranneien entscheiden.
Aber was ist eigentlich „Demokratie“? Wie die Wahlen solcher Gestalten wie Trump, Kaczinsky, Erdogan, Meloni, Bolsonaro, Milei, Modi, Sisi, Wilder et al. belegen, ist „Demokratie" strictu sensu kein Wertekanon per se, sondern lediglich eine vereinbarte Verfahrensordnung zur Kür der politischen Eliten, nicht mehr und nicht weniger. Sie ist eher eine technische Konvention für einen modus operandi und keine Doktrin, nach welchem Credo die Gesellschaft temporär regiert werden soll. Sie definiert nur das Regelwerk, nach dem die Multiple-Choice unter einer vorgegeben (endlichen) Zahl von Doktrinen zu erfolgen hat. Diejenigen solch unerquicklicher Formationen wie Fratelli d’Italia, GOP, Reconquête, Sverigedemokraterna, FÖP, SVP, Vox, Rassemblement National, AfD et. al. sind, sofern als nicht verfassungskonform mit Platzverweis belegt, einige der Stände auf dem Marktplatz der Demokratie wie andere auch und gehören folglich ebenso zum "Werte-Westen" wie die diejenigen ihrer Konkurrenten.
Wäre der Ausgang einer solchen Wahl nicht prinzipiell offen, könnte man sich diesen ganzen Zirkus gleich sparen.
zum Beitrag21.05.2024 , 09:01 Uhr
Alte und Neue Normalitäten
Zitat Andreas_2020: „Langfristig wird es eng, denn es gibt noch die Linkspartei und irgendwann hat auch diese Partei eine Basis und Abgeordnete in kommunalen Gremien. Mit der Normalität wird es schwieriger werden.“
Was heißt hier „Normalität“? Wieso ist es jenseits aller politischen „Normalität“, wenn Formationen nach regulären demokratischen Wahlen in die Parlamente einziehen, die nicht zu den vier „Verfassungsbogen“-Parteien gehören, also der XXL-Koalition aus den politisch promiskuitiven, prinzipiell zueinander koalitionsbereiten Parteien im Bundestag Union, SPD, Grüne und FDP, die sich wechselseitig keinerlei Koalitionsverbot und Unvereinbarkeitsbeschlüssen unterwerfen?
Olaf Scholzund Jens Spahnhatten während der Pandemie wiederholt der alten Normalität eine „Neue Normalität“ gegenübergestellt, auf die man sich halt werde einstellen müssen. Das wird nach der überstandenen Pandemie nun wohl nolens volens wohl auch für das Wahlverhalten des Volkes gelten müssen, dieses „großen Lümmels“ (Heinrich Heine)...
zum Beitrag19.05.2024 , 19:38 Uhr
Sehnsuchtverhalten
Zitat: Die BSW-Programmatik sei „eine Kombination von ein bisschen Linkspartei-Gerechtigkeitssound und viel Sehnsucht nach Gestern.“
Die Taz sieht im Falle des BSW in der „Sehnsucht nach gestern“ immerhin eine „Kombination“ mit sozialem Gerechtigkeitssinn, wenn auch im neoliberal Sound abschätzig mit „Gerechtigkeitssound“ apostrophiert, was hartgesottene Wirtschaftsliberale übrigens nicht weniger als „ewig gestrig“ abtun.
Ganz anders im Falle der CDU: „Die CDU will schrittweise die Wehrpflicht wieder einführen und klammert sich an die Atomkraft. Die gravierendste Kursänderung betrifft Migration. Deutschland soll sich mit einem Ruanda-Modell Flüchtlinge vom Leib halten. Und Ausländer, die hierzulande leben, sollen sich gefälligst zu einer deutschen Leitkultur bekennen, von der niemand sagen kann, um was es sich dabei genau handelt. All das riecht streng nach gestern.“ (Taz, 8. 5. 2024)
Aber diese „Sehnsucht nach gestern“ scheint nicht nur die Linke und die CDU befallen zu haben, sondern macht sich auch in gesamten Lager der vier „Verfassungsbgen“-Parteien der politisch promiskuitiven, also prinzipiell zueinander koalitionsbereiten Parteien im Bundestag Union, SPD, Grüne und FDP breit, die sich wechselseitig keinerlei Koalitionsverbot und Unvereinbarkeitsbeschlüssen unterwerfen: Deren außen- und sicherheitspolitischer Diskurssound ist wie in einem anschwellenden Bocksgesang unisono zunehmend militaristisch durchtränkt und wieder auf den ewig gestrigen Erbfeind Rußland fokussiert. Das riecht so was von gestern, daß es schon zum Himmel stinkt. An der diskursive Rhetorik in hätten alle Kalten Krieger der Bonner Republik wie Springer, Dregger, Löwenthal et all. ihre hellste Freude.
zum Beitrag19.05.2024 , 19:12 Uhr
Bizarre Reihung
Zitat: „Die Fixierung auf Personen ist in Europa schon lange gängige Praxis, von Berlusconi über Kurz bis zu Wilders.“
Diese Reihung ist ebenso auffällig fragmentarisch wie die Formulierung „schon lange gängige Praxis“ zeitlich sehr vage bleibt: Die Politik in Italien war nicht mehr auf Berlusconi „fokussiert“ wie vordem auf solche Persönlichkeiten wie De Gasperi, Fanfani, Moro oder Andreotti. In Österreich träfe dies auf Kreiskyzu und in den Niederlanden auf Lubbers, Balkenende oder Rutte.
In Frankenreich ist traditionell die Politik hochgradig personalisiert, in solchen historischen Figuren wie de Gaulle, Giscard d’Estaing, Mitterand, Sarkozy und nicht zuletzt Macron verkörpert. Aber auch die Namen solcher Politiker wie Adenauer, Brandt oder Genscher hierzulande oder Olaf Palme in Schweden sind mit hervorstechenden historischen Vorgängen und Entwicklungen assoziiert.
Sarah Wagenknecht in diese Reihe zu stellen, ist dann doch wohl etwas vorgegriffen, um nicht zu sagen an den Haaren herbeigezogen, unabhängig von der auffälligen politischen Kolorierung der sehr selektiven Auswahl dieser Vergleichsreihung in dem Artikel: Worin, the hell, bestehen die programmatischen Gemeinsamkeiten zwischen Berlusconi, Kurz und Wilders einerseits und Sarah Wagenknecht andererseits? Die „Personenfixierung“ taugt als exklusives Gruppenmerkmal nicht aus, wie dargelegt. Also was ist es dann?
zum Beitrag15.05.2024 , 13:17 Uhr
Bodycountiung
Zitat: „Die humanitäre UN-Abteilung zählt knapp 35.000 Tote. Jetzt heißt es, dass nur 25.000 identifiziert sind.“
Das änderst natürlich alles. Angesichts dieser Divergenzen in der Opferzählung muß das ganze Narrativ des Israels-Gaza-Konflikts umgeschrieben werden…
zum Beitrag11.05.2024 , 19:49 Uhr
Das Meloni-Modell
Zitat: „Zwischen Markus Söder und die Neofaschistin Giorgi Meloni passt kaum ein Blatt Papier.“
FJS läßt Grüßen.
Was hat doch die amtierende Präsidentin der EU-Kommission vor den jüngsten Parlamentswahlen in Italien für tumultuöse Drohungen an die Adresse des dortigen Wahlvolkes ausgestoßen, es solle sich unterstehen und der bekennenden Neo-Faschistin Meloni zurMacht zu verhelfen. Zugleich präsentierte sie die Folterinstrumente der EU für die Fälle, daß irgendein Wahlvolk sich erdreiste, nicht nach der Pfeife von Brüssel zu tanzen.
Nach Tisch sah das dann überraschend allerdings ganz anders aus: Meloni wurde mit offenen Armen und Küßchen rechts, Küßchen links in den Tafelrunden der EU, der G7, der NATO usw. aufgenommen. Meloni und UvdL zeigen sich, freundlich in die Kameras lächelnd, Seit an Seit als ein Herz und eine Seele. Auf wundersame Weise hat sich die „populistische“, „postfaschistische“ und „illiberale“ Führerin der Fratelli d’Italia (FdI), dem italienischen Pendant der NPD (nicht der AfD!), über Nacht in eine seriöse und „vernünftige“ Partnerin verwandelt. Der Grund: Sie ist so clever, mit den Wölfen gegen den Kreml anzuheulen, damit den tradierten Prinzipien jeglicher Spielart von Faschismus treu bleibend. (vgl. B. Bréville, Le modèle Meloni, Le Monde diplomatique, Juli 2023)
Der zweite zentrale außenpolitische Programmpunkt Melonis, von Brüssel beifällig aufgenommen, ist die Kooperation bei der Flüchtlingsabwehr. Im Brüsseler „Team Europe“ gehört sie zu den Architekten des milliardenschweren Türsteherabkommens mit Tunesien und hatte eigens zu diesem Zweck zu einem Gipfeltreffen nach Rom zur Sicherung der Südgrenze der „Festung Europa“ gegen unerwünschte Wirtschaftsflüchtlinge eingeladen. In deren Folge wurden hunderte afrikanische Flüchtlinge von den tunesischen Sicherheitskräften abgefangen und in Wüstengebiete deportiert, sie dort unversorgt ihrem Schicksal überlassend, was für viele von ihnen den sicheren Tod bedeutet.
zum Beitrag08.05.2024 , 09:03 Uhr
Epochen-Gerüche
Zitat: „Die CDU will schrittweise die Wehrpflicht wieder einführen und klammert sich an die Atomkraft. Die gravierendste Kursänderung betrifft Migration. Deutschland soll sich mit einem Ruanda-Modell Flüchtlinge vom Leib halten. Und Ausländer, die hierzulande leben, sollen sich gefälligst zu einer deutschen Leitkultur bekennen, von der niemand sagen kann, um was es sich dabei genau handelt. All das riecht streng nach gestern.“
Das riecht nicht nur „streng nach gestern“, sondern stinkt zum Himmel nach Anbiederung an die AfD. Eine Rückkehr zur Wehrpflicht ist seit Anbeginn der AfD ein Wesenskern von deren sicherheitspolitischer Programmatik. Nach der Asylpolitik ein weiterer Punkt, wo die CDU hofft, weggetriftete Wähler der rechtskonservativen bürgerlichen Mitte wieder einzufangen, wenn man der Afd nur tief genug programmatisch in den Hintern kriecht. Mit dieser Strategie ist Macron krachend gescheitert und dürfte zu den Europa-Wahlen die Rechnung präsentiert bekommen. Hierzulande könnte es ähnlich ausgehen.
A propos Epochen-Gerüche: Die prädominante Rußland-Politik aller vier „Verfassungsbogen“-Parteien, d. h. der politisch promiskuitiven, also prinzipiell zueinander koalitionsbereiten Parteien im Bundestag Union, SPD, Grüne und FDP, die sich wechselseitig keinerlei Koalitionsverbot und Unvereinbarkeitsbeschlüssen unterwerfen, riecht gleichermaßen so was von gestern, daß es nicht weniger zum Himmel stinkt. An der diskursive Rhetorik in ihrem anschwellenden Bocksgesang hätten alle Kalten Krieger der Bonner Republik wie Springer, Löwenthal et all. ihre hellste Freude.
zum Beitrag06.05.2024 , 10:39 Uhr
Politische Stilblüten
Zitat @URANUS: "Küsst die Faschist*innen, wo Ihr sie trefft" (Tucholski)"
Das Originalzitat ist nicht von Tucholski, sondern von Tucholsky, und es lautet nicht: "Küsst die Faschist*innen, wo Ihr sie trefft“, sondern „Küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft!“. Für Leute wie Kurt Tucholsky, die es wirklich wissen mußten, war der Faschismus eine durch und durch maskuline Angelegenheit militaristischer Observanz, bei dessen Benennung der modische Gendrian bei den Nachgeborenen nur zu einer verharmlosenden Assoziation führen kann, ungeachtet der stilblütigen Verknüpfung von „Faschistinnen und küssen“. Tucholsky würde sich im Grabe rumdrehen,
Hier zur Klarstellung das ganze Gedicht:
Rosen auf den Weg gestreut
Ihr müßt sie lieb und nett behandeln, erschreckt sie nicht – sie sind so zart! Ihr müßt mit Palmen sie umwandeln, getreulich ihrer Eigenart! Pfeift euerm Hunde, wenn er kläfft –: Küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft!
Wenn sie in ihren Sälen hetzen, sagt: »Ja und Amen – aber gern! Hier habt ihr mich – schlagt mich in Fetzen!« Und prügeln sie, so lobt den Herrn. Denn Prügeln ist doch ihr Geschäft! Küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft.
Und schießen sie –: du lieber Himmel, schätzt ihr das Leben so hoch ein? Das ist ein Pazifisten-Fimmel! Wer möchte nicht gern Opfer sein? Nennt sie: die süßen Schnuckerchen, gebt ihnen Bonbons und Zuckerchen ... Und verspürt ihr auch in euerm Bauch den Hitler-Dolch, tief, bis zum Heft –: Küßt die Faschisten, küßt die Faschisten, küßt die Faschisten, wo ihr sie trefft –!
zum Beitrag05.05.2024 , 09:27 Uhr
Zwischen allen Stühlen?
Zitat: “Auch die Tagebücher aus der Weimarer Republik und aus der Zeit nach 1945 zeigen Klemperer in der Rolle des Beobachters, der auch nicht davor zurückscheut, den eigenen Ehrgeiz oder die „lingua quarti imperii“ (LQI – den Jargon der neuen kommunistischen Machthaber)** (!!) kritisch zu thematisieren.“ (de.wikipedia.org/wiki/Victor_Klemperer) (Ps** 🏳️ - bisher nicht an Land ziehen können - falls jemand helfen kann wäre ich sehr dankbar!;)“
Zunächst Danke für das Outing, aus Halle/S. zu stammen, der Stadt der Halloren und Halunken. Willkommen im Klub!
Zu Prof. Klemperer, der ja auch in Halle/S. (Ostdeutschland!) gelehrt hat und unter dessen Berliner Schüler auch meine späteren Lehrer waren, ergibt sich aus obigem Hilferuf die Frage, worauf sich „das nicht an Land ziehen können“ bezieht, auf die Tagebücher nach 1945 oder lediglich das Zitat von der „LQI“, das angeblich darin enthalten sein soll. Letzteres scheint eine Analogie-Erfindung des Verfassers des zitierten Wikipedia-Artikels zu sein, da ohne Quellenangabe. Der Nationalpreisträger der DDR, Träger des Vaterländischen Verdienstordens, Abgeordneten der DDR-Volkskammer usw. hat zwar auch das politische Kaderwelsch der DDR mit seiner gewohnten linguistischen Expertise kritisch unter die Lupe genommen. Aber mit der Begriffsanalogie „LQI“ dürfte er diese Kritik wohl kaum bedacht haben, hätte er doch damit seine „LTI“-Analyse ahistorisch diskreditiert, denn während seines Dresdner Inneren Zwangsexils saß er keineswegs „zwischen allen Stühlen“, im Gegensatz zur DDR-Zeit, wie er in seinen Tagebüchern nach 1945 beklagte. Nein, zur Zeit der Hakenkreuzler saß er gleichsam fest angebunden nur auf dem ihm zugewiesenen Stuhl und nicht irgendwie „dazwischen“.
Diese wohlfeile Analogie zwischen seinen beiden Lebensepochen, wie in besagtem Wikipedia-Artikel insinuiert, zeugt nicht gerade von profunden Geschichtskenntnissen seines Verfassers. Das soll auch dort gelegentlich vorkommen...
zum Beitrag04.05.2024 , 15:22 Uhr
Follow the Science (politique).
Zitat: „Trotz eines Debatten-Versuchs gehen die Nahost-Proteste an der Sciences Po weiter.“
Die Neue Studentenbewegung scheint sich um die Lesung zu formieren „Follow the Science (politique)“. So hatten allerdings die Erfinder der „Follow the Science“- Nummer wohl nicht gewettet…
zum Beitrag04.05.2024 , 10:06 Uhr
Sitzblockaden zum Druck auf die Regierungspolitik im Epochenvergleich
Zitat: „Die Aktionen der Letzten Generation, bei denen sie Straßen blockierten, um auf eine andere Klimapolitik zu drängen, polarisierten die bundesdeutsche Öffentlichkeit.“
Vor 30 Jahren wurde mit den Aktionen der Friedensbewegung die Kasernen-Zugänge von Mutlangen blockiert, um auf eine andere Sicherheitspolitik zu drängen. Die damaligen Slogans waren den jetzigen nicht unähnlich: Auch die damaligen Protestierer wähnten ich als womöglich „letzte Generation“, sollte es zu einem Einsatz der Pershing-Raketen als Reaktion auf die Staionierung der sowjetischen SS-20 kommen: „Dieser Weg bringt uns todsicher den letzten Frieden.“, so war auf den Plakaten zu lesen. Allerdings dürften es keine auch nur annähernde Vergleichbarkeit der realen Gefahrenpotentiale beider Protestanlässe geben: Der damalige war ungleich virulenter als der jetzige.
Um so bemerkenswerter ein andere Unterschied, der der allgemeinen politischen und juristischen Reaktion in der bundesdeutschen Öffentlichkeit: Bei der Bewertung der Sitzblockaden von Mutlangen gab es keinerlei juristische Zweifel, im Gegensatz zu heute.
Finde den Unterschied.
zum Beitrag04.05.2024 , 09:49 Uhr
„Embedded journalism“: Wie man sich bettet, so lügt man...
zum Beitrag04.05.2024 , 09:40 Uhr
Halle in Ostdeutschland?
Zitat der Bildunterschrift: „Björn Höcke (AfD) sitzt am 23. April 2024 vor dem Landgericht in Halle, Ostdeutschland, bei einer Sitzung seines Prozesses“
Nanu? „Halle in Ostdeutschland“? Was soll denn das nun schon wieder heißen? Hatte es in der Berichterstattung über Prozesse zu vergleichbaren Straftatbeständen wie etwa gegen das NSU-Trio oder den Attentäter von Kassel geheißen „Oberlandesgericht München in Westdeutschland“ oder „Oberlandesgericht Frankfurter in Westdeutschland“?
Mit dieser bizarren geografischen Zuschreibung des Verhandlungsortes des Höcke-Prozesses verbirgt sich, ob bewußt oder unbewußt, eine dominante politische Assoziation des rechtsextremistischen Spektrums mit den Hakenkreuzlern als doktrinäre Provenienz mit der früheren DDR vulgo SED: Die Totalitarismus-Doktrin läßt grüßen. Dazu trägt auch das journalistische Brauchtum bei, über die politisch-geografische Herkunft des AfD-Spitzenpersonals und deren politischer Sozialisierung diskret hinwegzusehen, wie hier auch in Bezug auf Höcke, einem aus Hessen stammenden beamteten Lehrer.
zum Beitrag03.05.2024 , 20:16 Uhr
Demagogische Vokabularien
Zitat: „Alles für Sachsen-Anhalt, alles für die Heimat, alles für Deutschland.“ Bei den letzten drei Worten handelt es sich um die verbotene Parole der nationalsozialistischen Sturmabteilung (SA).“
Es ist natürlich begrüßenswert, die LTI kritisch zu sezieren, das wohl einzig plausible Verfahren einer profunden Ideologiekrititk. Von M. Horkheimer über V. Klemperer und H. Arendt bis G. Lukács ist da eigentlich schon alles gesagt - und vergessen. Deren Analysen wieder stärker ins argumentative Rampenlicht zu rücken, wäre vielleicht aussichtsreicher als sich kleingeistig in juristische Manöver um dieses oder jenes Wording zu verbeißen und ganz nebenbei Figuren wie Höcke auch noch ein reichweitenstarkes politisches Forum zu bieten.
Dabei dürfte das Wesentliche wieder unbeachtet bleiben, die Demagogie der Slogans und Doktrinen der Hakenkreuzler und ihrer Adepten: Nicht die Losung „Alles für Deutschland“ an sich ist gefährlich sondern ihr verlogener Mißbrauch durch die SA als Teil jener politischen Bewegung, die wie keine andere Deutschland buchstäblich ruiniert hat. Nicht für die Losung „Alles für Deutschland“ verdienen die Hakenkreuzler das Verdikt der Geschichte, sondern dafür, daß ihr modus operandi genau das Gegenteil bewirkt hat. Semantisch korrekt wäre deren Handeln mit der Losung „Alles für den Ruin Deutschlands“ zu beschreiben. Sie wären sozusagen also eher wegen erwiesener Falschbehauptung zu belangen.
Davon unberührt bliebe die Frage, nach welchen Selektionskriterien die juristische Kriminalisierung einzelner Rhetorikbausteine der Hakenkreuzler erfolgt. Warum diese Wortkombination und nicht auch jene? Warum vor allem immer wieder das Eigenlabel „Nationalsozialismus“ zur Benennung dieser verhängnisvollsten politischen Bewegung in der europäischen Geschichte benutzen, schon von den Sozialdemokraten in den 20er Jahren als verlogene Usurpation in spalterischer Absicht entlarvt? Dieser Unsinn ist einfach nicht totzukriegen.
zum Beitrag03.05.2024 , 15:13 Uhr
Im Krieg üblich ?
Zitat: „Embedded“, also vom Militär begleitet zu berichten, ist im Krieg üblich.“
Während des Vietnam-Krieges war es das nicht. Die amerikanische Presse konnte sehr frei berichten und damit das Meinungsklima in den USA drehen, wodurch die Johnson- und später die Nixon-Administration signifikant unter Druck gesetzt und gezwungen wurden, sich auf Friedensverhandlungen mit dem Kriegsgegner mit dem bekannten Ergebnis einzulassen.
Wenn Journalisten zu den Militärs ins Bett kriechen, kann nur Kriegsapologetik herauskommen. Dazu Karl Kraus: „Wie wird die Welt regiert und in den Krieg geführt? Ganz einfach: Diplomaten belügen Journalisten und glauben es, wenn es aufgeschmiert. Nun fehlt noch, daß auch die Völker wüßten, wie man sie regiert und in Kriege führt.“
zum Beitrag22.04.2024 , 10:02 Uhr
Nicht die Hitze, die Kälte ist das Problem
Eine in „The Lancet Planet Health“ erschienenen Studie hat die Mortalitätsdaten der letzten zwei Jahrzehnte (2000 – 2019) aus 43 Ländern auf allen Kontinenten mit Wetterdaten korreliert. Erfaßt wurde damit etwas weniger als die Hälfte der Weltbevölkerung und die weltweit wärmste Periode seit Beginn der Aufzeichnungen. Dem internationalen Forschungsteam zufolge ist knapp ein Zehntel der herangezogenen Todesfälle suboptimalen Temperaturen geschuldet. Im Untersuchungszeitraum waren das im Schnitt jährlich mehr als fünf Millionen Tote (74 Todesfälle /100.000 Personen). Weniger als ein Zehntel davon starb hitze-, der Rest kältebedingt. „Auch Kälte belastet das Herzkreislaufsystem, es kommen aber noch einige andere belastende Faktoren hinzu: Die Atemwege sind im Winter besonders anfällig, die Immunabwehr ist schwächer, virale und bakterielle Infektionen breiten sich schneller aus. So zählen etwa Lungenentzündungen zu den häufigen Todesursachen in der kalten Jahreszeit" (Quelle: ORF, 8. Juli 2021)
zum Beitrag20.04.2024 , 10:13 Uhr
Demagogische Vokabularien
Juristischer Aufhänger, wenn auch nicht tieferer Grund der Causa Höcke ist der Vorwurf, einen SA-Slogan zitiert zu haben.
Es ist natürlich begrüßenswert, das Hakenkreuzler-Vokabular, die LTI, kritisch auseinanderzunehmen, das wohl einzig plausible Verfahren einer profunden Ideologiekrititk. Von Max Horkheimer über Victor Klemperer und Hannah Arendt bis GeorgLukácsist da eigentlich schon alles gesagt - und vergessen. Deren Analysen wieder stärker ins argumentatorische Rampenlicht zu rücken, wäre vielleicht aussichtsreicher als sich kleingeistig in juristische Manöver um dieses oder jenes Wording zu verbeißen wie der Foxterrier in den Teppich (und da ganz nebenbei solchen Figuren wie Höcke auch noch ein politisches Forum zu bieten).
Dabei dürfte das Wesentliche wieder unbeachtet bleiben, die Demagogie der Slogans und Doktrinen der Hakenkreuzler und ihrer Adepten: Nicht die Losung „Alles für Deutschland“ an sich ist gefährlich, sonder ihr verlogener Gebrauch durch die SA als Teil jener politischen Bewegung, die wie keine andere vor ihr Deutschland buchstäblich ruiniert hat. Nicht für die Losung „Alles für Deutschland“ verdienen die Hakenkreuzler das Verdikt der Geschichte, sondern dafür, daß ihr modus operandi genau das Gegenteil bewirkt hat. Semantisch korrekt wäre deren Handeln mit der Losung „Alles für den Ruin Deutschlands“ beschrieben. Sie wären sozusagen also eher wegen erwiesener Falschbehauptung zu belangen.
Davon unberührt bliebe die Frage, nach welchen Selektionskriterien die juristische Kriminalisierung einzelner Rhetorikbausteine der LTI erfolgt. Warum diese Wortkombination und nicht auch jene? Warum vor allem immer wieder das Eigenlabel „Nationalsozialismus“ zur Benennung dieser verhängnisvollsten politischen Bewegung in der europäischen Geschichte benutzen, schon von den Sozialdemokraten in den 20er Jahren als verlogene Usurpation in spalterischer Absicht entlarvt? Dieser Unsinn ist einfach nicht tot zu kriegen.
zum Beitrag19.04.2024 , 19:52 Uhr
Zweischneidiges Schwert?
Zitat: „Das Thüringen-Projekt schlägt nun vor, die Polizeipräsident:in und die Präsident:in des Verfassungsschutzes aus der Thüringer Liste der politischen Beamten zu streichen. Die Amtsinhaber:innen könnten dann nicht mehr ohne Begründung entlassen werden. Würde der Vorschlag umgesetzt, könnte er freilich auch nach hinten losgehen. Wenn sich ein Thüringer Polizeipräsident nach Ernennung selbst radikalisiert, dann kann er eben auch von einer SPD- oder CDU-Innenminister:in nicht so einfach entlassen werden.“
So nötig es ist, den Aufstieg der Nachfolger Arturi Uis aufzuhalten, können solche juristischen Manöver wie die hier vorgeschlagenen in der Tat nach hinten losgehen, wenn damit konstitutionelle Instrumente kreiert werden, die von denen, die damit behindert werden sollen, nach deren möglichen rechtskonformen politischen Machtzuwächsen zu eigenen Zwecken ihrerseits gegen den unterlegenen politischen Gegner eingesetzt werden können. Genau dies war die Crux der Weimarer Verfassung mit den bekannten Folgen.
Auch in der Politik hat der Kant'sche Kategorische Imperativ zu gelten: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Eine Lex Höcke nur für Thüringen wäre keine plausible Lösung zur Verhinderung des Aufstiegs von politischen Formationen vom Geisteszustand einer AfD für ganz Deutschland, vom Europa nicht zu reden. Sie könnte sich schnell als Bumerang erweisen.
zum Beitrag14.04.2024 , 19:42 Uhr
„Zweierlei Zionismus“
Zitat @Abdurchdiemitte: „Würde man Martin Buber oder Hannah Arendt auch ausladen“
A propos Martin Buber. Die jetzige Situation erinnert an seine Skepsis gegenüber der Politik Israels schon 1948, auf die Ambivalenz des modernen Zionismus-Projekts verweisend. Es dominiere die Tendenz nach bloßer Sicherheit, mit der einzigen Forderung nach Souveränität, die sich um den „demokratischen“ Begriff der Majorität kristallisiere. „Es sollte eine jüdische Majorität in einem palästinensischen Gesamtstaat angestrebt werden. Daß dieses Programm offenen Kampf mit den Nachbarn und somit auch mit der arabischen Welt überhaupt bedeutetet, war offenbar: welches Mehrheitsvolk würde sich kampflos in den Status einer Minderheit niederdrücken lassen! Als das Programm sich als illusorisch herausgestellt hatte, wurde es durch ein separatistisches ersetzt: Losreißung, und im losgerissenen Teil wieder Majorität; das hieß „Judenstaat“. Man opferte so leichten Herzens die Ganzheit des Landes, das zu „erlösen“ der Zionismus einst ausgezogen war: wenn man nur einen Staat bekam! Der Lebensbegriff „Selbständigkeit“ wurde durch den Machtbegriff „Souveränität“ ersetzt, die Friedensparole durch die Kampfparole. Statt danach zu streben, die Initiativgemeinschaft im Rahmen eines vorderasiatischen Verbandes zu werden, setzte man sich ein Staatlein zum Ziel, das Gefahr lief, in einem steten Gegensatz zu seiner natürlichen geopolitischen Umgebung zu leben und seine besten Kräfte an militärische, statt soziale und kulturelle Werte hergeben zu müssen.“ („Zweierlei Zionismus“ 1948)
Sie vermuten ganz richtig: Heute würde man hierzulande auch einen Martin Buber die Albertus-Magnus-Professur wieder aberkennen, von Hannah Arendt ganz zu schweigen. Bei Judith Butler und Noam Chomsky muß die Jury wohl nicht aufgepaßt haben.
zum Beitrag14.04.2024 , 14:58 Uhr
Den Spieß nur rumgedreht
Zitat @Gesunder Menschenverstand: „Sie unterstützte aber die Forderung nach einem Boykott akademischer Institutionen in Israel. Das heißt Fraser versucht alle israelischen Wissenschaftler:innen aus dem Diskurs auszuschließen. Das ist eine erhebliche Einschränkung der Meinungsfreiheit.“
Sehr richtig, aber nur in der obersten Ebene der argumentativen Verallgemeinerung: Es bedeutet „eine erhebliche Einschränkung der Meinungsfreiheit“ nur dann, wenn jegliche Art von Boykott und Ausladung als solche gilt, also auch für das antijüdische Boykott-Verhalten der Universität Köln mit ihrem Vertragsbruch gegenüber von Prof. Nancy Fraser. Der Spieß wurde also einfach nur rumgedreht. Es gilt aber, ihn zu zerbrechen. Andernfalls verbleibt man auf demselben polit-moralischen Niveau der Boykott- und Cancel-Kultur.
zum Beitrag14.04.2024 , 14:45 Uhr
Verkürzungen
Zitat Saile: „Ich weiß wie Sie es meinen, aber es leben seit über 300 Jahren Juden auf dem Gebiet der heutigen USA, es ist etwas verkürzt diese alle als Nachfahren von Shoa-Opfern zu bezeichnen."
Ich weiß wie Sie es meinen, aber in Israel leben acht Millionen Juden. Es ist etwas verkürzt, diese alle als Nachfahren von Shoa-Opfern zu bezeichnen.
Allerdings ist nicht ersichtlich, was dies an dem Kern des Arguments ändert, besonders die Nachfahren des Tätervolkes sollten sich hüten, den Nachfahren des Opfervolkes Antisemitismus vorzuwerfen, ganz gleichgültig, wo sie gerade leben.
zum Beitrag14.04.2024 , 12:18 Uhr
Dick aufgetragener Philosemitismus
Zitat: „Faktisch trifft diese Anti-Antisemitismus-Cancel-Culture auffällig oft linke Jüdinnen wie Breitz, Gessen oder Fraser.“
Danke an Stefan Reinecke für diesen durchaus gegenströmigen und folglich mutigen Kommentar.
In der Tat: Ausgerechnet deutsche Gojs, also die Nachfahren der Tätergeneration, bezichtigen amerikanische Juden, also die Nachfahren von Shoa-Opfern, des Antisemitismus‘ - eine besonders perfide und heimtückische Variante verdeckten deutschen Antisemitismus’, dazu noch auffallend in dezidiert linke Stoßrichtung.
zum Beitrag13.04.2024 , 21:30 Uhr
„Mein Körper gehört mir“ - nicht nur in der Abtreibungsfrage
Zitat: „Während in der BRD Abtreibungen auch nach dem Zweiten Weltkrieg strikt verboten blieben, waren sie für Frauen in der DDR ab 1972 ihr gutes Recht. Die Wiedervereinigung brachte den westdeutschen Frauen mit der bis heute geltenden Lösung – „verboten, aber unter bestimmten Bedingungen straffrei“ – zwar leichte Verbesserungen. Für die ostdeutschen Frauen aber bedeutete das einen massiven Eingriff in ihre Freiheit und Selbstbestimmung.“
Eine dankens- und bemerkenswerte Erinnerung, die den meisten der nach 1990 geborenen Frauen hierzulande erfolgreich verheimlicht wird. Da beißt die Maus keinen Faden ab: Wie beim §175 hatte auch beim §118, also zwei ganz wesentlichen Rechtsfeldern der individuellen Freiheit und Selbstbestimmung, die DDR gegenüber der FDGO der Bonner Republik eindeutig die Nase vorn - unabhängig davon, was sonst noch über die Menschenrechtslage in der DDR zu sagen bliebe…
Was den Slogan „Mein Körper gehört mir“ anbetrifft, verständlicherweise die griffigste und Losung der Befürworter einer bedingungslosen Abtreibungsrechts, so gilt sie konsequenterweise nicht nur in der Abtreibungsfrage…
zum Beitrag12.04.2024 , 21:12 Uhr
Feige Klugheit oder kluge Feigheit?
Einer dpa-Meldung zufolge seien bei der Kiewer Staatsanwaltschaft seit Kriegsbeginn mit stark steigender Tendenz über 46 000 Verfahren wegen Desertion und unerlaubtem Entfernen von der Truppe eingeleitet worden. Mehr als ein Viertel davon entfielen auf das erste Quartal 2024. (Quelle: Tagesspiegel)
Dazu Charles Maurice de Talleyrand: „Deserteure müsste man gleichzeitig wegen Feigheit erschießen und wegen Klugheit auszeichnen.“
zum Beitrag11.04.2024 , 23:08 Uhr
Ab durch die Mitte
Zitat: „Die alten BRD-Parteien kommen vor allem in der Mitte der Gesellschaft immer weniger an. Weil sie nicht an einem Strang ziehen,“
Wenn alle Parteien an einem Strang zögen, würden sie ununterscheidbar. Dies wäre dann eben gerade die Ursache für ihre schwindende Akzeptanz „in der Mitte der Gesellschaft“. Was denn sonst?
zum Beitrag10.04.2024 , 11:18 Uhr
Fehler oder Verbrechen?
Zitat: „Biden über Netanjahu: „Ich denke, was er tut, ist ein Fehler“
Das erinnert an den berühmten Ausspruch „Das ist mehr als ein Verbrechen, das ist ein Fehler.“, alternativ Charles Maurice de Talleyrand, Joseph Fouché oder Antoine Boulay de la Meurthe zugeschrieben. Im gegebenen Kontext wäre diese Sentenz allerdings umzudrehen…
zum Beitrag09.04.2024 , 09:06 Uhr
Militärisch nicht zu gewinnen?
Die israelische Armee zieht sich aus dem südlichen Gazastreifen zurück. Damit habe der Krieg im Gazastreifen einen Wendepunkt erreicht, so heute die NZZ. In Israel scheine sich die Erkenntnis durchzusetzen, dass sich der Kampf gegen die Hamas mit militärischen Mitteln allein nicht gewinnen lässt.
In der Tat: Dem Gaza-Konflikt ist ausschließlich militärisch nicht beizukommen, wie keinem der großen Konflikte in der Welt. Früher später werden sie mit einem Deal beigelegt. Darum wird auch das Netanyahu-Regime nicht herumkommen, will es nicht Israel in den Abgrund führen.
In Frankreich werden Reminiszenzen an den Algerien-Krieg laut, der von der Kolonialmacht zwar militärisch, nicht aber politisch gewonnen und letztlich nur mit dem Kompromiß des Evian-Abkommens befriedet werden konnte.
zum Beitrag09.04.2024 , 08:38 Uhr
Zitat: "Gefährlicher Alarmismus"
In der Tat: Medialer Alarmismus ist gefährlich, nicht nur mit Blick auf die Ausländerkriminalirtät, sondern auf alle wichtigen Politikfelder...
zum Beitrag07.04.2024 , 12:14 Uhr
Früherer Mossad-Chef: Netanjahu spielt dem Iran und der Hisbollah in die Hände
Danny Yatom, Ex-Chef des Mossad, und General Guy Tzur, Ex-Chef der IDF-Landstreitkräfte, beschuldigten Premierminister Benjamin Netanjahu auf einer der zahlreichen regierungsfeindlichen Manifestationen in Israel, „die Rückkehr der Geiseln verhindert zu haben, "Sie haben unsere einzige Erfolgschance zerstört, unsere Einheit, sagte Yatom, Wenn Sie auch nur einen Funken Patriotismus haben, treten Sie zurück“.
Guy Tzur ging noch weiter mit der Anschuldigung an die Adresse Netanjahus, “Israel über seinem Volk zusammenbrechen zu lassen". Das Blut der Geiseln in Gaza liege in seinen Händen. Mit seiner Politik habe er einen Konflikt mit den USA und der Welt ausgelöst und „damit dem Iran und der Hisbollah ein riesiges Geschenk macht“. (Quelle: Times of Israel, 6.4.2024)
zum Beitrag03.04.2024 , 12:08 Uhr
Die israelischen Gesellschaft - Geiseln der Siedler?
Zitat: „Die Mutter eines entführten Mannes warf Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor, einem Geisel-Deal im Wege zu stehen.“
Netanjahu habe „sich abhängig von den Ultraorthodoxen gemacht“, hieß es hier gestern, und v. a. der reaktionär-revisionistischen Siedlerbewegung, wäre hinzuzufügen. Der bekannte israelische Historiker Prof. Moshe Zimmermann sieht Israel in Geiselhaft dieser Bewegung, seitdem sie den politischen Kurs des Landes bestimmt: „Die radikalen Siedler positionieren sich heute als lauteste Befürworter von extremen Maßnahmen nicht nur gegen die Hamas, sondern die Palästinenser allgemein: So hört man von ihnen die Aufforderung „Gaza ausradieren“. („Niemals Frieden? Israel am Scheideweg“, Propyläen 2024) Aber auch die alte Idee des „Transfers“, ein Euphemismus für ethnische Säuberungen, werde wieder laut. „Diese bereits seit den 80er Jahren vom politischen System geduldete Ideologie“ sei heute wieder offizielles Programm.
Dieser demographisch anschwellende und politisch immer gewichtiger werdende Teil der israelischen Gesellschaft gründet sich auf die Forderung nach „Ganz-Israel“ (Eretz Israel ha’schlema) in den geografischen Dimensionen der biblischen Verheißung. 1974 im „Block der Getreuen“ („Gush Emunim“) organisiert, verfolgt er das Ziel, „Judäa, Samaria und Gaza“, die biblischen Namen für die heute unter Besatzung stehenden Gebiete, auf Kosten der autochthonen Bevölkerung zu kolonisieren. „Die Wende des Jahres 1977, der Aufstieg des Likud mit Ministerpräsident Manchem Begin und die Koalition mit den nationalreligiösen und ultraorthodoxen Parteien haben der Siedlerbewegung von Gush Emunim freie Bahn geschaffen.“ (ebd.) Einzig das Oberste Gericht BAGAZ stemmt sich dem entgegen und ist daher die Zielscheibe des Rechtsextremismus.
Israel werde „heute von Personen regiert, die populistisch, extrem rechts, fundamentalistisch, rassistisch, homophob eingestellte sind“, so Zimmermann.
zum Beitrag02.04.2024 , 19:54 Uhr
Die Siedler als Geiselnehmer der israelischen Gesellschaft?
Zitat: „Netanjahu hat sich abhängig von den Ultraorthodoxen gemacht“
Der bekannte israelische Historiker Moshe Zimmermann sieht Israel in Geiselhaft der reaktionär-revisionistischen Siedlerbewegung, seitdem sie den politischen Kurs des Landes bestimmt: „Die radikalen Siedler positionieren sich heute als lauteste Befürworter von extremen Maßnahmen nicht nur gegen die Hamas, sondern die Palästinenser allgemein: So hört man von ihnen die Aufforderung „Gaza ausradieren“, es kommt aber auch die Wiederkehr der Idee des Transfers, ein Euphemismus d für ethnische Säuberungen. Die bereits seit den 80er Jahren vom politischen System geduldete Ideologie des Transfers wird heute wieder zum aktuellen Programm.“(„Niemals Frieden? Israel am Scheideweg“, Propyläen 2024)
Dieser demographisch anschwellende und politisch immer gewichtiger werdende Teil der israelischen Gesellschaft gründet sich auf die Forderung nach „Ganz-Israel“ (Eretz Israel ha’schlema) in den Dimensionen der biblischen Verheißung. Sie organisierten sich 1974 im „Block der Getreuen“ („Gush Emunim“) mit dem Ziel, „Judäa, Samaria und Gaza“, die biblischen Namen für die heute unter Besatzung stehenden Gebiete, auf Kosten der autochthonen Bevölkerung zu kolonisieren. „Die Wende des Jahres 1977, der Aufstieg des Likud mit Ministerpräsident Manchem Begin und die Koalition mit den nationalreligiösen und ultraorthodoxen Parteien, haben der Siedlerbewegung von Gush Emunim freie Bahn geschaffen.“ (ebd.) Einzig das Oberste Gericht BAGAZ stemmt sich dem entgegen und ist daher die Zielscheibe des Rechtsextremismus.
