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meine Kommentare
Kohlrabi
Ein Unterschied zu Großbritannien ist vielleicht auch, dass im UK die am meisten arbeiterfeindliche Politik von Maggie Thatcher gemacht wurde, während in Deutschland die konservativ geführten Regierungen Kohl und Merkel keinen expliziten Klassenkampf von oben führten. Das war vielmehr dem "Genossen der Bosse" mit seiner Agenda 2010 vorbehalten.
Dadurch ist nicht nur einfach ein Imageschaden entstanden, sondern das klassische sozialdemokratische Milieu der sozial abgesicherten "Arbeitnehmerlage" ist deutlich geschrumpft worden, die "Zone der Verwundbarkeit" (nach R. Castel) dagegen vergrößert. Vorher hatte die SPD in Zeiten der Stärke 40%, in Zeiten der Schwäche nie unter 30%. Jetzt liegt die Schwankungsbreite zwischen 25% und 15%.
"Einmal dem Fehlläuten der Nachtglocke gefolgt - es ist niemals gutzumachen." (Kafka: Ein Landarzt)
Abgesehen davon fragt es sich ja, warum man als Sozialdemokrat eine Partei wählen soll, die auf den im Artikel beschriebenen unumgänglichen relativen Abstieg des "Westens" mit einer Erhöhung der Rüstungsausgaben auf 4% des BIP reagieren wird (wie im Artikel in Aussicht gestellt).
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Nach meinem Eindruck ist durch den VAR alles noch willkürlicher geworden. Es wird ja nicht immer der Schiri nach draußen gerufen. Bei Portugal gegen Tschechien war das zweite portugiesische Tor klar irregulär (Foulspiel in der Entstehung), aber kein VAR. Bei Deutschland gegen Dänemark hätte kein Schiri die leichte Handberührung ohne VAR als elfmeterwürdig gewertet, und das wäre auch besser gewesen.
Habe bei dieser EM wie nie zuvor den Eindruck, dass durch willkürliche Nachspielzeiten und willkürliche VAR-Eingriffe die Spiele zugunsten der Länder mit den größten TV-Märkten zurechtgebogen werden.
Fussball ist keine exakte Wissenschaft. Schafft den VAR ab! Er bewahrt nicht vor Manipulation und ist nur lästig. Als es noch Wembley-Tore und die Hand Gottes gab, war der Fußball schön. Jetzt ist er häßlich, und als früherer Fan mag ich mir das gar nicht mehr anschauen.
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Naja ... ich mag den Ausdruck Klimaschutz nicht so, weil es dem Klima egal ist. Geschützt werden müssen vielmehr Gesellschaften und Ökosysteme vor einer zu schnellen Erderwärmung, die keine Zeit für ihrerseits notwendige Anpassungen lässt.
Der Kampf gegen die Erderwärmung benötigt aber umfassende Kooperation auf globaler Ebene. Die ist ohnehin nur sehr schwer herzustellen, unter dem Vorzeichen zeitengewendeter neuer Mächtekonkurrenz vermutlich gar nicht mehr im erforderlichen Maße.
Also ist es folgerichtig, dass der Schwerpunkt auf Klimafolgenanpassung gelegt wird. Das können Staaten und Gebietskörperschaften tun, die im Gegensatz zu einer immer mehr fragmentierten Weltgesellschaft auf lokaler Ebene noch handlungsfähig sind.
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Hm ... das sehe ich etwas zwiegespalten. Einerseits hat die Kommentatorin natürlich recht. Für Fans und Mannschaften ist es schon eine Zumutung. Diesmal weniger für die Kroaten (da war eh zu 99% klar, dass es nicht reichen würde), sondern für die Ungarn, die als Dritte der Gruppe A sich bis zum letzten Spieltag der Gruppe F noch - letztlich vergebliche - Hoffnungen machen konnten.
Andererseits hat man so am letzten Spieltag weniger langweilige Spiele, bei denen es um nichts mehr geht. Hätten die Georgier sich gegen Portugal nochmal so reingehauen, wenn der 3. Platz bedeutungslos gewesen wäre?
Wenn was abgeschafft werden soll, dann also doch lieber der lästige VAR, der nur völlig absurde Nachspielzeiten auslöst.
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Der Kommentar von Herrn Hinck ist sicher in vielem zutreffend. Ich denke, man kann es auch so beschreiben: Die Linke ist der zunehmenden gesellschaftlichen Spaltung Zentrum-Peripherie zum Opfer gefallen, wie sie Lukas Haffert in seinem Buch "Stadt Land Frust" beschrieben hat.
Der Parteiapparat ist inzwischen absolut großstädtisch geprägt (das war nicht immer so), die potentielle Wählerschaft dagegen steht ganz überwiegend für die "soziale Identität" der Peripherie. Das geht nicht mehr zusammen. Sahra Wagenknecht hat das relativ früh erkannt.
Dass die Hinwendung zu den urbanen "woken AktivIstinnen" (aka Bewegungslinken) keine Ergebnisse bringt, liegt m.E. auch daran, dass diese Milieus zwar aktiv, laut und sichtbar sind, dass sie letztlich aber bundesweit nur einen verschwindend geringen Teil der Bevölkerung repräsentieren.
Gleichwohl denke ich, dass die Linke nicht völlig erledigt ist. Vielleicht hat sie eine Zukunft ähnlich der KPÖ: Landesweit recht bedeutungslos, aber mit regionalen Erfolgen dort, wo eine überzeugende Person ein auf den Nägeln brennendes Thema glaubwürdig aufgreift (etwa Mieterschutz und soziale Stadtentwicklung).
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Na ich glaube, der Merz hat das nur deshalb gesagt, weil er weiß, dass er den MP Kretzschmer in Sachsen eh nicht an einer Koalition mit dem BSW hindern kann. Dann sagt er's lieber selbst vorher, statt dann hinterher als lahme Führungsfigur dazustehen, auf die keiner hört.
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Ich möchte die in Artikel und Kommentarteil gezogenen historischen Parallelen (Zweiter Weltkrieg und Kalter Krieg) mal stark anzweifeln.
Deutschland im Zweiten Weltkrieg war die besonders giftige und mörderische Speerspitze einer faschistischen Bedrohung der europäischen Zivilisation, die vielerorts in Europa ihre Anhänger hatte.
Im Kalten Krieg standen sich zwei fast gleichstarke Lager mit - jeweils auch ideologisch begründetem - Weltmachtanspruch gegenüber. (Zudem sehen wir heute den Kalten Krieg zu sehr durch die Brille seines friedlichen Ausgangs, der aber zweimal sehr in Frage stand.)
Der aktuelle Konflikt ist ein ganz anderer. Russlands Handeln ähnelt dem Agieren der europäischen Mächte im 19. Jh.: Eine bestehende Ordnung opportunistisch auch mit militärischen Mitteln zu den eigenen Gunsten zu verschieben versuchen.
Solche Konflikte sind trotz blutiger Gemetzel (Krimkrieg, Solferino) so lange nicht zu einem großen Krieg eskaliert, wie sie eingehegt wurden und eben nicht zu fortdauender Kriegsstimmung und Hochrüstung führten. 1914 war es dann anders, aber nicht zwangsläufig und von kaum jemandem gewollt. - Mir scheint, wir stehen im Jahr 1913, nicht im Jahr 1938.
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Es gibt gewiss viele gute Gründe dafür, die Schuldenbremse auf dem Müllhaufen der Wirtschaftsgeschichte zu entsorgen. Einige davon sind im zweiten Teil des Artikels genannt.
Irgendein Gutes hat die Schuldenbremse überhaupt nur dann, wenn sie tatsächlich auch zu einer Aufrüstungsbremse wird und wenn künftige Regierungen deshalb ein Interesse an Frieden und Entspannung haben müssen.
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Jedermann, der dem Massenschlachten entkommen will, sollte hier willkommen sein. Von beiden Seiten. Welcher Geflüchtete ist mehr bedroht als der, der dem Schlachthaus an der Kriegsfront entkommen will?
Und die grünen Bellizisten möchten doch bitte bedenken, dass sie mit ihrer Rhetorik den Weg frei machen für Kiesewettersche Remigrationsideen.
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Ich habe Gesine Lötzsch seinerzeit auf Veranstaltungen der Berliner Linken als überzeugende und integre Person kennengelernt, und ihrer aktuellen Einschätzung kann ich auch zustimmen.
In Berlin äußert sich der Gegensatz Zentrum-Peripherie innerstädtisch als zunehmende Spaltung zwischen Innen- und Außenbezirken. Die Linke ist hier zunehmend eine Innenstadt-Partei, auch vom Personal her.
Obwohl es niemand wörtlich so gesagt hat, hatte ich oft den Eindruck, dass sich so eine Haltung ausgebreitet hat: Wenn wir den Grünen in der Innenstadt eine Stimme abjagen, dann ist das eine "edlere" Stimme, als wenn wir der AfD in den Außenbezirken eine Stimme abjagen. Entsprechend die Themensetzung und das Auftreten. Für die Mehrheitsverhältnisse insgesamt ist das aber natürlich fatal.
Bundesweit war das zuletzt ähnlich, exemplarisch zu sehen bei der Auswahl der Spitzenkandidatin zur EU-Wahl. Man hat aber im Ergebnis auch gesehen, dass die Nische für eine urban-kosmopolitische Linke eher klein ist. Während eine kommunitaristische Linke, die die Interessen der Peripherie anspricht, offenbar ein größeres Potential hat (siehe BSW-Ergebnis).
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[Re]: Warum sollte sich Russland wieder zurückziehen?
Weil das russische Großkapital wieder Geschäfte mit dem Westen machen will. Weil ein großer Teil der russischen Gesellschaft sich als Europäer sieht und an frühere Beziehungen anknüpfen will. Weil selbst Putin bei seiner Invasion wohl kaum einen mehrjährigen Krieg wollte, sondern mit einem schnellen Kollaps des ukrainischen Staates gerechnet hat.
Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass sogar die jetzige russische Führung mit einer Wiederherstellung des Status Quo Ante leben könnte, wenn die Neutralität der Ukraine festgeschrieben wäre und wenn es eine umfassendere Verständigung mit der NATO über gemeinsame Sicherheitsinteressen gäbe.
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[Re]: Dem Kommentar möchte ich zustimmen. NATO-Mitgliedschaft sollte als Verhandlungsmasse verstanden werden, um von Russland territoriale Zugeständnisse zu erreichen. Wenn aber auf NATO-Mitgliedschaft beharrt wird, dann hat Russland keinen Anreiz, sich irgendwo zurückzuziehen, zumal eine echte NATO-Mitgliedschaft ja vollständige Kontrolle über das eigene Territorium voraussetzt.
Und selbst wenn man da die Statuten ändern würde: Wir hätten dann eine 2000 km lange Grenze zwischen zwei verfeindeten Staaten, die gleichzeitig eine von beiden Seiten hochgerüstete Militärgrenze zwischen NATO und Russland wäre, an der ständig aus irgendeinem Anlass ein großer europäischer Krieg ausbrechen kann. Das kann niemand, der guten Willens ist, wirklich wollen.
Ein schneller EU-Beitritt der UA würde m.E. nur den Agrarkonzernen helfen, die sich einen großen Teil des Landes dort unter den Nagel gerissen haben. Die übrige ukrainische Wirtschaft braucht in der Wiederaufbauphase sicherlich erst einmal einen gewissen Protektionismus, der sich mit EU-Vollmitgliedschaft nicht vertragen würde.
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Die russische Formel ist natürlich realitätsfern, sie kann einfach so übersetzt werden: Wir stellen unrealistische Maximalforderungen auf, solange ihr das auch tut.
Die ukrainische Formel ist das Gleiche. Natürlich wird Russland sich nicht als Voraussetzung eines Friedensprozesses aus allen besetzten Gebieten zurückziehen.
Einzig realistisch ist ein Waffenstillstand an der aktuellen Linie und ein beginnender Friedensprozess, in dessen Ergebnis (nicht als dessen Voraussetzung) dann Russland die besetzten Gebiete größtenteils wieder der Ukraine übergibt. Da ließen sich sicher verschiedene stufenweise Vorgehensweisen finden, verknüpft mit einem umfassenderen Entspannungsprozess zwischen Russland und der NATO.
Das ist den meisten Beteiligten sicher auch klar, aber es gibt immer die Gefahr schlafwandelnder Eskalation hin zu einem großen europäischen Krieg.
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Man würde das analog zu einer hiesigen Sprachregelung "Kriegsfolgenanpassung" nennen ...
Natürlich sollten wir da bereit zur Hilfe sein.
Wenn es Unwillen in der Bevölkerung gibt, dann kommt das wohl vor allem daher, dass uns immerfort erklärt wird, es könne nicht verhandelt werden, der Kriegszustand sei jetzt von Dauer, und außer für Heizaggregate müsse auch Geld für fortwährende Aufrüstung da sein.
Gäbe es von unserer Seite erkennbare Bemühungen hin zu einem Friedens- und Entspannungsprozess, dann wären wohl 97% der Deutschen dafür, den im Artikel beschriebenen elementaren Wiederaufbau finanziell zu unterstützen.
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Nun, es ist schon abzusehen, wie es enden kann. Die nächste Regierung wird wahrscheinlich eine Krisenregierung Merz mit einem Finanzminister Scholz sein, geprägt von Sparorgien und patriotischen Durchhalteparolen. Über den Bundesrat werden auch die Grünen mittun und sich vielleicht noch ein kleines Sondervermögen Klima abhandeln lassen. Das nächste blaue Wunder wird dann noch blauer ausfallen.
Die "politische Klasse" hat eben entschieden, dass die Priorität bei Aufrüstung und Krieg liegt und dies gerade noch einmal bekräftigt. Damit scheint der Weg in die Merde vorgezeichnet. Selbst 10 Milliarden jährlich aus einer Vermögensteuer würden daran nichts mehr ändern, und unter Merz wird auch diese gewiss nicht kommen.
Aber erstmal freuen wir uns noch am Sommermärchen ...
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Ein wichtiger Punkt ist m.E., dass es nach der Wiedervereinigung oft die Genossinnen und Genossen der PDS waren, die als "einfache Leute wie wir" wahrgenommen wurden, die nicht einer abgehobenen "westlichen" Politblase angehörten, und die deshalb die Verärgerung über die Kolonialisierung des Osten auffangen konnten.
Diese Generation ist aber nun auf dem Altenteil oder schon verstorben. Heute sind vielfach die AfD-ler diejenigen, die in "normalen" Berufen vor Ort tätig sind, während die jüngere Generation der Linken als Politkarrieristen und Teil der Blase wahrgenommen wird.
Man sollte das ausgeprägte kommunitaristische Motiv im Osten verstehen.
Lesenswerter Artikel von Maritta Tkalec dazu:
www.berliner-zeitu...arteien-li.2223501
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Dem Kommentar möchte ich weitgehend zustimmen. Schon als ich noch Mitglied der Linken war, konnte ich mich dem dort manchmal üblichen SPD-Bashing nicht so recht anschließen, und heute wäre die SPD für mich gewiss eine wählbare Partei (im Gegensatz zu CDU, FDP, Grünen und AfD).
Allerdings nicht, solange auch die SPD Milliarden in Krieg und Hochrüstung steckt, die für sozialen Wohnungsbau, Krankenhäuser, Schulen etc. fehlen.
Scholz hätte m.E. 2025 eine Chance, wenn es bis dahin unter seiner Mitwirkung gelingt, einen Friedensprozess im Ukrainekonflikt anzustoßen. Es geht aber natürlich nicht ohne die Amerikaner, die leider vermutlich in ihrem eigenen Wahljahr nach außen hin nur wenig konstruktiv wirken können.
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[Re]: Ja, Wahlplakate ... Wann waren die jemals differenziert? Wahlplakate sind dazu da, um aufzufallen und einfache Botschaften zu vermitteln. Da macht das BSW natürlich keine Ausnahme. Die vielgepriesene Shooting-Star-Partei Volt hat übrigens plakatiert: "Sei kein Arschloch!" Hat man denen deshalb Populismus vorgeworfen?
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Glückwunsch an Sibylle Berg, wenn es denn klappt mit dem Mandat!
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Was ist Populismus? Ist das BSW populistisch? Populistischer als andere?
Man kann das in Frage stellen. Populismus bedeutet doch eine gewisse Art von Kompexitätsreduktion.
In der Frage des Ukraine-Kriegs ist die Komplexitätsreduktion der Regierungsparteien und der Union maximal: Der Iwan ist böse, wir aber sind die Guten, und uns trifft keine Schuld. Das BSW behauptet nicht einfach das Gegenteil, sondern hat eine differenzierte Antwort.
In der Migrationsfrage sind die am wenigsten komplexen Forderungen "Grenzen auf!" (Linke) und "Grenzen zu!" (AfD) Auch hier hat das BSW eine differenzierte Antwort.
In der Europa-Frage sind die etablierten Parteien "pro Europa", setzen aber "Europa" mit den bestehenden EU-Institutionen gleich. Und wenn man Manfred Weber (EVP) zuhört, dann scheint man ja schon "gegen Europa" zu sein, wenn man die Militarisierung der EU ablehnt. Die AfD wiederum stellt die EU insgesamt als eine Bürde dar, die man besser abwirft. - Das BSW scheint mir auch hier die komplexeste und differenzierteste Antwort zu haben.
Ist also das BSW populistischer als andere?
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Nachdem ich mir das näher anschaute, hatte ich vier Gedanken:
1.) Das Transparent der abgebildeten türkischen Demonstranten war wirklich abstoßend und erinnerte an antisemitische "Stürmer"-Hetzkarikaturen.
2.) Eine Uni-Präsidentin sollte bedenken, dass sie alle ihre Mitarbeiter, Mitarbeiterinnen und Studierende repräsentiert und sich deshalb überhaupt nicht einseitig zu internationalen Konflikten äußern.
3.) Was treiben sich Leute in höherer gesellschaftlicher Position überhaupt in jenem "Narzissten-Nirwana" herum? Ist das nicht etwas für Leute, denen es sonst an Aufmerksamkeit mangelt?
Aber 4.) wegen 3.) ... Da irgendwas "liken" ist ja was anderes als selbst ein Pamphlet schreiben oder ein Bildchen malen. Wie sang Deichkind: "Like mich am A..." Eine letztlich unwesentliche Handlung. Insofern finde ich Entschuldigung und Zurückhaltung in der Zukunft O.K. Ein Rücktritt nur deshalb wäre übertrieben, wenn es sonst keine Beanstandung an ihrer Amtsführung gibt.
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[Re]: Als BSW-Unterstützer halte ich ein Bündnis mit der AfD nicht für möglich. Ich würde jeden Aufruf gegen Waffenlieferungen in die Ukraine mit einem Passus versehen, dass deutsche Waffen nicht dorthin gehören, wo Wehrmacht und Waffen-SS Kriegsverbrechen begangen haben. Dann dürfte es rechten Geschichtsrevisionisten schwer fallen sich anzuschließen.
Dass Putin eher eine Affinität zur AfD hat, muss nicht verwundern. Er ist selbst seit über einem Jahrzehnt ja eher restaurativ drauf. Und ein Finanzdetektiv wie Fabio De Masi vom BSW wäre ihm gewiss ohnehin suspekt, der würde in Russland wohl im Gefängnis sitzen.
Das ändert m.E. nichts daran, dass Deutschland in diesem Krieg keine Partei, sondern Vermittler sein sollte, und dass uns schon mit Blick auf eine Zeit nach Putin daran gelegen sein sollte, die Beziehungen zu Russland nicht durch unbedachtes Handeln vollends zu zerstören.
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[Re]: Ich bin nicht eingesperrt und geknechtet, ich kann mich frei bewegen, ich kann meine Meinung äußern, demonstrieren, einer Partei oder politischen Vereinigung beitreten und dort meine Ideen durchzusetzen versuchen. Das ist nicht viel Macht, aber ich bin auch nur ein Bürger unter vielen und sehe mich nicht als Hohepriester einer objektiven Wahrheit.
In Freiheit und ohne unmittelbare staatsseitige Lebensbedrohung für Nahestehende zu solch einem Mittel zu greifen, halte ich für falsch und anmaßend.
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Die Variante mit der Bild-Zeitung sollte doch allen Beteiligten einen Ausweg weisen:
Bild veröffentlicht einen ganzseitigen Artikel von Metzeler-Kick & Co., nicht als redaktionellen Text, sondern mit ausdrücklicher Kennzeichnung der Autorenschaft. Sie müssten sich da keinen Zacken aus der Krone brechen, sondern könnten darauf verweisen, dass die Washington Post seinerzeit auch Ted Kaczynskis Manifest veröffentlicht hat.
Win-Win-Win. ... M-K hat seine Publizität über den engen Kreis hinaus. Bild kann sich als gleichermaßend staatstragend und barmherzige Schwester gerieren. Und Scholz muss nicht tun, was ein Kanzler einfach nicht tun kann.
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Mir fehlt da jegliches Verständnis. Hungerstreik ist das letzte Mittel, das völlig machtlosen, entrechteten Menschen zur Verfügung steht, zumeist Gefangenen, die gegen unmenschliche Haftbedingungen protestieren.
Und hier kommen politische Aktivisten daher und drohen: Wenn der Kanzler nicht XY sagt, dann bringe ich mich um. - Meine Güte!
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Vor zwei Jahren bin ich aus der Linken ausgetreten, weil sich mein Berliner Landesverband in der Friedensfrage m.E. völlig kompromittiert hatte. Mittlerweile habe ich mich als BSW-Unterstützer registrieren lassen.
Ich sehe Vorzüge des BSW gegenüber der Linken auch darin, dass im BSW keine linke Identitätspolitik betrieben wird, und dass man im BSW den positiven Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Prosperität und sozialer Sicherheit besser versteht. (Bei der Linken gibt es doch leider viele wirtschafts- und wachstumsfeindliche Stimmen.)
Für mich problematisch ist die im BSW vertretene Haltung zum Bürgergeld und zur sanktionsfreien Grundsicherung. Da bin ich der konsequenten Haltung meiner früheren Partei viel näher. Wenn zur Bundestagswahl hin sich im BSW die Geisel-Linie durchsetzt, dann bin ich wieder draußen.
Denjenigen, die das BSW böswillig in eine rechte AfD-nahe Ecke stellen wollen, lege ich nahe sich darüber zu informieren, wie die BSW-Abgeordneten im Bundestag über das Gesetz zur Liberalisierung der Einbürgerung abgestimmt haben (damals noch als fraktionslos aufgeführt):
www.bundestag.de/p.../abstimmung?id=893
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Die tschechische Initiative hat offenbar zur Folge, dass alle möglichen Waffenarsenale jetzt bei steigenden Preisen ausverkauft werden.
www.n-tv.de/politi...ticle24980312.html
Wenn schon die Europäer so blöd sind, so hilft es doch hoffentlich den Afrikanern, wenn deren Warlords jetzt mit Kursgewinn ihre Waffen an unsere europäischen Warlords zurückgeben können.
Pardon, ohne Sarkasmus geht es nicht mehr.
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[Re]: Imageaufbesserung, "Sportswashing". So wie Vonovia in Bochum.
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[Re]: Wie wäre es mit:
d) Russland eine umfassende Sicherheitspartnerschaft und Wiederaufnahme aller Beziehungen in Aussicht stellen unter der Voraussetzung, dass die besetzten Gebiete im Ergebnis eines Friedensprozesses wieder in den ukrainischen Staat integriert werden. (Krim evtl. russisch oder eigenstaatlich, aber entmilitarisiert.)
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Wieso ist das BSW eine "extreme Kraft von den Rändern"?
Wenn ich mit politisch linken Leuten rede, dann höre ich als Kritik am BSW immer, das Bündnis sei in manchem zu konturlos, versuche zu sehr eine Anbiederung an bürgerliche Milieus, vermeide das Wort Sozialismus und suche in der Migrationspolitik sogar die Anschlussfähigkeit zur CDU.
In der Außenpolitik ist das BSW aber erfreulich klar und vertritt das, was bis vor wenigen Jahren in der Bundesrepublik noch weitgehend common sense war. - Wenn es jetzt als normal gilt, die Entsendung von Marschflugkörpern und eigenen Soldaten in einen postsowjetischen Konflikt zu fordern, während die Forderung nach Verhandlungen und die Ablehnung von Waffenlieferungen in Kriegsgebiete als "extrem" gelabelt wird - dann zeigt das m.E. nur, wie sehr sich hierzulande der Mainstream in den letzten Jahren ins Extreme verschoben hat.
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[Re]: Zu behaupten, Entspannungspolitik sei landesverräterisch, ist m.E. per se "rechts". Solche "Kritik" wendet sich wohl eher an ein konservatives, deutschnationales Milieu, wo man den Iwan noch nie gemocht hat.
Was bei der Auseinandersetzung mit der AfD m.E. dagegen zu kurz kommt, ist deren Verbindung von Rassismus und Klassismus. Wirtschaftspolitisch ist deren Programm ja klarer Klassenkampf von oben, und auch aus ihrer anti-migrantischen Haltung spricht vielfach der bürgerliche Dünkel gegenüber dem "Pöbel auf der Straße".
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Es gibt wohl zwei Seiten der Medaille.
Von diesem Pandemieabkommen lese ich in den Standardmedien praktisch nichts, und wenn doch, dann nur im Zusammenhang mit dem als "verschwörungstheoretisch" gelabelten Protest dagegen.
Wird irgendwo dieses Abkommen öffentlich diskutiert? Werden seine Akteure (samt deren Finanzierung), werden seine möglichen Auswirkungen auf nationale Gesetzgebungen öffentlich diskutiert?
Offensichtlich nicht. Natürlich entsteht da der Eindruck, dass "globale Eliten" unter der allgemeinen Wahrnehmungsschwelle eine eigene Agenda durchsetzen und damit demokratische Entscheidungsprozesse aushebeln wollen.
Für verschwörungstheoretische Politsekten ist das natürlich ein gefundenes Fressen. Weil sie ja sogar teilweise recht haben in der Kritik - und weil ihre Jünger sich dadurch in ihrer allgemeinen Weltsicht bestätigt fühlen.
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Ich denke, es stellt sich nicht die Frage: Umbau & Regulierung im Bestand ODER Neubau, sondern es wird beides brauchen. Also der Neubau darf nicht ausfallen, er ist nötig, aber er allein wird nicht ausreichen.
Dass Neubau so teuer ist, liegt auch an den Grundstückspreisen. Unlängst schrieb der Baulöwe Christoph Gröner in einem Interview der Berliner Zeitung, dass die reinen Baukosten sich in zwanzig Jahren verdoppelt haben, die Grundstückspreise etwa in Berlin aber verzehnfacht. Die Grundstückspreise würden inzwischen etwa zwei Drittel der Mieten im Neubau ausmachen. (Berl.Ztg. 6./7. April 2024)
Längerfristig wird sich die Politik auch die sehr komplexe Frage stellen müssen, wie die Ballungszentren deattraktiviert und die ländlichen Räume gestärkt werden können.
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(Auch wenn die aktuelle Fördersystematik nicht das Gelbe vom Ei ist:)
18,15 Milliarden für sozialen Wohnungsbau ... in fünf Jahren.
Dagegen laut Statista 21 Milliarden für den Krieg im Osten in zwei Jahren, zuzüglich des deutschen Anteils an der EU-Beschaffung von Tötungsgerät sogar 38 Milliarden.
Für mich völlig undenkbar, eine der Parteien zu wählen, die daran einen Anteil hat.
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Dass man und frau auf Seiten der Rechten im lateinisch-katholischen Europa nicht viel mit der puritanischen deutschen AfD anfangen kann, die ja mit Stimmungsmache gegen die Staatsverschuldung des "ClubMed" groß geworden ist, erscheint sehr verständlich.
Dass Le Pen bei einer Veranstaltung auftritt, bei der Milei gefeiert wird, erscheint dagegen schräg. Geradezu eine Schrägfront. Wirtschaftspolitisch ist Milei der AfD mit ihrer Hayek-Verehrung gewiss weit näher als dem RN.
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Die Dimensionen des Problems waren mir noch nicht bekannt. - Man gewinnt ja den Eindruck, dass im deutschen Energiesektor Marktwirtschaft und Staatswirtschaft in einer Weise kombiniert werden, dass nicht die Stärken, sondern die Schwächen beider Wirtschaftsformen maximal zum Tragen kommen.
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Die Argumentation des Kommentars ist formal zweifellos richtig. In einem Rechtsstaat hat nicht politische Opportunität über die Judikative zu bestimmen.
Aber die Welt der internationalen Beziehungen ist nicht mit einem Staat zu vergleichen, schon gar nicht mit einem Staat, der Gewaltenteilung kennt. In der Welt der internationalen Beziehungen gibt es keinen Rechtspositivismus, sondern dort gilt das Primat der diplomatischen und politischen Opportunität.
Ich habe deshalb die Versuche zur Schaffung eines überstaatlichen Strafrechts immer sehr kritisch gesehen. Man sollte da ehrlich sein: Wenn man überstaatliches Strafrecht will, dann muss man die Konsequenzen in konkreten Fällen ertragen. Wenn man sie nicht ertragen will, dann muss man überstaatliches Strafrecht ablehnen. Tertium non datur.
Es spricht m.E. viel dafür, überstaatliches Strafrecht komplett abzulehnen, um der Diplomatie mehr Spielräume zu geben. Wem nützt es, wenn Netanjahu, Putin et al nicht mehr zu internationalen Friedenskonferenzen reisen können, weil das jeweilige Gastgeberland evtl. extraterritoriale Haftbefehle gegen sie vollstrecken muss?
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Dear Juri, I fully understand the unwillingness of Georgian people and politicians to get involved into another post-soviet conflict. They had some civil and secessionist wars in the recent decades, but now there's obviously a certain normalization and an economic upturn within the country.
And, honestly, who really believes in an EU membership of Georgia? - And even if, would it be good for the country and its economy? In a survey on Georgian foreign trade I find that most of the Georgian exports go to CIS countries and China, while most of its imports come from Turkey.
www.geostat.ge/med...eorgia-in-2023.pdf
An EU affiliation of Georgia could mean, that tariff barriers with their most important trade partners might be imposed without a real influence of the Georgian government on those decisions. Not to talk about sanctions ...
Finally, I deeply oppose the kind of thinking in terms of "friends" and "foes", "our side" and "their side". I rather like politicians who try to keep in contact with both sides of a conflict, and who might act as trustworthy intermediators, when the time has come. Unfortunately, in the Ukrainian case there's hardly one left in Europe. The Pope is too old. So we might need help from outside.
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Ich muss mal fragen: Was ist so verwerflich daran, wenn ein Staat Kenntnis darüber haben will, welche ausländischen Akteure in seinem Hoheitsbereich Medien und NGOs finanzieren? Ist - im besonderen - eine NGO wirklich noch eine NGO, wenn sie Geld aus auswärtigen quasi-staatlichen Quellen erhält?
Ist Transparenz da verkehrt?
Problematisch wird es sicher dann, wenn das Wissen darüber nicht wirklich transparent ist, sondern ausschließlich einer Regierungsbehörde zur Verfügung steht. Wie ist das in dem Gesetz geregelt?
In Deutschland wird z.B. die AKP-Nähe des Moscheeverbandes Ditip sehr kritisch gesehen. Und falls irgendeine NGO aus staatlichen russischen Quellen mitfinanziert würde, wäre der Aufschrei groß, man würde Transparenz einfordern und nach allerlei Maßnahmen rufen.
Kann es sei, dass "wir" in der Hinsicht Doppelstandards pflegen?
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Egal was man von dem Gesetz hält - ich frage mich, warum die EU sich überhaupt so überdehnen muss und einem Staat den Beitritt in Aussicht stellt, der geografisch in Asien liegt und an kein anderes EU-Land grenzt. Nichts gegen ein Zollabkommen, Visafreiheit und die Übernahme von EU-Standards in Teilbereichen. Aber ein Beitritt mit allen Konsequenzen?? Mal ganz abgesehen von Abchasien und Südossetien, wie wollte die EU damit umgehen?
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Israel ist ein von Shoah-Überlebenden mitbegründeter Staat, der keine räumliche "strategische Tiefe" hat und der prinzipiell immer bedroht ist. 50 Kilometer entscheiden dort über Gedeih und Verderb des Staates der Überlebenden.
Russland und die Ukraine sind zwei große Flächenstaaten, Nachfolgestaaten der Sowjetunion. In dem postsowjetischen Territorialkrieg entscheiden 50 Kilometer dort nichts, schon gar nicht die Zukunft Europas.
Diesen Unterschied sollte man sehen können.
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[Re]: Ich finde den Ausdruck "befreiungsnationalistisch" auch furchtbar und identitär. Ich denke da an so Leute wie Friedrich Ludwig Jahn.
Israel ist keine rabiate "verspätete Nation" in Europa. Sondern es war und ist ein Staat all derer, die das "befreiungsnationalistische" Europa des frühen 20. Jh. nicht mehr als sichere Heimat begreifen konnten. Nach 1933 schon gar nicht mehr.
Deshalb ist jeder Vergleich mit europäischem Kolonialismus in anderen Weltregionen auch abwegig.
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Naja, es gibt natürlich immer wieder positive Gegenbeispiele, aber dass die anderen Bundesligaklubs professioneller arbeiten als die Bayern, kann man so wohl nicht sagen. Ich denke da nur an das Trainerkarussell bei Schalke, das Trainer- und Investorenkarussell bei Hertha, die WM-Stadion-Eitelkeit bei Kaiserslautern. Alles ehemalige Spitzenvereine (Hertha zumindest vorübergehend), und wo sind sie jetzt?
Bei Bayern ist es ja eher verblüffend, dass sie immer wieder gründlich was vergeigen, aber immer wieder auf die Füße fallen. Auch im internationalen Vergleich, im Gegensatz etwa zu Manchester United, Juventus, jetzt auch Chelsea.
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[Re]: Ihre Skepsis kann ich verstehen angesichts der noch vorhandenen programmatischen Vagheit. Aber wie sollte das zu diesem Zeitpunkt anders sein? Ich gebe dem BSW als Unterstützer einen Vertrauensvorschuss, da andere Kräfte (mit Ausnahme vielleicht von Sonneborns PARTEI) für mich aktuell nicht wählbar sind.
Den vielfach geäußerten Populismus-Vorwurf verstehe ich nicht so recht. Das, was programmatisch bereits vorliegt, scheint mir nicht effekthascherisch, sondern durchdacht und vernünftig (wenn auch noch nicht ausreichend präzise).
Wenn der Populismus-Vorwurf sich dagegen an SWs Rhetorik festmacht, so zeugt mir das eher von einer zunehmenden Wehleidigkeit in der Politik. Denken Sie an Wehner und Strauß, die damals Stilikonen waren.
Die linkssozialdemokratische Ausrichtung zeigt sich für mich in der Personalauswahl und in dem vielfach kritisierten Umstand, dass eben nicht alle gleich eintreten dürfen ("keine Rechten, Spinner, Sektierer und Karrieristen").
Fabio de Masi ist nicht umsonst Spitzenkandidat für die Europawahl. In Thüringen ist Katja Wolf, die Bürgermeisterin von Eisenach (ehemals PdL) Spitzenkandidatin.
In der von Ihnen aufgeführten Liste ist nur Dieter Dehm für mich ein No-Go. - Und genau der durfte eben nicht dem BSW beitreten!
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Ich freue ich sehr, dass Fabio de Masi für das neue Bündnis gewonnen werden konnte.
Das BSW ist eine linkssozialdemokratische Partei. Und deshalb keine "Linke 2.0"
Damit ist gemeint, dass man sich nicht in innerparteiliche ideologische Grabenkämpfe um das Wesen des "Links-Seins" verstrickt. Sondern dass man praktisch für die gesellschaftlich Unterprivilegierten eintritt, auch wenn man dabei nicht allen Ritualen und Sprachregelungen eines privilegierten links-akademischen Milieus folgt.
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Zitat: - "muss eine Pattsituation, besser noch die militärische Überlegenheit der Ukraine geschaffen werden"
In einer solchen Annahme zeigt sich das ganze Elend. Wenn man begründet annimmt, dass sich die russische Seite von ähnlichen Erwägungen leiten lässt.
Es gibt einen Stellungskrieg, faktisch eine "Pattsituation", mit minimalen Verschiebungen. Man könnte jetzt aufhören.
Wenn aber jede dieser Verschiebungen als Beginn einer eigenen Überlegenheit verkauft wird, wenn die jeweilige Gegenseite verteufelt und ein "Siegfrieden" als der einzig mögliche Frieden dargestellt wird, dann bietet man dem "Ukrainekrieg als Fortsetzung des Sophismus" (Schöpfer dieser Wendung unbekannt) bereitwillig weitere Menschenopfer dar.
Wenn denn wirklich die Ukraine wieder in die Offensive käme, dann wird man getreu dieser Logik sagen: Die "Unseren" sind im Vormarsch, jetzt können wir erst recht nicht aufhören.
Aber darauf käme es an, nicht auf das sinnlose Weitermachen, sondern auf das AUFHÖREN. (Interessant, dass dieses deutsche Wort für "beenden" mit dem "Hören", also dem Wahrnehmen zu tun hat.)
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Interessant finde ich den Hinweis auf den "Reiseausweis für Ausländer". Auf der Seite der Berliner Senatsverwaltung finde ich dazu:
"Ausländern aus Nicht-EU-Staaten kann ein deutscher Passersatz in Form eines Reiseausweises für Ausländer ausgestellt werden, wenn ein von der Bundesrepublik Deutschland anerkannter Pass oder Passersatz bei den Behörden des Herkunftsstaates nicht auf zumutbare Weise erlangt werden kann."
Dies dürfte im konkreten Fall zweifellos zutreffen. Ich hoffe, die deutschen Behörden werden im konkreten Fall sehr großzügig mit dieser Möglichkeit umgehen und sich nicht zum Instrument der ukrainischen Einberufungsbehörden machen lassen. (Gilt natürlich ebenso für russische Kriegsdienstverweigerer.)
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Ohne in irgendeiner Weise AfD-Sympathisant zu sein, möchte ich das Verwerfen der "Multipolarität" seitens des Autors in Frage stellen.
Was wäre die realistische Alternative? Einige wollen wohl zur unipolaren transatlantischen Illusion der 90-er zurück. Die ist aber gestorben in fortgesetzten Völkerrechtsbrüchen des Westens und im relativen Aufstieg anderer Mächte, die sich unsere Doppelstandards nicht mehr bieten lassen.
Es wird auch keine globale Rechtsordnung mit globaler quasistaatlicher Rechtsdurchsetzung geben. - Insofern ist "Multipolarität" die beste der möglichen Welten, die Alternative zu Willkür und Chaos.
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[Re]: Unter anderem der Umstand, dass in Moldau nur Rumänisch Amtssprache ist, was in Transnistrien praktisch nicht gesprochen wird. Das hat damit zu tun, dass Transnistrien kein historischer Bestandteil von Moldau ist.
de.wikipedia.org/w...stentum_Moldau.png
Transnistrien wurde in sowjetischer Zeit an Moldau angegliedert, um dem bis dato reinen Agrarland ein industrielles Potential mitzugeben.
Man sollte diese postsowjetischen Grenzen gleichwohl respektieren, aber die sich daraus ergebenden Probleme auf friedliche Weise lösen, nicht mit "Davonjagen".
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Wie wäre es damit? - In ganz Moldau werden Russisch und Ukrainisch gleichberechtigte Amtssprachen, so wie jetzt schon in Transnistrien. Auf dieser Grundlage wird Transnistrien allmählich in den moldauischen Staat reintegriert. Bei einer EU-Mitgliedschaft von Moldau würden Russisch und Ukrainisch damit Amtssprachen der EU. - M.E. eine elegante Lösung, mit der Kiew und Moskau wohl leben könnten. Zumal Russland ohnehin keine Grenze zu Transnistrien hat.
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[Re]: Das mit der Aufwiegelung durch Moskau ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist, dass dies gar nicht möglich wäre, wenn die baltischen Staaten in den 90-ern Russisch zur zweiten Amtssprache gemacht hätten bzw. die EU dies zur Voraussetzung für ihre Aufnahme.
Dann wäre Russisch heute Amtssprache in der EU, die pro-europäischen Kräfte hin Russland hätten dadurch großen Rückenwind bekommen, den "Eurasiern" wäre der Wind aus den Segeln genommen worden.
Es ist an einigen Stellen falsch abgebogen worden, auch auf "unserer" Seite ... Das lässt sich leider nicht rückgängig machen, aber man muss es auch nicht noch schlimmer machen.
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In Berlin-Mitte geht die Veteranenstraße direkt in die Invalidenstraße über. Eine klarere antimilitaristische Symbolik kann es eigentlich kaum geben.
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[Re]: Hm ... wenn wir Prozentzahlen vergleichen ...
Im gentrifizierten Berliner Kiez, wo ich wohne, haben die Grünen zuletzt immer um die 40%.
Auf dem Land, wo meine Verwandten wohnen, haben die Grünen nie über 5%.
Welcher dieser beiden Prozentwerte hat mit "informierter Entscheidung" zu tun, und welcher nicht?
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Es gab einmal den Ausdruck "Holocaust-Leugner". Damit wurde zum Ausdruck gebracht, dass jemand, der das Jahrhundertverbrechen der Nazis und ihrer willigen Mittäter kleinredet und relativiert, sich aus einem zivilisierten Diskurs verabschiedet hat. Das war eine sinnvolle Ausgrenzung angesichts der Singularität dieses Zivilisationsbruchs.
Das Verständnis für diese Singularität ist leider völlig abhanden gekommen, seitdem "Leugner" ein beliebiger Kampfbegriff zur Ausgrenzung mißliebiger Anschauungen geworden ist. Schon höre ich, wie Dissenter den Begriff "Leugner" positiv umdeuten im Sinne von "wegen abweichender Meinung diffamiert". - Dem Antifaschismus ist damit ein Bärendienst erwiesen.
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[Re]: Warum?
Vielleicht, weil sie kommerziell und in der von Ihnen benannten zielgruppenorientierten Beliebigkeit so sehr vergleichbar sind, dass der künstlerische Unterschied umso mehr auffällt.
Vielleicht auch, weil dieser Stil in den 90-ern innovativ war und einen gewissen Charme hatte. Während er jetzt nur epigonenhaft ist.
Vielleicht aber auch, weil ich damals jung war und jetzt ein alter Sack bin. :-)
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[Re]: Geht mir genauso. Hab mir unlängst aus Neugier erstmals einige Sachen von ihr angehört. Hatte den Eindruck, sie versucht so zu singen wie Madonna in den 90-ern. Was ihr natürlich nicht gelingt.
