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Demos gegen britischen PremierHysterische Hetze

Dominic Johnson
Kommentar von Dominic Johnson

Der Protest gegen Boris Johnsons Entscheidung, das Parlament zu beurlauben, nimmt radikale Züge an. Angemessen ist das nicht.

Ein Faschist und Diktator, gar einer in der Tradition Adolf Hitlers, wie manche meinen? Eher nicht Foto: ap

B oris Johnson – ein „Faschist“ und ein „Diktator“. Die Beendigung der laufenden Sitzungsperiode des britischen Parlaments – ein „Staatsstreich“. Vergleiche mit Hitlers Ermächtigungsgesetz werden gezogen. Auf britischen Straßen wird unter dem Motto „Stoppt den Putsch“ demonstriert. Ein Demonstrant darf vor der Kamera fordern, man solle Brexit-Befürworter vergasen, der populäre Kinderbuchautor Philip Pullman darf twittern, zu Boris Johnson fielen ihm die Worte „Strick“ und „Laterne“ ein.

Wer so redet, der hetzt. Es gibt ja durchaus legitime Bedenken gegen Premierminister Johnsons freimütigen Umgang mit dem britischen Unterhaus. Aber wer jetzt hysterisch von Putsch und Faschismus faselt, verhöhnt diejenigen, die sich gegen echte Putsche und Faschisten wehren müssen.

Das angeblich geknebelte britische Parlament tagt in Wirklichkeit ab Dienstag fröhlich weiter, bis mindestens Anfang nächster Woche. Danach wären ohnehin drei Wochen Pause gekommen, für die Jahresparteitage der großen Parteien. Am 7. Oktober wären die Abgeordneten also wieder zusammengekommen.

Jetzt wird es der 14. Oktober, und da wird die neue Regierung ihre längst überfällige Regierungserklärung abgeben. Es geht also um eine einwöchige Verschiebung und eine neue Parlamentseröffnung – nach einer ungewöhnlich langen Sitzungsperiode, die schon zwei Jahre dauert, wo ein Jahr normal ist, und die mit dem Wechsel des Premierministers ohnehin hätte enden müssen. Egal wie man es dreht und wendet: Das ist kein Putsch.

Wer die Rechte des britischen Parlaments schützen will, sollte lieber vor der EU-Kommission demonstrieren. Die beharrt nämlich auf Theresa Mays Brexit-Deal, obwohl das britische Parlament ihn dreimal abgelehnt hat. Eine Mehrheit im Londoner Unterhaus fand einzig der Wunsch nach einem Abkommen ohne Nordirland-Backstop. Boris Johnson versucht das jetzt durchzusetzen, Brüssel sagt Nein. Wo bleibt da der Respekt für die britische Legislative?

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Dominic Johnson
Ressortleiter Ausland
Seit 2011 Co-Leiter des taz-Auslandsressorts und seit 1990 Afrikaredakteur der taz.
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70 Kommentare

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  • Wow! Irgendjemand soll dringend auf Dominic Johnson aufmerksam werden. Auffallen, ohne Wenn und Aber!



    Vor allem die journalistische Methode ist beeindruckend. Sammel ein paar abseitige Schwachsinnigkeiten ein und dann hau entschlossen drauf! So kann man locker alles mögliche nachweisen. Z.B dass der Corbyn ein Antisemit ist oder man entlarvt Proteste gegen Boris Johnson als üble und böswillige Hetze.



    Danke! Großatige populistische Dehnübungen! Die Logik vom eigenen Stern! Jetzt auch in der taz!

  • Das ist schon sehr speziell, was da dieser Tage auf der Insel so vorgeht. Vielleicht ist es schlicht das Ergebnis eines mehr oder weniger freiwilligen Verzichts auf Sex, vielleicht aber auch Schlimmeres.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    Parlamentarismus in einer Demokratie ist auf dem Prinzip der Mehrheitsfindung aufgebaut.

    Das Problem in UK besteht zunächst darin das abseits der Realität mithilfe von selten dämlicher Propaganda versucht wird Stimmungen zu produzieren, die in der Sache eher verschleiern als das sie Interessen, Ursachen und Wirkungen aufzeigen für die gewählt oder gestimmt werden könnten.

    Boris Johnson ist derjenige der vom Daily Telegraph als Journalist wegen Lügengeschichten raus geschmissen wurde.