Israel werde „heute von Personen regiert, die populistisch, extrem rechts, fundamentalistisch, rassistisch, homophob eingestellte sind“, so Moshe Zimmermann. Das Netanjahu-Regime sei eine „Dreifach-Kombination aus Kakistokratie, Kleptokratie und Theokratie“ und „ohne Zweifel das Gegenteil von dem, wofür der Zionismus in früheren Zeiten stand.“ (ebd.)
zum Beitrag21.03.2024 , 11:38 Uhr
Trump for Israel
Eine Wiederwahl Trumps wird allgemein als ein Worst case Szenario angesehen, dabei allerdings wundersamerweise deren wahrscheinliche Konsequenzen für die Israel-Politik der USA beiseite lassend.
Wie die aussehen könnte, hat Josh Paul, der aus Protest gegen Bidens Unterstützung Netanjahus zurückgetretene Spitzenbeamte des State Departments, so beschrieben: „Ich weiß nicht, was ein zukünftiger republikanischer Präsident im Nahen Osten tun würde. Es ist schwer zu sagen, ob es in mancher Hinsicht noch schlimmer wäre als das, was Präsident Biden in Bezug auf Israels Krieg gegen Gaza getan hat. Immerhin erklärt Bidens Regierung noch ab und zu, dass sie an einer Zweistaatenlösung festhalten will. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass eine Trump-Regierung eine israelische Annexion des Westjordanlandes und möglicherweise auch des Gazastreifens anerkennen würde.“ (im Interview mit der Berliner Zeitung, 13.1.2024)
Man mache sich nichts vor: Mit Trump kehrte ein US-Präsident an die Macht zurück, der als einer der eifrigsten Unterstützer der Annexionspolitik der rechtsradikalen Likud-Koalition gilt. Ihm eifern in dieser Frage alle rechtsrandigen Formationen Europas nach, einschl. der AfD. Unter einem unberechenbaren Likud-Unterstützer Trump wüchse mithin die Gefahr, daß sich der Gaza-Konfliktzu einem Weltbrand ausbreitet.
Auch alle bedingungslosen Unterstützer der Gaza-Politik des Netanjahu-Regimes sollten sich eingestehen, damit voll auf der Linie des ansonsten diabolisierten Trump zu stehen. Mitgegangen, mitgefangen usw.
zum Beitrag20.03.2024 , 16:40 Uhr
All und jeder
Zitat: „An bayerischen Schulen, Hochschulen und Behörden darf nicht mehr gegendert werden.“
Die Bayern nun wieder, die ja einst ohnehin nur widerwillig dem Deutschen Reich beigetreten sind und schon immer auf Extra(weiß)würsten im Bund bestanden!
Da lob ich mir doch die Preußen, die ja einst auch die frohsinnigen Kölner einverleibt hatten. Die dortige Stadtverwaltung hat in einem Leitfaden für die Beamten und Angestellten der Stadtverwaltung verfügt, wie sie „wertschätzend“ zu sprechen hätten. „So sollen sie statt „jeder“ künftig „alle“ sagen, weil jeder – Bürger, Kölner, Jeck – ja nur Männer anspreche.“ (Jürgen Kaube in der FAZ v. 26.3.21).
„Jeder kann Millionär werden, aber nicht alle.“ sagte einst sehr treffend Volker Pispers. In Köln wurde diese himmelschreiende soziale Ungerechtigkeit par ordre du mufti des dortigen Sprachordnungsamtes mit wenigen Tastenanschlägen, um nicht zu sagen mit einem Federstrich, kurzerhand beseitigt. In Köln können also nicht nur jeder, sondern „alle“ Millionär werden, vermutlich qua in inklusiver Sprache verfaßten Amtsbescheides des Kölner Sozialamtes. Das wird‘n Leben, hatten sich die Kölner Obdachlosen und Hartzer gedacht und schon mal den Aldi-Champagner im Rhein kühl gestellt…
Das ganze Tamtam erinnert an Karl Kraus: „Ein armseliger Hohn, der sich in Interpunktionen austobt und Rufzeichen, Fragezeichen und Gedankenstriche als Peitschen, Schlingen und Spieße verwendet!“
Und folglich: „Die grausamsten Schändungen werden doch an der Sprache begangen“
zum Beitrag19.03.2024 , 18:02 Uhr
Schwächen unserer Demokratien
Zitat: „Gesundheit darf keine Frage des Einkommens sein“, sagte Wissler. Allen Menschen müsste die bestmögliche Gesundheitsversorgung zur Verfügung stehen, „und zwar ausgerichtet nach medizinischen Kriterien und nicht nach dem Einkommen und dem Geldbeutel der Patientinnen und Patienten“. Gesetzlich Versicherte dürften nicht länger „Patient:innen zweiter Klasse“ sein.“
Positionen wie diese gehören zu den tradierten Essentials originärer linker Politik seit den Ursprüngen der organisierten Arbeiterbewegung. Alle Aquis auf diesem Gebiet mußten in den liberalistisch verfaßten Gesellschaften von den Lohnabhängigen in langen, oft erbitterten Kämpfen abgerungen werden.
Mitunter müssen sich auch deren politische Sachwalter dazu herablassen, diesen Basics - wenigstens verbal - ihre Reverenz zu erweisen, wie etwa E. Macron zu Beginn der Corona-Krise:
„Morgen müssen wir die Lehren ziehen aus dem, was wir gegenwärtig durchmachen, das Entwicklungsmodell hinterfragen, in das sich unsere Welt seit Jahrzehnten verwickelt hat und dessen Mängel nun ans Licht kommen, die Schwächen unserer Demokratien hinterfragen. Eines hat sich durch diese Pandemie schon jetzt herausgestellt: Die kostenlose Gesundheit, unabhängig vom Einkommen, Stellung und Beruf, unser Sozialstaat sind keine Kosten oder Lasten, sondern wertvolle Güter, unverzichtbare Trümpfe, wenn das Schicksal zuschlägt. Diese Pandemie hat jetzt schon deutlich gemacht, daß es Güter und Dienstleistungen gibt, die außerhalb der Marktgesetze gestellt werden müssen. Es ist verrückt, unsere Ernährung, unseren Schutz, die Gestaltungsfähigkeiten unseres Lebensrahmens im Grunde an andere zu delegieren. Wir müssen die Kontrolle darüber zurückgewinnen.“ (TV-Ansprache am 12.3.2020; Quelle: Elysée-Palast, eigene Übersetzung)
Im Klartext: Public health und Marktgesetze stehen in unauflöslichem Widerspruch zueinander. Das sollte sich auch unser BMG hinter die Ohren schreiben...
zum Beitrag18.03.2024 , 22:10 Uhr
Kant ein Rassist ?
Zitat @ferry: „Gleichwohl fänden sich in Kants Anthropologie Sätze die rassistisch zu werten seien ...Konkret: welche denn?“
Na, z. B. diese hier: „Die Menschheit ist in ihrer größten Vollkommenheit in der Rasse der Weißen. Die gelben Indianer haben schon ein geringeres Talent. Die Neger sind weit tiefer, und am tiefsten steht ein Teil der amerikanischen Völkerschaften.“ („Physischen Geografie“)
oder „Die Negers von Afrika haben von der Natur kein Gefühl, welches über das Läppische stiege.“ Zudem seien Schwarze „sehr eitel und so plauderhaft, dass sie mit Prügeln müssen auseinander gejagt werden.“ (Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen“)
Kant hat das Konzept „Rasse“ nach Deutschland getragen, um, wie Hegel, Sklaverei und die Tötung von Schwarzen zu rechtfertigen. Es sei zweifelsohne gerechtfertigt, „Kant als Rassisten zu bezeichnen. Nicht nur weil er sich offenkundig, über Jahrzehnte hinweg, abfällig über Menschen anderer Hautfarbe geäußert hat. Sondern vor allem, weil er Immanuel Kant war. Denn der hätte es tatsächlich besser wissen müssen.“(Marianna Lieder„Kant und der Rassismus“, Philosophie.Magazin“, 2. 1.2021)
Wenige Menschen dürfte es allerdings geben, die Kant überdies als Antisemiten wahrnehmen. Dieses Leuchtfeuer der Zukunft war vor allem auch der spiritus rector des religionsphilosophisch begründeten Antisemitismus avant la lettre. Für ihn waren die Juden „Vampyre der Gesellschaft‘ und forderte deren Euthanasie. Er sah im Judentum lediglich ein absurdes und sinnloses Gesetzeswerk ohne moralischen Bezug und sei daher eigentlich keine Religion, ganz im Gegensatz zum Christianismus, dessen Regeln Kant zufolge um einen moralischen Kern kreisten. Der jüdische Gott hingegen fordere vom Menschen die bloße Respektierung von Geboten, nicht aber von moralischen Prinzipien. (vgl. Markus Voss-Göschel „Zum Stellenwert vom theoretischen Antisemitismus in Immanuel Kants Religionsphilosophie“, Univers. Jena, 2013)
zum Beitrag18.03.2024 , 14:15 Uhr
Sprachliche Anpassungen
Zu hören ist ja auch der Ruf, alle Bücher a posteriori gendergerecht, also in diskriminierungsfreie Sprache umzuschreiben.
Das gäbe 'ne Menge Arbeit, angefangen bei der Bibel: „Ich lasse euch aber wissen, daß Christus das Haupt eines jeden Mannes ist, der Mann aber ist das Haupt der Frau. Der Mann aber soll das Haupt nicht bedecken, denn er ist Gottes Bild und Abglanz, die Frau aber ist des Mannes Abglanz. Denn der Mann ist nicht von der Frau sondern die Frau von dem Mann. Und der Mann ist nicht geschaffen um der Frau willen, sondern die Frau um des Mannes willen.“ (KORINTHER 11)
Auch die Europa-Hymne käme nicht ungeschoren davon: „Brüder – überm Sternenzelt Muß ein lieber Vater wohnen. Wem der große Wurf gelungen, Eines Freundes Freund zu sein; Wer ein holdes Weib errungen, Mische seinen Jubel ein! Wahrheit gegen Freund und Feind Männerstolz vor Königsthronen.“ usw.
Die Allgemeine Deklaration der Menschenrechte und das Grundgesetz nehmen wir unter gendersprachlichen Gesichtspunkten in der nächsten Stunde durch.
zum Beitrag17.03.2024 , 19:03 Uhr
Kant und die Debatte um die Israelfrage
Zitat: „Ebenso wenig sei verschwiegen, dass Boehm seine Deutung von Kants Universalismus, nach dem Freiheit als „absolute Pflicht“ für alle Menschen gilt, schon mal heranzieht, um eine „binationale“ Lösung für den Staat Israel vorzuschlagen. Doch das ist eine andere Geschichte und geht nicht auf das Konto Kants.“
Er tut dies auf eine sehr überzeugende Weise, die es wert wäre, in der Debatte um die Zukunft Israels an eine größere Glocke gehängt zu werden, denn sie berührt ein Grundproblem der hiesigen „Kommunikationsethik“ (Habermas) bei israelbezogenen Themen:
"In seinem berühmten, 1784 in der „Berlinischen Monatsschrift“ erschienenen Aufsatz „Was ist Aufklärung?“ definiert Kant diese als „Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“: ein Prozess des Erwachsenwerdens, der darin besteht, den „Mut“ zu finden, sich seines „eigenen Verstandes zu bedienen“. Um sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, um selbst zu denken, muss man erstens versuchen, über die Perspektive der privaten - persönlichen, historischen, beruflichen, bürgerlichen - Verpflichtungen hinauszuschauen und von dem kosmopolitischen »allgemeinen Standpunkte« aus zu urteilen… Man übersieht meist die Konsequenzen, die diese Grundeinstellung für die israelisch-deutschen Beziehungen hat. Ein Deutscher, der in Bezug auf die israelische Politik Selbstzensur übt - der also den privaten Verpflichtungen treu bleibt, die sich aus der deutschen Vergangenheit ergeben, weigert sich, den Standpunkt der Aufklärung einzunehmen, sobald er sich mit jüdischen Angelegenheiten beschäftigt. Er weigert sich buchstäblich, selbst zu denken.“ (Omri Beohm, Israel - eine Utopie", Berlin, 2020)
Diesen Eindruck muß man bei vielen Beiträgen und Kommentaren zur Israel-Frage bekommen.
zum Beitrag16.03.2024 , 11:18 Uhr
Krieg der Narrative
Zitat @ EffeJoSiebenZwo: „Es ist natürlich (auch) ein Informationenskrieg, ein Kampf um die Herrschaft übers Narrativ. Nicht umsonst unterhält diese IDF eine eigene Truppe für 'strategische Kommunikation' (oder so); und die Videos der Hamas sind in die Gruppe gleiche Ecke zu stellen.“
Um so wichtiger sind Filme wie „No Other Land“, die weder dem einen noch den anderen Teil dieses Informationskrieges zuzurechnen sind.
zum Beitrag16.03.2024 , 09:50 Uhr
Kausalitäten im Vergleich der Himmelsrichtungen
Zitat @ BENEDIKT BRÄUTIGAM: „An weiterführenden Schulen ist man ja leider nicht nur gezwungen die Schüler mit Wissen abzufüllen, man schürt auch zwangsläufig Zukunftsängste und Konkurrenzdenken. An diesem Punkt liegt ganz eindeutig einer der Ursprünge von gnadenlosem Materialismus und damit Rechtsextremismus. Bei den Demos gegen Rechts waren aber auch eine Menge Schüler dabei, ein gutes Zeichen! Im Osten stellt sich die Situation wahrscheinlich aber ganz anders, und zwar deutlich schlimmer, dar. Aber dort ganz besonders hilft es eben gar nicht, einfach gegen Rechts zu predigen. Man muss dessen Grundlagen unterminieren.“
Bemerkenswert die Erkenntnis von der Kausalität von Zukunftsängsten und Konkurrenzdenken einerseits und Rechtsextremismus andererseits. Da wäre es nur konsequent, statt von „gnadenlosem Materialismus“ (klingt irgendwie nach „Historischem Materialismus“) zu sprechen, das Ganze terminologisch beim Schopfe zu fassen und in tradierte Bewährtheit Kapitalismus zu nennen, für Ludwig Mieses nur ein Synonym für „Liberalismus“. Das erinnert an Max Horkheimers berühmtes Diktum: »Wer vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen.“
Schleierhaft muß allerdings bleiben, wieso dieser Kausalzusammenhang ausgerechnet für „den Westen“ weniger gelten soll als für „den Osten“, dem diesbezüglich ja wohl kaum eine glorreiche Vergangenheit zugeschrieben werden kann. Welche „Grundlagen“ gilt es hier, ganz im Gegensatz zum Westen, zu „unterminieren“?
zum Beitrag16.03.2024 , 09:29 Uhr
Den Kids helfen, den Mund aufzukriegen
Engagement und Betätigungsfeld von Menschen wie Daniel Trepsdorf und seiner Einrichtung verdienen jede Unterstützung zu Zuspruch. Inwieweit der modus operandi solcher Netzwerke in praxi tatsächlich das proklamierte Ziel befördert, sei allerdings dahingestellt. So muß bezweifelt werden, daß mit dem auch in diesem Interview gepflegten Vokabular, das eher an ein soziologisches oder politologisches Seminar erinnert, wirklich diejenigen hinter dem Ofen hervorgelockt werden, die man erreichen und den Klauen der Demagogen entreißen will. Nicht alle Schlüsselwörter, wie sie in der Antragsprosa unerläßlich sind, sind für die Alltagspraxis tauglich. Man wird mit „psychologischen Reflexionsangeboten“ wohl kaum Elternhäuser „in progressiv menschenrechtsorientierte Sozialisierungsinstanzen“ verwandeln.
Solche Praktiken wie „außerschulische Orientierungsangebote“ ohne „didaktischen Holzhammer“ scheinen da schon erfolgsversprechender, und dies in dem Maße, wie die Schüler gestaltend einbezogen werden, wie hier am Beispiel der eigenen Kurzfilme gezeigt.
Eines der vielen Beispiele dafür ist der Berliner Rapper und Schauspieler Johann-Christof Laubisch („Le First“). Zu seiner Zeit am Mittelsächsischen Theater Freiberg bot er Rap-Workshops im Freiberger Kinder- und Jugendtreff der evangelischen Jugend „Tee-Ei“ an und brachte einheimische und Jugendliche aus dem Flüchtlingswohnheim zusammen - und das in einer AfD-Hochburg! Diese Rap-Projekte waren an den Schulen sehr beliebt, wie etwa an der Heiner-Müller-Oberschule in Eppendorf. Schüler der 5. und 7. Klasse lernten dort unter seiner Anleitung, eigene Rap-Texte zu verfassen und mit selbsterzeugten Beats zu präsentieren. Die Themen bestimmten die Kids selbst und drehten sich natürlich um deren ureigenste Probleme wie Schule, Freundschaften, erste Liebe usw.
Solche etwas andere Art von Deutsch-Unterricht kann den Kids dabei „helfen, ihren Mund aufzukriegen“ und auf andere Gedanken bringen.
zum Beitrag15.03.2024 , 09:42 Uhr
Freund - Feind
Zitat @SURYO: "Mützenich scheint allen ernstes zu glauben, dass wir Russland jetzt schon Brücken bauen müssten. Dass es an uns liegt, jetzt schon die Vorbereitungen für eine Art Versöhnung zu treffen.Widerlicher und kriecherischer geht’s kaum."
Dazu der französische Moralist La Bruyère: „Wir müssen unsere Feinde so behandeln, als könnte sie eines Tages unsere Freunde werden, und unsere Freunde, als könnte sie eines Tages unsere Feinde werden“.
zum Beitrag14.03.2024 , 09:45 Uhr
In Erfurt oder Dresden pfui, was in Brüssel und Washington hui ?
Zitat: „Bei 52 und damit den weitaus meisten handelt es sich um eine Kooperation zwischen CDU und AfD. „Das zeigt die besondere Bedeutung des Konservatismus“
Die politische Kumpanei der Unionsparteien mit den Rechtsrandigen bis in die 60er wird dubioserweise gern als Pille Palle abgetan. Aber warum sollte der politische Geisteszustand, wie er sich in Teilen der AfD kristallisiert, in den Jahrzehnten unmittelbar nach dem militärischen Zusammenbruch des Hakenkreuzler-Regimes, von Millionen Deutschen bis zum letzten Blutstropfen verteidigt, in Westen Deutschlands weniger gefährlich gewesen sein als sieben Jahrzehnte später in der Berliner Republik ? Warum sollte eine CDU, die sich mit Zähnen und Klauen gegen die Neue Ost-Politik Willy Brandts gewehrt hat, der Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze hartnäckig ihre Zustimmung verweigerte und deren langjähriger Fraktionsvorsitzende Dregger den Angriffskrieg gegen die Sowjetunion „nicht falsch“ fand, nicht mit einer politischen Bewegung koalieren, wo versprengte Reste dieses Geisteszustandes Unterschlupf gefunden haben?
Sie wird deswegen nicht ins politische Fegefeuer kommen, sowenig dies die Granden von EU, NATO und der G7 befürchten müssen, die sich mit der bekennenden Mussolini-Adeptin und mithin Proto-Faschistin Meloni arrangiert haben und sie freundlich lächelnd in ihrer Mitte mit Küßchen rechts und Küßchen links begrüßen.
Warum sollte in Klein-Kleckersdorf und bald wohl demnächst in Erfurt oder Dresden pfui sein, was in Brüssel und Washington hui ist?
zum Beitrag13.03.2024 , 22:36 Uhr
Macron 2019: Kein Frieden in Europa ohne Rußland - de Gaulle läßt grüßen
Es ist schon erstaunlich, wie lieb man plötzlich Macron im Lager der deutschen Bellizisten hat. Das war nicht immer so, v. a. als er sich als rußlandpolitischer Querdenker gerierte und diesbezügliche Dissonanzen zur NATO an die große Glocke hängte wie etwa in seiner berühmten, hierzulande verschämt beschwiegenen Rede vor der Botschafterkonferenz am 27. 8. 2019 in Paris. Damals war der französische Präsident bereit, den russischen Vorschlag für ein Moratorium für nukleare Mittelstreckenraketen zu prüfen - im Widerspruch zur NATO, die diesen Vorschlag ungeprüft in die Tonne getreten hatte. Für ihn sei „es ein tiefer strategischer Irrtum, Rußland von Europa wegzustoßen, weil wir Rußland dann entweder in eine Spannung steigernde Isolierung oder in ein Bündnis mit anderen Großmächten wie China treiben, was keineswegs unser Interesse ist.“ Man müsse „eine neue Vertrauens- und Sicherheitsarchitektur schaffen,“ denn Europa werde „niemals in Sicherheit sein, wenn wir nicht unsere Rußlandbeziehungen pazifizieren und klären.“ („Je pense que pousser la Russie loin de l'Europe est une profonde erreur stratégique parce que nous poussons la Russie soit à un isolement qui accroît les tensions, soit à s'allier avec d'autres grandes puissances comme la Chine, qui ne serait pas du tout notre intérêt. Je crois qu'il nous faut construire une nouvelle architecture de confiance et de sécurité en Europe, parce que le continent européen ne sera jamais stable, ne sera jamais en sécurité, si nous ne pacifions pas et ne clarifions pas nos relations avec la Russie.“ (Quelle: Élysée-Palast, eigene Übersetzung)
Solche Positionen, fünf Jahre nach der Sezession der Krim und deren Inkorporation in die Russische Föderation, stehen vorsichtig in gewisser Kontinuität zur de Gaulle‘schen Politik der „Äquidistanz“ und dessen Europa-Vorstellung „vom Atlantik bis zum Ural“. Dafür wurde Macron hierzulande ans Kreuz genagelt.
zum Beitrag12.03.2024 , 11:58 Uhr
Korr.
Statt "Daraus spricht nicht zuletzt die die Sorge um die eigene Weltgeltung der USA, die sich in Anbetracht der gekippten Öffentlichen Meinung in der Welt in dieser Frage einer zunehmenden Isolation auf dem internationalen diplomatischen Gepäck konfrontiert sehen."
lies
"Daraus spricht nicht zuletzt die die Sorge um die eigene Weltgeltung der USA, die sich in Anbetracht der gekippten Öffentlichen Meinung in der Welt in dieser Frage einer zunehmenden Isolation auf dem internationalen diplomatischen Parkett konfrontiert sehen."
Sorry
zum Beitrag12.03.2024 , 10:51 Uhr
Schubladendenken
Zitat @vieldenker: „@Ajuga Wahnsinn, was Sie so alles aus einem Satz lesen können. Da muss man sich wohl schon sehr sicher sein, dass die eigene Schublade auch auf andere passt. Ändert aber nichts an der Richtigkeit meiner Aussage“
Es gehört nicht viel exegetische Virtuosität dazu, „so einem Satz“ die Entschlossenheit Bidens zu entnehmen, mit Netanjahu „Tacheles zu reden“ („Come to Jesus“), der im Begriff sei, die Schlacht um die Öffentliche Meinung in der Welt zu verlieren. Es gebe andere Mittel, das Hamas-Trauma zu bewältigen. Jetzt müsse man sich voll auf eine Feuereinstellung stützen. (Quelle: MSNBC via. Times of Israel, 10.3.2024).
Daß dies nicht in die Schubladen notorischer Apologeten des rechtsextremistischen Netanjahu-Regimes paßt, ist nicht verwunderlich. Bidens Mißfallen mit dem Vorgehen der israelischen Regierung ist allerdings gewiß keine Liebeserklärung an die Adresse der Hamas, sondern vor allem Ausdruck der Sorge um das weitere Schicksal Israels und damit der Weltgeltung der USA als wichtigste Unterstützermacht, ohne die Israel als Staat nicht überlebensfähig wäre. Daraus spricht nicht zuletzt die die Sorge um die eigene Weltgeltung der USA, die sich in Anbetracht der gekippten Öffentlichen Meinung in der Welt in dieser Frage einer zunehmenden Isolation auf dem internationalen diplomatischen Gepäck konfrontiert sehen. Wenn die Strategie Netanjahu „Israel mehr schadet als nützt“, wie Biden in dem Interview sagte, dann hat er mit dieser Schaden-Nutzen-Kalkulation natürlich auch die USA-Interessen im Blick.
Biden scheint also mit dem Netanjahu-Regime und seiner Strategie der verbrannten Erde in Gaza langsam die Geduld zu verlieren, und das um so evidenter, je näher die Präsidentenwahl rückt, wo er für seine Wiederwahl auf die Stimmen der nicht-weißen und Nicht-WASP-Wähler angewiesen ist. Bleibt mithin abzuwarten, ob es sich hierbei um eine echte Kursänderung oder ein bloßes Wahlkampfmanöver handelt.
zum Beitrag11.03.2024 , 10:16 Uhr
Biden will mit Netanjahu Tacheles reden
Zitat: „Der US-Präsident kündigte vor eingeschaltetem Mikrofon an, Israels Premier die Leviten lesen zu wollen.“
In einem Exklusivinterview mit MSNBC unmittelbar nach seiner gestrigen State of the Union address an den Kongreß wiederholte Biden die überraschende Ankündigung, mit Netanjahu „Tacheles zu reden“ („Come to Jesus"). Der habe Israel mehr geschadet als genützt und sei im Begriff, die Schlacht um die Öffentliche Meinung in der Welt zu verlieren. Es gebe andere Mittel, das Hamas-Trauma zu bewältigen. Jetzt müsse man sich voll auf eine Feuereinstellung stützen. (Quelle: MSNBC via. Times of Israel, 10.3.2024).
Biden scheint also mit dem Netanjahu-Regime und seiner Strategie der verbrannten Erde in Gaza langsam die Geduld zu verlieren, und das um so evidenter. je näher die Präsidentenwahl rückt, wo er für seine Wiederwahl auf die Stimmen der nicht-weißen und Nicht-WASP-Wähler angewiesen ist. Bleibt mithin abzuwarten, ob es sich hierbei um eine echte Kursänderung oder ein bloßes Wahlkampfmanöver handelt.
zum Beitrag09.03.2024 , 21:33 Uhr
Neuauflage des Methusalem-Matches?
Im globalpolitischen Roulette hat die EU ohne Plan B alles auf eine Karte gesetzt, den amtierenden US-Präsident Joe Biden als den „Leader of the free world“.
Nun sieht es ganz danach aus, daß sich dies als gigantische Fehlkalkulation erweisen könnte. In der absehbaren Neuauflage des Methusalem-Matches Trump vrs. Biden ist im Unterschied zur Erstauflage diesmal Trump in der Pool Position. Dies liegt weniger an dessem unwiderstehlichen intellektuellen und jugendlichen Charme als an der gefährlichen Schlagseite der Nahost-Politik seines Widersachers und dessen unverbrüchlichen Freundschaft mit dem rechtsextremistischen Netanjahu-Regime, dessen genozidale Tabula-Rasa-Strategie gegenüber dem Gaza-Reservat achselzuckend in Kauf nehmend.
Die paar Carepakete an die hungernden Bewohner des Gaza-Gatters, die die Biden Administration sich nunmehr bequemte zu schicken, können den desaströsen Effekt unter großen Teilen der traditionell den Dems zuneigenden Blacks und Latinos nicht wettmachen. Die werden zwar nicht für Trump stimmen, der auf diesem Politikfeld noch schlimmer als Biden ist, könnten aber immerhin die Wahl boykottieren, was sich als wahlentscheidend erweisen könnte.
Die Dems können das Ruder nur noch mit einer 180-Grad-Wende in der Nahostpolitik rumreißen und mittels Waffenembargo dem Netanjahu-Regime gehörig die Leviten lesen, dessen Strategie, mit einer gigantischen alttestamentarischen Vendetta ein ganzes Volk, dessen drei Viertel jünger als 25 Jahre sind, kollektiv für das antiisraelische Pogrom vom 7. Oktober zu bestrafen, nach fünfmonatigem totalen Krieg der verbrannten Erde schon jetzt als gescheitert angesehen werden muß.
Wohl nur so kann ein Kantersieg des Kotzbrockens Trump mit all seinen globalpolitischen Imponderabilitäten abgewendet werden.
zum Beitrag07.03.2024 , 21:13 Uhr
Proportionen
Zitat @Perkele: „Die Vermutung, dass man gegen linke Tendenzen ganz gewiß rigoros vorgegangen wäre, ist wohl nicht völlig aus der Luft gegriffen.“
Da dürfte Ihre Verschwörungstheorie aller Erfahrung nach der historischen Realität sehr nahe kommen, eingedenk der Erfahrungen mit dem Adenauer-Erlass von 1950 und dessen Novellierung im Radikalenerlass von 1972. So ergab die Anwendung dieser Rechtspraxis der punitiven Ablehnung von Bewerbern für den Öffentlichen Dienst allein in Bayern zwischen 1973 und 1980 im Vergleich von rechten und linken Spektren ein Verhältnis von 1: 100. (Quelle: Friedbert Mühldorfer:"Radikalenerlass",HLB)
Da galt wohl der Grundsatz: Mit dem rechten Auge sieht man besser...
zum Beitrag06.03.2024 , 19:51 Uhr
Polit-mediale Kontrastprogramme
Ein weiterer aktenkundiger Fall manifester rechtsextremer Affinitäten bewaffneter und beamteter Angehörige deutscher Sicherheitsbehörden. Im Unterschied zu einer eher hypothetischen Gefährdung des deutschen demokratischen Gemeinwesens durch krude Hinterzimmerphantasien eines Ausländers sind das sehr greifbar reale Gefahren für Leib und Leben von Mitbürgern mit ausländischen Wurzeln.
Um so bizarrer das Kontrastprogramm beider Sachverhaltskategorien in der polit-medialen Wahrnehmung: Von Aufrufen zu Massenprotesten gegen rechtsradikale Umtriebe in den deutschen Sicherheitsbehörden ist nichts überliefert. Ganz im Gegenteil: Sehr auffällig das in den Corporate Media (Sanders) unverdrossen gepflegte ohrenbetäubende Schweigen zu den von der „Taz“ verdienstvollerweise aufgedeckten Umsturzplänen in Polizei und Bundeswehr („Rechtes Netzwerk in der Bundeswehr: Hannibals Schattenarmee“, Taz 16.11.2018)
Anderswo scheint es noch drastischer. Einer IFOP-Studie zufolge hatten die Sicherheitskräfte Frankreichs inkl. Polizei, Armee und Geheimdienste schon 2017 eine im Vergleich zum Landesdurchschnitt doppelt so hohe Wahlaffinität zum „Rassemblement Nationale“ (44 % gegenüber 23%) und zum RN-Verbündeten „Debout la France“ (4% zu 2%. Vgl. "Radioscopie de l’électorat du Front National", IFOP 18/04/2017). Mithin darf fast die Hälfte der Beamten der französischen Sicherheitsapparate zum stabilen Wählerstamm der französischen AfD-Pendants gezählt werden. Daran dürfte sich seither nichts geändert haben. Eher im Gegenteil.
Warum sollte das in der übrigen EU und vor allem ausgerechnet in Deutschland nun anders sein mit seiner Tradition der Freicorps mit Hakenkreuzen an den Stahlhelmen, der „Schwarzen Reichswehr“, eines SD-geführten BKA in den Nachkriegsjahren, nationalkonservativer Bundeswehrgeneräle wie Speidel und Heusinger, des „Unna- Papiers“ von General Middendorf gegen das Prinzip der „Inneren Führung“, der Maaßen-Affäre usw.?
zum Beitrag06.03.2024 , 17:07 Uhr
Umstrittener Dämpfungseffekt des Bezahlkartenmodells
Zitat: „Vor der Ministerpräsidentenkonferenz mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) zeichnen sich weitere Verschärfungen in der Flüchtlingspolitik ab. Neben dem geplanten Bezahlkartenmodells soll es am Mittwochnachmittag um eine mögliche Arbeitspflicht auch für sozialversicherungspflichtige Jobs gehen.“
Dabei ist der Dämpfungseffekt des Bezahlkartenmodells umstritten. Einer Studie des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung zufolge hätte dies keinen meßbaren Einfluß auf die Emigrationspläne in den Entsendeländern, wie Befragungen im westafrikanischen Senegal ergeben hätten. Auf die Frage nach ihrem bevorzugten Migrationsziel in Europa und nach den Gründen für ihre Wahl gaben demnach nur 11 % der Befragten an, sich von der Höhe staatlicher Leistungen leiten zu lassen. Die geplante Einführung einer Bezahlkarte für Asylbewerberleistungen und die Verkürzung der Bearbeitungszeiträume für Asylanträge hätten keinen Einfluss auf die Migrationsabsichten. Ähnliches gelte demnach auch für eine Verdopplung der Wartezeit für Sozialleistungen. (Quelle: Tagesspiegel v. 6. 3. 2024)
zum Beitrag06.03.2024 , 16:51 Uhr
Outsourcing
Zitat: „…denkt Innenministerin Nancy Faeser laut über die Auslagerung von Asylverfahren in außereuropäische Drittstaaten nach.“ Die sei ein „unerhörter Tabubruch, der massiv gegen Menschenrechte verstößt.“
Damit würde man den asylpolitischen Forderungen der AfD zu Kreuze kriechen, die diese Auslagerung in ihrem Programm fordert, und die diesbezüglichen Differenzen bis zur Unkenntlichkeit minimieren, was die Schlußfolgerung implizierte, die Anti-AfD-Massenproteste gegen deren Hinterzimmer-Phantasien zur Reduzierung der Immigranten-Zahlen, da kaum von der sich spürbar verschärfenden Asylpolitik der Regierungsparteien zu unterscheiden, richteten sich auch letztlich de facto auch gegen die Regierung selbst.
Im übrigen ist bekanntlich die proto-faschistische Regierungschefin Italiens Meloni mit dem Outsourcing von Asylverfahren in Drittstaaten vorgeprescht - mit dem Segen der EU-Kommission - und will die im Mittelmeer aufgefischten Asylbegehrenden gar nicht erst an Land gehen lassen, sondern in Auffanglagern in Albanien konzentrieren.
zum Beitrag29.02.2024 , 14:54 Uhr
Kaperungen
Zitat: „…allerdings arbeiten Rechtsextremisten seit geraumer Zeit daran, den Terminus als vermeintlich harmloses Wort für ihre rassistischen Ziele zu kapern.“
…so, wie die Hitleristen von Anfang an mit Erfolg daran gearbeitet haben, die edle Idee des Sozialismus’ für ihre Ziele zu kapern, verlogen garniert mit dem Zusatz „National“. Der Erfolg dieser Begriffskaperung war so durchschlagend, daß die Hakenkreuzler bis heute in allen Reden und Lehrbüchern mit diesem Schwindeletikett als ihrem Eigenlabel unwidersprochen und apologetisch bedacht werden, ohne daß sich die Tastaturen wölben.
zum Beitrag28.02.2024 , 08:31 Uhr
Platons „Edle Lügen“ von Correctiv?
„Nüchtern betrachtet hatte das von einem rechtsradikalen Zahnarzt in Potsdam organisierte Treffen von 20 bis 25 Personen, wo Martin Sellner von der österreichischen Identitären Bewegung über das Thema „Remigration“ referierte, wohl keine allzu große Relevanz für das politische Geschehen in Deutschland. Es war schließlich kein Geheimtreffen der führenden AfD-Politiker, sondern ein Vernetzungstreffen von Geld- und Ideengebern im konservativen bis rechtsextremen Milieu. Zweifellos bieten Veranstaltungen dieser Art Grund zur Sorge. Solche Diskussionen sind aber weder ein neues, noch ein spezifisch deutsches Phänomen. Seit 20 Jahren finden Vorträge über die Theorie des „großen Austauschs“ vor viel größerem Publikum im neurechten Thüringer Institut für Staatspolitik statt. Überall in Europa sind rechte Parteien im Aufwind, in Italien ist sogar eine rechtsextreme Partei an der Regierung. Die Demokratie wird dort trotzdem nicht abgeschafft werden.
Den Bericht von Correctiv verstehe ich als Versuch, eine von den beteiligten Journalisten vermutlich als durchaus real eingeschätzte Gefahr von rechts mit einem Nazi-Illusionstheater zu bekämpfen, weil man die Bevölkerung nicht für schlau oder mündig genug hält, diese Gefahr selbst zu erkennen.
Das „Theater für einen guten Zweck“ erinnert an die staatsdienlichen Märchen, auch als „edle Lügen“ bezeichnet, in Platons Hauptwerk "Der Staat". Sokrates argumentiert dort, daß Märchen in der Politik mitunter nötig und gerechtfertigt seien. Ein staatsdienliches Märchen ist eine Lüge oder irreführende Rede, die nicht zum Eigennutz, sondern altruistisch zum Wohle der Gemeinschaft ersonnen wird. Es dient dazu, diejenigen, die selbst nicht fähig sind, die Wahrheit zu erkennen, auf den richtigen Weg zu bringen.“ (Die Philosophin Prof. M. S. Lotter in IPG v. 27.2.2024) Sie bezweifelt, daß „das edle Märchen von der Gefahr einer Wiederholung der Geschichte (Wannseekonferenz) wirklich etwas Gutes anrichtet.“
zum Beitrag25.02.2024 , 22:52 Uhr
Whataboutisme
Zitat @Pfennig: „Haben diese Menschenrechtsorganisationen auch die Bedingungen der in der Gewalt der Hamas befindlichen israelischen Geiseln untersucht?“
Richtig: What about the Hamas?
zum Beitrag23.02.2024 , 00:12 Uhr
Operation „Eiserne Schwerter“ gescheitert?
Eine ernüchternde Zwischenbilanz der Militäroperation „Eiserne Schwerter“zieht die einflußreiche israelische Zeitung „Times of Israel“ und betont, daß 138 Tage nach Beginn eines Krieges keines der von Netanjahu erklärten Kriegsziele erreicht worden sei. Die Hamas sei nicht vernichtet worden, es gebe immer noch über 100 Geiseln in Gaza und keiner ihrer wichtigsten Anführer sei getötet worden.
Zugleich sei eine spürbare Reduzierung der Kampfintensität zu beobachten, die Tsahal setzte nicht mehr ihre "volle Kraft" ein, um die Gruppe zu zerschlagen, wie von Netanjahu angekündigt. Premierminister versprochen hatte. Seit fast zwei Monaten ähnelten die Kämpfe in Gaza eher einer Militäroperation - robust, aber von begrenzter Reichweite - als einem echten Krieg mit dem entschlossenen Wille zum entscheidenden Sieg über ihren Feind.
Die Hamas-Führer fühlten sich durch die Abschwächung der israelischen Offensive zweifellos ermutigt. Sie wüßten, dass sie es geschafft haben, dem schlimmsten israelischen militärischen Druck standzuhalten und glaubten, über genügend intakte Kräfte zu verfügen, um sich neu formieren zu können. („Time of Israel“ 22.2.2024)
Das sieht ganz danach aus, die Öffentlichkeit auf das Eingeständnis vorzubereiten, daß die Militäroperation gegen die Hamas und die Zivilbevölkerung des Gaza-Streifens militärisch gescheitert ist, gemessen an den erklärten strategischen Zielen. Dies wäre angesichts der gewaltigen Feuerkraft der Tsahal und ihrer gigantischen Übermacht nicht nur eine militärische Blamage, sondern implizierte angesichts der fünfstelligen Zahl unbeteiligter ziviler Opfer überdies eine moralische Tragödie mit unabsehbaren Folgen für die diplomatische Soft Power Israels in der Welt. Niemand, dem das Schicksal Israels und seiner sicheren Zukunft am Herzen liegt, wird obdessen Genugtuung empfinden.
zum Beitrag21.02.2024 , 17:26 Uhr
Ius in bello
Zitat @Chris Ehl: „Man sollte nicht unerwähnt lassen das auch Israel sich bezüglich Gewalt an Frauen rechtfertigen muss. Innerhalb der UNO selbst gibt es wohl Informationen und auch Beweise…“
So ist es: „Sieben vom UN-Menschenrechtsrat ernannte Experten haben eine unabhängige Untersuchung mutmaßlicher Übergriffe israelischer Soldaten auf palästinensische Frauen und Mädchen gefordert. Es gebe „glaubwürdige Vorwürfe ungeheuerlicher Menschenrechtsverletzungen“ durch israelische Soldaten an Frauen und Mädchen im Gazastreifen und im Westjordanland. Die Experten zitierten Berichte über Frauen, die seit Beginn des Krieges „willkürlich im Gazastreifen hingerichtet“ worden seien, „oft zusammen mit Familienmitgliedern, einschließlich ihrer Kinder“. Hunderte palästinensische Frauen und Mädchen seien „willkürlich“ festgenommen und „unmenschlicher und erniedrigender Behandlung“ ausgesetzt worden, darunter Schlägen und der Verweigerung von Menstruationsprodukten, Nahrung und Medikamenten. Besonders beunruhigt zeigten sich die Experten über Hinweise auf „vielfältige Formen sexueller Übergriffe“, darunter Vergewaltigungen von mindestens zwei weiblichen Gefangenen, während andere „von männlichen israelischen Armeeoffizieren nackt ausgezogen und durchsucht“ worden seien. Die Experten forderten eine „unabhängige, unparteiische, schnelle, gründliche und wirksame Untersuchung“ der Vorwürfe und forderten Israel zur Zusammenarbeit auf.