Madonna hat damals wohl ebenso den künstlerischen Spagat versucht zwischen Pop und dem, was im deutschen Sprachraum Schlager ist. Aber zwischen Madonna und TS liegen m.E. Welten.
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[Re]: Wir sollten uns auch von der naiven Annahme trennen, das "unsere" Dienste sich an moralisch hochwertige Regeln halten. Oder glauben Sie, dass der BND bei der Informationsbeschaffung im Ausland ausnahmslos Praktiken anwendet, die in den jeweiligen Ländern legal sind?
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[Re]: Das mit dem Auszahlen ist so eine Sache. Je höher die schon getätigten Einsätze sind, desto größer die Bereitschaft, weitere Einsätze zu tätigen und desto geringer die Möglichkeit, gesichtswahrend auszusteigen. Gilt für alle Akteure. Im Zusammenhang mit Krieg ist das fatal, führt zu einer Eskalationsspirale.
Man macht deshalb besser frühzeitig ein annehmbares Angebot, zumal wenn man in der strukturell stärkeren Position ist, was für die antirussische Koalition gewiss zutrifft. Ansonsten ist man am Ende nur um 20% weniger kaputt als die Gegenseite, um es mal so zu sagen.
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Als die ukrainische Armee in der Offensive schien, da hieß es: Friedensverhandlungen kann es derzeit nicht geben, erst muss die ukrainische Seite auf dem Schlachtfeld ihre Verhandlungsposition verbessern.
Als die russische Armee in der Offensive schien, da hieß es: Friedensverhandlungen kann es derzeit nicht geben, weil Putin daran nicht interessiert ist und auf dem Schlachtfeld seine Verhandlungsposition verbessern will.
Wenn demnächst mit westlichen Waffenlieferungen die vermeintliche Offensive wieder die Seiten wechselt (es geht seit Herbst 2022 immer nur um ein paar hundert qkm), wird dann zum erstgenannten Argument zurückgekehrt? Wahrscheinlich ja.
Wie lange will man diese wahnsinnige Logik durchhalten? Wieviele in den Kriegsdienst gepresste Soldaten beider Seiten sollen noch sterben?
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"Regressiver gesellschaftspolitischer Kurs" scheint mir nicht zuzutreffen. Ich denke an etwas, was der Politologe Andreas Nölke vor Jahren schrieb: Es gibt eine Achse "kosmopolitisch" vs. "kommunitaristisch". Im Englischen würde man "anywhere" vs. "somewhere" sagen.
Die klassischen rechten Parteien überspannen das ganze Spektrum, von der kosmopolitischen FDP bis zur kommunitarischen CSU. Die AfD kommt nun als kommunitaristische Protestpartei noch dazu.
Demgegenüber seien die klassischen linken Parteien alle auf der kosmopolitischen Seite der Achse zu verorten, und das mache die Schwäche der Linken in Deutschland aus. Eine linke Partei (idealerweise die PdL) müsse auch das links-kommunitaristische Feld besetzen.
Das ist nicht geschehen, die PdL hat sich vielmehr zu einer Partei der urbanen, kosmopolitischen Milieus entwickelt und macht da, wo sie sich hält, eher den Grünen Konkurrenz.
Insofern ist die links-kommunitarische Neugründung m.E. logisch, und wenn es gut läuft, wird das (sozialdemokratische) linke Lager insgesamt gestärkt daraus hervorgehen.
Und Klimaschutz wird vom BSW ja nicht abgelehnt. Das zentrale Argument bzgl. der Autoindustrie ist folgendes: Elektromobilität ist ökologisch und ökonomisch ein Irrweg, gerade bei globaler Betrachtung. U.a. weil vielerorts die Voraussetzungen für ein enges Netz von Ladestationen nicht gegeben sind. Sinnvoller wäre es, die Ressourcen in die Entwicklung deutlich verbrauchsärmerer Verbrennermotoren zu stecken.
Bin da kein Fachmann, aber plausibel scheint mir das Argument schon. Allerdings bin ich auch über 45 :-)
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Interessanter Artikel. Allerdings finde ich, dass zwei Dinge etwas durcheinander geworfen werden. Dass staatliche und privatwirtschaftliche Akteure private Medien nutzen, um ihre Agenda im vermeintlich neutralen Gewand unabhängiger Berichterstattung zu präsentieren, ist wohl so alt wie die Massenmedien selbst. Der mündige Medienkonsument weiß um die Notwendigkeit der Quellenüberprüfung. Eine Gefährdung der Demokratie scheint mir nicht gegeben.
Gefährlicher ist m.E. das Potential der betreffenden Kanäle zur Entfesselung von Kampagnen gegen einzelne Personen, verbunden mit Nennung persönlicher Adressen, kaum verhüllten Gewaltaufrufen etc. Das ist eine andere Ebene, wo nicht die Demokratie, wohl aber der Rechtsstaat bei der Verteidigung individueller Persönlichkeitsrechte herausgefordert ist.
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Die ganzen Frontbewegungen sind m.E. von untergeordnetem Interesse. Aus humanistischer wie aus realpolitischer Sicht interessiert nur eine Bewegung: die hin zu einem Waffenstillstand und zu einem Friedensprozess. Ohne dass vorher noch Zehntausende auf beiden Seiten für ein paar hundert Quadratkilometer hin und her sterben müssen, so wie 2023.
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[Re]: "Vergleichsweise einfach" - das erste Wort ist zu beachten.
Die klimaneutrale Transformation ist eine Herausforderung, wie sie sich in der Menschheitsgeschichte so wohl noch nicht gestellt hat: technologisch, sozialökonomisch und in der dafür nötigen staaten- und gesellschaftsübergreifenden Kooperation. Ein Weg ins Unbekannte ...
Wie sich Mächtekonflikte so einhegen lassen, dass sie nicht zu großen Kriegen führen, wie sich Kriege einhegen und beenden lassen, das ist dagegen aus der Geschichte im Prinzip bekannt. Wenn diese Wege nicht gegangen werden, dann ist das Politikversagen. Auf den Ukraine-Krieg trifft das m.E. ganz eindeutig zu. (Nahost mit seiner furchtbaren Vorgeschichte in Europa ist nochmal was anderes.)
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Ich verstehe den Autor ja eher so:
Es ist frustrierend, dass Krieg und Aufrüstung (die eigentlich Ergebnisse politischer Dummheit sind) mittlerweile wieder wie naturgesetzliche Notwendigkeiten beschrieben werden, obwohl sie durch diplomatisches Bemühen vergleichsweise einfach zu verhindern wären.
Die unglaublich komplexe Jahrhundertaufgabe des klimaneutralen Umbaus der Wirtschaft, der wirklich naturgesetzliche Notwendigkeiten zugrunde liegen, wird dagegen im Zweifelsfall sekundär und bleibt unterfinanziert.
Militärisch ausgetragene Mächtekonkurrenz verdrängt globale wirtschaftliche Transformation.
Ein geistig-moralischer Rückfall vom 21. ins 19. Jahrhundert. Wie werden spätere Historiker über diese Regression denken, und darüber, dass sie - wieder - in Europa stattfand?
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[Re]: Darf ich auch antworten? - Ich habe mich noch vor Corona mehrfach mit gebildeten, in Russland lebenden Russen unterhalten, wenn sie hier zu Besuch waren. Wir haben Deutsch und Russisch gesprochen. Meine Gesprächspartner waren keine Putin-Anhänger (bzw. ehemalige Putin-Anhänger, die so um 2012 herum abgeschworen hatten).
Die NATO kam wohl nur am Rande vor. Was mir allerdings mehrfach - und m.E. zu Recht - vorgehalten wurde, war die völlig einseitige antirussische Berichterstattung in fast allen deutschen Medien nach 2014 (teils auch zuvor).
Es gab in Russland keine vergleichbare antideutsche Stimmungsmache, im übrigen auch keine antiamerikanische. Da meine Gesprächsparter im Netz auch deutsche Zeitungen lesen konnten, ich aber auch russische, hatten wir den Vergleich. Es ist so: Trotz des 2. Weltkrieges hat es nach 2014 in Russland - mit ganz wenigen Ausnahmen - keine antideutsche Hetze gegeben. Umgekehrt dagegen schon ...
Das war der Punkt: Die grundsätzlich einseitige und negative Haltung hierzulande gegenüber Russland. Und das trotz der großen Deutschfreundlichkeit in der russischen Bevölkerung, die sich auch in der Rolle von Deutsch als Fremdsprache ausdrückt.
Konstantin Remtschukow, Herausgeber der "Nezavisimaia gazeta" ist gewiss ein Putin-Gegner, gleichzeitig aber auch ein Kritiker der westlichen ausgrenzenden Politik gegenüber Russland. Der ist nun nicht germanophil, aber sonst schien mir seine Sicht (vor der erzwungenen Selbstzensur der NG ab 2022) in vielem der Sicht meiner Ex-Kollegen zu entsprechen.
Es scheint mir hier leider ignoriert zu werden, dass es in Russland viele ursprünglich "prowestliche" Leute gibt, die anfangs "Putinisten" waren, weil sie ihn für einen Modernisierer hielten. Die jetzt aber an Putin genauso verzweifeln wie an der Haltung des Westens gegenüber Russland. Die sich zwischen zwei Übeln sehen.
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[Re]: Das mit der "verrohten und xenophob grundierten Gesellschaft" halte ich auch für falsch. "Müdigkeit und Resignation" trifft es sicher besser. Das ist zumindest mein Eindruck aus der sporadischen Kommunikation mit früheren Freunden und Kollegen in Russland. Die fühlen sich irgendwie von der eigenen Führung verraten, aber auch vom Westen verraten wegen der jahrzehntelangen antirussischen Haltung hierzulande.
Und "xenophob" ist die russländische Gesellschaft wohl nicht mehr und nicht weniger als die anderen europäischen Gesellschaften.
Es gibt im Russischen - anders als im Deutschen - übrigens ein klare sprachliche Unterscheidung zwischen Ethnos und Demos.
"russkij" meint die Ethnie und die Sprache. "rossiiskij" dagegen meint den Staat und die Staatsbürgerschaft. Ein russländischer Baschkire z.B. ist ein "rossianin", auch wenn er sich nicht ethnisch als "russkij" versteht.
Um diese Differenz in Deutschland aufzumachen, müsste man zwischen (ethnischen) "Deutschen" und (staatlichen) "Deutschländern" unterscheiden. Das ist hier unüblich, in Russland aber eine selbstverständliche Unterscheidung, der nichts Diskriminierendes innewohnt.
Es ist eben ein Vielvölkerstaat, wo in den einzelnen Regionen neben dem Russischen immer auch die Sprache der Titularnation als Amtssprache anerkannt ist (Tatarisch, Burjatisch, Udmurtisch etc.)