    Der Serienlügner ist auch derjenige der Lügen gegen die Europäische Union quasi erfunden hat - Johnson ist derjenige der sich ein eigenes Klientel mit diesen Lügengeschichten in UK geschaffen hat - und dieses Klientel bedient er jetzt.

    Das letzte Mal als Lügen, Propaganda und Hetze die Politik in diesem Land zu 100% bestimmt haben hat das in einer Katastrophe geendet - die Bedingung dafür war - neben vielen anderen Ursachen und Wirkungen - das Realität mit Propaganda verschleiert wurde um die Massen hinter sich zu zwingen.

    Johnson - ein Faschist?

    Darum geht es momentan noch nicht - es geht darum das Johnson die Basis einer parlamentarischen Demokratie zerstört - nämlich den Austausch von stichhaltigen Sachargumenten welche Realität und Interessen wiederspiegeln.

    Johnsons gewichtigste Anhänger sind in der rechtsradikal populistischen Ecke zu finden - Hetze bestimmt den Grundton der Auseinandersetzung in der Gesellschaft -

    also ist Johnson auf dem besten Weg diejenigen Briten zu verhöhnen die im Kampf gegen Faschismus und Nationalsozialismus vor 80 Jahren gestorben sind.

    Und das Boris Johnson diesen Weg eingeschlagen hat ist noch nicht einmal mehr bestreitbar - folgenreiche Lügen pflastern seinen Weg - kann jeder über die letzten 25 Jahre nachlesen.

  • Herr Johnson verteidigt Herrn Johnson, nun ja.

    Analysieren wir mal:



    1. BoJo ist ein Faschist. Realistisch betrachtet fehlt da einiges. Allerdings merzt er gerade mit der Parteiausschlussdrohung gegen Abweichler die innerparteiliche Opposition gegen seinen Kurs aus. Ein Abgeordneter könnte auch für den Fall, dass sein Wahlkreis ihn weiter unterstützt nicht mehr antreten, wenn er aus der Partei ausgeschlossen ist.

    Er bringt also seine Partei auf seine Linie, verwirklicht das "Führerprinzip" als Merkmal des Faschismus, und muss sich den Vorwurf im Meinungskampf gefallen lassen.

    2. BoJo putscht. Das Vereinigte Königreich hat keine festgeschriebene Verfassung (also hat es gar keine, aber den Streit heben wir uns für später auf), und der Premierminister dehnt die bisher üblichen Regeln und Vorgehensweisen. Er versucht, das Parlament von einem Entscheidungsprozess auszuschließen, das nach Urteil des Verfassungsgericht von vor 2 Jahren in dessen Zuständigkeit fällt.



    Der Vorwurf ist berechtigt, wenn man unter Putsch "Entmachtung für 1 Entscheidung" versteht.



    Muss er sich also auch gefallen lassen.

    3. Der Backstop



    Wie in aller Welt kommen sie darauf, dass ein Abstimmungsergebnis des britischen Parlaments für die EU irgendeine Verpflichtung beinhalten sollte und die EU undemokratisch wäre, wenn sie der britischen Parlamentsentscheidung nicht folgt?



    Gesetzt den Fall, die EU verhandelt mit den USA über ein Handelsabkommen, dass dann dort im Kongress durchfällt. Ist dann die EU verpflichtet, nachzuverhandeln und die "demokratische Parlamentsentscheidung" zu berücksichtigen?



    Nö, natürlich nicht, wenn das Unterhaus dem Abkommen nicht zustimmen kann oder will, dann gibts eben keins. Verantwortung des Unterhauses.

    Wenn Sie, Herr Johnson, der EU einen Vorwurf machen wollen, dann müssen sie begründen, warum der Standpunkt der EU das Vereinigte Königreich unangemessen benachteiligt.



    "Ist im Unterhaus nicht mehrheitsfähig" geht auf die Kappe der Briten.

    • @Stefan74:

      ""Als Abgeordneter und Minister war Boris Johnson Loyalität fremd. Als Premier erhöht er nun massiv den Druck auf mögliche Abweichler. Kaum verhüllt droht er mit Neuwahlen und offenbar auch mit Parteiausschluss."

      Dann ist die Bezeichnung als Diktator ja ziemlich treffend."

      Der Druck auf die Abgeordneten der Grünen war 1999 unter Schröder so große, dass vier Abgeordnete die Verfassung brachen und gegen ihr Gewissen abstimmten.