Die israelische Vertretung in Genf erklärte, die Experten seien „von ihrem Hass auf Israel und nicht von der Wahrheit motiviert“. Die israelischen Behörden hätten keine Beschwerden erhalten, seien aber bereit, „konkrete Behauptungen über ein Fehlverhalten der israelischen Sicherheitskräfte zu untersuchen, wenn glaubwürdige Anschuldigungen und Beweise“ vorgelegt würden.“ (Quelle: AFP, (gekürzt) 19.2.2024)
In keinem Krieg kann die eine Seite die moralische Wohlanständigkeit im Kontrast zum Kriegsgegner für sich pachten, in keinem.
zum Beitrag21.02.2024 , 12:32 Uhr
Polit-mediale Kontrastprogramme
Zitat: „Seit 2020 sind über 80 solcher Fälle bekannt“
Im Unterschied zu der eher hypothetischen Gefährdung des deutschen demokratischen Gemeinwesens durch krude Hinterzimmerphantasien eines Ausländers sind Vorgänge wie die 80 aktenkundige Fälle manifester rechtsextremer Affinitäten bewaffneter und beamteter Angehörige deutscher Sicherheitsbehörden sehr greifbar reale Gefahren für Leib und Leben von Mitbürgern mit ausländischen Wurzeln.
Um so bizarrer das Kontrastprogramm beider Sachverhaltskategorien in der polit-medialen Wahrnehmung: Von Aufrufen zu Massenprotesten gegen rechtsradikale Umtriebe in den deutschen Sicherheitsbehörden ist nichts überliefert. Ganz im Gegenteil. Sehr auffällig war das in den Corporate Media unverdrossen gepflegte ohrenbetäubende Schweigen zu den von der „Taz“ verdienstvollerweise aufgedeckten Umsturzplänen in Polizei und Bundeswehr („Rechtes Netzwerk in der Bundeswehr: Hannibals Schattenarmee“, Taz 16.11.2018)
Anderswo scheint es noch drastischer. Einer IFOP-Studie zufolge hatten die Sicherheitskräfte Frankreichs inkl. Polizei, Armee und Geheimdienste schon 2017 eine im Vergleich zum Landesdurchschnitt doppelt so hohe Wahlaffinität zum „Rassemblement Nationale“ (44 % gegenüber 23%) und zum RN-Verbündeten „Debout la France“ (4% zu 2%. Vgl. "Radioscopie de l’électorat du Front National", IFOP 18/04/2017). Mithin darf fast die Hälfte der Beamten der französischen Sicherheitsapparate zum stabilen Wählerstamm der französischen AfD-Pendants gezählt werden. Daran dürfte sich seither nichts geändert haben. Eher im Gegenteil.
Warum sollte das in der übrigen EU und v. a, ausgerechnet in Deutschland nun anders sein mit seiner Tradition der Freicorps mit Hakenkreuzen an den Stahlhelmen, der Schwarzen Reichswehr, eines SD-geführten BKA in den Nachkriegsjahren, nationalkonservativer Bundeswehrgeneräle wie Speidel und Heusinger, des „Unna- Papiers“ von Gen, Middendorf gegen das Prinzip der „Inneren Führung“ usw.?
zum Beitrag21.02.2024 , 12:11 Uhr
Mehr „machloket“ wagen
Zitat: „Schuld ist nicht nur die Frage nach Gut und Böse, nach Täter und Opfer“
Dazu die jüdisch-stämmige Schriftstellerin Mirna Funk: „Mein Verständnis von Wahrheit bedeutet, daß zwei gegensätzliche Positionen nebeneinander existieren, und die einzige Chance auf Wahrheit ist, sich in einer ständigen und niemals endenden Bewegung zwischen diesen beiden Polen zu bewegen und durch diese ständige Bewegung der Wahrheit so nahe wie möglich zu kommen. Immer, wenn wir glauben, sie begriffen zu haben, entzieht sie sich uns erneut. Und das ist richtig so. Jeder, der behauptet, er habe die Wahrheit für sich gepachtet, jeder, der glaubt, er habe die Welt verstanden, ja jeder, der behauptet, man müsse ihm oder ihr folgen, weil sie der Gral der Weisheit und Wahrheit sind, sollte dringend gemieden werden.
Diese Vorstellung bezieht sich auf den jüdischen Begriff machloket. Und das Wort machloket bedeutet, wenn man es wörtlich übersetzen wollte, »Streit« und steht für eine jüdische Form von Streitbarkeit. Es bezeichnet eine Meinungsverschiedenheit oder Debatte, insbesondere in Bezug auf Interpretationen religiöser Texte oder ethischer Fragen. Machloket ist ein zentraler Bestandteil des jüdischen Lernens und Denkens, da es als Methode zur Erkundung unterschiedlicher Perspektiven und tieferen Untersuchung der Wahrheit genutzt wird.
Dabei muß betont werden, daß machloket in der jüdischen Tradition nicht negativ konnotiert ist. Vielmehr wird es als Zeichen von Engagement und Respekt betrachtet, wenn die Beteiligten tiefgründig über ein Thema nachdenken und verschiedene Aspekte berücksichtigen. Es wird oft gesagt, daß jeder machloket »Shem Shamayim« (für den Himmel) ist, was bedeutet, daß der Streit mit der Absicht Shem geführt wird, ein tieferes Verständnis der göttlichen Wahrheit zu erlangen.“ (aus »Von Juden lernen«, dtv München 2024, via „Jüdische Allgemeine“, 21.2.2024)
Auch für die Beurteilung des Gaza-Konflikts sollte gelten: Mehr „machloket“ wagen!
zum Beitrag21.02.2024 , 11:38 Uhr
Prioritäre Kriegsziele
Zitat: „Netanjahu gegen Geiseldeal „um jeden Preis“.
Damit bewegt sich der Regierungschef voll auf der Linie seiner rechtsextremistischen Koalitionspartner: Auch für sein Kabinettsmitglied Bezalel Smotrich sind „Die Geiseln, die derzeit von der Hamas in Gaza gefangen gehalten werden, nicht das Wichtigste“. Ihr Schicksal sei dem Hauptziel der IDF-Operation im Gaza-Streifen unterzuordnen, der restlosen Eliminierung der Hamas.
Nach dieser Erklärung im staatlichen Radiosender Kan erhob sich ein wütender Sturm der Familienangehörigen der Geiseln, die vor dem Verteidigungsministerium in Tel Aviv eine Mahnwache abhalten, und blockierten aus Protest mehrere Hauptstraßen. Sie riefen die Öffentlichkeit dazu auf, sich ihnen in einer "Demonstration des Zorns" gegen die Regierung anzuschließen, und drohten, "die Straßen in Brand zu setzen“. (Quelle: „Times of Israel“, 20. 2. 2024)
Daraus folgt: Auch wenn Hamas die Geiseln jetzt freiließe, würde der Massenmord im belagerten Gaza-Streifen weitergehen.
zum Beitrag14.02.2024 , 18:24 Uhr
Russell-Einstein-Manifest
Zitat @Stoffel: „Natürlich wären wir vorher alle tot.“
Das wären wir bei einem Atomkrieg ohnehin, unabhängig von der Entscheidungsprozedur. Denn „Wir müssen lernen, auf neue Art zu denken. Wir sollten nicht mehr danach fragen, welche Mittel und Wege dem militärischen Sieg der von uns bevorzugten Partei offen stehen. Solche Möglichkeiten gibt es nicht mehr. Vielmehr stehen wir vor der Frage, auf welche Weise eine militärische Auseinandersetzung, deren Folgen für alle Beteiligten unheilvoll sind, verhindert werden kann.
Die Öffentlichkeit und sogar viele Männer in führenden Stellungen haben sich noch nicht vergegenwärtigt, was ein Nuklearkrieg bedeuten würde. Als Menschen müssen wir uns stets vor Augen halten: Wenn die Streitfragen zwischen Ost und West auf irgendeine Weise entschieden werden können, welche jeden Partner- weitgehend zufriedenstellen kann, sei er Kommunist oder Antikommunist, Asiate, Europäer oder Amerikaner, Weißer oder Schwarzer, dann dürfen diese Streitfragen keinesfalls durch Krieg entschieden werden.
Vor uns liegt, wenn wir richtig wählen, eine beständige Ausweitung von Glück, Wissen und Weisheit. Sollen wir stattdessen den Tod wählen, bloß weil wir unsere Streitereien nicht vergessen können? Wir wenden uns an unsere Mitmenschen: Erinnert Euch Eures Menschseins und vergeßt alles andere! Wenn Ihr das vermögt, dann öffnet sich der Weg zu einem neuen Paradies. Könnt Ihr es nicht, dann droht Euch allen der Tod.
Angesichts der Tatsache, daß in einem künftigen Weltkrieg Kernwaffen bestimmt benutzt werden würden und daß derartige Waffen das Fortbestehen der Menschheit bedrohen, fordern wir die Regierungen der ganzen Welt auf, einzusehen und öffentlich einzugestehen, daß ein Weltkrieg ihren Zielen nicht förderlich sein kann. (aus: Russell-Einstein-Manifest 1955, unterzeichnet von: P. W. Bringmann, A. Einstein, L. Infeld, F. Joliot-Curie, H. J. Muller, L. Pauling, C.F. Powell, J. Rotblat, B. Russel, H. Yukawa)
zum Beitrag14.02.2024 , 10:25 Uhr
Hat wirklich jemand die Absicht, eine Brandmauer zu errichten?
Ein sichtbares Instrument gegen die AfD-Programmatik wäre es, sich von deren Kernforderungen zu distanzieren und genau das Gegenteil zu postulieren, z. B. in der Sicherheitspolitik:
1. Die AfD ist eine dezidiert Pro-NATO-Partei, über die Tatsache hinwegsehend, daß die NATO sich von einem Verteidigungs- in ein Aggressionsbündnis verwandelt hat und Europa und damit Deutschland über die militärische NATO-Infrastruktur in alle 250 völkerrechtswidrigen Militärinterventionen (nach Zählweise des US-Kongresses) der USA verwickelt ist.
2. Die AfD ist für die NATO-Erweiterung und hat im BT der Aufnahme Schwedens und Finnlands zugestimmt.
3. Die AfD ist für Aufrüstung, befürwortet das von Trump ventilierte 2-%-Ziel der NATO und fordert darüber hinaus zusätzliches Geld für die Bundeswehr, um sie „kriegstauglich“ zu machen. Sie fordert die Reaktivierung des Wehrpflichtgesetzes.
4. Die AfD befürwortet Interventionskriege, sofern sie im Interesse Deutschlands liegen, und befindet sich damit in einträglicher Tradition mit ihren historischen Vorbildern, die dies von jeder militärischen Intervention in der deutschen Geschichte behaupteten, von jeder.
5. Wie keine andere Partei unterstützt die AfD (wie ihr Bruder im Geiste Trump) den auf das Hamas- und IS-Pogrom folgenden Massenmord der rechtsradikalen Netanjahu-Regimes im Gazastreifen und Waffenlieferungen an Israel, den Tod von bislang von über 16 000 Frauen und Kindern billigend in Kauf nehmend.
6. In völligem Einklang mit einem außenpolitischen Essential aller Bundesregierungen seit 1990 fordert die AfD einen ständigen Sitz im UNO- Sicherheitsrat und wird dabei von Selenskyj unterstützt.
So weit die außen- und sicherheitspolitischen Schnittmengen der AfD mit den vier auf Bundesebene koalitionsfähigen Parteien. Eine Brandmauer auf diesen Politikfeldern wäre ein recht osmotisches Bauwerk (vgl. O. Lafontaine, Die AfD ist keine Friedenspartei, NDS 3.2.2024)
zum Beitrag10.02.2024 , 10:13 Uhr
Hillary Clinton: Netanyahu muß weg
Die israelische Regierung Israel ist der reichenweitenstarken konservativen Tageszeitung „Maariv“ zufolge darüber besorgt, Washington könnte bei seinen Bemühungen um eine Zweistaatenlösung einen unabhängigen palästinensischen Staat auch ohne Zustimmung Jerusalems anerkennen. (Quelle: Tagesspiegel, 9.2.2024)
Überdies muß Netanyahu befürchten, als Hindernis für eine Friedensreglung von Washington fallen gelassen zu werden: “Netanyahu should go. He is not a trustworthy leader. It was on his watch that the [October 7] attack happened. He needs to go, and if he’s an obstacle to a ceasefire, if he’s an obstacle to exploring what’s to be done the day after, he absolutely needs to go,”, so die frühere US-Außenministerin und Präsidentschaftskandidatin der Dems Hillary Clinton gegenüber MSNBC. “We wish there was a ceasefire. If Hamas would agree to a ceasefire, there would be a ceasefire,” she said. (Quelle: Times of Israel, 8.2.2024)
zum Beitrag08.02.2024 , 14:54 Uhr
Bonn Powers
Zitat: „Das Amt des Hohen Repräsentanten mit seinen weitreichenden Befugnissen – unter anderem das Aufheben von Gesetzen und Entlassen gewählter Vertreter..."
Eine originelle Version der Liberalen Demokratie mit den „Bonn Powers“ als zentrales Machtinstrument. Ein Jammer, daß Deutschland nicht schon 1914 in dieser Region über ein solches Instrument mit unverhohlen antirussischer Stoßrichtung verfügte. Wer weiß, dann wäre vielleicht der 1. Weltkrieg vermieden worden…
An dieser Stelle hätte der geneigte Leser einen Verweis auf die seit Jahren schwelenden Kritik an der vielfach als anachronistisch empfundenen autoritären Behörde erwartet: „Im Kern der Debatte über das OHR stehen die „Bonner Befugnisse“. Das sind jedweder demokratischer Kontrolle entzogene Vollmachten, mit denen Hohe Repräsentanten in Bosnien Gesetze erlassen, aufheben oder Amtsträger entlassen können wie die Alliierten in Deutschland vor 1949… Ein unauflösbarer Widerspruch bestehe darin, dass der Hohe Repräsentant die Demokratisierung Bosniens unterstützen solle, als vom Ausland ernannter Beamter selbst aber keinerlei demokratische Legitimation besitze.“ (FAZ, 25.07.2021)
Zu den politischen Pikanterien dieses Protektorat-Konstruktes gehört es, daß in dem Peace Implementation Council, das den „Hohen Repräsentanten“ ernennt, auch solche demokratischen Musterländer wie Saudi-Arabien, China und Rußland vertreten sind. Über diese Tatsache scheint Pistorius hinwegzusehen mit seinem Statement, „Man wolle verhindern, dass Russland „einen weiteren Krisenherd, einen weiteren möglicherweise zu destabilisierenden Raum missbrauche, um seinen Einfluss zu erweitern, in der Annahme oder in der Hoffnung“, den Westen so destabilisieren zu können.“ Damit läßt er die Katze aus dem Sack, dieses bislang ausschließlich von EU- und NATO-Staaten gestellten Amt unter dem Kostüm der „Internationalen Gemeinschaft“ unverhohlen als okzidentales Machtinstrument im Neuen Kalten Krieg zu verstehen.
zum Beitrag06.02.2024 , 19:07 Uhr
Profilneurose?
In der Regierung zeichnet sich neuer Koalitionsstreit, diesmal in der UNWRA-Frage ab. Das AA und BMZ haben die Zahlungen bis zum Abschluß der UN-internen Untersuchungen ausgesetzt, was der FDP, die mit Christoph Hoffmann den Vorsitzenden des Entwicklungshilfeausschusses stellt, nicht ausreicht und schlicht die Auflösung der Hilfsorganisation fordert. Das geht den Grünen wiederum zu weit und warnen vor einer dadurch drohenden humanitären Krise. (Tagesspiegel, 29.1.24) Damit befeuert die FDP nur noch die Kakophonie der Bundesregierung, das letzte, was sie jetzt gebrauchen kann.
Von der EU-Kommission nicht zu reden, wo sogar deren Außenkommissar Borell vor einer Zahlungseinstellung warnt. Dies sei „unverhältnismäßig und gefährlich“. Das individuelle Fehlverhalten dürfe niemals zu einer kollektiven Bestrafung einer ganzen Bevölkerung führen. Eine Zahlungseinstellung bedrohe das Leben von Zehntausenden Menschen, so Borell. (Quelle: Times of Israel, 5. 2. 2024) Bislang hat neben den USA und Großbritannien von der EU lediglich Italien unter der protofaschistischen Regierungschefin Meloni die komplette Zahlungseinstellungen beschlossen.
Der Vorstoß der Liberalen riecht sehr nach Profilneurose. Aber das wird ihnen in ihrem aktuellen Abwärtsstrudel auch nicht mehr helfen. Ganz im Gegenteil. Sie sollten sich in der Außenpolitik lieber auf ihre traditionelle Expertise solcher liberalen Außenpolitiker wie die einstigen Außenminister Walter Scheel, Hans-Dietrich Genscher und z. T. sogar Guido Westerwelle besinnen, von der AA-Staatsministerin Hildegard Hamm-Brücher nicht zu reden. Deren Handeln war grosso modo eher durch Prinzipien von Ausgleich, Verständigung und Entspannung geleitet.
zum Beitrag05.02.2024 , 23:00 Uhr
Faschismustheorien
Zitat @Schalamow: „Das Problem auf der Linken ist nicht zuletzt auch das Erbe der marxistischen Faschismustheorien.“
Gemeint ist sicher wieder die Dimitroff-Definition vom Faschismus als Ausgeburt des Monopolkapitalismus.
Aber die SPD sah das ganz ähnlich, wenn sie den Sturz der Hitler-Tyrannei mit der Beseitigung des Kapitalismus gleichsetzte: „Die Niederwerfung des nationalsozialistischen Feindes durch die revolutionären Massen schafft eine starke revolutionäre Regierung, getragen von der revolutionären Massenpartei der Arbeiterschaft, die sie kontrolliert. Erste und oberste Aufgabe dieser Regierung ist es, die Staatsmacht für die siegreiche Revolution zu sichern, die Wurzeln jeder Widerstandsmöglichkeit auszureißen, den Staatsapparat in ein Herrschaftsinstrument der Volksmassen zu verwandeln. Der revolutionären Regierung obliegt deshalb die sofortige Durchführung einschneidender politischer und sozialer Maßnahmen zur dauernden völligen Entmachtung des besiegten Gegners. Das erfordert: Einsetzung eines Revolutionstribunals. Aburteilung der Staatsverbrecher, der Bürokratie und Justiz wegen Verfassungsbruches, Mordes und Freiheitsberaubung unter Aberkennung der staatsbürgerlichen Rechte. Aufhebung der Unverletzbarkeit der Richter. Besetzung aller entscheidenden Stellen der Justiz durch Vertrauensmänner der revolutionären Regierung. Völlige Erneuerung des Offizierskorps. Volle staatsbürgerliche Gleichberechtigung ohne Unterschied der Rasse und Religion. Trennung von Kirche und Staat. Unterbindung jeder konterrevolutionären Agitation.
Sofortige entschädigungslose Enteignung des Großgrundbesitzes und der Schwerindustrie. Übernahme der Reichsbank, Vergesellschaftung und Übernahme der Großbanken.“ (Aus: Prager Manifest, 1934, gekürzt)
Von den bürgerlichen Parteien sind keine Faschismus-Definitionen überliefert, die man denen der marxistischen korrigierend entgegensetzen könnte.
Übrigens: Die Judenverfolgung kam im Prager Manifest nicht vor...
zum Beitrag04.02.2024 , 20:33 Uhr
Semantic correctness
Zitat: „Das Säen von „semantischem Chaos“, das Umkehren der Bedeutung grundlegender Wörter war das Markenzeichen der letzten acht Jahre.“
Ein Phänomen, das sich zeitlich nicht auf die letzten acht Jahre und geografisch nicht auf Polen beschränkt. Das beste Beispiel ist die „Demokratie“: Wie die Wahl von solchen Gestalten wie Trump, Kaminski, Erdogan, Meloni, Bolsonaro, Milei, Modi, Sisi, Wilder et al. belegen, ist „Demokratie" strictu sensu kein Wertekanon per se, sondern lediglich eine vereinbarte Verfahrensordnung zur Kür der politischen Eliten, nicht mehr und nicht weniger. Sie ist eher eine technische Konvention für einen modus operandi und keine Doktrin, nach welchem Credo die Gesellschaft temporär regiert werden soll. Sie definiert nur das Regelwerk, nach dem die Mulitple-Choice unter einer vorgegeben (endlichen) Zahl von Doktrinen zu erfolgen hat. Diejenigen solcher unerquicklichen Formationen wie Fratelli d’Italia, GOP, Reconquête, Sverigedemokraterna, FÖP, SVP, Vox et. al. sind, sofern als nicht verfassungskonform mit Platzverweis belegt, einige der Stände auf dem Marktplatz der Demokratie wie andere auch und gehören folglich ebenso zum "Werte-Westen" wie die diejenigen ihrer Konkurrenten. Wäre der Ausgang einer solchen Wahl nicht prinzipiell offen, könnte man sich diesen ganzen Zirkus gleich sparen.
Ein anschauliches Beispiel für den angesprochenen semantischen Wandel des Demokratiebegriffes ist die Charakterisierung Polens als „Laboratorium für die Koexistenz von demokratischen und populistischen Parteien“. So gesehen, gehört das Kaczinsky-Lager nicht weniger zum „Laboratorium der Demokratie“ wie das Tusk-Lager. Keiner der beiden Lager, in Polen wie anderswo, hat die Demokratie für sich gepachtet, auch wenn sich eines von ihm in politischer Selbstgefälligkeit das Attribut „demokratisch“ anheften läßt.
Desclaimer: Der Verfasser dieser Zeilen gehört zu denjenigen, die die oben genannten politischen Familien zur Hölle wünschen.
zum Beitrag01.02.2024 , 14:53 Uhr
LTI
In der Tat: „Remigration“ in dem gegebenen politischen Kontext ist ein Euphemismus, genau so wie andere Begriffskreationen aus diesem Geiste wie „Konzentrationslager“, „Endlösung“, „beweglicher Verteidigungskrieg“, „elastische Front“, „Frontverkürzung“ usw., deren Funktion darin bestand, den tieferen Sinn und die dahinter stehenden Vorgänge, Tatsachen und politischen Absichten verschleiernd und beschönigend zu umhüllen. Den Vogel schoß das Eigenlabel „Nationalsozialismus“ ab, von der SPD schon in den früheren 20er Jahren als dreiste, demagogische Begriffsusurpation demaskiert, bizarrerweise bis heute unbeanstandet und ohne Anführungszeichen verwendet, ohne dem Verdikt verfassungsfeindlicher Slogans zu unterliegen. Warum wohl?
zum Beitrag31.01.2024 , 19:36 Uhr
Korr.
Statt "Also eines jener Schandgesetzte, für die Dr. Heinrich Globke als Mitverfasser und Kommentator zeichnete,..."
lies
Also eines jener Schandgesetzte, für die Dr. Hans Globke als Mitverfasser und Kommentator zeichnete,.."
Sorry
zum Beitrag31.01.2024 , 18:34 Uhr
Traditionsbewußtsein
Zitat: „Mit dem im AfD-Urteil zitierten ersten der Nürnberger Rassegesetze beschloss der NS-Staat eine rassistische Zwei-Klassen-Gesellschaft.“
Also eines jener Schandgesetzte, für die Dr. Heinrich Globke als Mitverfasser und Kommentator zeichnete, nachdem er schon als preußischer Ministerialbeamter und Zentrumspolitiker noch vor 1933 federführend an der antijüdischenÄnderung desNamensrechtsmitgewirkt hatte, 1938 durch eine verschärfte Namensänderungsverordnungnovelliert, um alle jüdischen deutschen Mitbürger lückenlos sicht- und damit stigmatisierbar zu machen. Dies qualifizierte ihn bekanntlich in der Bonner Republik für das einflußreiche Amt des Kanzleramtsministers, von BND und CIA gegen alle Angriffe wegen seiner Rolle als Schreibtischtäter des Holocoast abgeschirmt. (vgl. Manfred Görtemaker u. Christoph Safferling:Die Akte Rosenburg. Das Bundesministerium der Justiz und die NS-Zeit. C. H. Beck, München 2016)
Ein weiterer Beleg für die Evidenz, das maßgebliche Teile der AfD in eindeutiger politischer und Rechtstradition zu lokalisieren sind, wie sie sich in der frühen Bonner Republik unter Adenauer einer kaum verhüllter personellen Kontinuität manifestierte.
zum Beitrag31.01.2024 , 14:14 Uhr
Ultima irratio
Zitat @Alexander Schulz: "Krieg sollte nur Ultima Ratio sein!"
Nein! „Krieg ist nicht mehr die ultima ratio, sondern die ultima irratio." (Willy Brandt in seiner Nobel-Preis-Rede in Oslo am 11. Dezember 1971)
zum Beitrag31.01.2024 , 11:06 Uhr
Hirngespinste
Zitat: „Biden in der Bredouille“
Da sieht Prof. Prof. John Mearsheimer von der University of Chicago, einer der einflussreichsten Politologen der USA, sehr ähnlich:
„Die Israelis sagen, dass sie die Hamas entscheidend besiegen und den Gazastreifen zu einem Gebiet machen wollen, von dem aus es keiner palästinensischen Gruppe mehr möglich sein wird, Terroranschläge gegen Israel zu verüben. Das wird aber nicht geschehen. Die Israelis werden die Hamas nicht besiegen. Und selbst wenn sie die Hamas besiegen sollten, wird es andere terroristische Organisationen oder andere Widerstandsorganisationen geben, die sich erheben und terroristische Taktiken gegen Israel anwenden.
Es gibt keine militärische Lösung für das Problem in Gaza, sondern nur eine politische Lösung. Und die politische Lösung besteht darin, dass die Palästinenser einen eigenen Staat bekommen. Aber die Israelis lehnen das entschieden ab. Stattdessen denken sie, dass sie die Palästinenser in die Unterwerfung prügeln und gleichzeitig die Hamas militärisch besiegen können. Das ist ein Hirngespinst, das wird nicht passieren.
Es gibt hier also kein Happy End. Die Israelis stecken in großen Schwierigkeiten. Und natürlich stecken auch die Amerikaner, die mit den Israelis aufs Engste verbunden sind, in großen Schwierigkeiten.“ (Quelle: Cicero, 25.12.2023)
zum Beitrag30.01.2024 , 13:46 Uhr
Messianische Impulse
Dem israelischen Historiker und Nestor der Holocaust-Forschung Saul Friedländer zufolge („Das Dritte Reich und die Juden“) war der historische Zionismus mit seinen unterschiedlichen Fraktionen schon immer von einem Bündnis aus ultra-religiöser Orthodoxie und jüdischem Nationalismus beherrscht, die auf die Gesamtheit des alttestamentarischen Heiligen Landes als Basis des künftiges jüdischen Staates bestanden. „Der ideologische und politische Vater des revisionistischen Zionismus', Zee Jabotinsky, plädierte dafür, „beide Seiten des Jordans“ in den Traum vom jüdischen Staat einzubeziehen. Seine Nachfolger wurden bescheidener und forderten das gesamte Eretz Israel, d. h. das gesamte Palästina zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer.“ (S. Friedländer „Blick in den Abgrund“, Beck, 2023)
So gesehen, waren die verschiedenen Teilungspläne der britischen Mandatsmacht und später der UNO territoriale Kompromisse, mit denen sich die Ultranationalisten und -religiösen des „Revisionistischen Zionismus’“ nie abgefunden hatten und zumindest ein Israel „From the Jordan to the See“ als unverhandelbares biblisches Alleinerbe betrachteten.
Friedländer nennt dies den „messianischen Impuls des Zionismus’“, der nach dem siegreichen Jom-Kippur-Krieg mit der Gründung der reaktionären Siedlerbewegung „Gusch Emunim“ neuen Auftrieb erhalten habe.
Sein Historiker-Kollege Uriel Tal von der Universität Tel Avis ging sogar so weit, daß es sich hierbei „um eine israelische Version des Faschismus’" handele, deren „Siedlungspolitik in den besetzten Gebieten mit der Kolonisierungspolitik der Nazis im eroberten Osten“ vergleichbar sei. (ebd.)
Der Ruf nach Rekolonisierung ganz Eretz Israels inkl. des Gaza-Streifens auf Kosten der autochthonen Bevölkerung gehört also zum doktrinalen Wesenskern des „Revisionistischen Zionismus“ und wird vom Likud geteilt: „Netanyahu: Only graether Israel will exist from the river to the sea“ (Middel East Monotor, 19.1.24)
zum Beitrag25.01.2024 , 10:06 Uhr
Burgfrieden?
Zitat: „Die Demonstrationen seien vielleicht ein „Weckruf an die demokratische Mitte“, an diejenigen, die friedlich und in Freiheit zusammenleben wollten, sagte Steinmeier am Mittwoch in einem Interview der ARD-„Tagesthemen“. Es sei auch ein Weckruf, Zusammenarbeitsmöglichkeiten dort zu suchen, „wo sie in der Vergangenheit auch aufgerieben worden sind in der Debatte zwischen Regierung und Opposition“,
Mit anderen Worten: Ich kenn keine Parteien mehr, sondern nur noch die demokratische Mitte…
zum Beitrag24.01.2024 , 22:44 Uhr
Feststehende Wahrheiten Zitat @Kant Karl.Heinz: „Lieber Herr Gutsche, ich will Ihnen ja hier nicht zu nahe treten, aber auch Sie selbst scheinen an eine "Wahrheit" zu glauben, die größer ist - als die Marxens. Denn Sie meinen, er habe geirrt. Was noch längst nicht bewiesen ist. Fukuyama hatte ja auch schon das "Ende der Geschichte" ausgerufen. Aber vielleicht ist das "Endstadium" ja tatsächlich der Kommunismus? Wer weiß das schon wirklich? Vielleicht ist der erste Anlauf ja nur gescheitert? Immerhin sah Marx den Kommunismus erst NACH dem Scheitern eines alles verschlingenden Kapitalismus - und zwar weltweit“
Lieber Herr Kant, ich will Ihnen ja hier nicht zu nahe treten, aber es geht in dieser Debatte nicht darum, welche „Wahrheit“ nun „größer“ ist, sondern generell um die Kritik der Diskursfigur von @Christian Will: „Wenn eine wahrheit feststeht“ mit der Replik, daß es „ewig feststehende“ Wahrheiten, an denen nicht gerüttelt werden darf, eben nicht gibt, nicht mal in der Natur-, geschweige in den Human- und Gesellschaftswissenschaften.
Der zitierte Satz als Beweis für die Vergänglichkeit „feststehender Wahrheiten“ zielt auf Lenin und nicht auf Marx, der schon damals keine gemeißelte Tatsachenfeststellung, sondern eher als religiös aufgeladene Anfeuerung zu verstehen war. Über die „Wahrheit“ der Erkenntnisse von Marx ist damit noch nichts gesagt, wohl aber über deren von Lenin behauptete „Allmächtigkeit“. Das ist nicht dasselbe.
Ihre anschließenden Reflexionen über die Aussichten des Weltzustandes und -geschehens stehen auf einem anderen Blatt und entziehen sich, da auf die Zukunft bezogen, den Kategorien von „wahr“ oder „falsch“ - wie jegliche Art von Prognosen und Modellierungen, ob nun den Ausgang von Wahlen oder die Erdtemperatur in 100 Jahren betreffend.
Und keine Sorge: Auch ich bin kein Marxist, sowenig wie Marx selbst - aber durchaus „Marxianer“, dem allerdings die Kategorie „Endstadium“ fremd ist, denn Marx war alles andere als ein Eschatologe.
zum Beitrag24.01.2024 , 17:53 Uhr
"Feststehende Wahrheiten" oder "Lob des Zweifels"
Zitat @Christian Will: „Wenn eine wahrheit feststeht…“
Jede „feststehende Wahrheit“ hat ein Haltbarkeitsdatum und unterliegt im Lichte historischer Umwälzungen permanenten Überprüfungen und Falsifikationen. Ein eklatantes Beispiel dafür ist der „feststehende“ Satz: „Der Marxismus ist allmächtig, weil er wahr ist.“ Er stammt von Lenin, dessen 100. Todestag sich gerade jährte...
Den Wandel von „Wahrheiten“ im Wandel der Herrschaftsverhältnisse hat Stefan Heym in seinem berühmten Roman „König David Bericht“ treffend beschrieben.
Man sollte sich angesichts dessen lieber an Brecht halten:
"Lob des Zweifels
Gelobt sei der Zweifel! Ich rate euch, begrüßt mir Heiter und mit Achtung den Der euer Wort wie einen schlechten Pfennig prüft!
Ich wollte, ihr wäret weise und gäbt Euer Wort nicht allzu zuversichtlich. Lest die Geschichte und seht In wilder Flucht die unbesieglichen Heere. Allenthalben Stürzen unzerstörbare Festungen ein und Wenn die auslaufende Armada unzählbar war Die zurückkehrenden Schiffe Waren zählbar. …
Schönster aller Zweifel aber Wenn die verzagten Geschwächten den Kopf heben und An die Stärke ihrer Unterdrücker Nicht mehr glauben!
Oh, wie war doch der Lehrsatz mühsam erkämpft! Was hat er an Opfern gekostet! Daß dies so ist und nicht etwa so Wie schwer war’s zu sehen doch! …
Und dann mag es geschehn, dass ein Argwohn entsteht. Denn neue Erfahrung Bringt den Satz in Verdacht. Der Zweifel erhebt sich. Und eines Tages streicht ein Mensch Im Merkbuch des Wissens Bedächtig den Satz durch. .."
zum Beitrag24.01.2024 , 17:13 Uhr
Hätte 2016 Trump durch Sanders verhindert werden können?
Zitat @Makabrezzo: „Schon vergessen, dass Sanders vor acht Jahren in Umfragen gegen Trump weit besser dastand als Hillary Clinton? Plus Plädoyer für Rüstungssteigerung…“-
Schon 2016 wurde in den Leitplanken-Medien Zweifel gesäht, „dass der linke Senator es mit seinem vergleichsweise radikalen Programm schaffen kann, im November die Mehrheit der Amerikaner hinter sich zu versammeln - und Trump zu besiegen.“ (Tagesspiegel, 23.02.2000)
Dies war schon damals ein Mythos. Eine CNN-Umfrage vom Febr. 2016, also noch vor der Nominierung von H. Clinton, hatte die beiden Duell-Hypothesen Clinton rsp. Sanders gegen Trump, vorgelegt. Danach hieße bei der ersteren Variante das Verhältnis 52 % zu 44% für die Dems und bei der zweiten 55 zu 43%. Mit 46 % für Trump mit H. Clinton als Kontrahent fiel dann das Ergebnis dann sogar noch um 2 % höher aus. Unterstellt man die gleiche Abweichung bei Sanders als Duellant, hätte Trump nur 45 % der Popular Votes verbuchen können, was für den Sieg des Herausforderers gereicht haben dürfte.
Wenn auch das Popular Vote nicht unbedingt dem Wahlausgang entsprechen muß, wie gesehen, so bliebe doch die Erkenntnis, daß Sanders Chancen gegen Trump a priori größer waren als die H. Clintons. Daraus folgt, die Hauptsorge des DNC galt damals nicht der Wahl Trumps sondern derjenigen Sanders. Um Sanders zu verhindern, wurde Trump in Kauf genommen. Dem MSNBC-Moderator Chris Matthews zufolge „suggests Democratic establishment better off with four more years of Trump than Sanders movement reshaping party.“ (zit. Nach Twitter) Matthews sprach aus, was womöglich tatsächlich einige Parteioberen dachten, (die „Zeit“). Merke:
Das „kühl kalkulierende Kapital“ (eigentlich eine Tautologie) setzt immer auf den Kandidaten, der die besten Verwertungsbedingungen verspricht. Das hieß damals, Sanders rauszukegeln und Trump in Kauf zu nehmen.
zum Beitrag24.01.2024 , 11:31 Uhr
Die (selbst)zufriedene Mehrheit bricht ihr Schweigen
Zitat: „Zu der Versammlung hatte es zwei unterschiedliche Aufrufe gegeben, einen unter dem Motto „für Rechtsstaat und Demokratie“ von einem breiten bürgerlichen Bündnis, unter anderem von Grünen, CDU, SPD, FDP, der evangelischen sowie der katholischen Kirche…“
Die Mobilisierungskapazitäten der Regierungskoalition und der CDU-Opposition zur Unterstützung ihrer Politik durch die „schweigende Mehrheit“ (Tagesspiegel) sind beeindruckend. Und auch wer außerhalb dieses Meinungskorridors all jene zum Teufel wünscht, die des Geisteskinds der AfD sind, wird sich dem nolens volens nicht verschließen können, wenn auch mit ungutem Gefühl, denn er muß dabei billigend in Kauf nehmen, mit seiner antifaschistischen Solidarität - vor noch nicht allzu langer Zeit als linksextremistischer Topos ein Pfui Baba - kurzerhand in die bedingungslose Zustimmung zur Regierungspolitik und ihrer zahnlosen Kritik durch die CDU-Opposition in all ihren Facetten vereinnahmt zu werden, von der antirussischen Hochrüstung mit Waffenlieferungen an Selenskyj, dem begonnenen NATO- Großmanövers an der Westgrenze Rußlands, der bedingungslosen Unterstützung des Likud-Regimes über die abenteuerliche Finanzpolitik bis zur Gesundheitspolitik, nicht zu reden von der desolaten Bildungs-, Klima- und Landwirtschaftspolitik und der notorisch zärtlichen steuerlichen Behandlung der Fat Cats des Big Money usw.
Wer als Teilnehmer von regierungs- und VS-gesponserten Anti-AfD- Demonstrationen keine Problem damit hat, zu dieser nun nicht mehr „Schweigenden Mehrheit“ zu gehören, muß sich die Zuschreibung gefallen lassen, als solche im übrigen „mit der politischen Lage zufrieden“ zu sein, wie die Soziologin Céline Teney herausgefunden hat. (Tagesspiegel, 18.1.2024)
zum Beitrag24.01.2024 , 09:45 Uhr
Generalplan Gaza
Zitat: „Israel müsse sicherstellen, „dass der Gazastreifen keine Bedrohung mehr darstellen wird“. Das „widerspricht der Forderung nach palästinensischer Souveränität“.
Der frühere Likud-Chef und heutige Vorsitzende der rechtsextremistischen Partei „Zehut“ Moshe Feiglin ist da ganz konsequent und hat die Kriegsziele im Gaza-Krieg klar formuliert.: „Okkupation, Deportation und Ansiedlungen. Jede militärische Aktion, die dieses Ziel nicht erreicht, verewigt die Position unserer Feinde“. (Quelle: „Times of Israel“, 23.1.2023)
Dazu gab es keinerlei regierungsseitigen Widerspruch.
zum Beitrag22.01.2024 , 11:35 Uhr
Politische Schmuddelkinder und Sitzenbleiber der Geschichte
Zitat: „Die CDU könnte sich überlegen, ob sie ihren Unvereinbarkeitsbeschluss, mit der Linken zu koalieren, angesichts der AfD-Gefahr in Thüringen eventuell als überholt betrachten möchte.“
In der Tat: Als historischer Treppenwitz zeichnet sich in Sachsen und Thüringen nun als Worst case-Szenario womöglich eine Parteienkonstellation ab, bei der die AfD nur mit einer CDU-geführten Regierung unter Koalitionseinschluß der Linken von der Regierungsmacht ferngehalten werden kann, also jener Partei, die in der Legislaturperiode ab 1994 im Bundestag mit dem jüdischen antifaschistischen Rimmigranten und bekannten Schriftsteller Stefan Heym den Alterspräsidenten stellte, dem die CDU-Fraktion damals nach dessen traditionellen Eröffnungsrede geschlossen die elementarsten Gesten der Höflichkeit demonstrativ verweigerte und einfach sitzen blieb, ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der parlamentarischen Demokratie Deutschlands.
Jetzt werden die damaligen Sitzenbleiber womöglich mit "der Nachfolgepartei der SED" als Fundament der Brandmauer gegen die AfD koalieren müssen, für sie eine politische Liaison dangereuse contre nature.
Aber mit späteren Bündnissen mit einstigen politischen Schmuddelkindern hat die CDU ja so ihre Erfahrungen…
zum Beitrag21.01.2024 , 18:43 Uhr
Netanjahu und die Lebensinteressen Israels
„Man fragt sich, ob Netanjahus politischer Instinkt nur noch auf den eigenen Machterhalt reduziert ist.Nicht nur die Amerikaner sind zu dem zutreffenden Schluss gekommen, dass eine auf Dauer angelegte Kontrolle Israels über das Gebiet westlich des Jordans vielleicht militärisch für einige Zeit durchzuhalten wäre, politisch aber eine Sackgasse ist. Zwar ist es im Moment schwer vorstellbar, dass im Nahen Osten ein stabiler Frieden zustandekommen könnte. Aber die Ablehnung jeglicher Zugeständnisse für alle Zeit ist sicher der falsche Weg. Der Ideologe Netanjahu, der seinen extremistischen Koalitionspartnern nach dem Mund redet, müsste dem Politiker Netanjahu weichen, der vor allem die Interessen seines Landes im Sinn hat.“ (FAZ, 21.1.2024)
Mit anderen Worten: Die Politik der rechtsextremistischen Likud-Koalition unter Netanjahu hat diese Lebensinteressen nicht im Sinn, widerspricht ihnen folglich und gefährdet somit die nachhaltigen Überlebenschancen des Landes. Wenn aber diese Frage, die Existenz dces Staates Israel, wie von der IHRA-Definition postuliert, der Lackmus-Test für Antisemitismus ist, dann ist diese genozidale Politik Netanjahus zutiefst antisemitisch.
zum Beitrag21.01.2024 , 09:31 Uhr
Entweder - oder
Einem Bricht der New York Times von gestern zufolge halten hohe israelische Militärs die beiden Hauptziele Netanjahus, die Bfreeoiung der geisel und die gleichzeitige Elimnierung des Gesieselnehmes, für inkombatibel: "In Strategic Bind, Israel Weighs Freeing Hostages Against Destroying Hamas. Some Israeli commanders said the government’s two main goals were mutually incompatible. To eradicate Hamas, the military would have to engage in a lengthy war that would most likely cost the hostages’ lives." (NYT, 20.1.2024)
Dies war von Anfang an klar: Wer Geiseln befreien will, muß mit den Geiselnehmern über einen Deal verhandeln. Dies ist Elementarwissen der Kriminalpsychologie.
zum Beitrag18.01.2024 , 16:44 Uhr
Mitte Rechts
Zitat: „Das Problem reicht bis in die Mitte.“
Da hat Dinah Riese wohl sehr recht und bürstet mit dieser Erkenntnis dankenswerterweise gehörig gegen den Strich.
Allerdings war es dort schon immer angesiedelt. Neulich versprach Söder, die AfD „ernster zu nehmen“( Tagesspiegel, 23. 9. 2023). Am „ernstesten“ haben die C-Parteien politische Formationen vom Geisteszustand der Afd in der Frühzeit der Bonner Republik genommen, als Relativierungen des „Nationalsozialismus'“ (welch verlogener Euphemismus!), Rassismus, Antisemitismus, Revanchegelüste gegenüber dem Kreml nach dem verlorenen Krieg usw. keine Randphänomene waren, sondern sich in der politischen Mitte behaglich räkelten:
Der FDP-Landesverband NRW entpuppte sich bald als Quasi-Nachfolgepartei der NSDAP und wurde folgerichtig von der britischen Besatzungsmacht aufgelöst.
Die AfD-Vorgängerparteien «Deutsche Partei» und BHE saßen nicht nur in allen Länderparlamenten, sondern auch im Bundestag und bildeten mit der Union sogar mehrere Koalitionsregierungen. DP-Chef H. C. Seebohm, unter Hitler ein Chef-Arisierer jüdischen Eigentums, saß bis 1966 im Bundeskabinett und war kurz gar Vize-Kanzler. Seine Fusionspläne mit der NPD scheiterten nur am Widerstand der Besatzungsmächte. Seine Reden troffen vor Ehrfurcht vor den Hakenkreuzlern und Abscheu vor dem Grundgesetz („von den Alliierten aufgezwungen“). Der Sozialdemokratie dichtete er „asiatische Wurzeln“ an, die daher nicht zum „Deutschtum“ führen könne.
Bundesvertriebenenminister T. Oberländer (NSDAP-Mitglieds-Nr. 2331552), zunächst FDP, dann BHE, schließlich CDU mit Direktmandat, warnte vor dem „Anschwellen der slawischen Bevölkerung als Gefahr für Europa“, nachdem er bereits 1937 im Judentum die Wurzeln des Kommunismus sah.
Wie zu sehen, bedeutet die Höchststufe der Union im „Ernstnehmen“ der Rechtsrandigen aller Erfahrung nach, mit ihnen zu koalieren. So wird es auch diesmal kommen. Alles andere wäre „contre nature politique“.
zum Beitrag16.01.2024 , 16:31 Uhr
Die Kirche im Dorf lassen
Zutat @Troll Eulenspiegel: „Auf der anderen Seite ist Trump ein Antisemit. Die scheinbare Freundschaft existiert nur, weil Trump in Netanjahu einen Diktator sieht.“
Weder in der Arbeitsdefinition der IHRA, geschweige denn derjenigen der JDA finden sich Anhaltspunkte für die Behauptung, Trump sei Antisemit.
Dabei hat der Antisemitismus im Sinne nach Geist und Buchstabe beider Definitionen auch unter US-Präsidenten offensichtlich durchasus eine lange Tradition, wenn etwa der Historiker Ronald D. Gerste Roosevelt bescheinigt, „wie kaum einer seiner Vorgänger frei von einem wirklich ernsthaften Antisemitismus“ gewesen zu sein. (Roosevelt und Hitler. Todfeindschaft und totaler Krieg Paderborn 2011), d. h. seine Vorgänger waren eben nicht frei davon. Auch seine Nachfolger sind dem gegenüber diesem Vorwurf wieder ausgesetzt, wie Truman («Die Juden, finde ich, sind sehr, sehr selbstsüchtig.»), Eisenhower, der mit rüden Drohungen „die kriegstüchtigen Juden“ 1956 zum Rückzug aus dem besetzten Sinai aufforderte, oder Nixon (“Juden haben sämtlich „eine sehr aggressive und schroffe und widerwärtige Persönlichkeit .“ „Die Welt“, 13.11.12), nicht zu reden von Carter, der gar der Leugnung des Holocaust bezichtigt wird (Washington Post, 20. 1. 2007)
Im übrigen bietet andererseits die Geschichte einige anschauliche Beispiele freundschaftlicher Wertschätzung seitens US-amerikanischer Präsidenten sogar für echte Diktatoren, wie Salazar, Suharto, Videla, Batista, Pinochet, Sisi et al. (eine vollständige Liste würde den Rahmen eines Taz-Kommentars sprengen…)
Unabhängig was sonst noch zu Netanjahu zu sagen wäre, ein Diktatur ist Israel immerhin noch lange nicht. (im Gegensatz zu seinen Nachbarn)
Also man sollte bei dieser Debatte die begriffliche Kirche im Dorf lassen.
zum Beitrag16.01.2024 , 11:16 Uhr
Trump for Israel
Eine Wiederwahl Trumps wird allgemein als ein Worst case Szenario angesehen, dabei allerdings wundersamerweise deren wahrscheinliche Konsequenzen für die Israel-Politik der USA beiseite lassend. Wie die aussehen könnte, hat Josh Paul, der aus Protest gegen Bidens Unterstützung Netanjahus zurückgetretene Spitzenbeamte des State Departments, so beschrieben:
„Ich weiß nicht, was ein zukünftiger republikanischer Präsident im Nahen Osten tun würde. Es ist schwer zu sagen, ob es in mancher Hinsicht noch schlimmer wäre als das, was Präsident Biden in Bezug auf Israels Krieg gegen Gaza getan hat. Immerhin erklärt Bidens Regierung noch ab und zu, dass sie an einer Zweistaatenlösung festhalten will.
Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass eine Trump-Regierung eine israelische Annexion des Westjordanlandes und möglicherweise auch des Gazastreifens anerkennen würde.“ (im Interview mit der Berliner Zeitung, 13.1.2024)
Man mache sich nichts vor: Mit Trump kehrte ein US-Präsident an die Macht zurück, der als einer der eifrigsten Unterstützer der Annexionspolitik der rechtsradikalen Likud-Koalition gilt. Ihm eifern in dieser Frage alle rechtsrandigen Formationen Europas nach, einschl. der AfD. Unter einem unberechenbaren Likud-Unterstützer Trump wüchse mithin die Gefahr, daß sich der Gaza-Konflikt zu einem Weltbrand ausbreitet.
zum Beitrag15.01.2024 , 10:49 Uhr
Whataboutism
Zitat Suryo: „Der mögliche Genozid Russlands an den Ukrainern (Massenentführung von Kindern) sowie von China an den Uighuren lässt das S in BRICS völlig kalt.“
Ganz richtig: What about Rußland und China?
zum Beitrag14.01.2024 , 14:33 Uhr
Schnittmengen
Eine substantielle inhaltliche Kritik der AfD als protofaschistische Formation kommt nicht umhin, deren Programmatik und politische Praxis mit der faschistisch-korporatistischen Wirtschafts- und Sozialordnung à la Mussolini und österreichischem Ständestaat ganz konkret Punkt für Punkt im Detail zu vergleichen und die Schnittmengen präzise zu benennen. In der Wirtschaft- und Sozialpolitik sah dies so aus: „Der Nationalsozialismus leugnet in seiner Theorie die Klassenkämpfe, seine Praxis verschärft sie auf das Grausamste. Seine Herrschaft bedeutet eine unerhörte Steigerung der sozialen Gegensätze, ein neues Erhitzen des Kessels bei gewaltsamer Verschließung aller Ventile. Die Unterdrückung aller Organisationen der Arbeiter und Angestellten, ihre völlige Entmachtung, überliefert sie der Willkür des Großkapitals, in dessen Interessen die Diktatur die Staatsmacht gestellt hat. Diese einseitige Verschiebung der Machtverhältnisse bedroht die Arbeiterschaft mit fortschreitender Verschlechterung ihrer Lebenshaltung. Die Gefahr wird gesteigert durch eine Wirtschaftspolitik, die die Kosten aller Bedürfnisse der breiten Massen erhöht, die Beschäftigung in den Exportindustrien immer mehr drosselt; sie wird vermehrt durch eine Finanzpolitik, die die Massen belastet und immer größere Teile des ihnen abgepreßten Tributs einzelnen vom Regime begünstigten Schichten zuschanzt. Das zwingt die Massen zum Kampf für die Sicherung und Hebung ihrer materiellen Existenz.“ (Prager Manifest der SPD, 1934)
Die Diktatur der Staatsmacht im Interesse der Willkür des Großkapitals, dies war der definitorische Kern der sozialdemokratischen Charakterisierung des Hakenkreuzler-Regimes, um nicht dessen verlogenes Eigenlabel „Nationalsozialismus“ zu verwenden, bei dem sich die Tastatur wölbt…
zum Beitrag11.01.2024 , 12:11 Uhr
Bedingungslose Waffenruhe - Jetzt!
Zitat: „Rund 400 Abgeordnete aus 28 Ländern haben einen Aufruf zu einer sofortigen Waffenruhe gestartet.“
Dazu eine berufende Stimme aus Israel: "Fast die gesamte internationale Gemeinschaft und der größte Teil der Weltöffentlichkeit fordern seit Beginn des israelischen Gegenschlags einen Waffenstillstand. Am Donnerstag reichte Südafrika, gestützt auf die skandalösen und schädigenden Äußerungen zahlreicher israelischen Regierungsmitglieder, eine Klage ein, damit der Internationale Gerichtshof (IGH) ein Verfahren einleitet und einen solchen Waffenstillstand zu erzwingen versucht.
Und nur die USA behindern weiterhin den Druck, einen Waffenstillstand herbeizuführen, während sie Israel die praktischen Mittel, d. h. Waffen, zur Fortsetzung des Feldzugs zur Verfügung stellen.“ ("La quasi-totalité de la communauté internationale, et la majeure partie de l’opinion publique mondiale, appellent à un cessez-le-feu depuis le début de la riposte israélienne. Jeudi, l’Afrique du Sud a intenté une action en justice, s’appuyant sur les propos scandaleux et préjudiciables de nombreux membres du gouvernement israélien, pour que la Cour internationale de justice (CIJ) lance une procédure afin de tenter d’imposer un tel cessez-le-feu.
Et seuls les États-Unis continuent à faire obstacle aux pressions exercées pour instaurer un cessez-le-feu, tout en fournissant à Israël les moyens pratiques, c’est-à-dire des armes, pour poursuivre la campagne.“)
(DAVID HOROVITZ gestern in „Times of Israel“. Er ist der Gründer und Chefredakteur von „ToI“, zuvor Chefredakteur der Jerusalem Post und des Jerusalem Report. Autor u. a. von „A Little Too Close to God: The Thrills and Panic of a Life in Israel“(2000) und „Still Life with Bombers: Israel in the Age of Terrorism“(2004)[
zum Beitrag11.01.2024 , 11:46 Uhr
Evidenzen
Zitat Lauterbach: „Leistungen, die keinen medizinisch belegbaren Nutzen haben, dürfen nicht aus Beitragsmitteln finanziert werden. Die Grundlage unserer Politik muss die wissenschaftliche Evidenz sein.“
Dem ist nur einschränkungslos zuzustimmen. Und da fallen einem noch einige andere medizinische Leistungen gigantischen Ausmaßes in jüngster Zeit ein, die streng genommen unter dasselbe Verdikt fallen müßten…
zum Beitrag11.01.2024 , 11:43 Uhr
Im Trend
Die verständliche Aufregung über rechtsrandige Hinterzimmer-Planspiele zur Massenausweisung von Immigranten kann nicht über den europaweiten Debattentrend hinwegtäuschen, der im Grunde in dieselbe Richtung weist, wenn auch nicht in diesen drastischen Dimensionen: „Um Zuwanderung zu begrenzen, werden in der Migrationsdebatte die verschiedensten Forderungen erhoben. Eine davon ist die faktische Abschaffung des individuellen Rechts auf Asyl.Hierfür tritt vor allem die AfD schon länger ein.Doch auch in der Union gibt es inzwischen Stimmen, die das Recht auf Asyl zur Disposition stellen, so beispielsweise Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU). Ebenfalls im Gespräch sind Obergrenzen. CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn favorisiert eine Kontingentlösung, wonach die Europäische Union 300.000 bis 500.000 Flüchtlinge im Jahr aufnehmen soll. Unbeantwortet bleibt dabei aber die Frage, was passiert, wenn mehr Menschen um Schutz bitten als das Kontingent vorsieht. Die Idee für eine Obergrenze kursiert nicht nur für den gesamteuropäischen Raum, sondern auch für Deutschland. So will CSU-Chef Markus Söder höchstens 200.000 Asylbewerber pro Jahr in der Bundesrepublik aufnehmen. Weitere Vorschläge sind Transitzonen und Rückkehrzentren an den Landesgrenzen und die Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten.“ (Quelle: DLF, 11.1.2024)
Die kürzlich vom EU-Parlament beschlossene GEAS-Reform schwimmt im selben Trendgewässer. So will die EU künftig mit eingezäunten Internierungslagern und Abschiebungen in unsichere Drittstaaten gegen „illegale“ Immigration vorgehen, von Marie Le Pen enthusiastisch als ureigenste Forderung des Rassemblement National begrüßt.
Pro Asyl ist zu Recht entsetzt. "Dieser von den europäischen Gesetzgebern beschlossene Abbau von Menschenrechten im Flüchtlingsschutz versperrt für viele den Zugang zu Schutz und errichtet ein System der Haftlager für Menschen, die fliehen und nichts verbrochen haben - selbst für Kinder und ihre Familien“.
zum Beitrag09.01.2024 , 21:24 Uhr
Minimalismus der 900-Kilo-Bomben
Zitat @EinHistoriker: „Die Überschrift suggeriert, dass die Israelis bisher Flächenbombardements benutzt hätten, dabei weiß doch jeder, dass es sich auch bis zum jetzigen Zeitpunkt um nur gezielte, akkurate Schläge mit minimalen Kollateralschäden gehandelt“
Die minimalen Kollaterlaschäden der gezielten, akkuraten Schläge belaufen sich bislang auf mehr als 23 000 Personen, darunter die Mehrzahl Frauen und Kinder. „Die Vereinten Nationen halten die Zahlen des von der Hamas kontrollierten Ministeriums für glaubwürdig. Israels Armee hat laut Ministerpräsident Benjamin Netanjahu "mehr als 8000 Terroristen eliminiert". Das würde etwa 15.000 Ziviltote bedeuten."
Die Chefin der Londoner NGO „Airwars“ Emily Tripp „sprach von einem beispiellos schnellen Anstieg der Opferzahlen. Es sei der intensivste Feldzug, den Airwars je untersucht habe. Sie fühle sich erinnert an die schweren Schlachten um Mossul (Irak), Rakka und Aleppo (Syrien). Die Opferzahlen stiegen in Gaza in einem "Maßstab, den wir wirklich noch nicht gesehen haben", sagte sie. Das Maß der Ziviltoten pro Angriff war in Gaza im Dezember etwa 13 Mal höher als beim Kampf in Rakka 2017 gegen die Terrormiliz Islamischer Staat, bei dem die USA für seinerzeit 1600 Ziviltote scharf kritisiert wurden.
Ein Grund sei der Einsatz von 900-Kilogramm-Bomben, sagt Marc Garlasco, der die niederländische Zivilschutz-Organisation PAX in Militärfragen berät und der zuvor im Pentagon arbeitete. Dies sei die zweitgrößte Bombe im israelischen Arsenal. Die als "Bunkerbrecher" bekannte Bombe könne eine ganze Wohnhausanlage zum Einsturz bringen. Selbst die USA hätten solche wie auch halb so schwere Bomben selten eingesetzt, sagt Garlasco. In seiner 20 Jahre langen Karriere habe er eine solche Zerstörung in so hohem Tempo noch nicht erlebt.“ (Quelle: dpa via Süddeutsche Zeitung)
zum Beitrag09.01.2024 , 21:01 Uhr
Netanjahus Lebensversicherung
"Netanjahu betrachtet den Krieg gegen die Hamas in gewisser Weise als seine Lebensversicherung. Seine Kriegsführung ist untrennbar verquickt mit dem Kampf um sein politisches Überleben und zeigt, dass er offenbar überzeugt ist, die negativen Auswirkungen seiner zur Zerreißprobe gewordenen Justizreform und seiner persönlichen Verantwortung für den Angriff vom 7. Oktober ließen sich nur durch einen entscheidenden Sieg über die Hamas abmildern – koste es, was es wolle.
Netanjahus Wunsch, seine politische Karriere zu retten, liefert auch die Erklärung, warum er sich weigert, Verantwortung für die Fehler zu übernehmen, die Israel in die jetzige missliche Situation manövriert haben. Die führenden Köpfe des Militärs, angefangen vom Stabschef der Streitkräfte bis hin zu den Chefs des Militärgeheimdienstes und des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, haben allesamt ihr Versagen eingestanden und zugesagt, dass sie zurücktreten werden, sobald der Krieg vorbei ist. Netanjahu hingegen, der einmal gesagt hat, eine starke Hamas in Gaza sei „für uns der beste Weg, die Gründung eines palästinensischen Staates zu verhindern“, entzieht sich weiterhin der Verantwortung und wiederholt gebetsmühlenartig sein neu entdecktes Mantra „Nach dem Krieg.“ (Shlomo Ben-Ami, ehemaliger israelischer Außenminister und Vizepräsident des Toledo International Center for Peace in Madrid, Autor von "Scars of War, Wounds of Peace: The Israeli-Arab Tragedy"; Quelle: IPG, 9.1.2024)
zum Beitrag09.01.2024 , 18:45 Uhr
Glaubwürdige Angebote? # Zitat @Taugenichts: „Seit dem ersten Angebot der UN 1937 hat es zig glaubwürdige Angebote gegeben und die Palästinenser haben sie allesamt brüsk abgeschmettert.“
Es gab 1937 kein „erstes Angebot der UN“ mangels Existenz dieser erst 1944 gegründeten Weltorganisation.
Gemeint ist hier offensichtlich die von der britischen Mandatsmacht eingesetzten Peel-Kommission, die 1937 erstmals einen Teilungsplan vorlegte, in dem erstmalig von einem „Jüdischen Staat“ mit eigener Souveränität die Rede war. Er stieß auf beiden Seiten auf ein widersprüchliches Echo.
Die Reaktion der arabischen Seite war weniger von grundsätzlicher Ablehnung eines jüdischen Staatswesens bestimmt als von Uneinigkeit über der Führerschaft in dem den Arabern zugedachten Teil Palästinas, vulgo einem Machtkampf zwischen den konkurrierenden Herrscher-Clans. Während die arabische pro-transjordanische Nationaler Verteidigungsparteiden Plan begeistert begrüßte, wurde er vom islamischen Arabischen Hohen Komitee unter dem von London inthronisierten Mufti von Jerusalem und Nazi-Fan Amin al-Husseini ebenso abgelehnt wie von den christlichen Arabern.
Die jüdischer Seite nahm den Plan mit „frappierendem Desinteresse“ auf (D. Trom), d. h. eher kühl und zögerlich. Er wurde v. a. vom rechten Flügel der Revisionistischen Zionisten unter W. Jabotinsky strikt abgelehnt, für die nur ein jüdischer Staat in den alttestamentarischen Dimensionen Eretz Israelsin Frage kam. Der Plan wurde schließlich auf dem Zionistenkongreß in Zürich 1937 nur halbherzig angenommen und 1939 von London ad acta gelegt.
Die Frontverläufe in der Teilungsfrage waren also damals keineswegs scharfkantig „Araber vrs. Juden“ konturiert, sondern komplexer.
Spätere „Angebote“ an die Araber bis zum UNO-Plan 1947 sind übrigens nirgends überliefert. (vgl. N. Weinstock, Terre promise, trop promise, – Genèse du conflit israélo-palestinien, Paris 2011; D. Trom, L’État de l’exil – Israël, les juifs, l’Europe, Paris 2023)
zum Beitrag09.01.2024 , 09:39 Uhr
Das erinnert an die berühmte Definition des Krieges von Paul Valéry: „Im Krieg massakrieren sich Leute, die sich nicht kennen zugunsten von Leuten, die sich kennen, aber sich nicht massakrieren.“ ("La guerre, un massacre de gens qui ne se connaissent pas, au profit de gens qui se connaissent mais ne se massacrent pas." (Paul Valéry, Cahiers)
zum Beitrag08.01.2024 , 18:50 Uhr
Konkurrierende Definitionen
Zitat: „Der Berliner Senat will Förderungen in Zukunft an ein Bekenntnis zur IHRA Antisemitismusdefinition knüpfen.“
Und warum nicht an die der JDA? Sie unterscheidet bekanntlich den Antizionismus kategorisch vom Antisemitismus und will vor allem nicht-antisemitischen Antizionismus als freie Rede schützen. Sie versteht Zionismus als jüdischen Nationalismus, der einer Debatte prinzipiell offen stehe, während Bigotterie und Diskriminierung gegen Juden oder andere nie akzeptabel seien.
In der Erklärung werden Beispiele von politischen Positionen benannt, die nicht per se als antisemitisch anzusehen seien, u. a.
„- Unterstützung der palästinensischen Forderungen nach Gerechtigkeit und der vollen Gewährung ihrer politischen, nationalen, bürgerlichen und Menschenrechte, wie sie im Völkerrecht verankert sind.
- Kritik oder Ablehnung des Zionismus als eine Form von Nationalismus oder das Eintreten für diverse verfassungsrechtliche Lösungen für Juden und Palästinenser in dem Gebiet zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer. Es ist nicht per se antisemitisch, Regelungen zu unterstützen, die allen Bewohner:innen „zwischen dem Fluss und dem Meer“ volle Gleichberechtigung zugestehen, ob in zwei Staaten, ei- nem binationalen Staat, einem einheitlichen demokratischen Staat, einem föderalen Staat oder in welcher Form auch immer.
- Faktenbasierte Kritik an Israel als Staat. Dazu gehören seine Institutionen und Gründungsprinzipien, seine Politik und Praktiken im In- und Ausland, wie beispielsweise das Verhalten Israels im Westjordanland und im Gazastreifen. Es ist nicht per se antisemitisch, auf systematische rassistische Diskriminierung hinzuweisen. Im Allgemeinen gelten im Falle Israels und Palästinas dieselben Diskussionsnormen, die auch für andere Staaten und andere Konflikte um nationale Selbstbestimmung gelten.“
Die JDA fand auch Zustimmung in den deutschen Official-Mind-Medien wie der Taz, der Frankfurter Rundschau und im Deutschlandfunk.
zum Beitrag05.01.2024 , 22:54 Uhr
Friendly Fire
Der Widerstand in den USA gegen die Israel-Politik der Biden-Administration hat nun auch seinen engsten Unterstützerkreis erreicht, wie in einem Offenen Brief einer Gruppe aus seinem Wahlkampfteam belegt: „Sie haben mehrfach gesagt, dass Schweigen angesichts von Menschenrechtsverletzungen Mitschuld bedeutet“, heißt es in dem an den Präsidenten gerichteten Brief. „Wirstimmen Ihnen zu, und deshalb ergreifen wir jetzt das Wort.“ Jede Minute, die ohne einen Waffenstillstand vergehe, sei ein weiteres verlorenes Leben – ein Leben, das durch Bidens politisches Handeln hätte gerettet werden können. „AlsIhre Mitarbeiter sind wir der Meinung, dass es sowohl moralisch als auch aus wahltaktischen Gründen geboten ist, dass Sie öffentlich zu einer Beendigung der Gewalt aufrufen.“
Die Mehrheit der Demokraten unterstütze diesem Statement zufolge die Forderung nach einem unverzüglichen und bedingungslosen Ende der Gaza-Kampagne. 72 % der unter 30jährigen Wähler der Demokraten - „a key Democratic voting bloc“ - mißbilligten das Vorgehen im Gaza-Konflikt. „Die Mitschuld am Tod von mehr als 8200 Kindern, ist einfach nicht zu rechtfertigen.“ Wenn Biden so weiter mache, könnte ihm dies die Präsidentenwahl kosten, so die Verfasser des Offenen Briefes. (Quelle: Biden Campaign Staff for Ceasefire Now in: „Medium“, via Berliner Zeitung)
zum Beitrag05.01.2024 , 22:51 Uhr
Bundesregierung verurteilt Pläne der Netanjahu-Koalition zur ethnischen Vertreibung der Araber aus dem Gaza-Streifen
„Das Auswärtige Amt hat Äußerungen aus Israels Regierung zu einer möglichen Vertreibung von Palästinensern aus dem Gazastreifen scharf kritisiert. „Die Äußerungen der beiden Minister weisen wir in aller Deutlichkeit und auf das Allerschärfste zurück. Sie sind weder sinnvoll noch hilfreich“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Mittwoch in Berlin zu den Aussagen der rechtsextremen israelischen Minister Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich.
Der Polizei- und der Finanzminister hatten sich für eine israelische Wiederbesiedlung des Gazastreifens nach dem Krieg gegen die Hamas ausgesprochen. Ben-Gvir sagte am Montag, der Krieg sei eine Gelegenheit, die „Umsiedlung der Bewohner des Gazastreifens“ zu fördern. Smotrich sagte am Sonntag dem israelischen Armeesender, wenn Israel richtig vorgehe, werde es eine Abwanderung von Palästinensern geben, „und wir werden im Gazastreifen leben“.
Der Sprecher des deutschen Außenministeriums sagte weiter, es dürfe keine Vertreibung von Palästinensern aus Gaza geben. Es dürfe auch keine territoriale Verkleinerung des Gazastreifens geben. Eine Zweistaatenlösung bleibe aus Sicht des Auswärtigen Amts das einzig nachhaltige Modell für ein friedliches Zusammenleben zwischen Israelis und Palästinensern. „Daran halten wir fest und darauf arbeiten wir sozusagen auf die längere Sicht auch hin.“
Auch die Regierungen der USA und Frankreichs hatten die Aussagen der Minister kritisiert.“ (Quelle: Berliner Zeitung)
zum Beitrag05.01.2024 , 19:06 Uhr
Sanders: Gaza-Kampagne ist „grob unverhältnismäßig“
Zitat Gysi: „Aber die Zivilbevölkerung zu bombardieren ist auch ein Kriegsverbrechen, und man darf Kriegsverbrechen nicht mit Kriegsverbrechen bekämpfen. Da stehe ich immer auf der Seite des Völkerrechts.“
Das sieht der progressive jüdische US-Senator Bernie Sanders auch so und hat daher den Kongress erneut aufgefordert, die beantragte milliardenschwere Militärhilfe für Israel zu blockieren. Die Gaza-Kampagne des Netanjahu-Regimes nannte er einen "illegalen, unmoralischen, brutalen und grob unverhältnismäßigen Krieg gegen das palästinensische Volk" und einen "Verstoß gegen das Völkerrecht“. (Quelle: Times of Israel, 3. 1. 2024)
zum Beitrag05.01.2024 , 15:01 Uhr
Sanders: Gaza-Kampagne ist „grob unverhältnismäßig“
Der progressive jüdische US-Senator Bernie Sanders hat den Kongress erneut aufgefordert, die beantragte milliardenschwere Militärhilfe für Israel zu blockieren. Die Gaza-Kampagne des Netanjahu-Regimes nannte er einen "illegalen, unmoralischen, brutalen und grob unverhältnismäßigen Krieg gegen das palästinensische Volk" und einen "Verstoß gegen das Völkerrecht“. (Quelle: Times of Israel, 3. 1. 2024)
zum Beitrag05.01.2024 , 12:32 Uhr
Unliebsame Schnittmengen
Zitat: „Das Ziel müsse es sein, die AfD inhaltlich zu stellen und den Wählern zu verdeutlichen, „was die Konsequenzen ihrer inhaltlichen Positionen wären“, sagte Schneider. Die Partei habe gegen den Mindestlohn gestimmt und wolle die Erbschaftssteuer abschaffen. „Sie pflegt in der Sozialpolitik das rückständige Gesellschaftsbild der 1950er Jahre, das muß für viele ostdeutsche Frauen furchtbar sein“
Dem ist nur zuzustimmen, hat allerdings ein sachliches Befassen mit den einzelnen politischen Positionen der AfD-Programmatik zur Voraussetzung mit dem Risiko, auf mehr Schnittmengen zu stoßen, als der politischen Konkurrenz lieb sein kann. So ist etwa die EU mit ihrer Wende in der Flüchtlungsaufnahmepolitik den Forderungen der antiislamistischen Rechten Europas weitgehend zu Kreuze gekrochen, so daß die AfD unmittelbar nach Verkündung des Deals breitmäklig jubeln konnte: „Parlament und Europarat haben sich jetzt auf ein entschiedeneres Vorgehen gegen illegale Migranten verständigt. Kontrollen, ausnahmslose Registrierung aller Nicht-EU-Bürger ohne Pass und Asylzentren direkt an den Außengrenzen, um Migranten aus sicheren Ländern so schnell wie möglich wieder abzuschieben. All das fordert die AfD schon seit langem.“
Auch in wesentlichen Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik gibt es auffällige Übereinstimmungen, so etwa mit der Forderung nach einem ständigen Sitz für Deutschland im UN-Sicherheitsrat und in der Wehrpflichtfrage. In der Europa-Politik ähnelt die AfD mit ihrem souveränistischen Konzepts eines „Europa der Vaterländer“ eher de Gaulle als Hitler. In Frankreich etwa reicht dieses Konzept bis weit in die Reihen der post-gaullistischen „Républicains“.
Schneiders zutreffender Verweis auf „das rückständige Gesellschaftsbild der 1950er Jahre“ ist ein überzeugendes politisches Argument, aber kein verfassungsrechtliches, andernfalls würde die Bonner Republik als antidemokratisch gelten müssen, was wohl niemandem in der CDU gefallen dürfte.
zum Beitrag04.01.2024 , 09:28 Uhr
Sanders: Gaza-Kampagne ist „grob unverhältnismäßig“
Der progressive jüdische US-Senator Bernie Sanders hat den Kongress erneut aufgefordert, die beantragte milliardenschwere Militärhilfe für Israel zu blockieren. Die Gaza-Kampagne des Netanjahu-Regimes nannte er einen "illegalen, unmoralischen, brutalen und grob unverhältnismäßigen Krieg gegen das palästinensische Volk" und einen "Verstoß gegen das Völkerrecht“. (Quelle: Times of Israel, 3. 1. 2024)
zum Beitrag20.12.2023 , 14:17 Uhr
Bodycounting
Zitat: „Als die Alliierten die Nazis besiegt haben, wer hat da die toten Zivilisten gezählt?“
Die Alliierten haben den Krieg nicht gegen die NSDAP geführt sondern gegen Deutschland als Staat. Das ist nicht dasselbe. Am 8. Mai 1945 hat die deutsche Wehrmacht und nicht die NSDAP kapituliert. Das IHL unterscheidet lediglich Kombattanten und Nichtkombattanten unabhängig von ihrer jeweiligen Parteizugehörigkeit oder politisch-doktrinalen Affinitäten.
Was die toten Zivilisten im 2. Weltkrieg anbetrifft, so wurden sie sehr wohl „gezählt“: Der Deutsch-Sowjetische Krieg verzeichnet nach bisherigem Forschungsstand mindestens 15 Mio. zivile Opfer (Christian Hartmann:Unternehmen Barbarossa. Der deutsche Krieg im Osten 1941–1945.C.H. Beck, München 2011). Die Zahlen andere Historiker sind weitaus höher. Damit hat die Sowjetunion die mit Abstand höchste Zahl von Opfern unter Nichtkombattanten zu beklagen. Polen hat mit 6 Mio. zivilen Opfern die höchste Zahl proportional zur Bevölkerungszahl zu verzeichnen.
Auf Seiten Deutschlands und Japans waren es hingegen 1,17 Mio resp. 1,7 Mio. zivile Opfer, darunter die Opfer der Alliierten Bombenangriffe auf Offene Städte wie Hiroshima und Nagasaki, die nach geltendem IHL als Kriegsverbrechen einzustufen sind.
zum Beitrag20.12.2023 , 11:14 Uhr
Pest und Cholera
Alle drei Kandidaten des zweiten Wahlgang um das Oberbürgermeisteramt in Pirna entstammen der CDU. Man hat es mithin offensichtlich weniger mit politischen Unterschieden grundsätzlicher Art zu tun, sondern wohl eher mit taktischen Querelen innerhalb des konservativen Lagers. Der Wahlausgang in Pirna bestätigt einmal mehr die Evidenz: Die deutsch-nationale AfD ist Fleisch von Fleische der CDU, deren politisches Derivat in der Tradition des Stahlhelm-Fraktion der Union unter dem einstigen Fraktionsvorsitzenden Alfred Dregger.
Die Berichte über den Wahlausgang in Pirna lassen offen, worin eigentlich die programmatischen lokalpolitischen Unterschiede zwischen den drei Kandidaten bestanden (und ob überhaupt). Auch bleibt im Dunkeln, welche Wahlempfehlungen das linke Lager aus SPD, Linke und Grünen für den Zweiten Wahlgang gegeben hat, die zusammen immerhin noch ca. 25% des Wählerpotentials auf die Waage bringen. Vermutlich hatten deren Anhänger keine Lust, zwischen Pest und Cholera auszuwählen und sind einfach zu Hause geblieben.
zum Beitrag19.12.2023 , 17:52 Uhr
Alle Beitrittskandidaten per se sichere Herkunftsländer?
Zitat: „Asylanträge aus dem EU-Beitrittsland Georgien können in Deutschland leichter abgelehnt werden.“
Asylanträge aus einem EU-Beitrittsland gehören per definitionem abgelehnt, denn dieser Status impliziert bereits eine Menschenrechtslage nach den Kopenhagener Kriterien: „Beitrittskandidaten sind Staaten, die einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft gestellt haben und denen der Europäische Rat (ER) den Kandidatenstatus verliehen hat, da sie bereits die 1993 formulierten Kopenhagener Kriterien erfüllen bzw. weitgehend erfüllen.“ (BMF) Kern dieser Kriterien: „Als Voraussetzung für die Mitgliedschaft muss der Beitrittskandidat eine institutionelle Stabilität als Garantie für demokratische und rechtsstaatliche Ordnung, für die Wahrung der Menschenrechte sowie die Achtung und den Schutz von Minderheiten verwirklicht haben.“ (Europäischer Rat Kopenhagen 21.–22. Juni 1993: Schlußfolgerungen des Vorsitzes)
Die Anerkennung als politischer Asylant setzt also menschenrechtliche Zustände in dem Herkunftsland voraus, die diesen Kriterien widersprechen. Beitrittskandidaten sind folglich de facto sichere Herkunftsstaaten, widrigenfalls gebührte ihnen nicht dieser Status.
zum Beitrag19.12.2023 , 11:53 Uhr
Plausibilitäten
Zitat @Dr. Robert: „Es erscheint mir zudem kaum plausibel, dass er die Vernichtung der Hamas ernsthaft als realistisch erachtet.“
Was zu der Frage führt, ob er es überhaupt wirklich will, denn „Wer davon lebt, einenFeindzu bekämpfen, hat ein Interesse daran,dasser amLebenbleibt.“ (Nietzsche, Menschliches, Allzumenschliches. Ein Buch für freie Geister)
Im übrigen volle Zustimmung zu beiden Kommentaren.
zum Beitrag18.12.2023 , 19:30 Uhr
Kampf der Ungeheuer
Zitat: „Die bittere Realität ist, dass neun von zehn Menschen im Gazastreifen nicht genug zum Essen haben, nicht jeden Tag eine Mahlzeit haben und nicht wissen, woher die nächste Mahlzeit kommen soll“, erklärte auch Carl Skau, Vizedirektor der Welternährungsorganisation"
Dazu Friedrich Nietzsche: „Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehen, dass er nicht selbst dabei zum Ungeheuer wird.“ („Jenseits von Gut und Böse,)
zum Beitrag18.12.2023 , 18:32 Uhr
Ehemaliger IDF-Generalstabschef: Bibi solle mit weißer Flagge in der Hand abtreten
Zitat: „Die Streitkräfte hatten prompt die Verantwortung für den tragischen Fehler übernommen. Israels Ministerpräsident jedoch versteckte sich hinter Armeesprecher Daniel Hagari, der die Nachricht der Öffentlichkeit übermittelte. Verantwortung für Fehler zu übernehmen, ist Benjamin Netanjahus Sache nicht. Bis heute warten die Israelis auf eine Entschuldigung von ihm dafür, dass der Hamas-Überfall vom 7. Oktober nicht verhindert werden konnte.“
Für seine politisch instinktlose Weigerung, im Namen der Regierung die politische Verantwortung für die Tragödie zu übernehmen, persönlich vor die Nation zu treten und dafür nicht einem untergeordneten Pressesprecher vorzuschicken, wird Netanjahu in der israelischen Öffentlichkeit regelrecht „gegeißelt“, so die Times of Israel vom 17.12.2023. Dan Halutz, ein ehemalige Generalstabschef der Tsahal, gab dem Regierungschef nur einen Rat: "Bibi, der einzige Sieg, der nach dem Scheitern von 2023 möglich ist, ist der, dass du mit einer weißen Flagge abtrittst“.
zum Beitrag18.12.2023 , 14:29 Uhr
Der Schlaf der Vernunft
Zitat @Dr. Robert: „Beide Ziele sind gegenläufig: die Hamas wird durch militärischen Druck die Geiseln nicht herausgehen (da sie diese dann dringender als je zuvor braucht). Es war (kalkulierter) Irrsinn, beide miteinander zu verknüpfen. Um nicht die Verantwortung übernehmen zu müssen, hat Netanyahu die Befreiung der Geiseln mit der Ausübung von Rache an den Tätern, der Hamas verknüpft.“
Diese prägnante Zusammenfassung bringt es auf den Punkt: Wer Geiseln lebend aus der Hand von Geiselnehmern bekommen will, muß mit ihnen verhandeln und kann ihnen nicht gleichzeitig ihre physische Vernichtung androhen. Das ist Elementarwissen der Kriminalpsychologie. Ob es sich bei der „irrsinnigen“ Verknüpfung beider Ziele um ein Kalkül des Netanjahiu-Regimes handelt, sei dahingestellt, auf jeden Fall ist es taktisch irrational. Bei der militärischen Reaktion auf die „Operation al-Aqsa-Flut“ der Hamas handelt es sich um eine gigantische Vendetta in alttestamentarischer Logik, die jetzt schon die Saat für neue endlose Gegenrache gelegt hat. Die Teenager-Waisen nach dem Bombenhagel in Gaza-City sind die Hamas-Kämpfer von morgen, jedem abgeschlagenen Kopf des Terrorismus-Drachens werden sieben neue nachwachsen.
