Verbot von Klima-Demo auf Autobahn: Kein gleiches Recht für alle

Kli­ma­schüt­ze­r:in­nen dürfen nicht auf einer Autobahn-Auffahrt demonstrieren, Land­wir­t:in­nen aber schon. Ginge dann eine Klima-Demo mit Trecker?

Traktoren stehen auf einer Autobahnauffahrt der A2 in Richtung Berlin.

Hier gilt die Versammlungsfreiheit: Land­wir­t:in­nen blockieren am 10. Januar 2024 eine Autobahnauffahrt der A2 in Richtung Berlin Foto: dpa | Klaus-Dietmar Gabbert

Zum Ausklang eines Frühjahrs, in dem jeder Monat neue Wärmerekorde brachte, stehen an diesem Wochenende an vielen Orten Klimaproteste an. Auch in Schleswig-Holstein wollten Ak­ti­vis­t:in­nen für Umweltschutz und Verkehrswende demonstrieren. Sinnvollerweise dort, wo sie von Menschen mit Autos gesehen werden – auf oder an Autobahnen. Pech gehabt: Daraus wird nichts.

Die Kieler „Turboklimakampfgruppe“ (TKKG) hatte eine Blockade der Auffahrt auf die A215 angemeldet. Das Bündnis „A20 -Nie!“, dem Umweltgruppen wie BUND und Nabu sowie Verkehrsklubs wie ADFC und VCD angehören, plante auf der A20 eine Fahrradfahrt gegen den Weiterbau der Autobahn. Gegen beide Demos legte das Ordnungsamt des Kreises Steinburg sein Veto ein, teilten die In­itia­to­r:in­nen mit: Der ungestörte Verkehrsfluss gehe vor.

Aber klar: So eine Autobahn zu blockieren, geht natürlich gar nicht. Denn irgendwelche Menschen müssen bestimmt ganz dringend irgendwohin. Sollen die etwa eine der vielen Straßen jenseits von Autobahnen oder gar die Bahn benutzen? Wer mag da auf so altmodische Grundrechte wie Demonstrationsfreiheit pochen?

Na, die Bauernverbände. Während der Demos im Frühjahr – zur Erinnerung, es ging um Proteste gegen die Reduzierung von Diesel-Subventionen – wollten Land­wir­t:in­nen am 8. Januar mit Traktoren ganztägig Ausfahrten der A11 und der A20 blockieren. Die Polizei hatte Bedenken, das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg gab den Bauern recht: Die Versammlungsfreiheit habe höhere Bedeutung als vermutete Gefahren oder die Behinderung des Verkehrsflusses.

Ak­ti­vis­t:in­nen unterliegen vor Gericht

Im Fall der Klimaproteste zählt das offenbar wenig. Das Amt in der Kreisstadt Itzehoe berechnete, dass die Autobahn für die Aktion des Bündnisses „A20-Nie!“ sieben Stunden gesperrt werden müsse – das sei unverhältnismäßig. Zwar dauerte die Trecker-Sperrung im Januar ebenso lange, zudem verwiesen die In­itia­to­r:in­nen auf vergleichbare Demos, bei denen der Verkehr maximal eine Stunde ruhte. Doch es half nichts.

Für die Turboklimakampfgruppe gab es immerhin eine Alternative: Sie hätten eine grüne Wiese neben der Autobahn blockieren dürfen. Statt dieses großzügige Angebot anzunehmen, sind die Ak­ti­vis­t:in­nen vors Schleswiger Verwaltungsgericht: „Die Auffahrt steht im direkten Zusammenhang mit unserer Kritik an Autobahnen. Auf der Wiese wäre unser Protest praktisch unsichtbar“, sagte eine Sprecherin. Doch noch am Freitag wies das Gericht die Klage ab, das Oberverwaltungsgericht bestätigte die Entscheidung.

Die Lösung ist eigentlich ganz einfach: Die Ak­ti­vis­t:in­nen müssen zur nächsten Demo für Klimaschutz bloß ein paar Trecker und SUVs mitbringen. Gegen das verbriefte Menschenrecht, einen Verbrennungsmotor knattern zu lassen, dürfte keine Behörde einen Einwand haben, und schon ist die Autobahn frei für die gute Sache.

Transparenzhinweis: Wir haben den Text um die Entscheidung der Gerichte aktualisiert.

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Jahrgang 1968. Ist in der taz als Landeskorrespondentin für Schleswig-Holstein zuständig von Flensburg bis Elmshorn, von Fischerei bis Windkraft, von lokalen Streitigkeiten bis Landtagsdebatten. Schwerpunkte: Soziales, Gesundheitspolitik

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