      Vielleicht lassen Sie mal die Kirche im Dorf und den Bolzplatz am Ortsausgang. "Diktator", ... im Ernst?

      • @MontNimba:

        Pardon,



        das war eine Antwort an @nzuli sana.

    • @Stefan74:

      Nun ja, ganz sauber analysiert war das auch nicht.

      1. "verwirklicht das "Führerprinzip" als Merkmal des Faschismus"

      - Wenn Sie diese Maßstäbe anlegen, gibt's ja nur noch faschistische Staaten auf der Welt. Etwas über's Ziel hinaus, würde ich sagen.

      2. "Der Vorwurf ist berechtigt, wenn man unter Putsch "Entmachtung für 1 Entscheidung" versteht."

      - Aber das versteht ja niemand unter einem Putsch. Außerdem ist selbst diese "Entmachtung für 1 Entscheidung" übertrieben dargestellt.

      3. "wenn das Unterhaus dem Abkommen nicht zustimmen kann oder will, dann gibts eben keins. Verantwortung des Unterhauses."

      - Ja, richtig. Nur geht es hier nicht um ein Handelsabkommen, sondern um einen Austritt (also eher die Auflösung als das Eingehen einer Verbindung). Dieser ist nötig geworden, weil das Volk in diesem Sinne abgestimmt hat und sich der damalige Premier sowie das Parlament darauf festgelegt haben, dieses Votum zu respektieren. Dass das Parlament selbst mit klarer Mehrheit gegen den Brexit war und ist, macht die Sache nicht leichter.



      Jetzt hat die EU "verhandelt", ohne Kompromisse einzugehen. Daher keine Mehrheut im britischen Unterhaus. Nachfrage May: "Können wir's nicht doch abändern? Ich bekomme so keine Mehrheit." X Mal Nein. Es kommt also zu keinem Kompromiss, weil die EU keinen eingehen will und nie wollte. Die konsequente Lösung, wenn man sich nicht auf einen Auflösungsvertrag einigen kann, wäre: Kein Vertrag, es gilt internationales Recht, sonst gibt's keine Absprachen. Will eigentlich auch keiner, aber alles andere findet keine Mehrheit.



      Das versucht Johnson jetzt also durchzusetzen. Und die EU hofft eine solche Ausweglosigkeit für GB zu schaffen, dass am Ende der Rücktritt vom Austritt steht - oder das große (und ewige) Gängelband mit Zollunion und Backstop aber ohne Stimmrecht.

  • "Aber wer jetzt hysterisch von Putsch und Faschismus faselt, verhöhnt diejenigen, die sich gegen echte Putsche und Faschisten wehren müssen." Leider weiß man's hinterher immer besser. Hätte das deutsche Parlament beim Ermächtigungsgesetz 'hysterisch von Putsch und Faschismus gefaselt', wäre der Welt einiges erspart geblieben. Ich sehe zwar den Konflikt und die potenzielle Verharmlosung des Nationalsozialismus, aber wie lange muss man warten, bis man die Dinge beim Namen nennen darf?

    • @Stechpalme:

      "aber wie lange muss man warten, bis man die Dinge beim Namen nennen darf?"

      man muss sie beim namem nennen ,aber beim richtigen. und nicht falsche historische vergleiche ziehen.

      Boris Johnson ist ein neoliberaler reaktionärer rechtspopulist,der von Donald Trump unterstützt wird.

      und was die eu angeht aus der er austreten will so ist sie definitiv in noch schlechterer verfassung als grossbritannien



      sie ist so undemokratisch-dass sie sich selbst nach den kriterien die sie für staaten die ihr beitreten wollen aufgestellt hat nicht beitreten dürfte.

  • Ein Glück ist das Gezerre in 59 Tagen vorbei und UK kann die gefühlte imperiale Größe in vollen Zügen genießen.

    Ich bin gespannt, wann sich die Nordiren aus dem Kolonialreich verabschieden. Sie haben ja zumindest laut Vertrag ein Recht auf Abstimmung.

    Die Schotten müssen sich demnächst Gedanken machen, wie sie weiter vorgehen wollen. Das könnte noch viel Ärger im UK bringen.

    Have fun but leave!