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[Re]: Zitat - "Offensichtlich wird die Ukraine gerade schwächer. Da wird Putin nun nicht mit Verhandlungen anfangen. Das könnte er innenpolitisch gar nicht verkaufen."
Vielleicht doch. Bismarck hat Österreich nach 1866 gegen die öffentliche Meinung keine territorialen Zugeständnisse abverlangt. (Freilich auch um die Hand frei zu haben gegen Frankreich.)
Putin mit Bismarck zu vergleichen ist sicher schwierig. Und Bismarck ist ganz und gar kein Held! - Aber sinnvoll ist es, der Gegenseite rationales Handeln zu unterstellen und sie nicht zu verteufeln.
In den russischen Funktionseliten gibt es gewiss viele Personen, die die Beziehungen zum "Westen" gern schnell wieder normalisieren würden. Und die mit einem Arrangement ohne einen klaren "Sieg" einverstanden wären.
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Diese eingefrorenen russischen Vermögen wären eine wichtige Verhandlungsmasse in einem Friedensprozess. Es wird dann auch um Reparationen gehen. UA wird darauf bestehen, RU wird das ablehnen, auch aus prinzipiellen Gründen.
Wenn die blockierten russischen Zentralbankvermögen teilweise (mit formaler Zustimmung Russlands) in einen ukrainischen Wiederaufbaufond einbezogen würden - wäre das nicht eine gute Möglichkeit, Reparationen faktisch zu erreichen, ohne sie so nennen zu müssen?
Man sollte es ja alles vom Frieden her denken. Diese Gelder jetzt auch nur teilweise destruktiv für den Krieg statt später produktiv für den Frieden einzusetzen, verbietet sich m.E.
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[Re]: Sehe ich auch so. Privat jede(r) wie er oder sie mag. Aber die Einheitlichkeit der Sprachnorm im staatlichen Bildungs- und Verwaltungswesen ist eine zivilisatorische Errungenschaft, an der frau und man festhalten sollten.
Sonst könnte ja der oder die nächste kommen und die nächste milieugebundene Sprachpraxis zur gleichwertigen Regel erklären ... Solch eine zeitgeistbedingte Ausdifferenzierung von schriftsprachlicher Norm ist m.E. auch unfair gegenüber Deutschlernenden. Die Sprache ist eh schon kompliziert genug.
Im Übrigen gibt es kreativere und elegantere Wege, der Gleichschaltung durch das generische Maskulinum zu entgehen, als die Einführung von wortentstellenden Sonderzeichen.
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[Re]: Ihr Argument, man solle doch verborgene Gesprächskanäle für Verhandlungen nutzen und nicht im Bundestagsplenum dazu aufrufen, ist so verkehrt ja an sich nicht.
Das Problem scheint mir aber leider zu sein, dass es hierzulande eine recht lautstarke politisch-mediale Meute gibt, die eine Eskalation des Konflikts herbeiredet und so mögliche verborgene Gespräche willentlich oder unwillentlich torpediert. Vielleicht wollte Mützenich da bewusst einen öffentlichen Kontrapunkt setzen? Und gleichzeitig vielleicht auch ein positives Signal an die mutmaßliche kriegsmüde Partei innerhalb der russischen Eliten senden?
Man muss ja bedenken, dass auch die andere Seite nicht monolithisch ist, sebst wenn es von außen so aussieht.
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Putins Geschichte ist als individuelle Geschichte beeindruckend. Vom unbedeutenden Advokaten und Agenten zum Hoffnungsträger von Millionen, der, von der Hydra des postsowjetischen Mafiakapitalismus eingesetzt, sich zunächst gegen die Hydra wandte und ihr einige Köpfe abschlug. Der dann aber die Kurve nicht gekriegt hat, der eben kein Herkules war, sondern sich von der Macht korrumpieren ließ und zum größten Kopf der Hydra aufstieg. Der in einem späten Cäsarenwahn und Glauben an die eigene historische Mission nun zum Ende seiner Laufbahn alles zerschlägt, was er in jüngeren Jahren aufgebaut hat.
Eigentlich eine tragische Figur, über die das Urteil vielleicht ein späterer Shakespeare sprechen mag. Den immerhin hätte er verdient.
Wer es weniger dramatisch mag und eher Brecht als Shakespeare schätzt, der oder die kann in Putin die extreme - aber durchaus logische - Variante einer peripheren Herrschaft im kapitalistischen Weltsystem sehen.
Wir aber sollten jetzt schon über Putin hinaus denken. Daran, wie wir nach seinem hoffentlich baldigen politischen Ende die Beziehungen zu seinem großartigen Land gestalten wollen. Auch wenn der unmittelbare Nachfolger vielleicht kein Mandela sein wird, sondern ein Chruschtschow oder Stolypin.
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Der französische Widerstandsgeist ist aller Ehren wert, und wir sollten uns bewusst sein, dass der Fortschritt immer von dorther kam - von den Hugenotten über den Code Civil bis zu 68.
Leider ist diese Idee wie jede andere politisch korrumpierbar, so etwa als Sarkozy (aufgehetzt durch Bernard-Henri Lévy) Libyen bombardieren und dort den Staat zerstören ließ, weil die Islamisten aus absehbarem Kalkül die Trikolore gehisst hatten.
Und so auch jetzt wieder.
La France insoumise steht heute für den französischen Widerstandsgeist, und ich hoffe, sie finden dort eine gute Nachfolgerin für Mélenchon.
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Die Position des BSW zum russisch-ukrainischen Krieg ist bekannt, und sie ist u.a. der Grund dafür, dass das BSW für mich derzeit die einzig wählbare Partei ist (naja, zur Europawahl vielleicht noch Sonneborns Partei).
Die Interviewführung finde ich aber kritikwürdig, weil es zu zwei Dritteln um den Krieg im Osten geht (wo SWs Positionen wie gesagt bekannt sind). Zu einem Drittel geht es dann noch um Immigration (wo ihre Position auch bekannt und in sich konsistent ist, auch wenn man sie nicht teilen muss). In den letzten beiden Fragen geht es um landespolitische Koalitionen.
Mich hätte viel mehr das offene Feld von Wirtschafts-, Sozial- und Finanzpolitik interessiert. Wie steht SW zur Staatsverschuldung, zum Euro, zu Industriesubventionen & Protektionismus, zum deutschen und europäischen Exportüberschuss etc.? Wäre das im Vorfeld von Europawahlen nicht interessant gewesen?
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Es gibt ja mehrere Varianten für einen Kompromiss. Die eine, etwa von Kissinger geäußerte, ist: Landabgabe für Blockbildung. Also die Ukraine würde auf Territorien verzichten, dafür aber der NATO beitreten. Das scheint mir aber ein sehr unglücklicher und gefährlicher Ausgang zu sein, weil das sowohl in RU wie auch in UA weithin als Niederlage verstanden würde. Beide Seiten würden Revanche suchen, und der Konflikt könnte binnen weniger Jahre als großer Konflikt zwischen RU und NATO neu entstehen.
Vernünftiger scheint mir die umgekehrte Formel: Neutralität der Ukraine, Verzicht auf jegliche NATO-Erweiterung, dafür aber Rückgabe der besetzten Gebiete. Dafür braucht es gewiss einen längeren Friedensprozess, der eine umfassende Regelung der Beziehungen zwischen RU und dem Westen einschließt.
Man sollte etwas weiter voraus denken. Eine von beiden Seiten hochgerüstete NATO-RU-Militärgrenze wäre ein großes Unglück, völlig egal ob sie näher bei Donezk oder näher bei Kiew verläuft.
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Dass namhafte Philosophen politische Blindgänger sein können, ist so neu nicht. Siehe Heidegger. - Aber was soll die Überschrift "Intellektuell nackt"?
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[Re]: Meinen Sie ernsthaft, die Parlamentarier anderer Fraktionen sollten dafür votieren, eines der zerstörerischsten deutschen Waffensysteme in einen postsowjetischen Territorialkonflikt zu schicken, in Regionen, wo seinerzeit Waffen-SS und Wehrmacht Kriegsverbrechen begangen haben und wo die kollektive Erinnerung daran noch vorhanden ist? -- Und zwar aus dem Grund, dass die AfD auch gegen die Lieferung ist??
Da scheint mir in historischer Verantwortung eine andere Brandmauer weit wichtiger: Deutschland darf nicht wieder Kriegspartei gegen Russland werden.
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Als es noch Massenarbeitslosigkeit gab, waren die Gewerkschaften zu schwach, um Arbeitszeitverkürzung und höhere Löhne durchzusetzen. Jetzt sind sie in einer besseren Position, aber jetzt sollen sie es nach Ansicht des Ministers nicht durchsetzen. - Ja, wann wenn nicht jetzt, möchte man fragen.
Zum Fachkräftemangel sei angemerkt, dass ihm ein Überschuss an weitgehend unproduktiven Tätigkeiten gegenüber steht, siehe David Graeber: "Bullshit Jobs". Oder auch die älteren Untersuchungen von C. Northcote Parkinson.
Könnte das Ministerium Unternehmen darin schulen, eine Konversion von Bullshit Jobs zu produktiven Tätigkeiten vorzunehmen? Oder würde sich da der Bock zum Gärtner machen?
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Naja, ohne die einzelnen Fälle zu kennen ... Was will man machen, wenn die AfD keinen "extrem rechten" Antrag stellt, sondern einen Antrag in einer Sachfrage, etwa zu einem Schwimmbad oder einer Umgehungsstraße? Und wenn der Inhalt des Antrages genau dem entspricht, was man als CDU, SPD oder Linke bekanntermaßen seit langem vertritt? Soll man dann gegen die eigene Position stimmen, nur weil die AfD den Antrag stellt? Und soll man selbst die eigene kommunalpolitische Position nicht zur Abstimmung stellen, weil vielleicht auch AfD-Abgeordnete zustimmen könnten?
Dann könnte die AfD ja praktisch alles blockieren, indem sie Zustimmung ankündigt. Und die Bürgerinnen und Bürger würden es wohl kaum wertschätzen, wenn Kommunalpolitik an parteipolitischen Abgrenzungsritualen scheitert.
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[Re]: Die Verhandlungsbefürworter denken wohl kaum, dass sich mit Verhandlungen alles in Wohlgefallen auflöst. Sie gehen nur davon aus, dass weitere Zerstörungen und Opfer spätere Verhandlungen erschweren. Dass deshalb die Kampfhandlungen möglichst schnell gestoppt werden müssen. Der dann einsetzende Friedensprozess wird zweifellos langwierig sein und eine Regelung zwischen RU und UA ebenso einschließen müssen wie eine umfassende Regelung zwischen RU und dem Westen.
Während den Verhandlungsgegnern (also zumindest den rational argumentierenden) durchaus klar ist, dass irgendwann doch verhandelt werden muss und wird. Sie wollen nur vorher auf dem Schlachtfeld die eigene Verhandlungsposition verbessern. Das dürfte auf der russischen Seite ähnlich sein, nur nicht öffentlich ausgetragen.