Als ein Geschöpf politischer Doppelmoral und des Teile-und-herrsche-Prinzips kann die Hamas daher rational nur politisch, nicht militärisch besiegt werden. „El sueño de la razón produce monstruos.“ (Goya)
zum Beitrag18.12.2023 , 13:26 Uhr
Netanjahus ziemlich gute Freunde
Zitat: „Die anderen Parteien seiner Regierungskoalition verlieren ebenfalls massiv an Rückhalt.“
Dies wäre eine ermutigende Nachricht für alle, denen eine friedliche und sichere Zukunft Israels am Herzen liegt, denn bei diesen theokratisch-fundamentalistischen Ethno-Chauvinisten als Koalitionspartner handelt es sich nach Meinung vieler Israelis aus dem linken Verständigungslager unverhüllt um Neo-Nazis: „Israel’s Government Has neo-Nazi Ministers. It Really Does Recall Germany in 1933’. Holocaust historian Daniel Blatman says he is astounded at how quickly Israel is hurtling toward fascism. ‘The moment the judicial reform passes, we will be in another reality,’ he says" (Haaretz, 10.2.2023)
zum Beitrag16.12.2023 , 20:07 Uhr
Korr.: statt " ...daß die Enthaltung Ungarns für die Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine noch an der Ablehnung im Parlament scheitern"
lies
"...daß die Enthaltung Ungarns für die Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine noch an der Ablehnung im Parlament scheitern könnten."
Sorry
zum Beitrag16.12.2023 , 17:16 Uhr
In der Schweiz sieht man das viel gelassener
Zitat: „Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte dazu aufgerufen, in Bus und Bahn „lieber noch mal Maske“ zu tragen.“
Warum muß man sich eigentlich in dieser Phase des Infektionsgeschehens und der vergleichsweise geringen Bedrohlichkeit der aktuell dominierenden Virenvarianten vor einer Infektion schützen, zumal über 75 % der Bevölkerung per Impfung „grundimmunisiert“, also vor einem schweren klinischen Verlauf von Covid geschützt sind? Der Aufruf des BMG richtet sich aber auffälligerweise an ausnahmslos alle, ob geimpft oder nicht, nicht gerade ein Vertrauensbeweis in die ansonsten viel gepriesene Wirksamkeit der mRNA-Impfverfahren.
In der Schweiz hingegen scheint man das inzwischen ganz anders zu sehen. Dem Präsidenten der Eidgenössischen Impfkommission Christoph Berger zufolge sei die Zirkulation des Corona-Virus’ aus immunologischer Sicht eher positiv zu sehen. Sie fördere die Grundimmunität und verringere das Risiko schwerer Infektionen. (Quelle: Neue Zürcher Zeitung, 3.12.2023)
Ja, wenn das so ist, führt das natürlich augenreibend zur Frage, aus welchem Grunde dann im nördlichen Nachbarland der Schweiz wieder allgemein zum zirkulationshemmenden Maskenball aufgerufen und mit bebender Stimme vor einer abermaligen Infektion trotz des gegenwärtig offensichtlich geringeren Gefährdungsgrades als während der Pandemie gewarnt wird. Nach der Logik der Eidgenössischen Impfkommission würden Masken, so sie denn überhaupt wirksam sind, aus immunologischer Sicht die Grundimmunität gegen Covid nachgerade bremsen und somit das Risiko schwerer Infektionen eher vergrößern.
Also, was denn nun?
zum Beitrag16.12.2023 , 15:40 Uhr
Zitat: "... oder bei dem brutalen Großangriff der Hamas am 7. Oktober bereits als Leichen verschleppt."
Wie hat man sich das konkret vorzustellen und welchen Sinn sollte dies haben?
zum Beitrag16.12.2023 , 12:21 Uhr
Zockerbude Brüssel
Zitat: „Viktor Orbán hat sich verzockt.“
Nein, er hat sich nicht verzockt, sondern hoch gepokert und dabei 10 Mrd. € gewonnen, die die EU-Kommission trotz anhaltender Kritik an der Rechtsstaatlichkeit in dem Land nun endlich deblockiert hat - eine sehr transparent verschleierte Form von staatlicher Korruption.
Im übrigen hat Orban in einem Interview mit dem staatlichen Hörfunk seines Landes klargestellt, daß die Enthaltung Ungarns für die Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine noch an der Ablehnung im Parlament scheitern (übrigend ebenso wie im neu gewählten Parlament der Niederlande).
Derweil zockt er weiter und knüpft die Zusage Ungarns an weitere EU-Hilfen für die Ukraine an die Freigabe der noch blockierten Gelder für sein Land. Ungarn verlange "nicht die Hälfte, nicht ein Viertel, sondern alles“. (Quelle: Tagesschau 15.12.2023)
zum Beitrag16.12.2023 , 12:03 Uhr
Wer neoliberalen Wind säht…
Zitat: „Rechtsrutsch in den Niederlanden: Die Saat des Laissez-faire. In den Niederlanden sind alte kollektive Werte verschwunden, nur der Ultraliberalismus blieb.“
Eine bemerkenswerte und plausible Analyse mit dem impliziten Fazit: Wer neoliberalen Wind säht, wird rechtsradikalen Sturm ernten. Das war schon vor 100 Jahren so.
Vielleicht sollte man das gepriesene okzidentale Gesellschaftsmodell mit dem Etikett „Liberale Demokratie“ semantisch korrekter eher in „Neoliberale Demokratie“ umetikettieren.
zum Beitrag15.12.2023 , 13:26 Uhr
Politischer Moralismus
Zitat @Normalo: „Von daher sollte man hier ganz klar zwischen moralischen und machtpolitischen Aspekten des Abstimmverhaltens der UN-Mehrheit unterscheiden und die erkennbare Verwendung ersterer zur Tarnung letzerer auch offen ansprechen.“
Dies dürfte letztlich für jegliches Abstimmunbgsverhalten eines jeden der Mitgliedstaaten gelten, ganz gleich zu welcher Causa. Keiner der Mächteblöcke hat die politische Moral für sich gepachtet, keiner!
zum Beitrag14.12.2023 , 23:21 Uhr
Auch Sanders für sofortigen Waffenstillstand
Bernie Sanders, demokratischer Senator aus Vermont und trotz familiärer jüdischer Wurzeln ein scharfer Kritiker Israels, scheint nun ebenfalls einen Waffenstillstand zwischen Israel und der Hamas in Gaza zu unterstützen.
"Die Vereinigten Staaten sollten der rechtsgerichteten Regierung Netanjahus keine 10 Milliarden Dollar Militärhilfe zur Verfügung stellen, um ihren schrecklichen Krieg gegen unschuldige Palästinenser zu führen.“, so Sanders n einem Brief an Präsident Biden. in welchem er fordert, die Finanzierung dieses Krieges einzustellen und die Bemühungen der Vereinten Nationen um einen humanitären Waffenstillstand zu unterstützen", schrieb er am Mittwoch, den 13. Dezember, auf X. In seinem Brief prangerte er die "zutiefst unmoralischen" Handlungen der israelischen Regierung an. "Ein gerechter Grund für einen Krieg entschuldigt nicht die Gräueltaten, die bei der Führung dieses Krieges begangen wurden", schrieb er weiter. "Israel hat das Recht, gegen die Hamas in den Krieg zu ziehen. Es hat aber nicht das Recht, einen Krieg gegen unschuldige Männer, Frauen und Kinder in Gaza zu führen.“ (Quelle: Times of Israel, 14.12.2023)
zum Beitrag14.12.2023 , 22:55 Uhr
Frontverläufe
Zitat: „ Eindeutig hat die UN-Generalversammlung einen Waffenstillstand im Gazastreifen gefordert. Die westliche Position findet keine Mehrheit mehr.“
Von einer homogenen „westlichen Position“ kann keine Rede mehr sein: Die halbe EU hat für die Resolution gestimmt, darunter Frankreich. Und selbst in den USA ist die Stimmung am Kippen. Natürlich hat Biden Israel nicht das prinzipielle Recht abgebrochen, auf das Pogrom vom 7. Oktober zu reagieren. Er kritisiert allerdings offen denModus operandiund hält die Flächenbombardements offensichtlich für disproportional, als abträglich für die internationale Solidarität für Israel und überdies wohl letztlich für militärisch ineffizient. Und da wird ihm jeder beipflichten, dem das Schicksal Israels am Herzen wirklich liegt.
Auch U. V. d. Leyen sieht das inzwischen ähnlich: "Israel hat das Recht, alles in seiner Macht Stehende zu tun, damit sich der Schrecken vom 7. Oktober nicht wiederholt. Gleichzeitig hat Israel die Pflicht, alles in seiner Macht stehende zu tun, um die Zivilisten zu schützen, auch wenn die Hamas sie als menschliche Schutzschilde benutzt. Es kann hier nur Frieden geben, wenn es auch eine politische Perspektive sowohl für die Israelis als auch für die Palästinenser gibt.“ (Rede vor dem EU.Parlament am 12.12.2023. Hier der Originalauszug der auf Französisch gehaltenen Rede: „Israël a le droit de faire tout ce qui est en son pouvoir pour que l’horreur du 7 octobre ne se reproduise jamais. En même temps, Israël a le devoir de faire tout ce qui est en son pouvoir pour protéger les civils, même si le Hamas les utilise comme boucliers humains... Il ne peut y avoir de paix que s’il existe également une perspective politique tant pour les Israéliens que pour les Palestiniens.“ Quelle: Times Of Israel, 14.12.2003)
Wie man sieht, sind die globalen Frontverläufe in der Israel-Palästina-Frage keineswegs identisch mit einem Gegensatz „Okzident gegen den Rest der Welt“, wie in diesem Forum insinuiert.
zum Beitrag14.12.2023 , 20:59 Uhr
Wag The Dog
Zitat @Doreen Brandt: „Fakt ist, dass 153 Länder, die der Resolution zustimmten, sich explizit nicht darauf einigen konnten, das brutale Massaker der HAMAS, das diesen Krieg ausgelöst hat, zu verurteilen, was humanitäres Minimum ist. Alle diese Länder, die sich so gern über die Doublestandards des "Westens" beklagen, sollten sich an die eigene Nase fassen.“
Die Nein-Stimmen repräsentieren weniger als 400 Mio. Einwohner, mithin weniger als 5% der Weltbevölkerung...
zum Beitrag11.12.2023 , 10:09 Uhr
Gleiche Brüder, gleiche Kappen
Zitat: „Begleitet von Gästen wie Orbán, Bolsonaro und Selenski wurde der neue Präsident Argentiniens vereidigt.“
Willkommen in der okzidentalen Wertegemeinschaft. Fehlte nur noch die Italiens Protofaschistin Meloni.
zum Beitrag10.12.2023 , 23:20 Uhr
Messianismus der Siedler
Danke an @Martin Rees für diesen Blick ins Taz-Archiv (taz.de/!246366/), der es verdient, ausführlicher zitiert zu werden. Es handelt sich um eine tief grabende analysierende Rezension des Buches von „Die Herren des Landes. Israel und die Siedlerbewegung seit 1967“ der Historikerin Idith Zertal und des Journalisten Akiva Eldar. (München 2007).
Es ist bis dato die erste zusammenhängende Darstellung der Siedlerbewegung Gush Emunim und ihres religiös-nationalistischen Projekts“, begonnen mit der Besiedlung von „Judäa und Samaria“ und seiner Doktrin folgend, „das ganze biblische Land zu besiedeln.“ Diese Bezeichnung Judäa und Samaria“ für die besetzten Gebiete im Westjordanland sei „längst offizieller Sprachgebrauch und zeige dabei das Ausmaß der Komplizenschaft des israelischen Staats mit der Siedlerbewegung, denn sie stelle die sprachliche Annexion der von Juden besiedelten Zonen im Westjordanland dar.“
„Gush Emunim habe es geschafft, den öffentlichen Diskurs in Israel immer wieder in die gewünschte Richtung zu lenken – mit Propaganda, mit Hetzkampagnen wie derjenigen, der Ministerpräsident Jitzhak Rabin zum Opfer fiel, aber auch mit Fragen, die nicht nur an dem zionistischen Selbstverständnis der israelischen Gesellschaft rühren…. Die Siedler haben – unterstützt von Beamten, Richtern und Politikern, allen voran natürlich dem „Vater der Siedlungen“, Ariel Scharon – Israel nicht nur einen permanenten Kriegszustand aufgezwungen, sondern der gesamten israelischen Gesellschaft ihren Stempel aufgedrückt…
Das ursprüngliche Projekt des säkularen Zionismus hat sich mit der Gründung und erfolgreichen Verteidigung des Landes in international anerkannten Grenzen nicht nur bereits erfüllt. Der Messianismus der Siedler droht sogar, seinen Untergang herbeizuführen.“
Ja, ein Blick in’s Taz-Archiv kann sehr lohnend sein.
zum Beitrag08.12.2023 , 12:29 Uhr
Seriösitäten
Zitat @Chris1983:m„Leider der nächste unseriöse Artikel von Herrn Johnson. Im letzten zitierte er israelische Medien falsch und auch in diesem zeigt er, dass er den falschen und antisemitischen Parolen der UN und anderer folgt“
Begrüßenswerterweise der nächste seriöse Artikel von Herrn Johnson zu diesem Thema, was von seinen Kritikern nicht behauptet werden kann: Die gesamte UNO mit ihren 193 Mitgliedstaaten mit mehr als acht Mrd. Bewohnern in toto als „antisemitisch“ zu bezeichnen, ist ja wohl hanebüchen und eine verantwortungslose Verharmlosung des authentisch-historischen Antisemitismus’ strictu sensu, die uns will uns weismachen will, die Welt sei inzwischen vollständig von solchen Subjekten wie Julius Streicher und Eichmann bevölkert. In Erinnerung an die in deutschem Namen begangene Shoa sollte man sich als Deutscher vor solcherart Beschimpfungen der Weltgemeinschaft hüten.
zum Beitrag08.12.2023 , 12:25 Uhr
R2P der Internationalen Gemeinschaft
Zitat: „Von „Schutzverantwortung“, die ein Eingreifen in Gaza zum Schutz der bedrohten Zivilbevölkerung nahelegen würde, spricht Guterres zwar nicht, er bekräftigt bloß den Appell zu einem humanitären Waffenstillstand.“
Abermals ist Dominic Johnson mit seiner Sicht des israel-palästinensischen Konflikts beizupflichten, auch wenn er damit erkennbar gegen den Strom eines Teils der Öffentlichen Meinung schwimmt. Aber davon sollte sich eigentlich mutiger Journalismus nicht scheuen. Ganz im Gegenteil.
Bemerkenswert vor allem der Verweis auf die „R2P“-Doktrin der UNO, wie sie in dem „2005 World Summit Outcome Document“ niedergelegt ist. In §§ 138 rsp. 139 heißt es darin:
„Each individual State has the responsibility to protect its populations from genocide, war crimes, ethnic cleansing and crimes against humanity… The international community, through the United Nations, also has the responsibility to use appropriate diplomatic, humanitarian and other peaceful means, in accordance with Chapters VI and VIII of the Charter, to help protect populations from genocide, war crimes, ethnic cleansing and crimes against humanity. In this context, we are prepared to take collective action, in a timely and decisive manner, through the Security Council, in accordance with the Charter, including Chapter VII, on a case-by-case basis and in cooperation with relevant regional organizations as appropriate, should peaceful means be inadequate and national authorities manifestly fail to protect their populations from genocide, war crimes, ethnic cleansing and crimes against humanity.“
Adressat der dieser Doktrin zugrunde liegenden Mahnung des UNO-Generalsekretärs ist in dieser Phase der Feindseligkeiten die Regierung in Jerusalem. Begrüßenswert, daß die Taz darauf hinweist und einen Community-Shit-Sturm obdessen, wie auch hier wieder, in Kauf nimmt.
zum Beitrag06.12.2023 , 13:21 Uhr
Die Zeit spielt gegen Kiew
Angesichts des Kriegsverlaufs werde ein Waffenstillstand für die Ukraine immer dringlicher. Doch nur die USA können den Friedensprozess vorantreiben, so der Rußland- und NATO-Experte Prof. Anatol Lieven vom QUINCY INSTITUTE FOR RESPONSIBLE STATECRAFT, Washington, DC.
Die Stimmen im Westen, die weiterhin einen „absoluten“ ukrainischen Sieg fordern, würden immer verzweifelter, so Lieven. „Wenn die Kämpfe entlang der derzeitigen Frontlinien eingestellt würden, wären immerhin mehr als 80 % der Ukraine völlig unabhängig von Russland und könnten ihr Bestes tun, um in die Europäische Union aufgenommen zu werden.“ Angesichts der ursprünglichen Kriegsziele des Kreml wäre dies keine Niederlage für die Ukraine, sondern ganz im Gegenteil ein Sieg.
Bei Fortsetzung des Krieges auf unbestimmte Zeit bestünde hingegen „die reale Gefahr, daß der ukrainische Widerstand zusammenbricht“. Ein großer russischer Erfolg, also die Eroberung von noch deutlich mehr ukrainischem Territorium, würde die Regierung Biden vor die Wahl stellen: eine ukrainische Niederlage hinnehmen, eine große Demütigung für USA und NATO, oder mit direkter Intervention drohen und einen Atomkrieg mit Russland riskieren.
Wenn der Kreml in einer für ihn günstigen Lage an den Verhandlungstisch gebracht werden soll, so wäre dies allerdings nur mit Kompromissen in für Rußland existenziellen Fragen möglich, also „der Neutralität der Ukraine (natürlich einschließlich internationaler Sicherheitsgarantien), gegenseitige Truppenbegrenzungen in Europa, die Aufhebung von Sanktionen und eine Form von umfassender europäischer Sicherheitsarchitektur, um die Gefahr weiterer Kriege in der Zukunft zu verringern.“ (Quelle: IPG, 4.12.2023)
Sollte so ein Verhandlungsfrieden aussehen, hätte der Westen das allerdings früher haben können - ohne Krieg, Tod und Zerstörungen.
zum Beitrag04.12.2023 , 14:02 Uhr
T.I.N.A.
Danke für diesen Lektüre-Tip aus der Frankfurter Rundschau, der einer Konkretisierung Wert ist. Es handelt sich um die Rede der israelisch-amerikanischen Philosophin und derzeitigen Direktorin des Einsteinforums in Potsdam Prof. Susan Neimnn zum 50. Jahrestag der SPD-Grundwertekommission. Deren Kernbotschaft zur Nahost-Krise an die Adresse Deutschlands: „Heute sind die Mehrheit der Israelis der Meinung, dass am 7. Oktober auch das Sicherheitskonzept des Staates zerstört wurde. Selbst wenn es allein um den Schutz jüdischen Lebens ginge, können militärische Mittel Israel nicht retten ohne eine ernstgemeinte, von der internationalen Gemeinschaft geforderte politische Lösung. Deutschland ist Israels zweitwichtigster Partner. Vor dem Hintergrund seiner Nazi-Vergangenheit wäre eine deutsche Forderung nach einer politischen Lösung die einzig richtige.“
Dominic Johnson scheint sich in seinem Kommentar begrüßenswerterweise dieser Sicht anzuschließen. In der Tat: There Is No Alternative!
zum Beitrag04.12.2023 , 12:03 Uhr
Gleiche Moslem-Brüder, gleiche Moslem-Kappen?
Das derzeitige Vorgehen des Netanjahu-Regimes gegen die Bevölkerung von Gaza als Rache für das Hamas-Pogrom vom 7. Oktober erinnert sehr vergleichbar an das Massaker von Hama in Syrien 1982. Als Reaktion auf den Aufstand des syrischen Ablegers der islamistischen Moslem-Brüder gegen das vergleichsweise säkulare Assad-Regime, dem zahlreiche opferreiche Anschläge vorausgingen, legten Armee und Luftwaffe die 350 000 Einwohner zählende Stadt in Schutt und Asche und töteten 30 000 Zivilisten, vom Westen als Gräueltat eines moskautreuen Terrorregimes gebrandmarkt.
In Erinnerung an diese Vorgänge brachen bekanntlich 2011 in Hama erneut Unruhen aus, Auslöser eines landesweiten regierungsfeindlichen islamistischen Aufstandes gegen das Assad-Regimes mit fast einer halben Million Opfer auf beiden Seiten und v. a. unter Zivilisten.
Hier hat sich die Erkenntnis von Mahatma Gandhi bewahrheitet: „Was man mit Gewalt gewinnt, kann man nur mit Gewalt behalten". Die alttestamentarische Antwort der Netanjahu-Regierung auf das Hamas-Pogrom wird sie nur bestätigen.
Dominic Johnson hat (diesmal) sehr Recht: „Israels Kriegsführung ist eine Katastrophe.“ Hama läßt grüßen.
zum Beitrag04.12.2023 , 11:21 Uhr
Komik oder Tragik?
Zitat @Gnutellabrot Merz: „Macron erzählt hier komische Dinge.“
Nein, ganz im Gegenteil, die „Dinge“, von denen Macron hier „erzählt“, handeln von der aktuell größten Tragik ihn internationalen Geschehen. Das Vorgehen des Netanjahu-Regimes als Rache gegen das Hamas-Pogrom vom 7. Oktober hält er aus militärtaktischer Sicht für aussichtslos. Frankreich hat in der Aufstandsbekämpfung so seine schmerzlichen Erfahrung machen müssen. Dies mag Macron bei seiner Äußerung im Hinterkopf gehabt haben.
zum Beitrag03.12.2023 , 13:07 Uhr
Nahostpolitische Kakophonie
Zitat „Frankreichs Macron warnt vor „jahrelangem Krieg“. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron warnte am Samstag vor einem jahrelangen Krieg in Nahost. Die von Israel als Ziel ausgegebene „totale Zerstörung der Hamas“ würde mindestens „zehn Jahre“ Krieg erfordern, sagte Macron am Rande der UN-Klimakonferenz in Dubai. Israel müsse deshalb sein Ziel „präzisieren“. (afp)“
Deutscherseits ist vergleichbares von vergleichbarer Amtsebene nicht zu vernehmen, sowenig wie aus Brüssel. Daraus folgt, daß es in der aktuell gefährlichsten Krise für den Weltfrieden keinerlei geschlossene Haltung der EU gibt, geschweige denn zwischen Deutschland und Frankreich.
Berlin und Brüssel sollten sich vorbehaltlos den Warnungen Macrons anschließen.
zum Beitrag02.12.2023 , 22:28 Uhr
Geografie
Zitat @metalhead86: „Die vielen Unterstützer der Hamas sitzen aber eben auch an Schaltstellen der arabischen Welt. Beispielsweise in Teheran.“
Der Iran gehört nicht zur „arabischen Welt“…
zum Beitrag30.11.2023 , 12:24 Uhr
Globalisierung US-amerikanischer Provenienz
„The basic challenge is that what is called globalization is really another name for the dominant role of the United States.“ (Henry Kissinger vor dem Trinity College in Dublin am 12. Oktober 1999)
zum Beitrag29.11.2023 , 08:51 Uhr
Bärendienst
Gil Ofarim hat mit dieser Show-Nummer all jenen einen Bärendienst erwiesen, denen jede Spielart von authentischem Antisemitismus strictu sensu zuwider ist. Fatal.
zum Beitrag26.11.2023 , 10:18 Uhr
Gegensätze
Zitat: „Regierungsfähigkeit contra Moral“
Dieses bemerkenswerte Formulierung impliziert einen grundsätzlich diametralen Gegensatz von Regierungshandeln und Moral…
zum Beitrag26.11.2023 , 10:12 Uhr
Die Soli-Legende
Zitat @Gnutellabrot Merz: „Anständiges Benehmen scheint bei vielen über die Jahre komplett verloren gegangen zu sein. Kaum war das Begrüßungsgeld verjubelt, wurde nur noch der Soli mitgenommen, dafür sind die Wessis gut genug.“
Hier wird wieder in kammschwellender Selbstherrlichkeit die Legende gepflegt, beim „Soli“ handelt es sich um eine Art regelmäßiges West-Paket in den Osten, die Tatsache übersehend, daß es sich um eine Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer handelt, der prinzipielle alle Einkommens- und Körperschaftssteuerpflichtigen unterworfen sind, unabhängig von ihrem Wohnort, also auch die neuen Bundesbürger. Eingeführt wurde sie ursprünglich, um „verschiedenen Mehrbelastungen“ zu stemmen, die sich ergaben „nicht nur aus dem Konflikt am Golf, der auch nach seinem Ende finanzielle Anforderungen mit sich bringen wird. Finanzielle Mittel werden auch für die Unterstützung der Länder in Mittel-, Ost- und Südosteuropa auf dem Weg zur Marktwirtschaft und Demokratie benötigt. Hinzu kommen zusätzliche, früher nicht absehbare Aufgaben in den neuen Bundesländern, die sich aus externen Entwicklungen, insbesondere aus dem Zusammenbruch der früheren RGW-Absatzmärkte, ergeben.“ (Solidaritätsgesetz, Bundesdrucksache 12/220).
Man beachte die Reihenfolge: 1. der Golfkrieg, 2. die Subventionierung der osteuropäischen Transformationsstaaten und (dann erst) 3 die Kosten für die Integration der DDR-Nachfolgeländer in den Geltungsbereich des Grundgesetzes, begründet v. a. mit „externen Entwicklungen“ wie den Wegfall des RGW-Marktes und nicht „internen“ Zuständen.
Diese Zusatzsteuer war Teil eines Steuerpaketes zusammen mit der Erhöhung der Versicherungs-, Mineralöl- und Tabaksteuer. Von den Einnahmen aus diesem Paket entfielen 1992 lediglich 30% auf den Soli. Aber der Soli erscheint vielen immer noch als eine Art leistungsloses Bürgergeld für die faulen Ossis, quasi als permanentes „Begrüßungsgeld“.
zum Beitrag25.11.2023 , 18:22 Uhr
Witzige Überschrift
Zitat "Das bisschen Haushalt"
Diese witzige Überschrift erschließt sich wohl eher den älteren Jahrgängen, denen der Schlager diesen Titels noch im Ohr ist. Man wünscht mehr von solcherart lockerem und etwas ironischerem journalistischem Umgang mit dem Zeitgeschehen. Das trüge zur Entspannung in diesen aufgeregten und aufregenden Zeiten bei.
zum Beitrag24.11.2023 , 20:34 Uhr
Die Kartei, die Kartei, die hat immer Recht…
Bei der Causa handelt es sich um die Anschuldigung an die Adresse Wałęsas er sei ein IM des Geheimdienstes SB gewesen. Die zitierte Formulierung („Verleumdung“) setzt voraus, daß diese Anschuldigung in toto gegenstandslos ist.
Allerdings hat nun Wałęsa selbst nie bestritten, eine Loyalitätserklärung unterschrieben zu haben, als er 1970 als Streikführer in Danzig in Haft saß. („Bolek“ und das rote Spinnennetz“, FAZ, 31. 7. 2017) In seiner Autobiographie gab Walesa zu, er sei damals „nicht ganz sauber“ aus den Verhören der Staatssicherheit herausgekommen.“ Ein Schriftgutachten belege eindeutig, so die FAZ, „daß Walesa Anfang der siebziger Jahre eigenhändig Berichte für die Staatssicherheit verfaßt und dafür Geld erhalten hat. Durch Vergleiche mit Schriftstücken, die eindeutig von Walesa stammen, seien Sachverständige zu dem Schluß gekommen, daß eine Verpflichtungserklärung, Unterschriften auf Quittungen und handschriftlich verfaßte Berichte über die Stimmung unter den Arbeitern der Danziger Lenin-Werft eindeutig belegen“, daß der spätere Solidarność-Führer von 1971 bis 1976 SB-Spitzel war.
Daß Wałęsa ein SB-V-Mann gewesen sein könnte, hatten schon seit den 70er Jahren die Spatzen von allen Warschauer Dächern gepfiffen. Auch in den Geheimakten des SED-Politbüros wurden Gesprächsprotokolle über Spitzentreffen in Warschau gefunden, die diese Hypothese nahelegen.
Mehr noch wurde unter der Hand über Verbindungen Wałęsas zum KGB spekuliert, auf die wundersame Tatsache verweisend, daß sich in den Solidarność-Verlautbarungen nirgends antisowjetische Äußerungen finden oder gar der Abzug der sowjetischen Truppen gefordert wurde. Man munkelte von einem Agreement, die über polnisches Territorium verlaufenden Nachschublinien für die GSSD nicht anzutasten, was wider aller Erwartung dann auch tatsächlich geschah.
zum Beitrag24.11.2023 , 12:51 Uhr
Wilders und Israel
Zitat: "Sie warnten vor Hass auf Islam und Fremdenfeindlichkeit. Die Kundgebung hatte zunächst als Demonstration für die Rechte der Palästinenser und gegen die Angriffe von Israel auf den Gazastreifen begonnen.“
Langsam scheint sich die öffentliche Wahrnehmung des politischen Erdbebens in den Niederlanden an einen unerquicklichen Kollateraleffekt heranzurobben, der profunden Nähe Wilders und seines Politmilieus zu Israels. Eine Demonstration „gegen die Angriffe von Israel auf den Gazastreifen“ kurzerhand in eine Demonstration gegen den rechtsradikalen Wilders umzuwidmen, bedeutet implizit, beide in gemeinschaftlicher Gegnerschaft zu begreifen. Bei dem Entsetzten über den Tsunamisieg des niederländischen Pendants zur AfD wird in der Tat immer noch gern die Haltung der künftigen Koalition dortzulande zum Israel-Palästina-Konflikt übersehen: „Great friend for Israel!!!!!!!!! HOOOOORAH“, so der Kommentare-Tenor in der „Jerusalem Post“.
Den Wahlsieg des niederländischen Pendants zur AfD werden mithin auch all jene frenetisch begrüßen, die in dem israelisch-palästinensischen Konflikt nicht für Interessenausgleich und friedliche Streitbeilegung plädieren, sondern auf den Endsieg Israels nach den Vorstellungen der rechtsrandigen Regierungskoalition unter Netanjahus setzen.
Wilders bedingungslose Parteinahme ist nichts Neues. Israel sei im Nahen Osten der "einzige Lichtpunkt der Demokratie" und der islamische Krieg sei kein territorialer sondern ein ideologischer und "gegen uns alle“ gerichtet. Israel erscheine wie ein „Kanarienvogel im Kohlebergwerk" („Wilders said Israel was the "only light of democracy in the Middle East" and that Islamic war was "against us all." The Jewish state was "more like the canary in the coal mine,“ and stressed that an "ideological conflict" was unfolding in the region. "It is not a territorial conflict.“, in „The Jerusalem Post“, 15.6.2009)
Das führt zur Frage, wo man hier die Brandmauer zu lokalisieren hat...
zum Beitrag23.11.2023 , 16:21 Uhr
Prioritäten
Zitat: "Keine Sperre für die Bundeswehr"
Also Kanonen statt Butter...
zum Beitrag20.11.2023 , 23:08 Uhr
Zitat: "Milei hält sich an den Westen." Na, dann fällt uns ja ein Stein vom Herzen...
zum Beitrag20.11.2023 , 13:29 Uhr
Zweifel
Zitat @Henriette Bimmelbahn „Es gibt keinen Zweifel, dass die Klinik in die Terrorstruktur eingebunden ist, und zwar *unter den Augen der UN und Ärzte ohne Grenzen*.“
Aber offensichtlich nicht als deren Hauptquartier: „Hamas's HQ is in Khan Yunis, not Shifa hospital - former Israeli PM. In Khan Yunis "they have the leadership, they are hiding, they have the bunkers, they have the command positions, they have the launching pads,” former Israeli Prime Minister Ehud Olmert said.“ („The Jerusalem Post“, 18.11.2023)
Olmert zufolge befindet sich die Hamas-Zentrale also ausgerechnet im jenem Teil des Gaza-Streifens, in den zu flüchten die Bewohner von Gaza-City zuvor aufgefordert wurden.
zum Beitrag18.11.2023 , 09:15 Uhr
Gesprächsbedarf
Bemerkenswert, was beim Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Erdoğan alles nicht auf der Tagesordnung stand: die jahrelange Okkupation großer Teile Nordsyriens, die ethnische Vertreibung hunderttausender Kurden und die systematische Zerstörung ziviler Infrastruktur in den kurdisch-syrischen Gebieten durch die türkische Armee, insbesondere der Energie- und Wasserversorgung. Die okkupierten Gebiete stehen de facto unter türkische Verwaltung und sind einer systematischen „Türkisierung“ unterworfen. Unter den diplomatischen Teppich wird auch der türkische Drohnenkrieg gegen die kurdischsprachigen Syrer gekehrt, dem immer mehr Zivilisten zum Opfer fallen.
Die völkerrechtswidrige Besetzung syrischen Territoriums durch das NATO-Land Türkei und die damit einhergehende brutale Gewalt gegen die kurdischsprachige Minderheit dauert nun schon mehr als sieben Jahre. Sie begann mit der „Operation Euphrates Shield“ (August 2016 bis März 2017) in weiten Gebieten westlich des Euphrats von Jarabulus über Al Bab bis nach Azaz, deren strategisches Ziel darin bestand, die Kurden aus der Region abzudrängen und jede territoriale Verbindung zwischen den großen kurdischsprachigen Gebieten im Nordwesten (Afrîn) sowie im Nordosten Syriens (Hasakah) abzutrennen. Die türkischer Lira ist de facto alleiniges Zahlungsmittel und die türkische Sprache in den Schulen obligatorisch. Ein weiterer Schritt Ankaras war die Operation „Olive Branch“ (Januar bis März 2018) mit der Besetzung das Gebietes Afrîn im Nordwesten Syriens, um die dort in den Jahren zuvor erfolgreich errichteten kurdischen Verwaltungsstrukturen und kurdische Organisationen insgesamt zu zerschlagen.
Man sieht, es hätte ’ne Menge Gesprächsbedarf bestanden...
zum Beitrag17.11.2023 , 20:59 Uhr
Gesprächsbedarf
Bemerkenswert, was beim heutigen Berlin-Besuch des türkischen Präsidenten Erdoğan alles nicht auf der Tagesordnung steht: die jahrelange Okkupation großer Teile Nordsyriens, die ethnische Vertreibung hunderttausender Kurden und die systematische Zerstörung ziviler Infrastruktur in den kurdisch-syrischen Gebieten durch die türkische Armee, insbesondere der Energie- und Wasserversorgung. Die okkupierten Gebiete stehen de facto unter türkische Verwaltung und sind einer systematischen „Türkisierung“ unterworfen. Unter den diplomatischen Teppich wird auch der türkische Drohnenkrieg gegen die kurdischsprachigen Syrer gekehrt, dem immer mehr Zivilisten zum Opfer fallen.
Die völkerrechtswidrige Besetzung syrischen Territoriums durch das NATO-Land Türkei und die damit einhergehende brutale Gewalt gegen die kurdischsprachige Minderheit dauert nun schon mehr als sieben Jahre. Sie begann mit der „Operation Euphrates Shield“ (August 2016 bis März 2017) in weiten Gebieten westlich des Euphrats von Jarabulus über Al Bab bis nach Azaz, deren strategisches Ziel darin bestand, die Kurden aus der Region abzudrängen und jede territoriale Verbindung zwischen den großen kurdischsprachigen Gebieten im Nordwesten (Afrîn) sowie im Nordosten Syriens (Hasakah) abzutrennen. Die türkischer Lira ist de facto alleiniges Zahlungsmittel und die türkische Sprache in den Schulen obligatorisch.
Ein weiterer Schritt Ankaras war die Operation „Olive Branch“ (Januar bis März 2018) mit der Besetzung das Gebietes Afrîn im Nordwesten Syriens, um die dort in den Jahren zuvor erfolgreich errichteten kurdischen Verwaltungsstrukturen und kurdische Organisationen insgesamt zu zerschlagen.
Man sieht, es bestünde ’ne Menge Gesprächsbedarf.
zum Beitrag17.11.2023 , 14:59 Uhr
Erkennungszeichen…
Es ist verdienstvoll von der Taz, an den Widerstand gegen die faschistoide Obristen-Diktatur in dem NATO-Land Griechenland zu erinnern. Constantin Costa-Gavras hat ihm mit seinem Film „Z“ ein bewegendes künstlerisches Denkmal gesetzt. Der dieser Geschichtete gewidmete Polititthriller mit Yves Montand und Jean-Louis Trintignant endet mit der Aufzählung all dessen, was die Militärdiktatur in Griechenland in einem Atemzug verboten hatte: „Männern das Tragen langer Haare, Miniröcke, Sophokles, Tolstoi, Euripides, das Gläserwerfen nach Trinksprüchen, Arbeitskämpfe bzw. Streiks, Aristophanes, Ionesco, Sartre, Albee, Pinter, Pressefreiheit, Soziologie, Beckett, Dostojewski, moderne Musik (Popmusik), Volksmusik, moderne Mathematik“ und den [Gebrauch des] Buchstaben „Z“..." : Die von dem weltbekannten Komponisten und Kommunisten Mikis Theodorakis gegründete und geführte Lambrakis-Jugendbewegung als Kern dieses Widerstandes hatte den Buchstaben „Z“ als ihr Erkennungszeichen und politische Losung verwendet. Im Griechischen bedeutet Ζεί (ausgesprochen Zi) „er lebt“...
zum Beitrag17.11.2023 , 11:08 Uhr
Ehernes Gesetz der Sozialdemokratie
Wer immer auf dem Juso-Kongreß für den Vorsitz gewählt wird, dem Ehernen Gesetz der Sozialdemokratie werden er oder sie nicht entgehen können: „Wie rasch altern doch die Leute in der SPD - ! Wenn sie dreißig sind, sind sie vierzig; wenn sie vierzig sind, sind sie fünfzig, und im Handumdrehen ist der Realpolitiker fertig.“ (Kurt Tucholsky, 1932)
Der Werdegang früherer Juso-Vorsitzender bestätigt diese Erkenntnis.
zum Beitrag15.11.2023 , 00:57 Uhr
Dissidenz französischer Diplomaten gegen Macrons Israel-Politik
Der französische Präsident Macron hat mit widersprüchlichen Verlautbarungen zum Israel-Palästina-Konflikt für Verwirrung gesorgt. Nach heftiger Kritik der Netanjahu-Regierung nach seinem BBC-Interview wegen angeblicher Parteinahme für die Hamas gerät er nun umgekehrt aus den eigenen Reihen für genau das Gegenteil unter Beschuß. In einer in der Geschichte der französischen Diplomatie wohl einmaligen „Dissidenz-Note“ („notes de dissidents“) an die Adresse des Präsidenten und der Außenministerin erheben ein Dutzend Botschafter Frankreichs im Maghreb und arabischen Ländern den Vorwurf, die traditionelle ausgewogene Politik Frankreichs in der Israel-Palästina-Frage zugunsten einer bedingungslosen Unterstützung Israels aufgegeben zu haben. Die offiziellen Verlautbarungen Macrons zum israelisch-palästinensischen Konflikt stifteten „Verwirrung über seine genauen Positionen“, deren Folgen die Diplomaten direkt zu spüren bekämen und sich dadurch dem Vorwurf ausgesetzt sähen, „Komplizen eines Völkermords“ zu sein. (Quelle: Le Figaro, 14.11.2023)
zum Beitrag13.11.2023 , 22:19 Uhr
Schrumpfkoalition
Zitat: „In Hessen wird die CDU wohl mit der SPD eine Große Koalition bilden.“
Was heißt hier „Große Koalition“? Bei den jüngsten Landtagswahlen brachte Schwarz-Rot nicht einmal 50% auf die Waage. Im Bund wären es je nach Umfrageinstitut derzeit zusammen auch nur zwischen 51% und 44 %.
Die Vorstellung von einer „großen“ Koalition schrumpft also wie das Chagrin-Leder bei Balzac...
zum Beitrag13.11.2023 , 11:57 Uhr
Zitat @Gnutellabrot Merz „Die Strategie der Hamas ist es, zivile Opfer zu generieren, egal durch wessen Waffen, ob eigene oder fremde.“
Wenn es wirklich die „Strategie der Hamas ist, zivile Opfer zu generieren, egal durch wessen Waffen, ob eigene oder fremde“, dann bedeutet die Vergeltunbgsschlagtaktik Netanjahus’ mit seinen bislang mehr als 10 000 zivilen Opfern, darunter fast die Hälfte Kinder, dieser Strategie der Hamas in die Hände zu arbeiten. Selbst eine „militärische Vernichtung der Hamas“, so überhaupt erreichbar, wäre langfristig ein Pyrrhussieg, denn die palästinensischen Kinder, die in diesem Krieg ihre Eltern oder Geschwister verloren haben, sind die Hamas-Kämpfer von morgen, in welcher politisch-organisatorischen Gestalt auch immer.
zum Beitrag13.11.2023 , 11:36 Uhr
Zweierlei Zionismus?
Zitat: „…auf beiden Seiten gab es den aufrichtigen Versuch, eine Friedenslösung zu finden und das Blutvergießen zu beenden. Nur Fanatiker glauben an eine andere Lösung dieses Konflikts als durch einen ausgleichenden Frieden.“
Dies gilt auch für die zionistische Seite, woran Martin Buber schon 1948 erinnerte:
„Es gibt von den Anfängen des modernen Zionismus an zwei Grundtendenzen in ihm, die zueinander in einem bis in die Tiefe der menschlichen Existenz reichenden Gegensatz stehen...
Dem steht die andere Tendenz, die nach bloßer Sicherheit, eine einzige Forderung gegenüber: Souveränität. Diese Forderung wurde nacheinander in zwei verschiedenen Formen kundgetan und vertreten: Die erste kristallisierte sich um den „demokratischen“ Begriff der Majorität: es sollte eine jüdische Majoritäts in einem palästinensischen Gesamtstaat angestrebt werden. Daß dieses Programm offenen Kampf mit den Nachbarn und somit auch mit der arabischen Welt überhaupt bedeutetet, war offenbar: welches Mehrheitsvolk würde sich kampflos in den Status einer Minderheit niederdrücken lassen! Als das Programm sich als illusorisch herausgestellt hatte, wurde es durch ein separatistisches ersetzt: Losreißung, und im losgerissenen Teil wieder Majorität; das hieß „Judenstaat“. Man opferte so leichten Herzens die Ganzheit des Landes, das zu „erlösen“ der Zionismus einst ausgezogen war: wenn man nur einen Staat, eine Souveränität, bekam! Der Lebensbegriff „Selbständigkeit“ wurde durch den Machtbegriff „Souveränität“ ersetzt, die Friedensparole durch ein Kampfparole. Statt danach zu streben, die Initiativgemeinschaft im Rahmen eines vorderasiatischen Verbandes zu werden, setzte man sich ein Staatlein zum Ziel, das Gefahr lief, in einem steten Gegensatz zu seiner natürlichen geopolitischen Umgebung zu leben und seine besten Kräfte an militärische, statt an soziale und kulturelle Werte hergeben zu müssen. (Martin Buber, „Zweierlei Zionismus“, 1948)
zum Beitrag12.11.2023 , 21:45 Uhr
The Ukrainian counteroffensive already failed?
Zitat: „angesichts der Kriegsmüdigkeit der Bevölkerung, der langsamen Fortschritte der ukrainischen Armee, der Ungewißheit über die künftige militärische Unterstützung und der schwindenden Aufmerksamkeit sind solche besorgniserregenden Signale über interne Konflikte nicht das, was die Ukraine im Moment braucht.“
Ja, was braucht die Ukraine dann „im Moment“ angesichts alldessen?
„Dieser Krieg wird höchstwahrscheinlich nicht mehr durch größere Durchbrüche und überraschende Manöver entschieden. Darauf wies der Kriegsforscher Phillips O´Brien zuletzt hin.“ (B. Reuter im „Tagesspiegel“ v. 6.10.) Auch der britische Militär- und Diplomatiehistoriker Prof. G. Roberts von der Royal Irish Academy sieht das ähnlich: Generell bestehe „keine Aussicht auf irgendeine Art von strategischem Durchbruch. Die ukrainische Gegenoffensive ist gescheitert. („The Ukrainian counteroffensive has already failed.“) Die materiellen und menschlichen Kosten der gescheiterten Offensive waren enorm, und langsam, aber sicher, verschiebt sich das militärische Gleichgewicht entscheidend zu Gunsten Russlands. Trotz massiver westlicher Hilfe verliert die Ukraine eindeutig den Krieg. Es bleibt abzuwarten, ob diese Realität die westlichen Entscheidungsträger dazu veranlaßt, sich der Diplomatie zuzuwenden und ein Verhandlungsende des Krieges anzustreben. (In: Brave New Europe, 27.8.2023) Bereits im November 2022 appellierte der damalige Chairman of the Joint Chiefs of Staff, Gen. M. Milley an beide Seiten einzusehen, „daß sie ihre Kriegsziele nicht mit militärischen Mitteln erreichen können und in Verhandlungen eintreten sollten.“
Was es braucht, ist also die Einsicht in Kiew, diesen in einem mörderischen Stellungskrieg à la Verdun festgefahren Konflikt lieber früher als später gesichtswahrend mit einem Deal mit dem Kreml zu beenden, wie von Kissinger vor dem WEF ventiliert und sogar aus dem Umfeld von Nato-Generalsekretär J. Stoltenberg, aufgegriffen.
zum Beitrag12.11.2023 , 11:13 Uhr
Deserteure, aller Länder…
Das erinnert an das berühmte Chanson des französischen Anarchisten Boris Vian „Le Deserteur“, geschrieben 1954 gegen den Krieg der französischen Kolonialmacht gegen die kommunistische Vietminh unter Ho Chi Minh in Indochina. Jahrelang im französischen Rundfunk verboten, wurde es in 50 Sprachen übersetzt und gecovert u. a. von Esther Ofarim, Joan Baez und Wolf Biermann. In den USA war es sehr populär auf den Kundgebungen gegen den Vietnam-krieg und hierzulande in der Kampagne gegen die Wehrpflicht.
Hier ein Auszug: „Monsieur le Président Je vous fais une lettre Que vous lirez peut-être Si vous avez le temps.
Je viens de recevoir Mes papiers militaires Pour partir à la guerre Avant mercredi soir.
Monsieur le Président Je ne veux pas la faire Je ne suis pas sur terre Pour tuer des pauvres gens.
C’est pas pour vous fâcher Il faut que je vous dise Ma décision est prise Je m’en vais déserter.
Je mendierai ma vie Sur les routes de France De Bretagne en Provence Et je dirai aux gens
Refusez d’obéir Refusez de la faire N’allez pas à la guerre Refusez de partir.
S’il faut donner son sang Allez donner le vôtre Vous êtes bon apôtre Monsieur le Président.“
(„Verehrter Präsident Ich sende Euch ein Schreiben Lest oder laßt es bleiben Wenn Euch die Zeit sehr brennt.
Man schickt mir da, gebt acht Die Militärpapiere Daß ich in den Krieg marschiere Und das vor Mittwoch nacht.
Verehrter Präsident Das werde ich nicht machen Das wäre ja zum Lachen Ich hab kein Kriegstalent.
Sei´s Euch auch zum Verdruß Ihr könnt mir´s nicht befehlen Ich will´s Euch nicht verhehlen Daß ich desertieren muß.
Ich nehm den Bettelstab Auf meiner Tour de France Durch Bretagne und Province Und sag den Menschen dies:
Verweigert Krieg, Gewehr Verweigert Waffentragen Ihr müßt schon etwas wagen Verweigert´s Militär.
Ihr predigt, Kompliment, Doch wollt Ihr Blut vergießen Dann laßt das Eure fließen Verehrter Präsident.“)
zum Beitrag11.11.2023 , 23:16 Uhr
„Gläubig“ oder nur „praktizierend“?
Zitat @Deutschfranzose: „Zemmour ist nicht gläubig « Je n'ai pas la foi. » und er ist einer dieser merkwürdigen Einwanderer, die französischer als die Franzosen sein wollen und hört nicht auf, auf die katholische Tradition Frankreichs zu pochen.“
Dies ist so nicht ganz vollständig zitiert, denn er betont lediglich, nicht „leidenschaftlich gläubig zu sein.“ („Je n’ai pas une foi vibrante“), ohne dabei seine Zugehörigkeit zum Judentum zu verleugnen. Das ist also nicht dasselbe. Er erinnert daran, daß man sich bei den Juden als „praktizierend“ (pratiquant) bezeichnet und nicht als „gläubig“ („on ne parle pas d’avoir la foi“). Er empfinde einen inneren Konflikt zwischen seiner Kindheit und seiner westlich-französischen, eher agnostischen Rationalität („il y a toujours un conflit entre mon enfance et ma rationalité occidentale, française, qui est plus agnostique“).
Als „praktizierender“ Jude gilt Zemmour als „sehr traditionalistisch“, der regelmäßig die Synagoge im Pariser 9. Arr. besucht, am Freitag Abend mit Frau und Kindern das Sabbat-Gebet verrichtet, zu Beginn der Mahlzeit aus der Tora liest und dessen Kinder ihre Bar Mitzwa gefeiert haben. („Pratiquant, Éric Zemmour est néanmoins décrit comme «très traditionaliste», qui respecte le Shabbat, et dont les enfants ont célébré leur bar-mitsva. Il fréquente une synagogue du 9earrondissement. Le vendredi soir, il fait la prière de Shabbat avec son épouse et ses enfants, lit un passage de la Torah en début de repas.“). Er fühle sich zwar vom „christlichen Universalimus“ imprägniert, sei aber ein Mann des Alten Testaments mit einer Kultur des Neuen.
Daraus einen „merkwürdigen Einwanderer" zu machen, "der französischer als die Franzosen sein wolle und nicht aufhöre, auf die katholische Tradition Frankreichs zu pochen“, ist also reichlich an den Haaren herbeigezogen. (Quelle: Times of Israel, 5. Dez. 2021)
zum Beitrag11.11.2023 , 10:19 Uhr
Kampf der Zivilisationen?
Zitat: „…und auch der Rechtsaußen Eric Zemmour von der Partei Reconquête, fühlen sich eingeladen.“
Der mehrfach wegen Volksverhetzung vorbestrafte Eric Zemmour ist nicht nur Chef einer besonders rabiaten islamophoben rechtsextremistischen Formation, die von zwei Drittel der Franzosen als „Gefahr für die Demokratie“ angesehen wird, sondern als berberstämmiger Jude auch ein aktiv-praktizierendes Mitglied der Jüdischen Gemeinde, der jeden Freitag in einer Synagoge betet. Das hat den Großrabbiner Frankreichs Haim Korsia allerdings nicht daran gehindert, ihn als Antisemiten zu qualifizieren, vor allem wegen seiner Versuche, die Hiwi-Verantwortung des Pétain-Regimes bei der Judenverfolgung zu bagatellisieren und sogar die erwiesene Unschuld von Dreyfus in Frage zu stellen.
Den aktuellen Konflikt zwischen Israel und der Hamas hingegen sieht er als einen „großen Kampf der Zivilisationen“, der „auch der unsere ist“ („est un grand combat de civilisation qui est aussi le nôtre), wie er kürzlich während eines Solidaritätsbesuchs in Tel Avis versicherte. (Quelle: Times of Israel, 31.10.2023)
zum Beitrag08.11.2023 , 21:24 Uhr
Zitat @DIMA: Welcher Artikel sollte aus Ihrer Sicht den verletzt worden sein?"
Geist und Buchstaben des Protokolls Nr. 12, ARTIKEL 1 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Allgemeines Diskriminierungsverbot), verabschiedet in Rom am 4. November 2000, mithin sieben Jahre nach Beitritt Sloweniens zum Europarat.
zum Beitrag08.11.2023 , 18:56 Uhr
Mahnung aus Washington
„Die Verantwortlichen sollten sich nicht der Illusion hingeben, dass mit roher Gewalt ein gewünschtespolitischesErgebnis erzielt werden könnte. Sowohl in Afghanistan als auch im Irak haben die USA auf die harte Tour gelernt, dass überlegene militärische Macht zwar nützlich ist, um Gegner auszuschalten, aber selten das angestrebte politische Ziel erreicht.“ (Charles A. Kupchan, Washington D.C., Professor für internationale Beziehungen an der Georgetown University und Senior Fellow beim Council on Foreign Relations, Sonderberater des Präsidenten Barack Obama und leitender Direktor für europäische Angelegenheiten im Nationalen Sicherheitsrat. Quelle: IPG, 6.11.2023)
zum Beitrag08.11.2023 , 13:07 Uhr
Bürgerrechtliche Skurilitäten
Zitat: „Sloweniens Bürger ohne Rechte: Gelöschte Existenzen“
Erstaunlich, welch bürgerrechtliche Skurilitäten unter dem Dach der Europäischen Menschenrechtskonvention möglich sind, der sich ja auch das Europaratsmitglied Slowenien unterworfen hat. Man stelle sich das polit-mediale Tamtam vor, wenn Vergleichbares etwa aus Serbien zu vernehmen wäre...
zum Beitrag08.11.2023 , 11:10 Uhr
Instinktlosigkeit eines Gois
Zitat @Mutashail (an die Adresse von Kriebs): „Was denken Sie sich eigentlich dabei? Sie reproduzieren hier als selbsternannter Antisemitismus-Kritiker einfach ein anti-semitisches Stereotyp nach dem anderen.“
Ja, in der Tat, welch polit-moralische Insolenz, als Goi, und dazu noch ausgerechnet als Deutscher, einer praktizierenden Jüdin und Tochter von Shoa-Überlebenden Antisemitismus vorzuwerfen. Das ist an Instinktlosigkeit und Geschichtsvergessenheit schwer zu überbieten.
zum Beitrag08.11.2023 , 11:00 Uhr
Zitat @Kriebs: "Judith Butler ist eine Antisemitin."
Welch polit-moralische Insolenz, als Goi, und dazu noch ausgerechnet als Deutscher, einer praktizierenden Jüdin und Tochter von Shoa-Überlebenden Antisemitismus vorzuwerfen.
zum Beitrag07.11.2023 , 09:28 Uhr
Kategorische Imperative
Zitat: „Die Linke steht in der parlamentarischen Sitzordnung seit dem frühen 19. Jahrhundert für Freiheit, Gleichheit und Solidarität und gegen alle Verhältnisse, „in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“ (Karl Marx).
Hier das ganze Zitat: „Die Wurzel für den Menschenist aber der Mensch selbst. Der evidente Beweis für den Radikalismus der deutschen Theorie, also für ihre praktische Energie, ist ihr Ausgang von der entschiedenenpositivenAufhebung der Religion. Die Kritik der Religion endet mit der Lehre, daß derMensch das höchste Wesen für den Menschensei, also mit demkategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“ (Karl Marx: Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung. In: »Deutsch-Französische Jahrbücher«, Paris 1844)
In diesem Kontext auf dieses berühmte Marx-Zitat zu rekurrieren, ist mit seinem religionskritischen Wesenskern ebenso löblich wie widerspenstig, denn beide Konfliktparteien können das Credo für sich beanspruchen, nicht weniger also auch diejenigen, die die Zustände in dem Palästinenser-Reservaten eben als Verhältnisse charakterisieren, „in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“ Es gibt kein plausibles, historisch begründetes Argument für die Annahme, der Marx'sche „Kategorische Imperativ“ würde in diesem Konflikt nur für die eine der beiden Konfliktparteien polit-moralische Geltung besitzen. Er umfaßt logischerweise beide Religionen in diesem Konflikt, soweit sie in ihrer jeweiligen fundamentalistischen Ausprägung ihm primär-ursächlich zu Grunde liegen. Nur ein solches Herangehen könnte sich mit Recht auf den frühen Marx berufen, folglich als "links" strictu sensu gelten.
zum Beitrag06.11.2023 , 12:00 Uhr
Perpetuum mobile der Radikalisierung?
Israels Handeln und Überreaktionen seien nur im Kontext zu verstehen, meint der NZZ-Chefredaktor Eric Gujer NZZ in seinem Wochenendkommentar. So sieht er in der Kolonisierungspolitik der israelischen Regierung eine wesentliche Ursache und sei «nicht zu entschuldigen: «Aus einigen hundert Siedlern nach dem Sechstagekrieg ist eine innenpolitisch schlagkräftige Volksbewegung geworden, die sich bei Regierungsbildungen kaum ignorieren lässt. Mit Siedlungen tief im Westjordanland und einer den Israeli vorbehaltenen Infrastruktur wurden Fakten geschaffen. Israel hat sich damit einen unlösbaren Konflikt eingehandelt. Es schwächt die kooperationsbereiten Palästinenser und stärkt die Extremisten, denen die illegale Landnahme beständig Nachwuchs zuführt. An diesem Perpetuum mobile der Radikalisierung würde auch ein militärischer Sieg über die Hamas nichts ändern […] Extremsituationen produzieren extreme Reaktionen.»(Quelle: NZZ, v. 4.11.2023)
zum Beitrag30.10.2023 , 23:25 Uhr
Alttestamentarische Logik
Zitat @Farang: „Mit der selben Logik muss es auch Israel erlaubt sein im Zweifel Zivilisten des Gazastreifens zu opfern, um die Sicherheit ihrer Bevölkerung zu garantieren.“
Nein, das humanitäre Völkerrecht erlaubt keiner der beteiligten Konfliktparteien, „im Zweifel Zivilisten zu opfern“, und schon gar nicht die der Gegenseite. Die Geschichte dieses Konfliktes ist gepflastert mit den Totenschädeln „geopferter Zivilisten“ beider Seiten, ohne daß mit ihnen die Sicherheit der jeweils anderen Bevölkerung „garantiert“ worden wäre. Es ist nachgerade umgekehrt: Auf die Atrozitäten der Hamas mit alttestamentarischer Logik zu antworten, bereitet den Boden für immer neue Ungeheuerlichkeiten: 40% der Zivilbevölkerung des Gaza-Streifens sind schließlich Kinder und Jugendliche, die Hamas-Kämpfer von morgen.
„Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“ (Albert Einstein)
zum Beitrag30.10.2023 , 23:17 Uhr
Abgründe von Unglaubwürdigkeit
Zitat: „Ob Bundesaußenministerin Annalena Baerbock Arendts 1972 erschienen Aufsatz „Die Lüge in der Politik“ kennt?“
Nicht nur Angela Barbock, kaum jemand anderes ihrer Generation des politischen Klerus’ dürfte diese bemerkenswerte Schrift kennen. In ihrem berühmten Essay analysiert Hannah Arendt die geheimen „Pentagon-Papers“, die den gigantischen Schwindel der US-amerikanischen Vietnam-Politik offenlegten. Die berühmte Glaubwürdigkeitslücke (credibility gap) habe sich „plötzlich in einen Abgrund verwandelt“. Die gesamte „Infrastruktur der amerikanischen Außen- und Innenpolitik“ beruhe auf einem „Flugsand unwahrer Behauptungen aller Art, von Täuschungen und Selbsttäuschungen“. Allerdings: „Gezielte Irreführungen und blanke Lügen als legitime Mittel zur Erreichung politischer Zwecke kennen wir seit den Anfängen der überlieferten Geschichte. Wahrhaftigkeit zählte niemals zu den politischen Tugenden, und die Lüge galt immer als ein erlaubtes Mittel in der Politik.“ („Lying in Politics“, in: „The New York Review Of Books“, 18. 11. 1971)
Es gibt keinen Grund für die Annahme, daß sich an diesem Befund seit dem auch nur ein Deut geändert haben könnte.
zum Beitrag25.10.2023 , 21:50 Uhr
Guteress hat Recht
Zitat: „Der Verantwortung gerecht geworden.“
Chapeau für diese Deutung der Guteress-Aussage vor dem Sicherheitsrat, für die man heute schon sehr mutig sein muß, wenn man dem hiesigen elektronischen Stammtisch zu dieser Causa zuhört.
Hier die diesbezüglichen Kernaussagen des UN-Generalsekretärs: „Ich habe die entsetzlichen und beispiellosen Terrorakte der Hamas vom 7. Oktober in Israel unmissverständlich verurteilt.Es ist wichtig zu erkennen, daß die Angriffe der Hamas nicht in einem Vakuum geschehen sind. Das palästinensische Volk hat 56 Jahre lang unter einer erdrückenden Besatzung gelitten. Es hat miterlebt, wie sein Land immer weiter von Siedlungen verschlungen und von Gewalt geplagt wurde, wie seine Wirtschaft unterdrückt, seine Menschen vertrieben und seine Häuser zerstört wurden. Ihre Hoffnungen auf eine politische Lösung für ihre Notlage haben sich in Luft aufgelöst.
Aber die Beschwerden des palästinensischen Volkes können die schrecklichen Angriffe der Hamas nicht rechtfertigen. Und diese schrecklichen Angriffe können die kollektive Bestrafung des palästinensischen Volkes nicht rechtfertigen. Auch im Krieg gibt es Regeln. Wir müssen von allen Parteien verlangen, daß sie ihre Verpflichtungen nach dem humanitären Völkerrecht einhalten und respektieren, daß sie bei der Durchführung von Militäroperationen stets darauf achten, die Zivilbevölkerung zu verschonen, daß sie die Krankenhäuser respektieren und schützen.
Die unerbittliche Bombardierung des Gazastreifens durch die israelischen Streitkräfte, das Ausmaß der zivilen Opfer und die großflächige Zerstörung von Wohnvierteln nehmen weiter zu und sind zutiefst alarmierend… Ich bin zutiefst besorgt über die eindeutigen Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht, die wir in Gaza erleben.
Lassen Sie es mich klar sagen: Keine Partei eines bewaffneten Konflikts steht über dem humanitären Völkerrecht.“ (Quelle: United Nations, Secretary-General)
Alldem ist nur zuzustimmen., ohne Abstriche.
zum Beitrag19.10.2023 , 10:04 Uhr
Widersprüche
Zitat @rero: "Herr Zuckermann widerspricht Herrn Stoller ja nicht."
Doch, er widerspricht Frau (!) Stoller und ihrer These von einem zwingendem Kausalzusammenhang zwischen Israelkritik und Antisemtismus diametral. Er hält, wie ersichtlich, die Diskursfigur „Israelbezogenen Antisemitismus“ schlicht für einen Politslogan, "um legitime und notwendige Israelkritik zu verhindern, nicht um Antisemitismus zu bekämpfen.“
Bleibt natürlich die Frage, welchem der beiden Experten für Antisemitismus angesichts ihres jeweiligen Lebenswerkes und ihrer Biografien man die plausiblere Expertise zuschreibt. Die Antwort scheint klar...
zum Beitrag18.10.2023 , 16:08 Uhr
Identische Kategorien ?
Zitat: „Es gibt eine internationale Arbeitsdefinition von Antisemitismus, die sogenannte IHRA-Definition, die viele Beispiele von israelbezogenem Antisemitismus enthält.“
Dazu der israelische Historiker Moshe Zuckermann: „Juden, Zionisten und Israel sind mitnichten identische Kategorien, und sei’s, weil nicht alle Juden Zionisten sind, nicht alle Zionisten Israelis, und nicht alle Israelis Juden. Und weil Juden, Zionisten und Israel nicht gleichzusetzen sind, sind auch (negativ gewendet) Antisemitismus, Antizionismus und Israelkritik voneinander zu unterscheiden. Man kann Zionist sein und dennoch Israel kritisieren. Man kann Jude sein, ohne dem Zionismus anzuhängen. Man muss nicht antisemitisch sein, um sich gegen den Zionismus zu stellen und Israel für seine Politik zu kritisieren. Wohl kann ein Israelkritiker auch antisemitisch sein, aber das besagt nicht, dass da ein zwingender Kausalzusammenhang zwischen beiden Kategorien besteht. „Israelbezogener Antisemitismus“ ist primär ein Slogan, um legitime und notwendige Israelkritik zu verhindern, nicht um Antisemitismus zu bekämpfen.“ (gegenüber der „Berliner Zeitung“ v. 18. 10. 2023)
zum Beitrag16.10.2023 , 22:28 Uhr
Finanzströme aus Katar für die Hamas aus politischem Kalkül?
Ami Ajalon, ein früherer Chef des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet und Kritiker der Palästina-Politik der israelischen Rechten unter der Likud-Führung Netanjahus, benennt präzise dessen fundamentale Strategiefehler in Bezug auf die Hamas: „Erstens die falsche Annahme, daß die Hamas sich auf den Gazastreifen beschränken würde. Die politische Führung Israels war überzeugt, daß sie die Hamas und Fatah nur voneinander trennen müsse, um sich nicht weiter um einen Friedensprozeß kümmern zu müssen. Man ließ die Hamas den Gazastreifen kontrollieren, damit die Palästinensische Autonomiebehörde unter Präsident Mahmud Abbas nicht den Anspruch erheben konnte, für das ganze Volk zu sprechen. Wir haben uns vorgegaukelt, daß wir nicht über eine bessere Zukunft verhandeln müssen, weil die Palästinenser selbst sich ja so uneinig sind. Wir haben alles getan, damit die Hamas überlebt. Sie seien nur eine kleine Organisation, hieß es, sie sorgen sich um ihre Leute. Wir ließen Finanzströme aus Katar in den Gazastreifen fließen. Die Hamas hat ihre Macht nun beeindruckend demonstriert. Aber unsere Überraschung darüber ist bloß die Folge einer Selbsttäuschung. Die Hamas-Führer haben die erste und die zweite Intifada organisiert. Sie wissen mittlerweile, wie sie Internet und Handys meiden können, um effektiv zu kommunizieren. Wahrscheinlich haben nur fünf bis zehn ihrer Anführer einen vollständigen Überblick. Wir haben die Hamas nicht verstanden.
Shin Bet hat die Strategie der Regierung in den vergangenen Jahren nicht geteilt. Fünf seiner Direktoren sprachen sich immer wieder gegen diese Strategie aus und warnten vor Fehleinschätzungen.“ (im Tagesspiegel-Interview v. 14.10.)
Die Botschaft ist eindeutig: Die islamistische Hamas ist ein Natterngezücht derjenigen Fraktion der politischen Führung Israels, die mit deren Förderung die säkulare PNAunter Präsident Abbas zu schwächen glaubte, um nicht mit ihr verhandeln zu müssen.
zum Beitrag16.10.2023 , 22:21 Uhr
Hamas vernichten zu wollen, schlicht nicht möglich?
Zitat: „Wir werden Hamas vernichten“, sagt Ministerpräsident Benjamin Netanjahu“
Dazu Ami Ajalon, ein früherer Chef des israelischen Inlandsgeheimdienst Shin Bet:
„Unser Kampf jetzt gilt der Qassem-Brigade, dem militärischen Arm der Hamas, der zerschlagen werden muss – was auch immer der Preis dafür sein wird. Die Hamas selbst vernichten zu wollen, wäre fatal. Es ist auch schlicht nicht möglich. Denn wir haben es mit einer Ideologie zu tun. Sie hat ihre Ursprünge in der Moslembruderschaft, ähnelt aber heute mehr dem „Islamischen Staat“. Eine Ideologie kann man militärisch nicht besiegen.“ (gegenüber dem "Tagesspiegel", 14. 10. 2023)
zum Beitrag02.10.2023 , 22:13 Uhr
Arme Teufel
Zitat: „Die deutschen Rüstungsexporte steuern in diesem Jahr auf ein Allzeithoch zu. Hauptverantwortlich dafür ist die militärische Unterstützung der Ukraine.“ Dazu Karl Kraus: „Jetzt sprechen hat entweder zur Voraussetzung, daß man keinen Kopf hat, oder zur Folge. Wenn man dem Teufel, dem der Krieg seit jeher eine reine Passion war, erzählt hätte, daß es einmal Menschen geben werde, die an der Fortsetzung des Krieges ein geschäftliches Interesse haben, so hätte er einen aufgefordert, es seiner Großmutter zu erzählen. Dann aber, wenn er sich von der Tatsache überzeugt hätte, wäre die Hölle vor Scham erglüht und er hätte erkennen müssen, daß er sein Lebtag ein armer Teufel gewesen sei!“
zum Beitrag02.10.2023 , 11:14 Uhr
Nicht die Hitze, die Kälte ist das Problem
In „„The Lancet Planet Health“ erschienene Studie, die Mortalitätsdaten der letzten zwei Jahrzehnte (2000 – 2019) aus 43 Ländern auf allen Kontinenten mit Wetterdaten korreliert hat. Erfasst wurde damit etwas weniger als die Hälfte der Weltbevölkerung und die weltweit wärmste Periode seit Beginn der Aufzeichnungen.
Laut dem internationalen Forschungsteam geht jährlich ein knappes Zehntel aller Todesfälle auf das Konto von suboptimalen Temperaturen. Im Untersuchungszeitraum waren das im Schnitt mehr als fünf Millionen Tote pro Jahr bzw. 74 Tote auf 100.000 Personen. Die meisten starben bei Kälte, weniger als ein Zehntel bei Hitze. Auch Kälte belastet das Herzkreislaufsystem, es kommen aber noch einige andere belastende Faktoren hinzu: Die Atemwege sind im Winter besonders anfällig, die Immunabwehr ist schwächer, virale und bakterielle Infektionen breiten sich schneller aus. So zählen etwa Lungenentzündungen zu den häufigen Todesursachen in der kalten Jahreszeit" (Quelle: ORF, 8. Juli 2021)
zum Beitrag29.09.2023 , 14:32 Uhr
Die Kartei, die Kartei, die hat immer Recht!
Zur Heldengeschichte von „Bolek“ gehört auch sein, sagen wir, ambivalentes Verhältnis zu SB. Walesa selbst habe nie bestritten, eine Loyalitätserklärung unterschrieben zu haben, als er 1970 als Streikführer in Danzig in Haft saß. („Bolek“ und das rote Spinnennetz“, FAZ, 31.7.2017) In seiner Autobiographie gab Walesa zu, er sei damals „nicht ganz sauber“ aus den Verhören der Staatssicherheit herausgekommen.“
Ein Schriftgutachten belege eindeutig, so die FAZ, „daß Walesa Anfang der siebziger Jahre eigenhändig Berichte für die Staatssicherheit verfaßt und dafür Geld erhalten hat. Durch Vergleiche mit Schriftstücken, die eindeutig von Walesa stammen, seien Sachverständige zu dem Schluß gekommen, daß eine Verpflichtungserklärung, Unterschriften auf Quittungen und handschriftlich verfaßte Berichte über die Stimmung unter den Arbeitern der Danziger Lenin-Werft eindeutig belegen“, daß der spätere Solidarność-Führer von 1971 bis 1976 SB-Spitzel war. (FAZ)
Daß Wałęsa ein SB-V-Mann gewesen sein könnte, hatten schon in den 70er Jahren die Spatzen von allen Warschauer Dächern gepfiffen. Auch in den Geheimakten des SED-Politbüros wurden Gesprächsprotokolle über Spitzentreffen in Warschau gefunden, die diese Hypothese nahelegen. Mehr noch wurde unter der Hand über Verbindungen Wałęsas zum KGB spekuliert, auf die wundersame Tatsache verweisend, daß sich in den Solidarność-Verlautbarungen nirgends antisowjetische Äußerungen finden oder gar der Abzug der sowjetischen Truppen gefordert wurde. Man munkelte von einem Agreement, die über polnisches Territorium verlaufenden Nachschublinien für die GSSD nicht anzutasten, was wider aller Erwartung auch tatsächlich geschah.
Dies könnte auch die Hypothese bestätigen, daß die damaligen Sorgen des Kremls mehr den Problemen an seiner Süd- und Ostgrenze galten, also China und Afghanistan, und die Polen-Frage, sehr zum Ärger Honeckers, als vergleichsweise geringere Gefahr angesehen wurde.
zum Beitrag21.09.2023 , 20:47 Uhr
Die AfD - Fleisch von Fleische der CDU?
Zitat: „Das befürchtet auch der Thüringer SPD-Fraktionschef Matthias Hey in Zeit Online. „Was wir hier in Thüringen und anderen Teilen Ostdeutschlands erleben, ist doch nur die Ouvertüre für ganz Deutschland.“
Dann würde wieder zusammenwachsen, was ohnehin zusammengehört...
zum Beitrag21.09.2023 , 18:29 Uhr
Programmatische Schnittmengen
Zitat: „Der UN-Generalsekretär plädierte wie auch Selenskyj für eine Reform des Sicherheitsrates.
Dem „Spiegel“ zufolge fordert Selenskyj als Kern dieser Reform einen ständigen Sitz für Deutschland in diesem Gremium. Diese Forderung gehört auch zu den außenpolitischen Kernpunkten der AfD. Wo bleibt hier die Brandmauer?
zum Beitrag21.09.2023 , 18:24 Uhr
Der Sicherheitsrat und die Minsker Abkommen
Zitat: „Die Unfähigkeit des Sicherheitsrates in Bezug auf den Ukraine-Krieg eine Lösung zu finden, zeigt sich auch daran, dass die überwältigende Mehrheit der 193 UN-Mitgliedsländer die Invasion Russlands bereits mehrfach offiziell verurteilt haben und Russland trotzdem eine Sicherheitsrats-Resolution nach der anderen missachtet.“
Z. B. diese hier:
„By resolution 2202 (2015), the Council called on all parties to fully implement the “Package of Measures for the Implementation of the Minsk Agreements”, adopted on 12 February 2015 in Minsk, Belarus. Firmly convinced that the resolution of the situation in eastern regions of Ukraine could only be achieved through a peaceful settlement to the current crisis, the Council welcomed the declaration by the Heads of State of the Russian Federation, Ukraine, France and Germany in support of the “package of measures” and their continuing commitment to implement the agreements.“ („Unanimously Adopting Resolution 2202 (2015), Security Council Calls on Parties to Implement Accords Aimed at Peaceful Settlement in Eastern Ukraine“, SC/11785 17 FEBRUARY 2015)
Inzwischen werden in Kiew die beiden Abkommen von Minsk als „Verrat an der Ukraine“ angesehen, an dem folglich nicht nur Deutschland, Frankreich und das Kiewer Regime selbst in Gestalt des damaligen Präsidenten Poroschenko als Signartarpartner beteiligt sind, sondern die gesamte Weltgemeinschaft in Gestalt des damaligen UNO-Sicherheitsrates: USA, Großbritannien, China, Spanien, Chile, Malaysia, Australien, Belgien, Canada, Indonesien, Niederlande und die Philippinen. Einstimmig hatten all diese Staaten (neben Rußland natürlich) die Konfliktparteien dazu aufgerufen, die Bestimmungen der Minsker Abkommen als einzig probates Instrument für eine friedliche Beilegung des Konflikts in die Tat umzusetzen. Alles Verräter...
zum Beitrag21.09.2023 , 18:15 Uhr
Mal bis drei zählen
Zitat @Machiavelle: „Vielleicht kommt nach dem dritten Weltkrieg eine bessere Ordnung.“
Dazu Bertolt Brecht: „ Das große Karthago führte drei Kriege. Nach dem ersten war es noch mächtig. Nach dem zweiten war es noch bewohnbar. Nach dem dritten war es nicht mehr aufzufinden.“
zum Beitrag20.09.2023 , 20:41 Uhr
Theokratische Demokratie?
Zitat Netanjahu: „Israels Verpflichtung für die Demokratie wird sich niemals ändern.“
Bliebe die Frage, wie er das anstellen will mit solchen rechts-religiösen Parteien als Koalitionspartner wie etwa Otzma Yehudit, einem Abkömmling der theokratische Kach-Partei. Letztere steht in der programmatischen Tradition der dereinst von Rabbi Meir Kahane („ein jüdischer Nazi“ - SPON) gegründeten Jewish Defense League, einer rassistischen, religiös-fundamentalistischen, ultra-nationalistischen vulgo rechtsextremen Bewegung. Zu deren ideologischen Essentials gehören u. a. die Vorstellung einer gottgewollten Superiorität des auserwählten jüdischen Volkes vor allen anderen, das Verbot sexueller Vermischung von Juden und Nicht-Juden als „Rassenschande“, die Expansion Israels auf das gesamte historische „Heilige Land“ und ethnische Vertreibung aller Nicht-Juden aus diesem Gebiet, die Ablehnung des westlichen Liberalismus und der Demokratie als „unjüdisch“, „gottlos“ und „hellenistisch“ usw.
Der ehemalige Direktor des Geheimdienstes Mossad Tamir Pardo hat im ÖR-TV Sender Kan Premierminister Benjamin Netanjahu diesbezüglich scharf angegriffen mit der Anschuldigung, er koaliere mit Parteien, die in ihrem Rassismus „schlimmer als der Ku Klux Klan“ seien. Ausdrücklich nannte er dabei Otzma Yehudit des Ministers für nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, und HaTzionout HaDatit, die Partei des Finanzministers Bezalel Smotrich. Unmittelbarer Auslöser dieser drastischen Gleichsetzung der rechtsextremistisch-ultratheokratischen Parteien Israels mit dem Ku Klux Klan sind die Aufrufe von Abgeordneten, Israel solle die palästinensische Stadt Huwara im Westjordanland als Rache und Abschreckung „auslöschen“.
Von einem früheren Chef des Mossad, des wohl weltweit fähigsten Geheimdienstes, darf man eine hinreichend qualifizierte Expertise in solchen Fragen erwarten: Er weiß also, wovon er spricht. (Quelle: Times of Israel, 27. 7.2023)
zum Beitrag18.09.2023 , 11:50 Uhr
Auf internationalem Parkett hui - in der Kommune pfui?
Zitat: „Noch komplizierter als das künftige Abstimmungsverhalten wird es für die Ampelparteien aber, eine inhaltliche Brandmauer gegen rechts zu ziehen. Die wackelt ja nicht nur in Thüringen. Auf EU-Ebene ist sie schon längst gefallen.“
In der Tat: Wer politische Milieus mit dem politischen Geisteszustand einer AfD zum Teufel wünscht, fragt sich natürlich, wie griffstark Losungen wie „Brandmauer“ sind und in Klein-Kleckersdorf funktionieren sollen, wenn sie nicht mal in der EU funktioniert. Auf internationalem Parkett wird etwa die italienische Regierungschefin und bekennende Mussolini-Verehrerin und mithin Proto-Faschistin in Brüssel mit Küßchen rechts und Küßchen links begrüßt, zeigt sich mit der Kommissionspräsidentin Seit an Seit als ein Herz und eine Seele auf Konferenzen zur Flüchtlingsabwehr an den Außengrenzen der „Festung Europas“ und wird von einem jovialen US-Präsidenten freundlich lächelnd zum Kamingespräch im Oval Office gebeten. Die politische Agenda der aktuellen Regierungskoalition in Rom unterscheidet sich keinen Deut von derjenigen der AfD und der übrigen Formationen mit vergleichbarem Geisteszustand, etwa in Finnland und Schweden. Wo bleibt die Brandmauer bei den G-7?
Inzwischen scheinen die politischen Schnittmengen sogar in der brisanten Zuwanderungsfrage immer größer zu werden: Jetzt hat auch Macron seine Entschlossenheit bekundet, die Einwanderung nach Frankreich drastisch einzudämmen: „Die Situation, in der wir uns befinden, ist unhaltbar. Wir müssen die Einwanderung, angefangen bei der illegalen Einwanderung, deutlich reduzieren.“ Die Regierung arbeite bereits an einer Gesetzesnovelle, die die Außengrenzen sicherer und das Asylrecht konsequenter machte. (gegenüber dem Nachrichtenmagazin „Le Point“, 23. 8.2023) Damit kriecht er MLP zu Kreuze.
Wie zu sehen erweist sich „die Brandmauer“ zunehmend als eine „semipermeable Membran“, wenn man so sagen darf.
zum Beitrag17.09.2023 , 22:51 Uhr
Dem ist nur beizupflichten.
zum Beitrag17.09.2023 , 12:07 Uhr
Aufgehobene Brüche
Daniel COHN-BENDIT: „Ich bin ein anarchistischer Marxist. Für mich ist die grundlegende Analyse von Marx richtig, die Analyse der kapitalistischen Gesellschaft. Aber die Organisationsformen, die sich die kommunistische Bewegung gegeben hat, lehne ich vollkommen ab. Sie bringen keine neue Gesellschaft zustande, sondern nur neue autoritäre Herrschaft. Hier gibt es einen Bruch zwischen marxistischer Theorie und kommunistischer Praxis. Wir wollen diesen Bruch wieder aufheben.“ (gegenüber dem „Spiegel“v. 27. 5. 1968).