  • die tagesschau schreibt:



    "Als Abgeordneter und Minister war Boris Johnson Loyalität fremd. Als Premier erhöht er nun massiv den Druck auf mögliche Abweichler. Kaum verhüllt droht er mit Neuwahlen und offenbar auch mit Parteiausschluss."



    Dann ist die Bezeichnung als Diktator ja ziemlich treffend.



    Herrn Johnsons Kommentar finde ich hingegen unangemessen, weil er die Proportionen der Lage umkehrt.

  • Faschist, Diktator, Staatsstreich - ja, zugegeben übertrieben.

    Trotzdem:



    Die "Beurlaubung" des Parlaments gerade jetzt zu verlängern, und das zu rechtfertigen mit der Tatsache, dass die laufende Parlamentsperiode schon so viel länger dauert als üblich: das ist doch vorgeschoben. Es ist doch wohl jedem klar, dass das Parlament dadurch gehindert werden soll, den Kurs des Herrn B. Johnson noch zu beeinflussen.

    Oh, die böse EU-Kommission "beharrt nämlich auf Theresa Mays Brexit-Deal, obwohl das britische Parlament ihn dreimal abgelehnt hat." Nun, das britische Parlament hat zufällig vorher Frau May auch zur Premierministerin gemacht, womit ihr auch das Mandat zu Verhandlungen mit der EU gegeben wurde. Dass das Parlament dann das Verhandlungsergebnis nicht akzeptiert, weil es den Hardlinern nicht hart genug ist, ist eigentlich ein Tory-internes Problem.

    Aber soll die EU jetzt sagen, oh, das britische Parlament akzeptiert den ausgehandelten Deal nicht, also wäre es undemokratisch daran festzuhalten? Das ist doch absurd! Genauso könnte man es umgekehrt sehen: Es ist undemokratisch vom britischen Parlament, den Deal nicht zu ratifizieren, weil die demokratisch legitierten Institutionen der EU den Deal so haben wollen.

    Und mal zum Praktischen: Der Punkt, an dem es sich spießt, ist ja nun mal die Nordirland-Frage. Eine Zollunion oder EWR-Mitgliedschaft hätte das Ganze gelöst, aber das ist natürlich kein 100%iger Brexit. Man hätte sich trotzdem laufend mit der EU abstimmen müssen. Oh wie schrecklich. Ist ja auch irgendwie der nächstgelegene Handelspartner.

    Dass die EU jetzt nicht sagt - ok, harte Grenze innerhalb der irischen Insel, wollen wir zwar nicht, damit fallen wir Irland in den Rücken, aber das britische Parlament kann sich sonst nicht einigen, also machen wir's eben doch - das ist doch wohl nachvollziehbar.

    Die Tories agieren zunehmend kopflos. Und im Umgang von BJ mit dem Parlament auch klar autoritär - selbst wenn man das nicht unbedingt Putsch nennen muss.

  • "Boris Johnson versucht das jetzt durchzusetzen, Brüssel sagt Nein. Wo bleibt da der Respekt für die britische Legislative?"

    Boris Johnson ist nicht vom Volk gewählt und er hätte derzeit wohl auch kaum eine Mehrheit im Parlament.

    Eine solche Legeslative, die ohne wirkliche mehrheitliche Legitimation für ein so brisantes Thema, die Zukunft einer ganzen Generation vor die fahren wird, hat einen totalitären fast faschistischen Geschmack.

  • Berater: Das sind Linke, denen kannst du alles verkaufen wenn du nur sagst dass die anderen Rechte sind. Also erkläre denen mal das diejenigen denen unser letzter Coup, das Parlament auszuschalten, nicht gefällt alles Nazis sind.

  • Danke, endlich mal eine andere Stimme als das ewig gleiche Gebashe, das wirklich jedes Nachrichtenorgan - ob TV, Radio oder Zeitungen - wiederkäut.

  • 6G
    64984 (Profil gelöscht)

    Wenn die EU zustimmen würde, den Backstop rauszunehmen, würde das den Zusammenbruch der EU bedeuten, denn sie hätte dann keine Kontrolle mehr über die Aussengrenzen, speziell die Grenze zwischen Nordirland und Irland.

    Boris Johnson (und der Autor Dominic Johnson) scheinen zu glauben, dass die EU aus Angst vor dem No-Deal Brexit bereit, Selbstmord zu begehen.



    Aber für jeden der 27 verbleibenden Eu-Staaten bricht dabei nur 1 Handelspartner weg.



    Für Großbritannien brechen 27 Handelspartner auf einen Schlag weg. Und für die meisten anderen Handelspartner hat Grosbritannien von einem auf den anderen Tag nicht mehr die vorteilhaften Handelsverträge, die die EU ausgehandelt hat.

    Wer hat da wohl das größere Problem?

    Manchmal hilft Rechnen!

    Um es etwas überspitzt auszudrücken:



    Großbritannien droht damit, Selbstmord zu begehen, um die EU dazu zu bringen, dass sie Selbstmord begeht.

    Ich bin zuversichtlich, dass die EU nicht darauf hereinfällt, selbst wenn Dominic Johnson noch 10 Kommentare schreibt.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    In der obigen Angelegenheit

    --- Johnson für Johnson---

    hat das europäische Parlament ein Machtwort gesprochen.

    EU bleibt obercool --



    aber in der Sache hart:

    Die Vizepräsidentin des EP Mairead McGuinness sagte, es sei unwahrscheinlich, dass es auf dem nächsten Gipfeltreffen des Europäischen Rates am 17. Oktober einen neuen Brexit-Deal geben werde.

    McGuinness erklärte, die EU werde Drohungen aus UK nicht erliegen, und Johnsons Ansatz, "die Kontrolle auf eine ungestümere Weise zu gewinnen" als Theresa May, sei überhaupt nicht der Weg, "Ergebnisse zu erzielen".

    In einem Interview mit der Sendung Sean O’Rourke von RTÉ Radio bestätigte McGuinness, dass die Gespräche in Brüssel intensiviert würden, sagte jedoch, sie sollten nicht als Neuverhandlung des Rücknahmeabkommens missverstanden werden.

    Barnier müsse im Zuge des Prozesses ein neues Mandat von 27 EU-Staats- und Regierungschefs erhalten, und angesichts der derzeitigen fieberhaften Atmosphäre bestehe keine Aussicht auf Veränderung, sagte sie.

    „Ich verstehe nicht, warum sich etwas ändern solle, denn wenn Sie sich ansehen, was dies bedeuten würde, würde dies bedeuten, dass die demokratisch gewählten Führer Europas einem sehr wenig hilfreichen Druck nachgeben würden, den der britische PM beinahe bedrohlich auf sie ausübt.""

    McGuinness sagte, sie glaube,



    ===



    Johnsons bevorzugte Option sei kein Deal.



    ===



    „Wenn Sie sich einiges von dem anhörten, was gesagt wurde, scheint klar, dass Johnson an einem no-deal- Brexit interessiert ist.

    Johnson glaubt, dass die Diskussion über die Zukunft dann sofort beginnen wird, wenn das UK abreist und er würde in sehr kurzer Zeit ein Abkommen seiner Wahl erhalten. “

    Sie sagte, Barnier habe in einem Artikel im Sunday Telegraph sehr deutlich gemacht, dass es keine Übergangsfrist oder Mini-Deals geben würde.

    Es wird superhart werden für das Vereinigte Königreich ..................

  • "Wer die Rechte des britischen Parlaments schützen will, sollte lieber vor der EU-Kommission demonstrieren."

    Ich wüsste nicht, dass die EU-Kommission in der Brexit-Frage dem Kommando des britischen Parlaments unterstünde. Das ist dieselbe verquere Logik wie seinerzeit beim Griechenland-Referendum, als Tsipras meinte, nur weil die Griechen "demokratisch" abgestimmt hätten, dass das für den Rest Europas bindend wäre.

    Auch für Demokratien gilt, dass die Welt kein Wunschkonzert ist, und äußere Gegebenheiten nicht einfach weggestimmt werden können. Die Verhandlungsposition der EU beim Brexit IST aus Großbritanniens Sicht eine äußere Gegebenheit. Diese Sicht hat sich Großbritannien selbst verpasst - demokratisch übrigens...

    (Dominic) Johnson befürwortet einen politischen Schachzug von (Boris) Johnson, der nur eine einzige nennenswerte Wirkung hat: Das britischen Parlament an einer Entscheidung zu hindern, die sachlich in seine Kompetenz fällt, aber inhaltlich der Regierung nicht gefallen könnte. Viel eindeutiger KANN man seine Rechte gar nicht umgehen.