Die Frage ist nicht, ob verhandelt wird, sondern wann. Ist ein Verschieben der Frontlinie um 10 oder 20 Kilometer weitere zehntausende Tote auf beiden Seiten plus unüberschaubare Eskalationsrisiken plus schwere Störungen der Weltwirtschaft wert?
Stellt man die Frage so, dürfte eine Antwort nicht schwer sein.
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Ein sehr lesenswertes Interview. Vielleicht darf ich etwas dazu schreiben, da ich das Land aus eigener Anschauung kenne und mich ihm verbunden fühle.
Der Unterschied zwischen 1989 und heute ist die Jelzin-Zeit. 1989 gab es die Idee, es werde aufwärts gehen, der bisherige relative Wohlstand würde erhalten und um Freiheitsrechte erweitert. Es gab einen großen Fortschrittsoptimismus.
Man kann sich hierzulande nicht vorstellen, was die Jelzin-Zeit, was die 90-er Jahre dort bewirkt haben. Wir reden heute in Deutschland über Abstiegsängste, Demokratiegefährdung, gesellschaftliche Desintegration. Dabei ist unsere sozialökonomische Lage nicht entfernt vergleichbar mit dem, was die Russinnen und Russen in den 90-er Jahren durchmachen mussten.
In dem Punkt teile ich Lukaschewskis Ansicht nicht. Der wirtschaftliche Aufschwung der 2000er Jahre ist kein nachträgliches Verdienst von Jelzin und Konsorten! Aber auch kein Verdienst von Putin. Sondern ein Effekt der Ölpreiskonjunktur im vorvergangenen Jahrzehnt. Putin hatte Glück zu Beginn seiner Amtszeit.
Wenn das Putin-Regime von vielen Leuten über 50 passiv hingenommen wird, dann bedeutet das keine Unterstützung für dessen Ideologie. Sondern nur das Fehlen irgendeiner Alternative, die nicht geradezu in die traumatisch erlebte Zeit der 90-er Jahre zurückzuführen scheint.
Das sollte man hierzulande verstehen. Es gibt in Russland viele Leute, die nach einem Ende des Krieges sofort sämtliche kulturellen Beziehungen zum "Westen" wieder aufnehmen wollen. Die sich nicht haben verhetzen lassen. Also lassen auch wir uns nicht verhetzen!
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Das mit "äußere" vs. "innere" Schönheit versteh ich nicht. Sie sieht doch brillant aus. Nur dass sie nicht dem Jugendwahn entspricht, aber das ist auch gut so.
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Es ist nicht schön anzuschauen, wenn in der größten Wirtschafts- und Militärmacht der Welt ein dementer und ein narzisstisch gestörter Kandidat gegeneinander antreten.
Aber ist es nicht so, dass die ganzen strukturellen Probleme der USA langfristig in diese Situation geführt haben? Vom Doppeldefizit, der damit verbundenen Deindustrialierung, dem Konsum auf Pump, der Hypothekenkreditproblematik, der extremen sozialen Spaltung (die noch eine rassistische Komponente hat), der weltweit höchsten Einsperrungsrate, der "US Army als Ersatz für den fehlenden Sozialstaat" (so sagte mir ein Amerikaner) ... Und natürlich das Zweiparteiensystem, das nicht unbedingt zu einer Positivauslese führt.
Obama hat vielleicht zu Beginn wirklich versucht was zu ändern, er trat sein Amt aber 2008 unter denkbar schwierigen Voraussetzungen an. Bernie Sanders, mit dem ein Neubeginn möglich gewesen wäre, ist vom demokratischen Parteiestablishment 2016 als Nachfolgekandidat verhindert worden.
Nun ist es wie es ist. Eine erneute Präsidentschaft von Trump wäre für die fortschrittlichen Kräfte in den USA gewiss übel. Außenpolitisch aber nicht riskanter als der andere mögliche Ausgang. Trump ist kein Krieger. Der einzige Militäreinsatz in seiner Amtszeit galt einem iranischen Warlord, und er dauerte ein paar Stunden.
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[Re]: War da unaufmerksam und hab was überlesen ... Auf Welt TV soll das also ausgestrahlt werden, nicht im Öffentlichen ...
O.K., das ist verständlich, dass die exklusiv einen konservativen Kandidaten promoten wollen und sich nicht um adäquate Repräsentation scheren.
Dann sollen Voigt und Höcke auf dem Privatsender mal eine Schlammschlacht machen ... Ramelow und Wolf können dann ja sagen: Wir haben uns in unseren politischen Ämtern in Erfurt und Eisenach derweil um die Praxis gekümmert.
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[Re]: Glauben Sie wirklich, dass Katja Wolf vom BSW mit Höcke regieren würde? Vollkommen undenkbar.
Falls wirklich auch die SPD unter 5% bleibt (was in Thüringen - im Gegensatz zu Sachsen - unwahrscheinlich ist), dann muss und wird die CDU ihre vorsintflutliche Totalabgrenzung gegenüber der
Linken ad acta legen. Mit dem BSW und Katja Wolf werden gewiss sowohl die Union als auch die Linke können.
Freilich wäre es mir lieber, die AfD wäre nicht die einzige Oppositionspartei im Landtag. Aber wenn es so kommt wie Sie vermuten, dann wird es m.E. ein Dreierbündnis der anderen geben.
In anderen Ländern könnte eher die CDU gegenüber der AfD schwach werden. Aber nicht in Thüringen mit Höcke.
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Ja, die Ausgaben der laufenden Periode können nur aus dem Volkseinkommen der laufenden Periode fließen, makroökonomisch kann man nichts "sparen" (siehe: Mackenroth-Theorem).
Die Börse ist kein Teufelszeug, aber nichts für kollektive Sozialversicherungssysteme. Das setzt nur falsche Anreize für staatliches Handeln. 1.- nichts gegen die ungerechte funktionale Einkommensverteilung zu tun, und 2. - gegebenenfalls mit erheblichem Aufwand in den Kapitalmarkt zu intervenieren, um die Fiktion einer "Kapitaldeckung" der Rente aufrechtzuerhalten.
Das sind alles keine neuen Argumente, im Zusammenhang mit der Finanzmarktkrise 2008 ist das lang und breit besprochen worden. Aber das Erinnerungsvermögen unseres politischen Systems reicht offenbar maximal ein Jahrzehnt zurück.
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Mir ist nicht ganz klar, warum in Thüringen ein Fernseh-"Zweikampf" sinnvoll sein soll. Das könnte man in Sachsen machen. Aber in Thüringen werden wohl fünf oder sechs Parteien reinkommen, mit nicht sooo großen Abständen dazwischen.
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"Deshalb gilt das." (Scholz) - Hoffentlich auch morgen und übermorgen noch.
"Niemand der Taurus für die Ukraine fordert, will, dass Deutschland zur Kriegspartei wird." (Göring-Eckardt) - Ja, Raser wollen auch keinen Unfall bauen, Böllerfreunde niemanden verletzen und Freier ohne Kondom niemanden infizieren ...
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[Re]: Naja, wenn wir von Fehleinschätzungen reden, dann ist besonders evident die vor Jahresfrist überall geäußerte Fehleinschätzung, mithilfe des deutschen nach Katzen benannten Tötungsgeräts werde die ukrainische Armee binnen Wochen zum Asowschen Meer vorstoßen, was ein Altmeister der realistischen Schule wie John Mearsheimer - hierzulande weitgehend unbeachtet - bereits damals für unmöglich erachtete.
Eine sehr zutreffende Einschätzung war jedoch die bereits 2022 von Sevim Dagdelen gemachte Vorhersage, die schiefe Ebene der immer stärker ausgeweiteten Kriegsbeteiligung des Westens werde am Ende zum Ruf nach Bodentruppen führen. Das hat man damals weit von sich gewiesen, und auch ich hielt es für übertrieben. Aber sie hat leider recht behalten.
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Was bleibt der SPD auch anderes übrig?
Woidke in Brandenburg kann damit m.E. durchaus Erfolg haben. In Sachsen wird es schwierig. Denn da konkurriert die SPD ja nicht nur mit dem BSW, sondern auch mit einem MP Kretschmer, der - anders als die Bundes-CDU - auch für Diplomatie und Entspannung eintritt.
In Sachsen könnte es bei einem Kopf-an-Kopf zwischen CDU und AfD für alle anderen Kräfte schwierig werden. Zu wünschen wäre ja, dass sowohl SPD als auch BSW und Linke über die 5% kommen, damit eine CDU-geführte Regierung möglich und gleichzeitig noch eine linke Oppositionspartei im Landtag ist. Wäre ich in Sachsen wahlberechtigt, so könnte ich mir eine taktische Stimmabgabe für die SPD vorstellen - vorausgesetzt das BSW ist laut Umfragen deutlich drin.
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[Re]: Ohne mich da auszukennen würde ich mal annehmen, dass solch ein offener, gewollter Leak die seltene Ausnahme bei derartigen Diensten ist, da sie so ja die andere Seite Erkenntnisse über Mittel und Wege der Informationsbeschaffung gewinnen lassen.
(Ach so, und mir war gar nicht klar, dass das schon öffentlich ist.)
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Dann bin ich mal gespannt, wo man das Gespräch als erstes ganz oder weitgehend abgedruckt lesen kann. Was der Iwan schon weiß, muss auch der Michel wissen dürfen.
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Das ist ein abwägender und kluger Beitrag ... wenn man die Annahme über die Rahmenbedingungen teilt.
Diese Annahme ist "... wenn die Demokratie von außen bedroht ist."
Das ist m.E. aber nicht zutreffend. Die Demokratie in Deutschland ist gewiss nicht von außen bedroht.
Eher sehe ich die Gefahr, dass ein konstruiertes "äußeres" Feindbild zunehmend dazu führen wird, dass Enthüllungsjournalisten, Whistleblower und Kritiker hierzulande der Kollaboration mit vermeintlichen äußeren Gegnern bezichtigt und so diskreditiert werden.
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[Re]: Wie verhandeln, auf welcher Basis, fragen Sie.
Nun, Sahra Wagenknecht hat sich mehrfach dazu geäußert. Ebenso wie Michael von der Schulenburg, der auf ihrer Liste antritt. Ganz ähnlich übrigens Oberst a.D. Wolfgang Richter in dem Papier für die Friedrich-Ebert Stiftung.
Grundlage von Verhandlungen wären die Ergebnisse der Istanbuler Gespräche im Frühjahr 2022. Blockfreiheit der Ukraine gegen die Rückgabe besetzter Gebiete. Eingebunden in einen umfassenderen Friedensprozess zwischen dem Westen und Russland.
Das BSW ist hier sicher näher an den vernünftigen und weiterblickenden Kräften in der SPD.
