Russische Getreidelieferungen: Handelskrieg gegen die Ukraine
Russlands Präsident Putin will die Ukraine als Konkurrentin auf dem Getreidemarkt ausschalten. Das zeigen seine Ankündigungen – und die Angriffe auf Lager.
W enn Russlands Präsident Wladimir Putin sich humanitär gibt, ist Skepsis anzeigt. Zum Beispiel jetzt, da er vor dem Russland-Afrika-Gipfel anbietet, ukrainisches Getreide durch eigene Lieferungen zu ersetzen, teils sogar kostenlos.
Humanitär ist das schon deshalb nicht, weil Putin selbst verursacht hat, dass die Preise für Getreide steigen und so arme Länder etwa in Nordafrika nur schwer genügend einkaufen können. Grund für die Misere: Die Drohungen des Kremls, Handelsschiffe zu zerstören, die Lebensmittel aus der Ukraine über das Schwarze Meer transportieren.
Aber selbst wenn man die Schuldfrage ausblendet: Selbstlos ist das Angebot Putins keineswegs. Das Gros seiner Getreidelieferungen wird wohl nur gegen Bezahlung exportiert. Sonst wären sie langfristig einfach zu teuer für Russland.
Das übergeordnete Ziel von Putins Offerte ist aber offenbar, die ukrainische Konkurrenz auf dem Getreidemarkt auszuschalten. Dafür spricht auch, dass der Machthaber im Kreml in den vergangenen Tagen Getreidelager und Hafenanlagen in Odessa angreifen ließ. Von dort war die meiste Ware verschifft worden, bis Russland das Abkommen über sicheres Geleit für Schiffe mit ukrainischen Agrarexporten über das Schwarze Meer beendete.
Die Ukraine ist die wichtigste Rivalin auf dem Agrarmarkt in der Region. Das ist manchen Russen ein Dorn im Auge, die ihre Getreideausfuhren in den vergangenen Jahren deutlich gesteigert haben. Einmal, weil Russland damit gutes Geld verdienen kann. Zum anderen, weil es mit Lebensmittellieferungen Politik machen kann.
Länder wie Ägypten sind in hohem Maße von Weizenimporten abhängig. Je weniger Auswahl auf dem Weltmarkt sie haben, desto weniger könnten sie denkbaren russischen Erpressungsversuchen widerstehen. Nach dem Motto: Wenn ihr nicht bei Fragen wie dem Ukrainekrieg für uns arbeitet, dann schicken wir euch kein Getreide mehr. Das ist ein großer Hebel in Ländern, in denen gestiegene Brotpreise schon zu Aufständen geführt haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern