Studie über Wohngebäude-Modernisierung: Wärmewende kostet in Deutschland 1,4 Billionen Euro
Alle Wohngebäude in Deutschland klimagerecht umzubauen kostet viel Geld, so eine neue Studie. Aber die Modernisierung schafft auch mehr als 100.000 neue Jobs.

In den vier größten europäischen Volkswirtschaften sind der Studie zufolge einschließlich Deutschland Investitionen von rund 3 Billionen Euro für die Dekarbonisierung der Wohngebäude erforderlich. Wohngebäude in Deutschland verursachen der Studie zufolge 14 Prozent aller direkten klimaschädlichen Emissionen, in erster Linie durch die Warmwasserbereitung und das Heizen. In Italien sind es 13 Prozent, in Frankreich 12 und in Spanien 7 Prozent.
Deutschland hat das gesetzliche Ziel, bis 2045 klimaneutral zu sein. Bis dahin müssen auch die Wohngebäude ohne fossile Heizung und Warmwasseraufbereitung auskommen. Das Ziel wurde in Folge des Klima-Urteils des Bundesverfassungsgerichts um fünf Jahre vorgezogen. In ihrem Koalitionsvertrag hält die schwarz-rote Bundesregierung an 2045 fest, auch wenn es etwa von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) infrage gestellt wird. Sie plädiert für eine Anpassung an das Ziel der EU, bis 2050 klimaneutral zu werden.
Während andere Länder wie Dänemark oder Schweden die Wärmewende weg von fossilen Gas- oder Ölheizungen schon vor langem eingeleitet haben, hat in Deutschland erst die Ampel-Regierung damit begonnen. Vor allem der damalige Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und die Grünen mussten wegen des „Heizungsgesetzes“ viel Kritik einstecken. Die neue schwarz-rote Bundesregierung hat zwar in ihren Koalitionsvertrag angekündigt, das Gesetz „abzuschaffen“. Was das aber konkret bedeutet, ist weiterhin unklar. Die staatliche Förderung für den Austausch von fossilen Heizungen soll offenbar erhalten bleiben.
Co2-Preis reicht nicht
„Der Umbau des Immobiliensektors kostet nicht nur Geld – sondern erwirtschaftet auch welches“, sagte Arne Holzhausen von Allianz Research. Immobilien würden sich der Studie zufolge durch den klimagerechten Umbau verteuern. In Deutschland könnte die Wertschöpfung in der Immobilienbranche 2050 um 1 Billion Euro höher liegen als heute. „Diese Transformation wirkt als Motor für wirtschaftliches Wachstum und Beschäftigung, die Arbeitslosenquote könnte um durchschnittlich 0,2 Prozentpunkte sinken“, sagte er.
Ein klimapolitisches Steuerungsinstrument ist der sogenannte Co2-Preis, der pro verbrauchter Tonne Kohlendioxid fällig wird. Durch diese Abgabe wird das Heizen mit fossilen Brennstoffen in den kommenden Jahren sehr viel teurer. Die Idee: Aufgrund der hohen Kosten rüsten Eigentümer:innen um. Ein höherer Co2-Preis allein reicht aber nicht aus, um den klimafreundlichen Umbau der Wohngebäude zu erreichen, stellen die Studienautor:innen fest. Der Staat müsse Anlaufstellen schaffen, die Bürger:innen bei technischen Fragen und dem Zugang von Fördergeldern unterstützen.
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