Während für die AfD der Frieden nur von wahltaktischer Bedeutung ist und ansonsten Geschichtsrevisionismus in bezug auf den 2. Weltkrieg betrieben wird, siehe Gaulands "Vogelschiss"-Reden. Leute mit solchen Ansichten werden Sie beim BSW nicht finden.
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Wirtschaftspolitisch gibt es da ohnehin große Unterschiede. Le Pens RN ist eher zentristisch aufgestellt, während die AfD mit ihrer libertären Ausrichtung die Interessen der oberen 10%. bedient. In der Führungsetage der AfD wird die neoliberale Hayek-Denkschule verehrt, einige Leute sind in der gleichnamigen Gesellschaft Mitglied. Im RN gibt es, soweit ich weiß, keine derartigen Sympathien. Ohne eine der Parteien schön zu finden, muss man da m.E. schon differenzieren.
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[Re]: Zu "Verschwiegenheitspolitik" ... Können Sie ausschließen, dass gerade hinter den Kulissen Friedenskonsultationen laufen, und dass Scholz' Aussage in dieser Form und zu diesem Zeitpunkt dadurch begründet ist?
Es ist mehr eine Hoffnung als eine Vermutung ... Aber der Gedanke kam mir gleich nach der Meldung.
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[Re]: Dem möchte ich zustimmen. Von erwachsenen Menschen sollte erwartet werden, dass sie nicht nur das "was" ihrer Aussagen reflektieren, sondern auch das "wo".
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Weiß nicht, ist das hier schon mal besprochen oder verlinkt worden?
library.fes.de/pdf...ros/wien/20886.pdf
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Trotz seiner Erinnerungslücken habe ich immer mal wieder Respekt vor Scholz. Er hat schon staatsmännisches Format, beugt sich nicht dem Druck der veröffentlichten Meinung. Möchte nicht wissen, was los wäre mit Merz oder Habeck im Kanzleramt. Ersteres steht leider immer noch zu befürchten.
Von Brandt bis Merkel - hätte einer von Scholz`Vorgängern Marschflugkörper in diesen Konflikt geschickt? Ist eine kontrafaktische Frage. Aber vorstellen kann ich es mir nicht.
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[Re]: "Den Krieg zu beenden wäre der Sieg."
Sie haben da sehr gut alles in sieben Worten zusammengefasst. Mehr muss man eigentlich nicht sagen.
Oder, auf die Frage hin, wer den Krieg gewinnen sollte: Niemand. Die Ukraine sollte den Frieden gewinnen. Russland sollte den Frieden nicht verlieren.
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[Re]: Guter Kommentar.
Hab mal bei Statista geschaut und finde: Jahresumsatz D bei Photovoltaik knapp 5 Milliarden. In der chemischen Industrie dagegen 260 Milliarden.
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Muss man wohl differenzieren ...
"Ceasefire now!" mag realistisch sein oder auch nicht, ist aber keinesfalls antisemitisch.
Der Genozid-Vorwurf ist ahistorisch und dumm, für sich genommen aber auch noch nicht antisemitisch. Er findet ohnehin inflationäre Verwendung in alle Richtungen hin.
Auschwitz-Vergleiche dagegen sind schon mehr als nur eine Dummheit ...
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Man kann das Geld natürlich theoretisch irgendwo her holen oder auch die Staatsverschuldung hochfahren. Aber Geld ist erstmal nur eine Zahlenkolonne. Das Sachkapital lässt sich nicht kurzfristig in alle Richtungen hin ausweiten, es gibt materielle Kapazitätsgrenzen. Insofern konkurriert "Investition" in Rüstung schon mit anderen Bereichen. Und die Kommentatoren, die mit Keynesschen Multiplikatoreffekten argumentieren, bitte ich zu bedenken, dass Rüstungswirtschaft zum einen sehr kapitalintensiv ist, und dass der Markt für sie äußerst oligopolistisch und damit ineffizient ist. D.h. in fast allen anderen Branchen fließt anteilig mehr in Arbeitseinkommen, Konsum und Steuereinnahmen.
Sollte nicht massiv in einen neuen sozialen Wohnungsbau investiert werden? Das gäbe wirklich Multiplikatoreffekte, schon allein weil Einkünfte, die nicht in überhöhte Mietzahlungen fließen, in den lokalen Wirtschaftskreislauf (Handel, Kleingewerbe) gelangen.
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[Re]: Was Sie schreiben, ist zwar allgemein richtig. Das ist im letzten Jahrzehnt von kritischen Ökonomen immer wieder so gesagt und wenig gehört worden.
Was in früheren Zusammenhängen richtig war, ist aber im konkreten Zusammenhang falsch. Rüstungsausgaben sind unproduktiver Staatskonsum, und die Einkünfte daraus fließen überwiegend nicht in den Wirtschaftskreislauf zurück. Die damit erzeugten "Güter" stiften keinen Nutzen, der anderswo Nachfrage auslöst , sondern sie werden im Wortsinne verfeuert.
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Vor etwas mehr als zwei Jahrzehnten, noch in der Zeit von Kutschmas Präsidentschaft, war ich über ein Jahr in der UA. Das Land war damals auch korrupt, aber vergleichsweise liberal, weit liberaler, als das heute der Fall ist. Es gab Parteien und Medien über das ganze Spektrum hinweg, es gab Kontroversen, die aber nicht so hasserfüllt ausgetragen wurden wie später.
Nach meinem Eindruck wollten die Leute ganz überwiegend eigenständig sein, nicht zurück in eine Union mit Russland. Aber sie wollten doch enge Beziehungen, auch Wirtschaftsbeziehungen mit Russland. Es gab ja auch jede Menge Verwandtschaft über die Grenze hinweg. Das häufigste Argument gegen eine neue Union mit Russland war damals, dass man mit den Unruheherden in Afghanistan, Mittelasien und dem Nordkaukasus nicht mehr zu tun haben wolle.
Interessant war es bei Fussballspielen. Wenn etwa Dynamo Kiew im Europacup spielte, waren meine Bekannten ukrainische Patrioten. Wenn aber am nächsten Tag Spartak Moskau spielte, waren die gleichen Leute sozusagen "postsowjetische" Patrioten des gesamten russischen Sprachraumes. Das schloss sich gar nicht aus.
Möglicherweise ist das aus heutiger Sicht einer jüngeren Generationen ja bereits eine "antiukrainische" Einstellung gewesen. Mir schien das damals ein kluger und sympathischer Umgang mit den Dingen, so wie auch Leonid Kutschma trotz aller Schwächen m.E. der letzte ukrainische Präsident mit staatsmännischen Geschick gewesen ist.
Jetzt kann man mir vorwerfen: Opa erzählt vom Frieden ...
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Zu "neuer Sicherheitsarchitektur": Es sollte eigentlich klar sein, dass es ohne eine umfassende Friedenslösung, die EU, Ukraine und Russland gleichberechtigt einbezieht, keine dauerhafte "Sicherheitsarchitektur" geben wird. Eine von beiden Seiten hochgerüstete, tausende Kilometer lange Militärgrenze zwischen NATO und Russland wäre ein furchtbares Unglück, egal wo konkret diese Grenze verlaufen sollte. Blockfreiheit der Ukraine gegen Rückgabe von Land sollte weiterhin eine mögliche Formel sein, auch wenn eine Lösung nach Ansicht diverser Beobachter jetzt dadurch erschwert ist, dass zwischen den Seiten tiefes Misstrauen herrscht und dass es kaum zuverlässige neutrale Vermittler gibt, die auch selbst Verhandlungsmasse mitbringen. - Aber es wäre m.E. eine schlimme Verantworttungslosigkeit, deshalb jetzt zu sagen: Gut, dann haben wir noch ein paar Jahre Krieg, dann liefern wir weiter Waffen und schauen, was passiert.
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Ich denke, die Linke leidet unter einer starken Ausdifferenzierung ihrer Wähler- und Unterstützermilieus. Man könnte es als Bruchlinie Zentrum vs. Peripherie, Kosmopolitismus vs. Kommunitarismus oder Postmaterialismus vs. Materialismus benennen. Als kleine Partei kann die Linke das weniger gut auffangen als etwa die Union, die immer auch eine Partei der Macht ist und aus ihrer Position heraus verschiedene Milieus bedienen kann.
Die älteren Leute, die früher integriert haben, treten in den Hintergrund, die neuen Mitglieder in den Großstädten haben teils eine "postmaterialistische" Agenda, die sich von klassischen sozialistischen oder radikal-sozialdemokratischen Positionen stark unterscheidet. Damit ist im kleinstädtisch-ländlichen Raum jedoch nichts zu gewinnen. Diese Ausdifferenzierung kann man Leuten wie Reichinnek aber nicht vorwerfen.
Nehme an, dass sich die Linke nur in den Ballungszentren und einigen Universitätsstädten wird halten können, wo die Mietenfrage zentral ist. Außerhalb davon wird das BSW übernehmen.
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Ich wohne dort, wo die Grünen auf 40% kommen. All Time High.
Grün zu wählen und zu "sein" ist ein Signal an die Außenwelt: Wir haben es geschafft, wir sind außerhalb des proletarischen Hamsterrades, wir sind keine Proleten mehr, wir sind jetzt bürgerlich und postmaterialistisch, aber trotzdem noch ... äh ... cool und kritisch.
Kein Wunder, dass das von außerhalb der Blase Abneigungen auf sich zieht.
Aber deshalb sind die Grünen auch relativ stabil, weil sie keine Klasse repräsentieren, sondern ein diffuses Milieu, das sich selbst - teils irrtümlich - im gesellschaftlichen Aufstieg begreift.
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[Re]: Ich kann nicht für das BSW antworten, nur meine Ansicht als dessen Unterstützer mitteilen. Über das Herrschaftssystem in Russland mache ich mir keine Illusionen, zumal ich Freunde dort habe. Leider hat es in Russland nie eine unabhängige Justiz gegeben, und die Zustände in den Gefängnissen waren immer übel.
Gleichwohl halte ich es für falsch und fatal, jetzt geradewegs in eine jahrzehntelange Konfrontation zwischen EU und Russland hineinzusteuern, die immer das Potential zu einer heißen Eskalation hat. Das hilft keinem politischen Gefangenen dort, und es wird auch unsere Seite ärmer, hässlicher und autoritärer machen Man kann diese Tendenz schon an einigen Kommentaren hier erkennen. Und deutsche Waffen gehören m.E. nicht dorthin, wo Waffen-SS und Wehrmacht seinerzeit Kriegsverbrechen begangen haben. (In dem Zusammenhang möchte ich mir verbitten, als BSW-Anhänger in einem Atemzug mit der AfD genannt zu werden.)
Was Nawalny betrifft, so fürchte ich, dass ein charismatischer und integrativer Kopf wie er Russland in einer Zeit nach Putin sehr fehlen wird.
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