An seinem Lebensabend sieht „Dany le Rouge“ diesen Bruch offensichtlich in der Europäischen Union in seiner derzeitigen Gestalt „aufgehoben“. Bliebe die Frage, ob für ihn „die grundlegende Analyse von Marx“ immer noch „richtig“ ist. In diesem Falle hätten wir es mit den sozio-ökonomischen und politischen Zuständen in Europa folglich mit der Verwirklichung des marxistischen Traumes zu tun, zumindest in der von Cohn-Bendit erträumten Variante…
zum Beitrag16.09.2023 , 14:03 Uhr
Lob der Diplomatie
Zitat: „Diplomatie kann Leben retten.“ Ein löbliches Postulat, das auch für die anderen Katastrophen und Konflikte gilt, und zwar für alle, ausnahmslos alle...
zum Beitrag16.09.2023 , 09:26 Uhr
Zitat: „Noch gefährlicher aber sind gescheiterte Staaten wie Libyen.“
Diese Formulierung unterschlägt Ursachen und Hintzergründe: Libyen als Staat „wurde“ gescheitert, und zwar manu militari!
zum Beitrag12.09.2023 , 21:50 Uhr
Kontraproduktive Bärendienstleistungsgesellschaft
Die Blockaden des Straßenverkehrs stoppen nicht die klimaschädigenden Emissionen, sondern befördern sie nachgerade: 30% der verkehrsbedingten Emissionen in Ballungsgebieten entstehen durch Stau. Jede Sitzblockade erhöht die Menge dieser staubedingten Schadstoffemissionen. Dazu kommen Behinderungen des ÖPNV, dessen Ausbau vernünftigerweise den Individualverkehr unattraktiv machen soll, durch solche Aktionen aber genau den gegenteiligen Effekt entfalten: Wer riskiert, durch blockadebedingten Ausfall oder Störung seiner Buslinie sein Fahrtziel nicht rechtzeitig zu erreichen, steigt dann auf seinen PKW um und meidet die blockierten Straßen durch Umfahrung womöglich durch nicht betroffene Wohngebiete. Da beißt also die Maus keinen Faden ab: Kurzfristig sind die Straßenblockaden klimaschädlich, langfristig bremsen sie überdies die Sensibilisierung der Bevölkerung für die notwendige klimaschonende Verkehrspolitik. Damit leisten die Blockierer ihrem ja löblichen Anliegen einen Bärendienst, was zu der verschwörungstheoretischen Frage führt, ob nicht genau dies von den finanzierenden Hintermännern über Bande beabsichtigt ist. Dies hat inzwischen sogar dem Klimaminister Robert Habeck gedämmert, demzufolge „die Protestaktionen von Mitgliedern der Gruppe Letzte Generation dem Anliegen Klimaschutz massiv“ schadeten (Tagesspiegel, 5. 5. 2023)
zum Beitrag12.09.2023 , 10:57 Uhr
Genugtuung in der Bonner Republik
Zitat: „Zwischen Erinnern und Leugnung.“
Die Taz gehört dankenswerterweise zu den wenigen Official-Mind-Media, die an diesen chilenischen 9/11 erinnern. Geleugnet wird hierzulande aber immer noch die damals regierungsoffizielle Genugtuung über den blutigen Militärputsch gegen die demokratisch gewählte Regierung unter Allende. FJS hatte ihr unmißverständlich Ausdruck verliehen:
„Ich kann in der Weltgeschichte mir kaum ein Beispiel vorstellen, in der die Lüge so mächtig war wie im Falle Chile. Im Falle Chile ist eine internationale Verleumdungsmaschinerie gegeben. Ich kann mir vorstellen warum, denn Chile war am Vorabend eines Bürgerkrieges. Der Bürgerkrieg ist das klassische Mittel kommunistischer Doktrin. Und Chile hätte die kommunistische Festung, der kommunistische Pfeiler werden sollen. Die Eroberung Lateinamerikas hätte betrieben werden sollen, die von Cuba aus in dieser Form nicht möglich ist. Es ist der Zorn der Marxisten, daß einer 100 m vor dem Ziel an der Fortsetzung seines verbrecherischenTuns gehindert worden ist. Ich möchte nur am Rande sagen, Schuld war nicht Allende, sondern waren hauptsächlich diejenigen, die ihm zur Macht verholfen haben. Wir haben uns über Allende, wir christlichen Konservativen, meine politischen Freunde, wir haben uns über ihn und seine Ziele, seine Wirkungen keine Zweifel gemacht.“
(Franz J. Strauß: Rede am 19. 11.1977 zur Feier „125 Jahre deutsche Einwanderer in Chile“. Aus: Politische Studien Sonderheft 1/1978, Chile - ein schwieriger Weg)
zum Beitrag07.09.2023 , 11:03 Uhr
Die Waffen nieder!
Zitat @ANTE: „Würden alle Ukrainer desertieren, es gäbe seit 2014 keine Ukraine mehr.“
Wären nach 1943 in der deutschseitigen Defensivphase des deutsch-sowjetischen Krieges alle deutschen Soldaten desertiert, hätte dies den Krieg abgekürzt, beiderseits Millionen Menschen das Leben gerettet und ein unzerstörtes Deutschland hinterlassen.
Zitat @ANTE: „Eine Gesellschaft muss sich moralisch reinigen.“ Ganz richtig, indem sie sich in toto diesem unsinnigen Krieg verweigert und die Deserteure als Helden betrachtet, deren Weigerung Leben rettet. Boris Vian möge hier als Vorbild dienen:
„Werter Herr Präsident, Den Brief, den ich geschrieben, lesen Sie nach Belieben in einem freien Moment.
Grad hat man mir gebracht mein Einberufungsschreiben, um Ihren Krieg zu betreiben und das vor Mittwochnacht.
Werter Herr Präsident, Ich will da nicht mitmachen, will niemanden tot machen. Dazu kam ich nicht zur Welt.
So seien Sie nicht gestresst. Sie sollten's akzeptieren: Ich werde desertieren. Mein Wille, der steht fest.
Seit ich auf Erden bin, zog Vater ins Verderben, sah ich die Brüder sterben, beweinte ich mein Kind.
Meine Mutter sah viel Leid, dass sie nun liegt im Grabe. Sie hört kein Kriegsgehabe. Wir alle tun ihr leid.
Als ich gefangen war, ward mir die Frau geklaut, ward mir die Seele geraubt und meine Jugendjahr.
Ich breche ab mein Zelt. Morgen in aller Frühe versperr ich meine Türe und pfeife auf die Welt.
Ich leb und bettle dann, auf meiner Tour de France, durch Bretagne und Provence und sag zu jedermann:
Verweigert den Befehl. Verweigert ja zu sagen, und lasst das Waffen tragen. Pfeift auf den Marschbefehl.
Werter Herr Präsident. Wenn Blut denn fließen soll, so zahlen Sie Ihren Zoll. Seien sie konsequent.
Sagt eurer Polizei, sie könne mich dann raffen. Ich trage keine Waffen. Das Schießen steht ihr frei.“
(Boris Vian, Le Deserteur, Deutsch von D. Kaiser)
zum Beitrag28.08.2023 , 18:47 Uhr
Clevere Passepartout-Formel
Zitat: „…die Entmilitarisierung Russlands auf der Halbinsel“
…in ihrer Vieldeutigkeit eine semantisch clevere Formulierung, denn sie impliziert nicht kategorisch die Restitution der Krim an die Ukraine als Kriegsziel, sondern lediglich deren „Entmilitarisierung“ durch Rußland, vulgo den Abzug der Besatzungsmacht. Das läßt Raum für die Vorstellung, nach Abzug des russischen Truppen („Entmilitarisierung Rußlands auf der Krim“) könnte die Halbinsel de jure Teil Rußlands bleiben, allerdings ohne russisches Militär, denn nur unter dieser Hypothese ergäbe diese kryptische Formulierung des ukrainischen Präsidenten einen halbwegs logischen Sinn.
Sollte allerdings dieser Vorschlag beides im Sinne haben, d. h. die „Entmilitarisierung“ als Vorstufe zur Restitution an Kiew, so liefe dies auf eine Kapitulation des Kremls als Vorbedingung für Verhandlungen hinaus, was zur Frage führte, worüber dann noch „verhandelt“ werden sollte.
Es bleibt zu vermuten, daß die Diskursköche, die Zelensky diese Formulierung eingetrichtert haben, jene Kräfte besänftigen wollen, die beim gegenwärtigen Patt auf dem Schlachtfeld langsam die Geduld und den Glauben an den Endsieg zu verlieren scheinen und denen ein Lichtlein am Ende des Tunnels vorgespiegelt werden muß, um sie bei der Geberstange zu halten.
Diese Formulierung würde allerdings bei einer krachenden Niederlage des Kremls und Preisgabe der Krim wiederum eine Remilitarisierung durch die Ukraine selbst inkl. NATO-Flottenstützpunkt in Sebastopol nicht ausschließen - eine wirklich clevere Passepartout-Formel, die nichts ausschließt, weder einen Verhandlungs- noch einen Siegfrieden.
zum Beitrag27.08.2023 , 18:02 Uhr
Politische Farbenlehre
Zitat: „Zukunftspartei ohne Zukunft“
Der Pazifismus und der Schutz von Natur und Umwelt vor dem Dreckschleuder-Kapitalismus waren einst die beiden konstituierenden Kernelemente der politischen DNA der Grünen.
Ersteres hat diese Partei spätestens seit J. Fischers Sündenfall einer Beteiligung am NATO-Krieg gegen Jugoslawien über Bord geworfen und die Parteifarbe „Grün“ zum militärischen „Olivgrün“ mutieren lassen.
Später wurde dann dem Sündenfall der Promotion-Aktion für die schmutzige Braunkohle auch die zweite tragende Säule des alten Parteigebäudes demontiert. Die Parteifahne im Interesse der zuverlässigen politischen Identifizierung sollte daher zutreffenderweise um die Farbe Braun ergänzt werden.
Daß dieses Parteigebäude nach den Gesetzen der politischen Statik einstürzen könnte, scheint das Partei-Establishment nicht zu fürchten, denn es hat für alle sichtbar unter den LibMod-Fittichen längst ein neues gefunden und sich dort behaglich eingerichtet. Wählersoziologisch mutet diese Yuppie-Partei schon lange eh als die Lifestyle-Partei der Müsli-Liberalen an.
zum Beitrag27.08.2023 , 17:38 Uhr
Politosmose zur AfD sogar nun auch in der Zuwanderungsfrage
Zitat Friedrich Merz: „Wir müssen diesen Zuzug sofort begrenzen, sonst droht uns der gesellschaftliche Zusammenhalt um die Ohren zu fliegen“,
Ein weiteres Beispiel dafür, wie die „Brandmauer“ zwischen den bürgerlichen Parteien der Mitte und der AfD zusehend zerbröselt und sich in Staub auflöst. Zuvor hatte schon der französische Präsident E. Macron seine Entschlossenheit bekundet, die Einwanderung nach Frankreich drastisch einzudämmen: „Die Situation, in der wir uns befinden, ist unhaltbar. Wir müssen die Einwanderung, angefangen bei der illegalen Einwanderung, deutlich reduzieren.“ Die Regierung arbeite bereits an einer Gesetzesnovelle, die die Außengrenzen sicherer und das Asylrecht konsequenter machte. („La situation que nous connaissons n’est pas tenable et nous devons réduire significativement l’immigration, à commencer par l’immigration illégale. Pour ce faire, il faut mieux protéger nos frontières extérieures, européennes.“ (gegenüber dem Nachrichtenmagazin „Le Point“, 23. 8.2023) Damit kriecht er MLP zu Kreuze.
Die Brandmauer erweist sich mithin zunehmend als eine „semipermeable Membran“, wenn man so sagen darf. Die Politosmose zur AfD nunmehr auch in der Zuwanderungsfrage läßt die politische Substanz der breitmäulig proklamierten Unvereinbarkeit schrumpfen wie das Chagrin-Leder bei Balzac.
zum Beitrag25.08.2023 , 10:16 Uhr
Zitat@BARBARA FALK: "1979 ist die Sowjetunion in Afghanistan einmarschiert, und 1989 abgezogen."
Die USA sind 2001 einmarschiert und 2022 unverrichteter Dinge sang- und klanglos abgezogen. Finde den Unterschied.
zum Beitrag25.08.2023 , 10:08 Uhr
Politosmose sogar auch in der Zuwanderungsfrage
Inzwischen scheinen auch in der brisanten Zuwanderungsfrage diese Schnittmengen mit der bürgerlichen Mitte de facto immer größer zu werden: Jetzt hat etwa auch Macron seine Entschlossenheit bekundet, die Einwanderung nach Frankreich drastisch einzudämmen: „Die Situation, in der wir uns befinden, ist unhaltbar. Wir müssen die Einwanderung, angefangen bei der illegalen Einwanderung, deutlich reduzieren.“ Die Regierung arbeite bereits an einer Gesetzesnovelle, die die Außengrenzen sicherer und das Asylrecht konsequenter machte. („La situation que nous connaissons n’est pas tenable et nous devons réduire significativement l’immigration, à commencer par l’immigration illégale. Pour ce faire, il faut mieux protéger nos frontières extérieures, européennes.“ (gegenüber dem Nachrichtenmagazin „Le Point“, 23. 8.2023)
Damit kriecht er MLP zu Kreuze. Die Brandmauer erweist sich zunehmend als eine „semipermeable Membran“, wenn man so sagen darf.
zum Beitrag24.08.2023 , 14:33 Uhr
Enduring Freedom
Zitat Textknecht: „In Afghanistan hat das 10 Jahre gedauert, bis der Druck aus der Bevölkerung so groß wurde dass die Regierung das Gemetzel beendet hat. Und das kann uns, so grausam es ist, in der Ukraine auch blühen.“
Wie kommen Sie auf 10 Jahre? Es hat mehr als doppelt so lange gedauert, bis sich die US-geführte Anti-Taliban-Koalition der Operation "Enduring Freedom" (OEF) militärisch sieglos Hals über Kopf aus dem Staube gemacht hat.
zum Beitrag24.08.2023 , 11:10 Uhr
Verkappte Liberale?
Es ist sehr begrüßenswert, die AfD mit präzisen Untersuchungen zu den programmatischen Schnittmengen zu den übrigen bürgerlichen Parteien zu enttarnen. Gareth Joswig hatte in diesen Spalten zutreffend auf die Treue der AfD „zum neoliberalen Markenkern im EU-Programm“ hingewiesen. (Taz, 22.7.23) So gesehen, sind die AfD-ler nichts als „blaulackierte Liberale“, um eine griffige Sentenz von Kurt Schumacher aus einem anderen historischen Kontext abzuwandeln.
Konsequenterweise stünde es jetzt an, diese Schnittmengenanalyse auch auf andere Politikfelder auszuweiten und dabei historische Vergleiche heranzuziehen. Eine Erkenntnis dieses Verfahrens wäre jetzt schon evident: Die AfD und die europäische Parteien ähnlichen politischen Geisteszustandes sind tiefer in der bürgerlich-kapitalistischen Wirtschafts- und Eigentumsordnung verwurzelt, als es den „Verfassungsbogen“-Parteien der bürgerlichen Mitte lieb ist.
Wie problemlos ihre Integration in den obwaltenden Polit-Betrieb der FDGO möglich ist, kann man derzeit in Rom besichtigen: Auf internationalem Parkett wird die neue italienische Regierungschefin und bekennende Mussolini-Verehrerin und mithin Proto-Faschistin in Brüssel mit Küßchen rechts und Küßchen links begrüßt, zeigt sich mit der Kommissionspräsidenten Seit an Seit als ein Herz und eine Seele auf Konferenzen zur Flüchtlingsabwehr an den Außengrenzen der „Festung Europas“ (wie jüngst in Rom) und wird von einem jovialen US-Präsidenten freundlich lächelnd zum Kamingespräch ins Oval Office gebeten. Die politische Agenda der aktuellen Regierungskoalition in Rom unterscheidet sich keinen Deut von derjenigen der AfD und der übrigen Formationen mit vergleichbarem politischen Geisteszustand, etwa in Finnland und Schweden. Wo bleibt die Brandmauer bei den G-7?
zum Beitrag23.08.2023 , 13:41 Uhr
Interferenzen bei Teambildungen
Zitat: „Lieber Team Dogma als Team Arschloch“
In der Regel impliziert die Zugehörigkeit zum ersten Team die Zugehörigkeit zum zweiten…
zum Beitrag22.08.2023 , 22:27 Uhr
Sarkozy: Eine Rückkehr der Krim zur Ukraine ist illusorisch
Bei aller Verurteilung der russischen Invasion der Ukraine sieht der frühere französische Präsident Sarkozy in Verhandlungen den einzigen Ausweg aus dem Konflikt, denn solche Verhandlungen mit Putin seien immer noch möglich. "Man sagt mir, dass Wladimir Putin nicht mehr der ist, den ich kannte. Davon bin ich nicht überzeugt. Ich habe Dutzende von Gesprächen mit ihm geführt. Er ist nicht irrational.“, so Sarkozy. (« On me dit que Vladimir Poutine n’est plus celui que j’ai connu. Je n’en suis pas convaincu. J’ai eu des dizaines de conversations avec lui. Il n’est pas irrationnel).
Er betonte, in der Ukraine-Frage seien die Interessen der USA und die der Europäer nicht identisch. Eine Konfliktlösung sei nur durch Diplomatie möglich und befürchtet, „daß die Dinge jederzeit eskalieren könnten. Dieses Pulverfass könnte furchtbare Folgen haben“.(…que les choses [ne] dégénèrent à tout moment. Cette poudrière pourrait avoir des conséquences redoutables ».)
Im Kräftefeld der Ost-West-Beziehungen müsse die Ukraine als neutrales Land "eine Brücke zwischen Europa und Russland“ bilden: "Von der Ukraine zu verlangen, zwischen diesen beiden Einheiten zu wählen, scheint mir der Geschichte und der Geografie dieser so komplexen Region zu widersprechen". (« Demander à l’Ukraine de choisir entre ces deux entités me paraît contraire à l’Histoire et la géographie de cette région si complexe ».) Quelle: Figaro Magazine, 17.8.2023
zum Beitrag22.08.2023 , 19:38 Uhr
Analyseschwächen
Zitat SURYO: „Die kann die Schwächen der Prämisse und darum auch der Analyse nämlich nicht kompensieren bzw. verdecken.“
Ich habe diese Kritik an die Redaktion von „Marianne“ hinsichtlich ihrer Analysenschwächen weitergeleitet...
zum Beitrag22.08.2023 , 19:20 Uhr
OSZE-Experte Botschafter a.D. R. Lüdeking: „Die westliche Fixierung auf Waffenlieferungen ist falsch“
„Leider ist die westliche Diskussion zum Ukrainekrieg nahezu völlig eindimensional auf die Frage der Waffenlieferungen an die Ukraine fokussiert. Eine ehrliche Abschätzung der möglichen Folgen für den Fall, daß die Ukraine ihre weitgesteckten Kriegsziele nicht realisieren kann, findet nicht statt. Zudem gibt es aufgrund der strikten Werteorientierung der westlichen Politik kaum eine Diskussion über die Grenzen westlicher militärischer Hilfe für die Ukraine oder den Krieg möglicherweise beendende Kompromißlösungen. Dabei scheint dies doch gerade angesichts des Schreckens des gegenwärtigen Stellungskriegs mit seinen vielen Opfern – nach jüngsten Zahlen sollen inzwischen mehr als 500.000 Soldaten auf beiden Seiten verwundet oder getötet worden sein – geboten zu sein. Ein zentrales Manko westlicher Politik ist, daß ein militärischer Sieg der Ukraine als Voraussetzung für eine diplomatische Lösung gefordert wird. Über Kompromißlösungen wird nicht einmal nachgedacht; entsprechende Vorstöße Chinas oder aus anderen Ländern des globalen Süden werden einfach arrogant unter Verweis darauf verworfen, daß Russland nicht verhandlungsbereit sei und seine Truppen nicht aus der Ukraine abziehen wolle. Es fehlt bisher westlicherseits jede Auslotung von Lösungsmöglichkeiten auf politischer Ebene. …
Realpolitik ist zur Wahrung der eigenen Sicherheit und westlicher Werte heute mehr denn je erforderlich. Hierzu gehört nicht allein die Fortsetzung der militärischen Unterstützung der Ukraine, um den verhängnisvollen Präzedenzfall zu vermeiden, daß sich ein den zentralen völkerrechtlichen Prinzipien Hohn sprechender Angriffskrieg lohnt. Es ist auch die aktive Auslotung der Möglichkeiten zur Beendigung des Kriegs erforderlich, um dem massenhaften Sterben auf beiden Seiten ein Ende zu setzen und eine Eskalation mit möglicherweise apokalyptischen Ausmaßen zu verhindern.“ (heute in "Cicero")
zum Beitrag22.08.2023 , 11:06 Uhr
Nicht „Game change“ sondern Game over
Zitat @guzman: „Selbstverständlich gibt es diesen ‚Gamechanger“.
Gemeint sind hier die Atomwaffen. Aber deren Einsatz bedeutete kein gamechanging, sondern die physische Vernichtung aller Beteiligten Gamer. Das Spiel wäre dann nicht „gewendet“ sondern aus, und zwar für alle.
zum Beitrag22.08.2023 , 10:19 Uhr
Kampfansage an den unipolaren Okzidentalo-Universalismus?
Führt die Expansion des BRICS-Bündnisses zu einer Loslösung des Globalen Südens vom Westen? Dies befürchtet jedenfalls der „Tagesspiegel“ von heute.
Aber auch andere Stimmen scheinen dies ähnlich zu deuten, wie das französische Nachrichtenmagazin „Marianne“: „Die Erweiterung der ursprünglichen Gruppe wird unweigerlich als Stärkung einer antiwestlichen Front erscheinen, die fest entschlossen ist, durch Wettbewerb eine bessere Verteilung des Wohlstands wie auch der Entscheidungsverantwortung in einer multipolaren Welt durchzusetzen. Die Bewerber haben gute Argumente: Wenn alle aufgenommen würden, würde der Anteil der BRICS-Staaten an der Weltwirtschaft von 31,6 auf 40 % des weltweiten BIP steigen und die Mitgliedsländer würden dann mehr als 50 % der Weltbevölkerung repräsentieren. Eine echte Alternative zur G7 (45% des weltweiten BIP, aber ein Anteil, der seit den 2000er Jahren stark zurückgegangen ist) und vielleicht für einige historische BRICS-Staaten eine Einladung, die G20 zu verlassen.“ („L’élargissement du groupe initial apparaîtra inévitablement comme le renforcement d’un front anti-occidental, bien décidé à imposer par la concurrence un meilleur partage des richesses comme des responsabilités décisionnaires dans un monde multipolaire.Les postulants ont des arguments à faire valoir: si tous étaient intégrés, la part des BRICS dans l’économie mondiale passerait de 31,6 à 40% du PIB mondial et les pays membres représenteraient alors plus de 50% de la population mondiale.Une véritable alternative au G7 (45% du PIB mondial mais une proportion en chute libre depuis les années 2000) et peut-être pour certains BRICS historiques une invitation à quitter le G20.“) („Marianne“, 21/08/2023)
Sollte diese Analyse zutreffen, so wäre dies eine Kampfansage an den seit Ende der Ost-West-Konfrontation unter den Auspizien des Washington-Consensus prätendierten unipolaren Okzidentalo-Universalismus.
zum Beitrag21.08.2023 , 19:53 Uhr
Gen. Milley: „Ich hab’s Euch ja gleich gesagt“
Zitat: „Doch der Krieg wird anders entschieden werden.“
Das sieht Gen. Milley, Joint Chiefs Chair der US-Streitkräfte, schon lange wohl ähnlich: „Die Diskussion über die ukrainische Gegenoffensive hat sich von Begeisterung zu Enttäuschung gewandelt, da die langsamen Fortschritte Kiews einige US-Beamte und Insider gleichermaßen zum Flüstern veranlassen: Hätten wir auf General MARK MILLEY hören sollen? Im November erklärte der Vorsitzende der Generalstabschefs, die starke militärische Position der Ukraine und der bevorstehende Winter seien ein guter Zeitpunkt, um über Friedensgespräche nachzudenken. Außerdem hätten Operationen zur Vertreibung der russischen Streitkräfte aus der gesamten Ukraine - wie von VOLODYMYR ZELENSKYY gefordert - kaum Aussicht auf Erfolg. Beamte der Regierung bemühten sich sofort, ihren Amtskollegen in Kiew zu versichern, dass Milley nur scherzte und nicht eine geheime Stimmung im Weißen Haus widerspiegelte. Aber wenn man Milley in letzter Zeit zuhört, kann man das implizite "Ich hab's ja gesagt" hören.“ („The conversation about Ukraine’s counteroffensive has shifted from one of excitement to disappointment, as Kyiv’s slow gains lead some U.S. officials and insiders alike to whisper: Should we have listened to Gen. MARK MILLEY? In November, the Joint Chiefs chair said Ukraine’s strong military position and upcoming winter season combined to make a good time to consider peace talks. Plus, operations to expel Russian forces out of the whole of Ukraine –— which VOLODYMYR ZELENSKYY demands — had a slim chance of success. Administration officials immediately scrambled to assure their counterparts in Kyiv that Milley was riffing and not reflecting a secret sentiment in the White House. But listen to Milley lately, and you can hear the implicit “I told you so.”; Politico, 18.8.2023)
Ja, hätte man bloß auf ihn gehört!
zum Beitrag18.08.2023 , 22:24 Uhr
„Gamechanger-Waffen“ - ein Wunderglaube?
Zitat: „So wie wir die Debatte über einzelne Waffensysteme in Deutschland aufladen, entsteht immer der Eindruck, jetzt kommt der große Gamechanger. Den gibt es aber nicht. Es gibt nicht die eine Waffe, die alles entscheidet.“
... sowenig die F16 und die ATACMS-Raketen diese Gamechanger sein können: „US-Beamte weisen die Kritik zurück, dass F-16-Kampfjets oder Raketensysteme mit größerer Reichweite wie ATACMS zu einem anderen Ergebnis geführt hätten. "Das Problem ist nach wie vor, Russlands Hauptverteidigungslinie zu durchdringen, und es gibt keinen Beweis dafür, daß diese Systeme ein Allheilmittel gewesen wären", sagte ein hoher Regierungsbeamter.“ („U.S. officials reject criticisms that F-16 fighter jets or longer-range missile systems such as ATACMS would have resulted in a different outcome. “The problem remains piercing Russia’s main defensive line, and there’s no evidence these systems would’ve been a panacea,” a senior administration official said.“, (The Washington Post, 17.8.23).
Dem gleichen Bericht zufolge werden US-Geheimdienste zufolge die ukrainischen Streitkräfte die südöstliche Stadt Melitopol, einen wichtigen russischen Transitknotenpunkt, nicht erreichen, da sie durch Minenfelder behindert werden. ("U.S. intelligence says Ukraine will fail to meet offensive’s key goal. Thwarted by minefields, Ukrainian forces won’t reach the southeastern city of Melitopol, a vital Russian transit hub, according to a U.S. intelligence assessment.“)
Mit anderen Worten: Die Karre steckt fest. Auf Gamechanger-Waffen zu hoffen, ist ein Wunderglaube. Diese gibt es nicht. Also warum dann länger warten mit Waffenstillstandsverhandlungen mit dem Kreml?
zum Beitrag18.08.2023 , 00:38 Uhr
Kissinger für einen Deal
„Für die Sicherheit Europas ist es besser, die Ukraine in der Nato zu haben. Dort kann sie keine nationalen Entscheidungen über territoriale Ansprüche treffen.“ Zugleich könne auch Rußland von einem Beitritt der Ukrainer profitieren. „Ich würde Putin sagen, daß auch er sicherer ist, wenn die Ukraine in der Nato ist.“ Der frühere US-Außenminister kann sich ein Kriegsende vorstellen, bei dem Rußland die Krim überlassen wird. („Kissinger: for the safety of Europe, get Ukraine into NATO“, „The Economist“, 17.3.2023)
Bereits zuvor hatte Kissinger auf eine Verhandlungslösung gedrungen: „Es ist an der Zeit, auf den bereits vollzogenen strategischen Veränderungen aufzubauen, um Frieden auf dem Verhandlungsweg zu erreichen. Aus diesem Grund habe ich im Mai empfohlen, eine Waffenstillstandslinie entlang jener Grenzen einzurichten, an denen der Krieg am 24. Febr. begonnen hat. Rußland müßte somit seine jüngsten Eroberungen aufgeben, nicht aber das Gebiet, das es vor fast einem Jahrzehnt besetzt hatte, einschließl. der Krim. Dieses Gebiet könnte nach einem Waffenstillstand Gegenstand von Verhandlungen sein. International überwachte Volksabstimmungen über die Selbstbestimmung könnten in geteilten Gebieten durchgeführt werden. Das Ziel eines Friedensprozesses wäre die Bestätigung der Freiheit der Ukraine und die Festlegung einer neuen internationalen Struktur. Letztendlich sollte Rußland einen Platz in einer solchen Ordnung finden.
Manche bevorzugen ein Rußland, das durch den Krieg ohnmächtig wird. Dem stimme ich nicht zu. Trotz seiner Neigung zur Gewalt hat Rußland über ein halbes Jahrtausend lang entscheidende Beiträge zum globalen Gleichgewicht und zur Machtbalance geleistet. Seine historische Rolle sollte nicht herabgewürdigt werden. Das Streben nach Frieden und Ordnung hat Sicherheitselemente und die Forderung nach Versöhnung. Wenn wir nicht beides erreichen können, werden wir auch keines von beidem erreichen können.“ („The Spectator“ 17.12.22)
zum Beitrag17.08.2023 , 12:30 Uhr
Ein schlauer Schachzug der USA
Zitat: „Und weist die Nato nicht immer wieder selbst darauf hin, dass Staaten mit ungelösten territorialen Konflikten, wie Georgien und die Republik Moldau, nicht beitreten können?“
Nun, der Deal, so er denn zustande käme - was zu bezweifeln ist -, impliziert die Vorstellung, daß dann die territorialen Konflikte zwischen Rußland und der Ukraine als „gelöst“ zu betrachten seien, mithin diese Bedingungen für einen NATO-Beitritt der Restukraine erfüllt wären. Der Versuchsballon der NATO zeugt von der Erkenntnis, daß angesichts der Kräfteverhältnisse auf dem Schlachtfeld militärisch nicht mehr viel zu gewinnen ist. So gesehen, erschiene damit der Spatz der Schrumpfukraine in der NATO-Hand lieber als die Taube eine illusionären Wiedergewinnung aller annektierten Gebiete. Auch dann dürften die territorialen Konflikte solange als ungelöst gelten, wie die Niederlage Rußlands nicht völkerrechtlich besiegelt ist. Der jetzige militärische Immobilismus böte dem Kreml mithin den Hebel, den NATO-Beitritt der Ukraine bis zum St. Nimmerleinstag hinauszuzögern. Dazu reichten neue Gebietsansprüche. Aus Sicht der USA-Interessen, Rußland so weit wie möglich militärisch auf die Pelle zu rücken, bedeutete dieser Deal einen strategischen Quantensprung, denn dann könnte NATO-Truppen ganz legal unmittelbar an der südlichen russischen Grenze stationiert werden.
Der Kreml würde die Inkorporation der Ost-Ukraine in das Staatsgebiet der russischen Föderation natürlich seiner kriegsmüden Bevölkerung als Sieg verkaufen, der sich aber sehr rasch strategisch als Pyrrhussieg und Danaergeschenk erweisen könnte. Ein schlauer Schachzug, den sich der alte Fuchs Kissinger da ausgedacht hat.
zum Beitrag16.08.2023 , 11:55 Uhr
„Das hat mit Kunst nichts zu tun“
Zur Frage „Was ist eigentlich Kunst“ wäre eine Anekdote aus der Kunstpolitik der DDR beizusteuern. Sie betrifft den im Westen bekannten und geschätzten Grafiker Gerhard Altenbourg aus Sachsen, der sich den doktrinalen Katechismen zur Bildenden Kunst konsequent verweigerte, obdessen bis in die 80er Jahre von der staatlich kontrollierten Kunstszene ausgeschlossen wurde und nur im Westen verkaufen konnte. Besonders hervorgetan hatte sich dabei die Bezirksleitung der SED Leipzig unter den kulturpolitisch besonders rigiden Paul Fröhlich als 1. Sekretär. Auf einer Tagung dieser Bezirksleitung in den 60er Jahren wurde den abstrakten Arbeiten Altenbourgs bescheinigt: „Das hat mit Kunst nichts zu tun.“
Zu den administrativen Mätzchen gegen ihn gehörte eine Anklage wegen Zollvergehens, weil er „Kunstwerke“ illegal in den Westen schmuggelte. Die Verteidigung stellte auf die Behauptung ab, bei den geschmuggelten Gegenständen handele es sich keinesfalls um „Kunstwerke“ und berief sich dabei auf besagte Äußerung der Bezirksleitung Leipzig. Der Prozeß endete daraufhin mit einem für die Justiz gesichtswahrenden Urteil, das den Künstler allerdings fürderhin ermöglichte, nunmehr unbehelligt seine Werke im Westen zu verkaufen.
zum Beitrag16.08.2023 , 10:30 Uhr
Bittere Pattsituation
Zitat: „Stian Jenssen, der Leiter des Büros des Nato-Generalsekretärs, hat am Dienstag in einer Podiumsdiskussion in der norwegischen Stadt Arendal vorgeschlagen, dass die Ukraine im Austausch gegen Gebiete die Nato möglicherweise beitreten könnte.“
Der Gedanke, den in einem mörderischen Stellungskrieg à la Verdun festgefahren Konflikt mit meinem Deal zu beenden, wurde bekanntlich von Kissinger vor dem WEF ventiliert und scheint auch hierzulande um sich zu greifen: „Die ukrainische Gegenoffensive stockt. Statt endlos neue Waffen zu liefern, sollte der Westen an der Vorbereitung von Friedensgesprächen mitarbeiten… Diese für die Ukraine bittere Pattsituation auf dem Gefechtsfeld entspricht der weisen Einschätzung und Vorausschau von General Mark Milley, eines der kenntnisreichsten und vernünftigsten hochrangigen amerikanischen Experten. Der amerikanische Generalstabschef hat bereits im November 2022 geäußert, beide Seiten müssten einsehen, dass sie ihre Kriegsziele nicht mit militärischen Mitteln erreichen können und in Verhandlungen eintreten sollten.“, so Brigadegeneral a.D. Helmut W. Ganser, einer der profiliertesten Sicherheitspolitiker des Landes. (Quelle: IPG, 14.8.2023)
zum Beitrag16.08.2023 , 10:17 Uhr
Danke für die Ergänzung
zum Beitrag14.08.2023 , 14:44 Uhr
Franz Pfemfert - ein Fundamentalpazifist
Danke der Taz für die Erinnerung an Franz Pfemfert. Ergänzend sei dazu angemerkt, daß Pfemfert einer der markantesten Radikal-Pazifisten bereits vor Ausbruch des 1. WK war und die nationalistische Politik auch der SPD scharf kritisierte. Zu seinem engeren Freundes- und politischen Verbündetenkreis gehörten Otto Rühle und Karl Liebknecht, die beiden einzigen SPD-Abgeordneten, die später gegen die Kriegskredite stimmten und obdessen von der imperialen Militärdiktatur des Kaiserreiches verfolgt wurden. Er gehörte zu den Gründern der pazifistischen Antinationalen Sozialistenpartei, die natürlich nur illegal agieren konnte.
1933wurde ihm folgerichtig die politische Ehre zuteil, von den Hakenkreuzlern verfemt und außer Landes getrieben zu werden. Welchen Anfechtungen wäre der Fundamentalpazifist Franz Pfemfert wohl heutzutage und hierzulande ausgesetzt?
zum Beitrag13.08.2023 , 10:04 Uhr
Kritikmonopol der Rechten?
Zitat: „Die linken und bisschen linken Parteien lassen es zu, dass EU-Kritik von der AfD monopolisiert wird; sie trauen sich nicht, mal grundsätzliche Fragen zu stellen, denn wer von ihnen will schon die EU kritisieren, dieses moralisch aufgeladene Staatenbündnis.“
Dies trifft zumindest für Länder wie Frankreich nicht zu. Dort umfaßte etwa die (erfoilgreiche) „Non“-Bewegung beim EU-Verfassungsreferendum 2005 nicht nur die Kommunisten, sondern auch Teile des Parti Socialiste und wurde von dessen Spitzenpolitiker Laurent Fabius angeführt, einst unter Mitterand Premierminister, später Präsident der Nationalversammlung, unter Hollande Außenminister und derzeit Präsident des Conseil constitutionnel. Diese Bewegung führte damals Argumente gegen das Verfassungsprojekt ins Feld, die in der Europa-Politik de Gaulles wurzelten und später von den sog. „Souveränisten“ aufgegriffen wurden. Jenseits des Rheins kann also nicht von einem Monopol des RN auf die Kritik an der Lissabon-EU die Rede sein. Auch die „Left“-Gruppe im EU-Parlament kritisiert permanent v. a. jene Aspekte der Politik der EU-Kommission, die den Interessen der Lohnabhängigen zuwiderlaufen und willfährig diejenigen des Big Money und der internationalen Großkonzerne bedienen.
zum Beitrag12.08.2023 , 19:33 Uhr
Vorstellungsgabe
Zitat @Ingo Bernable: „Nur wie stellen sie sich die Klärung einer solchen inneren Angelegenheit vor wenn es sich bei dieser um einen Militärputsch und die Errichtung einer Diktatur handelt? Und wäre Nichteinmischung und Übergang zur Tagesordnung tatsächlich die adäquate Reaktion aus Brüssel wenn sich - sagen wir mal - in Spanien Militärs an die Macht putschen und dort dann tun was Militärjuntas eben so tun?“
…so etwa, wie man sich die Reaktion 1949 auf das NATO-Gründungsmitglied Portugal unter seinem Diktator Salazar sowie auf den Militärputsch der Obristen im NATO-Land Griechenland 1967 vorzustellen hat.
zum Beitrag12.08.2023 , 11:21 Uhr
Die Sorgen der Bevölkerung
Zitat: „…hat die Ecowas so zwar auf Sorgen der Bevölkerung reagiert, die eine Intervention ablehnt“
Soeben wurde die Verschiebung des interventionsvorbereitetenden Treffens der Ecowas-Militärchefs auf den St. Nimmerleinstag gemeldet. Bemerkenswerter noch als diese Verschiebung ist deren Begründung: Dem Tagesspiegel zufolge erfolgte die Absage „vor dem Hintergrund von Protesten von Befürwortern des Staatsstreichs in der Hauptstadt Niamey. Tausende Menschen versammelten sich in der Nähe eines französischen Militärstützpunkts und skandierten „Nieder mit Frankreich, nieder mit Ecowas“.
Es scheint der Ecowas zu dämmern, daß im Niger das Ancien Regime alles andere als populär und von der Musterdemokratie weit entfernt war, die der Wertewesten aller Welt glauben machen will. An diesem Narrativ werden immer mehr Zweifel laut, und es sieht nicht danach aus, daß die Volksmassen dem abgesetzten Präsidenten dicke Tränen nachweinen. Die Opposition hatte offensichtlich unter Zuständen zu leiden, wie sie allgemein nur unter Diktaturen üblich sind: „Wir Nigrer haben nichts als das Ersticken unserer Grundrechte erlebt und die Korruption und die illegitime Bereicherung neue Gipfel erreichen sehen“, so die NGO „Alliance pour la paix et la sécurité“. (Le Monde, 09.08.2023). Protestkundgebung dagegen wurden regelmäßig blutig unterdrückt und Teilnehmer kaltblütig erschossen.
Die Sanktionen und die Interventionsdrohung haben paradoxerweise zu einer Solidarisierung mit der Junta auch jener Kräfte geführt, die zuvor dem Putsch ablehnend gegenüberstanden, wie etwa die NGO „Tournons la page“ oder die größte Oppositionspartei „Moden-Fa Lumana“. deren Vorsitzender H. Amadou vor der Präsidentenwahl 2016 inhaftiert und damit von der Kandidatur gegen Bazoum ausgeschlossen wurde, ein wahlentscheidendes Manöver, das allein die demokratische Legitimität des gestürzten Präsidenten in Frage stellt. (ebd.)
zum Beitrag11.08.2023 , 20:32 Uhr
Une démocratie malade?
Zitat: „Unterstützung für ihre Haltung bekommt die Ecowas von US-Außenminister Antony Blinken, aber auch von der einstigen Kolonialmacht Frankreich, die im Sahel scharf in der Kritik steht.“
Das Bazoum-Regime muß ja eine ungewöhnlich populäre Musterdemokratie gewesen sein bei dieser geballten okzidentalen Unterstützung. An dieser Vermutung werden allerdings immer mehr Zweifel laut, denn die Opposition hatte offensichtlich unter Zuständen zu leiden, wie sie allgemein nur unter Diktaturen üblich sind. „Wir Nigrer haben [vor dem Putsch] nichts als das Ersticken unserer Grundrechte erlebt und die Korruption und die illegitime Bereicherung neue Gipfel erreichen sehen“, so die NGO „Alliance pour la paix et la sécurité“. („Au Niger, la junte est portée par la colère contre une « démocratie malade“, Le Monde, 09.08.2023). So wurde im März 2020 eine gewerkschaftlich Protestkundgebung gegen die grassierende Korruption manu militari aufgelöst und drei Teilnehmer erschossen.
Die Sanktionen und die Interventionsdrohung der ECOWAS scheinen paradoxerweise zu einer Solidarisierung mit der Junta auch jener Kräfte geführt zu haben, die zuvor dem Putsch ablehnend gegenüberstanden, wie etwa die NGO „Tournons la page“ oder die bedeutendste Oppositionspartei des Landes „Moden-Fa Lumana“, deren Vorsitzender Hama Amadou vor der Präsidentenwahl 2016 inhaftiert und damit von der Kandidatur gegen Bazoum ausgeschlossen wurde, ein wahlentscheides Manöver, das allein die demokratische Legitimität des nunmehr gestürzten Präsidenten in Frage stellt. (Le Monde, 09.08.2023) Es sieht mithin nicht danach aus, daß ihm die Volksmassen dicke Tränen nachweinen.
zum Beitrag10.08.2023 , 09:30 Uhr
About Schmidt
Zitat @ Alexander Schulz : „Der jetzige russische Angriffskrieg war ja leider ein Krieg mit langer Ansage, den man vermutlich hätte verhindern können, wenn man vor 10 Jahren auf erfahrende Politiker wie Helmut Schmidt gehört hätte.“
Dies ist wohl war: „Das ist Größenwahn, wir haben dort nichts zu suchen. Man stellt die Ukraine vor die scheinbare Wahl, sich zwischen West und Ost entscheiden zu müssen. Ich halte nichts davon, einen 3. Weltkrieg herbeizureden, erst recht nicht von Forderungen nach mehr Geld für Rüstung der NATO. Aber die Gefahr, daß sich die Situation verschärft wie im August 1914, wächst von Tag zu Tag.“ (Helmut Schmidt im „Der Spiegel“, 16.5.2014)
Bei der Beurteilung politischer Weisheit wird allein in dieser bFrage der klaffende Unterschied zwischen Schmidt und Schmidtchen deutlich…
zum Beitrag09.08.2023 , 10:22 Uhr
„In diesem Krieg gibt es kein Sieg“
Zitat: „Wer, um die Freiheit seines Landes zu verteidigen, die Freiheit seiner Bürger beschneidet, verliert vor allem eins: die Freiheit.“
Eine bemerkens- und zustimmenswerte Erkenntnis, die das ganze moralische Paradoxon auch dieses Krieges offenbart. Dieses politisch-ethische Dilemma, die Freiheit zu opfern, um sie zu verteidigen, wird mit jedem Tag um so augenfälliger, wie sich die strategische Ausweglosigkeit dieses auf dem Schlachtfeld in einem Stellungskrieg à la Verdun erstarrten Konflikts erweist: Keine Seite wird ihr Kriegsziel erreichen können.
Diese Gewissheit scheint auch in den USA umsichzugreifen: „Zwei Dinge sind unwahrscheinlich geworden: dass Russland die ukrainische Armee vernichten und die Ukraine besetzen würde und dass die ukrainische Armee Russland aus der Ukraine vertreiben würde. Der einzige logische Schritt ist eine Verhandlungslösung. Die Frage ist nur, wie eine solche Lösung aussehen könnte. Die einzige logische Lösung – zumindest oberflächlich betrachtet – ist eine Teilung der Ukraine. Eine Option könnte darin bestehen, dass der Donbas, der voller ethnischer Russen ist und an Russlands Grenze liegt, an Moskau abgetreten wird. Ein schlechter Kompromiss ist besser als eine Niederlage “ (George Friedman, einer der bekanntesten geopolitischen Analysten der USA. Quelle: Cicero, 8.8.2923)
„In diesem Krieg gibt es kein Sieg“ wußte schon Wolf Biermann inmitten der Hochphase des Ost-West-Konflikts der 60-er Jahre. Mehrere Generationen moderner MDW später gilt dies um so mehr.
zum Beitrag07.08.2023 , 16:33 Uhr
Die Drohung der Ecowas und das Völkerrecht
Zitat: „Nach allen grundsätzlichen Kriterien ist eine Militärintervention in Niger voll gerechtfertigt. Der legitime Präsident wird von illegitimen Putschisten festgehalten und er hat anders als andere weggeputschte Präsidenten in Westafrika nicht seinen Rücktritt erklärt, sondern die Welt um Hilfe gebeten."
Da droht also eine regionale Wirtschaftsorganisation offen mit militärischer Gewalt gegen einen souveränen UNO-Mitgliedstaat. Dazu die UNO-Charta: „Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.“ (Art. 2,4)
und
„Die abstrakte Gefahr durch einen "verrückten Diktator" oder ein "Schurkenregime" aber kann nach geltendem Völkerrecht in keinem Fall zu präventivem Eingreifen berechtigen.“ (bpb)
Jegliche Intervention der Ecowas manu militari in Niger mit dem Ziel eines Regime Change wäre mithin eine Angriffshandlung gem. Art 3 UNO- Charta und erfüllte den Tatbestand der Aggression i.S. der UN-Resolution 3314 (XXIX).
Daraus ergibt sich augenreibend die Frage, wo die Protestreaktion der UNO (oder der EU) nach der Ankündigung der Ecowas bleibt. Dies ist angesichts der fortgesetzten Aggression Rußlands gegen das souveräne UNO-Mitglied Ukraine um so unverständlicher. Befremdlich auch die Tatsache, über einen solchen Sachverhalt völlig meinungsneutral zu berichten, ohne auf die fehlende Reaktion der UNO hinzuweisen, geschweige zu erklären.
zum Beitrag03.08.2023 , 14:27 Uhr
It’s economy, stupid!
„Die ehemals französische KolonieNigerverfügt über die hochwertigsten Uranerze Afrikas und ist der siebtgrösste Uranproduzent der Welt, aber derWeltbank zufolgesind drei Viertel seiner Bürger noch nicht einmal ans Stromnetz angeschlossen. 40 Prozent leben unterhalb der Armutsgrenze, ein Drittel der Kinder ist untergewichtig, die Analphabetenquote liegt bei 63 Prozent. Nur die Hälfte der Einwohner hat Zugang zu sauberem Trinkwasser, nur 16 Prozent sind an eine angemessene Sanitärversorgung angeschlossen. Trotz seiner Uran- und Goldvorkommen lag der Niger im Entwicklungs-Index zuletzt auf Platz 189 von 191 erfassten Staaten. Frankreich hat im Zuge der «Dekolonisierung» der 1960er Jahre seine vormaligen Kolonien zwar in die formale Unabhängigkeit entlassen, hinterließ ihnen allerdings Staats- und Rechtsordnungen, die – wie in der Kolonialzeit – darauf ausgelegt waren, die Bevölkerung einerseits mit möglichst geringem Aufwand zu kontrollieren und andererseits so viele Rohstoffe zu exportieren wie irgend möglich. Nicht genug, daß Frankreich sich über den sogenannten Kolonialpakt in Françafrique weiterhin das Vorkaufsrecht auf alle natürlichen Ressourcen und den privilegierten Zugriff auf Staatsaufträge gesichert hat, es zwingt den Staaten seither ebenso seine Kolonialwährung CFA-Franc auf, die jede autonome Geld-, Wirtschafts- oder Sozialpolitik der nur formal souveränen Staaten nachhaltig verunmöglicht. Die 14 CFA-Staaten sind nicht nur durch einen festen Wechselkurs an den Euro gekettet, was ihnen 1994 eine Abwertung von 50% einbrachte, sondern haben auch jeden Zugriff auf 85 % ihrer Währungsreserven verloren, die sie gezwungenermassen bei der Agence France Trésor hinterlegen müssen. Alle CFA-Staaten sind rohstoffreich und hochverschuldet.“ (Martin Sonneborn, MdEP)
zum Beitrag03.08.2023 , 10:24 Uhr
Und was sagt die Opposition im Niger zum Putsch?
Die obwaltende Berichterstattung über die Vorgänge in Niger läßt eine genauere Skizzierung der aktuellen politischen Kräfteverhältnisse im Lande vermissen und geht mit keiner Silbe auf den offensichtlichen drastischen Popularitätsverlust der Regierungspartei „Parti nigérien pour la démocratie et le socialisme“ (PNDS) des abgesetzten Präsidenten Mohamed Bazoum ein, der sich einer breiten Opposition gegenübersieht, die auch unter dem Dach der Bewegung M62 den größten Teil der Zivilgesellschaft umgreift. Dem Politikwissenschaftler Abdourahmane Idrissa vom African Studies Centre der Universität Leiden zufolge werden dem Bazoum-Regime wiederholte Korruptionsskandale und Schlamperei angelastet und nicht zuletzt die Unfähigkeit, trotz massiver westlicher Militärpräsenz mit der djihadistischen Bedrohung fertig zu werden. Zudem habe Bazoum die anschwellenden Sozialproteste zunehmend brutal unterdrückt und Oppositionsführer wie den Vorsitzenden der zivilgesellschaftlichen Bewegung M62 Abdoulaye Seydou seit Monaten ohne Gerichtsverfahren inhaftiert. Mit der Demokratie kann es also auch dortzulande vor dem Putsch nicht weit her gewesen sein. (Quelle: Le Monde, 28. 7. 2023)
zum Beitrag01.08.2023 , 10:22 Uhr
Auf internationalem Parkett hui - in der Kommune pfui?
Wer politische Milieus mit dem politischen Geisteszustand einer AfD zum Teufel wünscht, fragt sich natürlich, wie griffstark Losungen wie „Brandmauer“ sind und in Klein-Kleckersdorf funktionieren sollen, wenn diese Taktik nicht mal in der EU funktioniert. Auf internationalem Parkett wird etwa die italienische Rgierungscheffin und bekennende Mussolini-Verehrerin und mithin Neo-Faschistin in Brüssel mit Küsschen rechts und Küsschen links begrüßt, zeigt sich mit der Kommissionspräsidenten Seit an Seit als ein Herz und eine Seele auf Konferenzen zur Flüchtlingsabwehr an den Außengrenzen der „Festung Europas“ (wie jüngst in Rom) und wird von einem jovialen US-Präsidenten freundlich lächelnd zum Kamingespräch im Oval Office gebeten. Die politische Agenda der aktuellen Regierungskoalition in Rom unterscheidet sich keinen Deut von derjenigen der AfD und der übrigen Formationen mit vergleichbarem Geisteszustand, etwa in Finnland und Schweden.
zum Beitrag31.07.2023 , 11:17 Uhr
Die Ankündigung der Ecowas im Lichte der UNO-Charta
Zitat: „Solche Maßnahmen können den Einsatz von Gewalt beinhalten“ Da droht also eine regionale Wirtschaftsorganisation offen mit militärischer Gewalt gegen einen souveränen UNO-Mitgliedstaat.
Dazu die UNO-Charta: „Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.“ (Art. 2,4) „Die abstrakte Gefahr durch einen "verrückten Diktator" oder ein "Schurkenregime" aber kann nach geltendem Völkerrecht in keinem Fall zu präventivem Eingreifen berechtigen. (bpd) Jegliche Intervention der Ecowas manu militari in Niger mit dem Ziel eines Regime Change wäre mithin eine Angriffshandlung gem. Art 3 UNO-Charta und erfüllte den Tatbestand der Aggression i.S. der UN-Resolution 3314 (XXIX).
Daraus ergibt sich augenreibend die Frage, wo die Protestreaktion der UNO (oder der EU) nach der Ankündigung der Ecowas bleibt. Dies ist angesichts der fortgesetzten Aggression Rußlands gegen das souveräne UNO-Mitglied Ukraine um so unverständlicher. Befremdlich auch die Tatsache, über einen solchen Sachverhalt völlig meinungsneutral zu berichten, ohne auf die fehlende Reaktion der UNO hinzuweisen, geschweige zu erklären.
zum Beitrag24.07.2023 , 22:12 Uhr
Regelbasierte tödliche Deals
Zitat: „…dass das erst am Sonntag der vergangenen Woche zwischen der EU und Tunesien geschlossene Abkommen Pate für das von Meloni eilends zusammengetrommelte Treffen stand“.
Die EU wurde von HRW dringend aufgefordert, ihre Unterstützung Tunesiens für die euphemistisch „Grenzmanagement“ genannte Migrationsabwehr zurückhalten, bis die Menschenrechtslage in dem Land gründlich beleuchtet worden sei.
Aber was gibt’s da noch groß zu „beleuchten“? Die Tatsachen liegen offen zu Tage, gewissermaßen in gleißendem Sonnenlicht im brennenden tunesischen Wüstensand. Die Berichte lassen keinen Zweifel über die direkte Kausalität zwischen diesem tunesischen „Grenzmanagement“ (man sieht förmlich Mielke im Grabe grinsen!) und den opulenten Zahlungen aus Brüssel als Gegenleistung: Wieviel Euros für jeden in der Wüste Verdursteten?
So sieht also die „Umfassende strategische Partnerschaft“ zwischen der EU und Tunesien aus, in der Tunesien die Funktion des Türstehers zur Flüchtlingsabwehr zugewiesen ist. Ausgerechnet die neofaschistische Ministerpräsidentin Italiens Meloni sieht in diesem „Team-Europe“-Deal ein Modell für weitere Abkommen dieser Art. Mit der Eu-Kommissionspräsidentin ist sie in dieser Frage ein Herz und eine Seele. Mit solchen Deals macht sich die EU zum Komplizen drastischer Menschenrechtsverletzungen mit oft tödlichem Ausgang, wie HRW anschaulich belegt.
So sehen sie also aus, die viel gepriesenen „regelbasierten“ internationalen Beziehungen…
zum Beitrag24.07.2023 , 16:31 Uhr
Nationale Vorurteile
Zitat: „Gezählt werden laut BKA Taten, „bei denen sich Vorurteile auf die deutsche Nationalität beziehen“. Zuvor hatten Landeskriminalämter die Einführung angeregt.“
Leute wie Schopenhauer verdanken es der Gnade der frühen Geburt, nicht unter dieser bizarren Straftatskategorie erfaßt worden zu sein: »Ich lege hier für den Fall meines Todes das Bekenntnis ab, dass ich die deutsche Nation wegen ihrer überschwänglichen Dummheit verachte und mich schäme, ihr anzugehören.« (Neue Paralipomena, § 76 ).
Noch härter träfe es wohl Karl Kraus: „Die Deutschen – das Volk der Richter und Henker“ oder „Die Deutschen sitzen an der Tafel einer Kultur, bei denen Prahlhans Küchenmeister ist.“
Es sei hier gestattet, einen eigenen Aphorismus hinzufügen, auf die Gefahr hin, Post vom BKA zu bekommen: „Die Deutschen - die Selbstgerechten unter den Völkern.“
Bemerkenswert ist die Beobachtung, daß offensichtlich nationale Vorurteile ausschließe dann ein „Straftat“ darstellen, wenn sie sich gegen die „deutsche Nationalität“ richten, folglich explizit nicht gegen andere „Nationalitäten“ gerichtete. Andernfalls müßte der Straftatsbestand ja lauten „Vorurteile gegen jede fremde Nationalität“. Da dies offensichtlich nicht der Fall ist, dürfte hier amtlicherseits der „Denkstrafbestand“, wenn man so sagen darf, des Chauvinismus’ erfüllt sein, wenn man in deutschem Namen unbehelligt Angehörige jeder x-beliebigen Nationalität in toto mit Vorurteilen allein wegen ihrer Gruppenzugehörigkeit bewerfen darf.
zum Beitrag20.07.2023 , 09:31 Uhr
Gnade der Postleitzahl
Zitat @Normalo: „Mit wutbebendem Finger auf andere Leute Zeigen (und die drei Finger, die dabei auf Einen selbst zeigen, geflissentlich ignorieren).“
Mit „wutbeladenen Finger“ zeigen die West-Deutschen, diese Selbstgerechten unter den Völkern, seit der Eingliederung der DDR in den Geltungsbereich des Grundgesetzes auf die DDR-Deutschen, die einstigen „lieben Brüder und Schwestern“, wie auf politisch Aussätzige. Übrigens kennen die Leute, die heutzutage in Italien, Frankreich, Schweden, Finnland usw. AfD-like wählen, die Zeit des europäischen Faschismus gleichermaßen nur aus „der Geschichtsschreibung“. Also muß doch was an dieser Geschichtsschreibung nicht stimmen.
Das „ständige Nachkarten von jahrzehntealten Damals-schon-Altlasten“ hat mit dem heutigen Phänomen insofern zu tun, als es sich um nachhaltiges politisches Fallout jener „Damals-schon-Altlasten“ handelt, heutzutage unter den Nachfahren unter dem Kostüm wohl genetisch bedingter demokratischer Wohlanständigkeit von Leuten camoufliert, die sich sonst was auf ihre Gnade der Postleitzahl einbilden wie andere berühmte Zeitgenossen auf ihre Gnade der späten Geburt.
zum Beitrag19.07.2023 , 13:47 Uhr
Zaster gegen Tote in der Wüste?
Zitat: „HRW forderte, die EU-Mitgliedstaaten sollten ihre Unterstützung für Migration und Grenzmanagement im Rahmen dieses Abkommens zurückhalten, bis die Menschenrechtslage in dem Land gründlich beleuchtet worden sei.“
Wass gibt’s da noch groß zu „beleuchten“? Die Tatsachen liegen offen zu Tage, gewissermaßen in gleißendem Sonnenlicht der tunesischen Wüste. Der Bericht läßt keinen Zweifel über die direkte Kausalität zwischen dem Tunesischen „Grenzmanagement“ (man sieht förmlich Mielke im Grabe grinsen!) und den opulenten Zahlungen aus Brüssel als Gegenleistung: Wieviel Euros für jeden in der Wüste Verdursteten?
So sieht also die „Umfassende strategische Partnerschaft“ zwischen der EU und Tunesien aus, in der Tunesien die Funktion des Türstehers zur Flüchtlingsabwehr zugewiesen ist. Ausgerechnet die neofaschistische Ministerpräsidentin Italiens Meloni sieht in diesem „Team-Europe“-Deal ein Modell für weitere Abkommen dieser Art und hat dazu eigens nächste Woche mehrere Staats- und Regierungschefs nach Rom zu einer internationalen Konferenz geladen. Mit solchen Deals macht sich die EU zum Komplizen drastischer Menschenrechtsverletzungen mit oft tödlichem Ausgang, wie HRW erneut anschaulich belegt. So sehen sie also aus, die viel gepriesenen „regelbasierten“ internationalen Beziehungen…
Danke an die Taz, sich diesem Thema in gebührender Ausführlichkeit widmet, in anderen Official-Mind-Medien eher empathielos unter „Was sonst noch passierte“ abgehandelt.
zum Beitrag19.07.2023 , 13:26 Uhr
Die Wahrheit lügt in der Mitte
Zitat Ramelow: „Und wenn dann jemand sagt, ich will Adolf Hitler wiederhaben: Solche Deppen gab es immer. Und es gibt sie auch in Westdeutschland.“ Als Wessi muß er die Geschichte seines Wurzel-Landes ja kennen.
In der Tat: Der von der AfD inkarnierte politische Geisteszustand ist nicht erst jetzt „in der Mitte der Gesellschaft angekommen“, wie neulich die Taz diagnostizierte, sondern war in der frühen Bonner Republik nie anderswo angesiedelt als in der bürgerlichen Mitte. Im allgemeinen Entsetzen über den Wahlausgang in Sonneberg wird geflissentlich verdrängt, daß Relativierungen des „Nationalsozialismus'“ (welch verlogener Euphemismus!), Rassismus, Antisemitismus, Revanchegelüste gegenüber dem Kreml nach dem verlorenen Krieg usw. in den ersten Nachkriegsjahren in der frühen Bonner Republik keine Randphänome waren, sondern sich in der politischen Mitte behaglich räkelten: Der FDP-Landesverband NRW entpuppte sich bald als Quasi-Nachfolgepartei der NSDAP und wurde von der britischen Besatzungsmacht aufgelöst. Die AfD-Vorgängerparteien «Deutsche Partei» und BHE saßen nicht nur in allen Länderparlamenten, sondern auch im Bundestag und bildeten mit der Union sogar mehrere Koalitionsregierungen. DP-Chef H. C. Seebohm, unter Hitler ein Chef-Arisierer jüdischen Eigentums, saß bis 1966 im Bundeskabinett und war kurz gar Vize-Kanzler. Seine Fusionspläne mit der NPD scheiterten nur am Widerstand der Besatzungsmächte. Seine Reden trieften vor Ehrfurcht vor den Hakenkreuzlern und Abscheu vor dem Grundgesetz („von den Alliierten aufgezwungen“). Der Sozialdemokratie dichtete er „asiatische Wurzeln“ an, die daher nicht zum „Deutschtum“ führen könne.
Bundesvertriebenenminister T. Oberländer (NSDAP- Mitglieds-Nr. 2331552), zunächst FDP, dann BHE, schließlich CDU mit Direktmandat, warnte vor dem „Anschwellen der slawischen Bevölkerung als Gefahr für Europa“, nachdem er bereits 1937 im Judentum die Wurzeln des Kommunismus sah.
zum Beitrag18.07.2023 , 16:46 Uhr
„Umfassende strategische Partnerschaft“
Zitat: „Es ist kaum ein Zufall, dass das Land fast zeitgleich mit der EU enger in die Beratungen über eine intensivere Partnerschaft bei der Migrationsabwehr eingestiegen war. Präsident Saied braucht dringend Geld, um die Staatsausgaben weiter leisten zu können.“
Mehreren Menschenrechtsorganisatoren wie Amnesty International zufolge werden in Tunesien Flüchtlinge, darunter Schwangere und Kinder, durch staatliche Behörden systematisch verfolgt und massenhaft in die Wüste im Niemandsland zwischen Tunesien und Libyen deportiert, wo viele von ihnen elendig verdursten.
So sieht also die „Umfassende strategische Partnerschaft“ zwischen der EU und Tunesien aus, in der Tunesien die Funktion des Türstehers zur Flüchtlingsabwehr zugewiesen ist. Dies lassen sich die tunesischen Machthaber fürstlich mit 1 Mrd. € entlohnen, kürzlich zugesagt von der EU-Abordnung, bestehend aus der Kommissionspräsidentin, dem inzwischen an der Flüchtlingsabwehrpolitik gescheiterten Ministerpräsidenten der Niederlande Rutte und ausgerechnet der neofaschistischen Regierungschefin Italiens G. Meloni. Dieser schmutzige Deal erfolgte in vorheriger Abstimmung zwischen Meloni und Scholz.
Meloni sieht darin ein Modell für weitere Abkommen dieser Art und hat dazu eigens nächste Woche mehrere Staats- und Regierungschefs nach Rom zu einer internationalen Konferenz geladen.
Mit solchen Deals der „Team-Europe“-Politik macht sich die EU zum Komplizen drastischer Menschenrechtsverletzungen mit oft tödlichem Ausgang. So sehen sie also aus, die viel gepriesenen „regelbasierten“ internationalen Beziehungen…
Danke an Christian Jakob für diese ungeschönte Darstellung der realen brutalen EU-Flüchtlingsabwehrpolitik hinter dem rhetorischen Nebelvorhang einer verlogenen Menschenrechtsphraseologie.
zum Beitrag15.07.2023 , 20:44 Uhr
Schwarz-braun durchseuchte Sicherheitsapparate
Dies deckt sich mit einer bereits vor Jahren erfolgten IFOP-Studie, der zufolge die Sicherheitskräfte Frankreichs (inkl. Polizei, Armee und Geheimdienste) eine im Vergleich zum Landesdurchschnitt doppelt so hohe Wahlaffinität zum damaligen "Front National", heute „Rassemblement Nationale“ (44 % gegenüber 23%) und zum RN-Verbündeten „Debout la France“ (DLF, 4% zu 2%) bekundeten. (Vgl. "Radioscopie de l’électorat du Front National", IFOP, 18/04/2017). Mithin durfte bereits damals fast die Hälfte der Beamten der französischen Sicherheitsapparate zum stabilen Wählerstamm des französischen Pendants zur AfD gezählt werden.
Aktuellen Umfragen zufolge würde bei einer hypothetischen Neuauflage des Duells Macron - MLP der amtierende Präsident eine krachende Niederlage erleiden. Daher dürfte der Sympathisantenanteil in den Sicherheitsapparaten für das der AfD entsprechende Parteienspektrum in Frankreich weiter gewachsen sein. Dies führt zu der medialen Merkwürdigkeit, diese bedrohliche Entwicklung in unserem wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Partnerland und einzigsten Atommacht in der EU im Kontrast zu einem vergleichsweise eher marginalen Wahlereignis in tiefster deutscher Provinz mit betretendem Schweigen zu übergehen. Um so begrüßenswerter dieses mutige Interview mit Valentin Gendrot.
zum Beitrag14.07.2023 , 09:27 Uhr
Soziale Folgen der Coronapandemie ?
Zitat: „Die sozialen Folgen der Coronapandemie zeigen sich jetzt während der Unruhen sichtbar wie im Brennglas: Wegen des einst äußerst strengen Lockdowns und der Schulschließungen gibt es Kinder und Jugendliche, die dem System entglitten sind, die staatliche Autoritäten und niederschwellige Unterstützungsangebote negieren.“
Eine bemerkenswerte Feststellung, eine Kausalität zwischen den in Frankreich besonders rabiaten Lockdowns und den sozialen Unruhen konstatierend. Soweit ersichtlich ist Harriet Wolff hierzulande die erste in den Official-Mind-Medien, die diesen Sack aufmacht. Chapeau! Sie behauptet natürlich keine Monokausalität, aber verweist auf einen explosiven Mix eines repressiven Staatsautoritarismus gegenüber der sozial recht homogenen, szial deklassierten Population der Banlieues, die, als Großfamilien eingepfercht in die engen HLM-Wohnungen, unter den manu militari durchgesetzten Zero-Toleranz-Lockdowns naturgemäß mehr zu leiden hatten hatten als die Yuppie-Bourgeoisie der Beaux Quartiers, die sich noch rechtzeitig ins Home Office auf ihre Résidences secondaires in die Bretagne oder Normandie absetzen oder es sich in den ihren Villengärten gemütlich machen konnten. Auch dies gehörte dann zur Kosten-Nutzen-Bilanz bei der Pandemie-Aufarbeitung.
Danke auch an Harriet Wolff für die polizeiamtlich erwiesenen Erkenntnis, daß 90% der jugendlichen Randalierer keine Immigranten sind, sondern Franzosen. Dies an die Adresse des rechtsaffinen elektronischen Stammtisches, der hierzulande nicht nur im AfD-Biotop dazu neigt, die Unruhen als „Schädlinge und wilde Horden“ abzutun, wie es auch die französischen Polizeigewerkschaften unverblümt lautstark tun, damit mit aufgeblasenen Backen ins Horn von MLP blasend, ohne dafür von Macron zurückgepfiffen zu werden.
Eine guter Artikel. Danke an Harriet Wolff.
zum Beitrag13.07.2023 , 09:52 Uhr
Zitat @fly: „Diese Vorschläge funktionieren jedenfalls nur EU weit. Sonst gibt es halt einen stärkeren Andrang in Amsterdam (jedenfalls noch), Brüssel oder in Paris.“
Wieso soll eine Verteuerung von Flügen von Berlin nach München zu „stärkeren Andrang in Amsterdam, Brüssel oder in Paris“ führen? Das teilweise Verbot von Inlandsflügen in Frankreich hat auch nicht zu einem Andrang in Hamburg geführt…
Im übrigen danke für diesen Artikel, dessen Botschaft es verdient hätte, an ganz große Glocken gehängt zu werden. Vielleicht motiviert das die Klimakleber, sich zur Abwechslung mal vor dem Eingang des Finanzministeriums festzukleben…
Es gibt sie also doch noch, die lesenswerten Artikel in der Taz…
zum Beitrag04.07.2023 , 22:31 Uhr
Klassen- und kein Rassenkampf
Zitat @Markus Michaelis: „Ich weiß nicht, ob man da zuhören und Verständnis zeigen soll. Eine rassifizierte Jugend...“
Was heißt hier „rassifizierte Jugend“? Was ist denn das nun schon wieder für eine bizarre politische Kategorie? Die französische Jugend der Banlieues ist nicht „rassifiziert“ (von wem?), sondern sozial deklassiert. Das ist nicht dasselbe. Es handelt sich hier weniger um einen Rassen- als einen Klassenkonflikt.
zum Beitrag04.07.2023 , 16:35 Uhr
It‘s classisme, stupid!
„Die migrantischen und sozial abgehängten Milieus haben kein Verständnis mehr dafür, daß ihnen die Gesellschaft keine Perspektiven bietet, daß ihnen die Wege für Aufstiegsbiografien versperrt sind, daß die Immobilienpreise in den Städten so hoch sind, daß die Leute in die Sozialbauten am Stadtrand oder ganz aus der Stadt verdrängt werden. Das ist die Realität in Paris, Marseille und Lyon und betrifft inzwischen auch akademische Milieus...
In Frankreich speist sich die zahlenmäßig kleine, wirtschaftlich und politisch herrschende Klasse mit Macron an der Spitze aus drei Elite-Universitäten. Dieser Zirkel ist in sich geschlossen und abgetrennt von den Lebensrealitäten der Gesellschaft. Dagegen steht die Ghettoisierung der Abgehängten, stehen diese Banlieues, in denen jetzt die dritte Generation der einstmals willkommenen Arbeitskräfte aus den maghrebinischen und anderen Staaten heranwächst und unter sich bleibt. Sie kriegen keinen Fuß auf den Boden in dieser Gesellschaft. Da schafft man es, mit zwei oder mehr shitty jobs gerade so über die Runden, während andere mit ihren Jachten und Anwesen protzen.
Der Schuß und der Tod des Jungen sind ein Symbol für eine seit Jahrzehnten anhaltende Erniedrigung und eine Reihe von getöteten Jugendlichen. Die Gewalt wird extremer, weil sich die Situation immer weiter zuspitzt: Die Schere zwischen Arm und Reich geht durch die von Macron verantworteten Steuer- und Rentenreformen immer weiter auf. Eine Reinigungskraft, ein Grundschullehrer, ein Uber-Fahrer, ein Pizzabote wie der in Nanterre getötete Nahel, kann sich ein Leben in einer der Metropolen des Kapitalismus nicht mehr leisten.
Es hat sich rohe Wut als blinde Gewalt entladen, aus dem Affekt heraus und aus dem über Jahrzehnte aufgestauten Frust in den Banlieues. Aber die Verhältnisse und das System werden sich erst dann ändern, wenn die unten nicht mehr wollen und die oben nicht mehr können.“ (Thomas Ostermeier heute in der Berliner Zeitung)
zum Beitrag04.07.2023 , 12:23 Uhr
Die Franzosen verzeihen den Staatsdienern ihren permanenten Machtmissbrauch nicht mehr
„Tödliche Schüsse bei Polizeikontrollen in Paris häufen sich seit Jahren in bestürzender Weise, allein 2022 starben 13 Menschen in ihren Fahrzeugen. Und auch die Abläufe gleichen einander: Kontrolle, Nichtbefolgen einer polizeilichen Weisung, Flucht, Schüsse, Notwehrmythos, entlarvende Bilder.
Anders als vor gut zwanzig Jahren, als der junge afroamerikanische Taxifahrer Rodney King in Los Angeles von vier Polizisten gelyncht wurde, die von einer mehrheitlich weißen Geschworenenjury freigesprochen wurden, verzeihen die Franzosen den Staatsdienern ihren permanenten Machtmissbrauch nicht mehr. Die Stigmatisierten in den Banlieues verzeihen ihnen nicht, dass sie einer Kolonialität verhaftet bleiben, die strukturell in den Praktiken und im Vokabular der Polizei verkrustet ist.
Viele haben noch den rassistischen Ton jener Audioaufnahmen im Ohr, die nach den Verhaftungen im Zuge der Streiks gegen die Rentenreform im März publik geworden waren. Was in diesen Tagen und Nächten in den Pariser Vororten und zahlreichen Städten der Provinz passiert, ist ebenso schlimm wie unvermeidlich.
Die Krawalle sind die Spitze des Eisbergs, dessen größter Teil sich gefährlich unter Wasser ausdehnt. Lange wurden polizeiliche Übergriffe in Frankreich als „bavures policières“ bezeichnet, ein Ausdruck, der an überlaufende Spucke erinnert, aber dennoch so verharmlosend klingt wie ein bloßer „Ausrutscher“.
Heute, nach einer nicht abreißenden Folge willkürlicher Verhaftungen und tödlicher Fahrzeugkontrollen, ist fast nur noch von „violence policière“ die Rede. Anders als in Deutschland unterscheidet man in Frankreich nicht (mehr) zwischen rechtmäßiger und unrechtmäßiger Polizeigewalt. Wenn Sprache die Wirklichkeit nicht nur abbildet, sondern sie tatsächlich auch schafft, können wir es mit der Angst zu tun bekommen.“ (Nicola Denis in der FAZ v. 2. 7. 2023)
zum Beitrag30.06.2023 , 09:45 Uhr
Mediales Schulterzucken
Für die Mutter des kaltblütig ermordeten Jugendlichen mit algerischen Wurzeln war dies eine „rassistische Tat“ (France 5). Dies dürfte auf der Hand liegen und wäre bei dem politischen Profil der französischen Polizei kein Wunder. Schon vor Jahren hat das IFOP-Institut einen erhellenden Befund erstellt: Danach bekundeten die Sicherheitskräfte Frankreichs (inkl. Polizei, Armee und Geheimdienste) eine im Vergleich zum Landesdurchschnitt doppelt so hohe Wahlaffinität zum „Rassemblement National“ (44 % gegenüber 23%) und zum RN-Verbündeten „Debout la France“ (DLF, 4% zu 2%). (Vgl. "Radioscopie de l’électorat du Front National", IFOP, 18/04/2017). Mithin durfte damals fast die Hälfte der Beamten der französischen Sicherheitsapparate zum stabilen Wählerstamm des französischen Pendants zur AfD gezählt werden.
Heute, wo Wahlumfragen bei einer hypothetischen Neuauflage des Duells Macron - MLP eine krachende Niederlage des Präsidenten prognostizieren, dürfte dieser Anteil weiter gewachsen sein. Da ist es auch keine Überraschung, daß das rassistisch motivierte brutale Vorgehen der Polizei regelmäßig auf den Beifall des R.N. stößt, wie jetzt auch wieder.
Da beißt die Maus keinen Faden ab: Die französischen Sicherheitsapparate, die tragende Säule des Staates, sind schwarz-braun durchseucht. Während hierzulande ein knapper Ausgang einer unbedeutenden Wahl in tiefster ostdeutscher Provinz ein politisches Erdbeben auslöst, erzeugt dieses ungleich ernstere Phänomen in Frankreich, dem wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Partner Deutschlands, bestenfalls ein mediales Schulterzucken.
zum Beitrag26.06.2023 , 13:57 Uhr
Brandmauern
Zitat: „Die Brandmauer ist in Sonneberg nicht erst diesen Sonntag gefallen.“
Dies ist wohl war. Man fragt sich allerdings, ob es sie überhaupt je gegeben hat. In der frühen Bonner Republik jedenfalls nicht.
Im allgemeinen Entsetzen über den Wahlausgang wird geflissentlich verdrängt, daß Relativierungen des „Nationalsozialismus'“ (ohnehin ein verlogener Euphemismus), Rassismus, Antisemitismus, Revanchegelüste gegenüber dem Kreml nach dem verlorenen Krieg usw. in den ersten Nachkriegsjahren dortzulande kein Randphänomen waren, sondern sich in der politischen Mitte behaglich räkelten: Die FDP-Landesverband NRW entpuppte sich bald als Quasi-Nachfolgepartei der NSdAP und mußte von der britischen Besatzungsmacht aufgelöst werden. Die AfD-Vorgängerparteien «Deutsche Partei» und BHE saßen nicht nur in allen Länderparlamenten, sondern auch im Bundestag und bildeten mit der Union sogar mehrere Koalitionsregierungen. DP-Chef H. C. Seebohm, unter Hitler ein Chef-Arisierer jüdischen Eigentums, saß bis 1966 im Bundeskabinett und war kurz gar Vize-Kanzler. Seine Fusionspläne mit der NPD scheiterten nur am Widerstand der Besatzungsmächte. Seine Reden trieften vor Ehrfurcht vor den Hakenkreuzlern und Abscheu vor dem Grundgesetz („von den Alliierten aufgezwungen“). Der Sozialdemokratie dichtete er „asiatische Wurzeln“ an, die daher nicht zum „Deutschtum“ führen könne. Bundesvertriebenenminister T. Oberländer (NSDAP-MitgliedsNr. 2.331.552), zunächst FDP, dann BHE, schließlich CDU mit Direktmandat, warnte vor dem „Anschwellen der slawischen Bevölkerung als Gefahr für Europa“, nachdem er bereits 1937 das "Judentum" für die Verbreitung des Kommunismus‘ verantwortlich gemacht hatte. Er trat öffentlich für die Wiederherstellung des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 ein, gewissermaßen ein Reichsbürger avant la lettre. Usw. Usw.
So viel zu den Brandmauern zwischen der Union und den Rechtsrandigen. Für FJS bestand sie ohnehin nur in Gestalt eines Blattes Papier...
zum Beitrag22.06.2023 , 23:31 Uhr
Schwarze Operationen
Zitat @Wolfgang Peters: „Dass sich die Polizei in Demos tummelt, ist für mich nichts Neues. Das habe ich schon vor 50 Jahren in Berlin erlebt.“
Die Rede ist hier von einer sicherheitsbehördlichen Praxis, deren Kritik daran man heutzutage gern unter dem Etikett „Verschwörungstheorie“ abheftet. Dabei handelt es sich seit ewigen Zeiten um eines der wichtigsten Instrumente aus dem Werkzeugkasten der Intelligence Community aller Länder. Die Liste ist lang und wäre eine eigene Artikelserie in der Taz wert.
Umberto Ecco hat diese Praxis am Beispiel der französischen politischen Polizei Ende des 19. Jh.s beschrieben: „Ein guter Agent der Nachrichtendienste ist verloren, wenn er in etwas bereits Geschehenes eingreifen muß. Unser Metier ist, dafür zu sorgen, daß es früher geschieht. Wir geben nicht wenig Geld dafür aus, Tumulte auf den Boulevards zu organisieren. Dazu braucht man nicht viel, ein paar Dutzend entlassener Zuchthäusler und einige Polizisten in Zivil genügen, sie plündern drei Restaurants und zwei Bordelle, auf den Lippen die Marseillaise, zünden ein paar Zeitungskioske an, dann kommen die Unseren in Uniform und verhaften sie alle nach einem Anschein von Handgemenge.“ („Der Friedhof in Prag“, S. 254)
zum Beitrag17.06.2023 , 18:28 Uhr
"Arcana imperii“
Die Publizierung der von Daniel Ellsberg in geheimnisverräterischer Absicht entwendeten „Pentagon“-Papers gehört zu den Sternstunden NYT. Darin wird der gigantische Schwindel der US-amerikanischen Vietnam-Politik offengelegt. Heute würde den Urhebern dafür lebenslanger Knast blühen.
Hannah Arendt nahm dies zum Aufhänger ihres berühmten Essay „Lying in Politics“, (The New York Review Of Books, 18. 11. 1971). Mit den Enthüllungen Daniel Ellsbergs, des Vaters aller Whistleblowers, habe sich die berühmte Glaubwürdigkeitslücke (credibility gap) „plötzlich in einen Abgrund verwandelt“. Die gesamte „Infrastruktur der amerikanischen Außen- und Innenpolitik“ beruhe auf einem „Flugsand unwahrer Behauptungen aller Art, von Täuschungen und Selbsttäuschungen“.
Dabei räumte sie allerdings ein: „Geheimhaltung nämlich und Täuschung - was die Diplomaten Diskretion oder auch „arcana imperii“, die Staatsgeheimnisse, nennen -, gezielte Irreführungen und blanke Lügen als legitime Mittel zur Erreichung politischer Zwecke, kennen wir seit den Anfängen der überlieferten Geschichte. Wahrhaftigkeit zählte niemals zu den politischen Tugenden, und die Lüge galt immer als ein erlaubtes Mittel in der Politik.“
Warum sollte das heute und auch hierzulande anders sein?
zum Beitrag08.06.2023 , 15:32 Uhr
„Frieden schaffen ohne Waffen!“
Mit Verlaub Euer Ehren, die zitierte Friedensdenkschrift der EKD von 2007 „Aus Gottes Frieden leben für gerechten Frieden sorgen“ enthält zwar bemerkenswerte friedenspolitische Postulate, die der Militärdoktrin der Bundesrepublik zuwiderlaufen, nicht jedoch eine Distanzierung oder gar Verurteilung des Bellizismus in der Tradition der protestantischen Amtskirchen.
Zu den begrüßenswerten und der Haltung von Bischöfin Bahr entgegenstehenden Forderungen des EKD-Rates gehört das Postulat, „die universalen Institutionen zu stärken, „die Waffenpotenziale abzubauen, hingegen die zivile Konfliktbearbeitung auszubauen.“ Der EKD-Rat warnt darin „ausdrücklich vor einer Ausweitung der Auslandseinsätze der Bundeswehr. Der Prozess der „Transformation“ der bundesdeutschen Streitkräfte in eine Armee im Einsatz wird kritisch betrachtet.“
Die Grundidee dieser Denkschrift ist also unverkennbar: „Frieden schaffen ohne Waffen!“
zum Beitrag08.06.2023 , 15:12 Uhr
„Alle Kriege sind gottlos“
Zitat @Joachim Petrick: „die Losung „Frieden schaffen ohne Waffen“ bleibt wahrhaftig“-
Dem und dem ganzen Tenor dieses Kommentars ist einschränkungslos zuzustimmen, denn „Alle Kriege sind gottlos“, Jean-Paul Sartre („Toutes les guerres sont impies“, „Le Diable et le Bon Dieu“, 1951)“
zum Beitrag07.06.2023 , 22:10 Uhr
Gedöns
Zitat @Rudolf Fissner: „Eine Person ist beileibe nicht der Klerus (Wikigedöns= "Gesamtheit der Angehörigen des geistlichen Standes")
„Der Klerus ist die Gesamtheit der Angehörigen des geistlichen Standes, der Kleriker. Die Bezeichnung bezieht sich vornehmlich auf die Stufen des Weihepriestertums im Christentum. Prinzipiell lässt sich von Klerus jedoch nur dann reden, wenn es innerhalb einer religiösen Gemeinschaft eine Gruppe Amtsträger mit priesterlichen oder vergleichbaren Funktionen gibt, die deutlich von den übrigen Gläubigen – den Laien – abgehoben ist.“ (Wikigedöns)
Dies dürfte auch für das Amt einer Regionalbischöfin für den Sprengel Hannover in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers zutreffen. Folglich gehört Frau Bahr qua Amt in diesem Sinne zum Klerus einer der christlichen Amtskirchen in seiner Gesamtheit (wenn auch nicht gerade zum höheren).
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