Pascal Beucker über den Veteranentag
: Werbung für die Kriegstüchtigkeit

Was ist das nur für ein geschichtsvergessenes Schauspiel, das sich da am Donnerstagvormittag in Berlin abgespielt hat? In der einstigen Hauptstadt erst des preußischen und dann des nationalsozialistischen Militarismus beschließt der Bundestag mit übergroßer Mehrheit die Einführung eines „nationalen Veteranentages“. Von nun an soll jährlich am 15. Juni wieder das deutsche Soldatentum gefeiert werden. Warum haben sich SPD, CDU, CSU, FDP und die einstmals pazifistischen Grünen eigentlich nicht den 30. August ausgesucht, den Tag des Sieges in der Schlacht bei Tannenberg? Das wäre wenigstens konsequent gewesen auf ihrem Weg, Deutschland wieder „kriegstüchtig“ zu machen. Nicht einmal, dass die AfD stramm an ihrer Seite steht, scheint sie zu irritieren.

Dabei ist es schlicht verlogen, wenn in dem beschlossenen Antrag heroisch von „gefährlichen Bedingungen, persönlichen Entbehrungen sowie körperlichen und seelischen Härten“ schwadroniert wird, die die 10 Millionen zu „Veteranen“ erklärten Deutschen mit Soldatenhintergrund allesamt ausgesetzt gewesen wären. Real in Auslands­einsätzen, zum Beispiel in Afghanistan, waren bislang „nur“ etwa 500.000 Berufs- oder Zeitsoldaten. Sie haben tatsächlich ihre Gesundheit und ihr Leben riskiert. Und, auch das sollte nicht vergessen werden: so manches Leben genommen. Für sie bräuchte es keinen „Veteranentag“, sondern eine Entschuldigung des Bundestags, in einen solch desaströsen Krieg wie dem am Hindukusch geschickt worden zu sein. Was die Versehrten unter ihnen ebenso verlangen können: eine weitaus bessere Behandlung ihrer physischen und vor allem psychischen Verletzungen.

Bei dem großen Rest der „Veteranen“ handelt es sich um jene Männer, die bis zur Aussetzung der Wehrpflicht 2011 zwangsrekrutiert wurden. Am Anfang 12 Monate, zum Schluss noch 6 waren sie vor allem der Gefahr ausgesetzt, in der Kaserne eine Alkoholvergiftung zu erleiden. Die wahren Helden der damaligen Zeit waren die Kriegsdienstverweigerer, die sich als „Drückeberger“ beschimpfen lassen mussten, während sie als Zivildienstleistende hilfsbedürftigen Menschen den Hintern abwischten. Aber für sie wird es auch weiterhin weder einen ­„Veteranentag“ noch das seit 2019 verliehene „Veteranenabzeichen“ geben.

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