Verbote russischer Sender in der EU: Billige Symbolpolitik

Natürlich ist Putins Propaganda schlimm. Aber schlimmer ist, wenn die EU meint, sie sei nicht stark genug, die Sender auszuhalten.

Durch ein Fenster sieht man ein leuchtendes RT DE Logo

Die Landesmedienanstalt Berlin-Brandenburg droht dem russischen Fernsehsender RT DE mit Strafen Foto: Pavel Golovkin/AP/dpa

Es wird ja viel gestoppt in diesen Tagen. Christian Drosten beendet seine Laufbahn als Podcast-Held, rät aber weiter zur Maske. Béla Anda setzt seinen Podacst mit Altkanzler und Putinversteher Gerhard Schröder ab. Das ist insoweit bemerkenswert, als Anda, als Schröder noch richtig Kanzler war, dessen obersten Regierungssprecher machte. Putin wiederum hat Echo Moskau dicht gemacht, einen der wenigen unabhängigen und Putin-kritischen Radiosender in Russland. Die EU hat dafür am Mittwoch RT und Sputnik verboten.

Für die Umsetzung des Verbots sind die nationalen Behörden zuständig, die auch Sender und Plattformen wie Sky & Co. zur Kasse bitten können, wenn sie RT weiterverbreiten. Und deshalb verhängt die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) gerade munter Zwangsgelder gegen RT DE, den deutschsprachigen RT Ableger. Weil der ja schon länger verboten ist, aber immer noch deutschlandweit sendet. Im Umkehrschluss hat der Kreml der Deutschen Welle in Moskau die Akkreditierung entzogen. Wegen des europaweiten Verbots machen sich jetzt auch andere internationale Sender wie die BBC Sorgen, dass Moskau ihnen alle Leitungen kappt.

Dabei ist das ganze Senderabgeschalte nach dem Motto „Wie Du mir, so ich dir“ hanebüchen. Das Netz ist nicht abschaltbar, und so bleiben die heute wirklich erfolgreichen Propagandakanäle über die sozialen Medien für Putin offen. Natürlich ist Propaganda schlimm. Schlimmer ist aber, wenn eine Gesellschaft bzw. die EU meint, sie sei nicht stark genug, das auszuhalten. Und die dann mit Verboten um sich wirft, die nichts anderes sind als billige Symbolpolitik.

Die meiste Propaganda ist dabei eher schlicht und dank Fact-Checking schnell entlarvt. Die britische Investigativ-Website Bellingcat macht sich zurecht über Putins intellektuelle Schmalfilmchen lustig und schreibt, „dass ihre Propaganda im Vergleich zu vor ein paar Jahren eher schlechter geworden ist. Sie ist einfach dumm und simpel.“ Deshalb nennt der Kreml Bellingcat auch eine Propaganda-Maschine des amerikanischen MKI (Militärisch-Industrieller-Komplex), was auch wieder lustig ist.

Ein echtes Männerding

Das ganze Medien-Duell ist dabei ein echtes Männerding. „Viele Fakten werden nicht benannt oder verdreht. Noch schlimmer ist es, dass viele Seiten vollkommen ignoriert werden, vor allem die der Frauen“, sagt die Mitbewohnerin. „Putin tritt immer ohne weibliche Begleitung auf, doch was meinen Ex-Putina und ihre beiden gemeinsamen Töchter? Welche Medien nutzen sie eigentlich?“

Deswegen kommt hier jetzt ein Programmtipp. Unbedingt nochmal die Folge „Angriffslust“ aus der ARD-Reihe „HERstory“ gucken! Beziehungsweise gerne gleich alle vier Folgen. Zu sehen in der ARD und der 3sat-Mediathek.

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2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"

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