    • Dominic Johnson , Autor des Artikels, Ressortleiter Ausland
      @Normalo:

      Manchmal hilft logisches Denken.



      Damit der Brexit-Deal in Kraft treten kann, muss ihm i) das EU-Parlament und ii) das britische Parlament zustimmen.



      Das britische Parlament hat nicht zugestimmt. Somit tritt der Deal nicht in Kraft.



      Also muss man jetzt entweder einen neuen Deal aushandeln - oder es gibt eben No-Deal.

      • @Dominic Johnson:

        "Manchmal hilft logisches Denken."

        So sehr ich viele Ihrer Artikel sonst schätze - das geht gar nicht.

      • @Dominic Johnson:

        Es gab recht positives feedback der EU auf eine Reihe von amendments, die im Frühjahr im Commons aufgerufen wurden, aber eine Mehrheit knapp verfehlten. Sie wären auf einen sanften Brexit hinausgelaufen. Halten Sie das noch für eine halbwegs realistische Option (eine weitere Verlängerung um ein paar Monate vorausgesetzt)?

      • @Dominic Johnson:

        Dann gibt es eben ein No-Deal-Brexit.

        Besser diesen schnell, wie die nächsten 2 Jahre weiteres verhandeln und Ungewissheit.

      • 0G
        06313 (Profil gelöscht)
        @Dominic Johnson:

        "Manchmal hilft logisches Denken."

        Wenn "normale" Kommentatoren anderen unterstellen oder suggerieren, sie würden nicht logisch denken, folgt meist ein Rüffel der Moderatoren mit dem Hinweis, sich an die Netiquette zu halten und Unterstellungen zu unterlassen.



        Der Kasus knacktus in dieser Schmierenkomödie genannt Brexit ist, dass eine Mehrheit des britischen Parlaments dem Deal nicht zugestimmt hat, aber auch keine Alternativvorschläge gemacht hat, um die Backstop-Klausel im Vertrag überflüssig zu machen. Der Backstop würde ja laut Deal nur in Kraft treten, wenn es London und Brüssel bis Ende 2020 nicht gelingen sollte, sich auf ein Freihandelsabkommen zu verständigen, mit gemeinsamen Regeln und Standards - und damit Grenzkontrollen auf Dauer hinfällig machen. Bislang hört man aus London nur "No no". Wie wäre es, wenn man den Austrittstermin auf Ende 2020 verlegt und in der Zeit versucht, sich uf ein Freihandelsabkommen zu einigen. Oder: wie wäre es, wenn der PM, der ja nur Stellvertreter seines Volkes ist, sein Volk darüber entscheiden lässt, ob es dem ausgehandelten Deal zustimmen möchte oder nicht? Und man könnte auch darüber abstimmen lassen, ob man einen Brexit ohne Deal möchte. Sie sehen, es gibt weitere Optionen als einen neuen Deal auszuhandeln, zumal das überflüssig ist. Nicht der komplette Deal wird infrage gestellt, sondern nur der Backstop. Und der ist für die EU richtigerweise nicht verhandelbar.

        • @06313 (Profil gelöscht):

          "Wie wäre es, wenn man den Austrittstermin auf Ende 2020 verlegt und in der Zeit versucht, sich uf ein Freihandelsabkommen zu einigen."

          Das ist an sich ein guter Gedanke - der vernüftigste, würde ich meinen.



          Ich denke aber, dass die EU genau daran überhaupt kein Interesse hat. Sie möchte die Briten nicht entlassen, sondern mit dem Backstop an die Kette legen.



          Die Vorschläge der EU zu einer Regelung bezüglich der irischen Grenze sind mir jedenfalls genau so wenig zu Ohren gekommen wie die der Briten.

      • @Dominic Johnson:

        bloss gut, dass, offenbar im Gegensatz zu vielen KommentatorInnen, der Autor des bemerkenswerten Artikels noch logisch denken kann:







        "Manchmal hilft logisches Denken"

        dass auch die von der "27-Rest-EU" angebotene Verhandlungslösung einigermassen demokratisch legitimiert (jedenfalls weder in Parlamenten noch von Plebisziten infrage gestellt) ist, ignoriert der Autor.

        Fazit: es fehlt an logischem Denken!

      • @Dominic Johnson:

        "Also muss man jetzt entweder einen neuen Deal aushandeln - oder es gibt eben No-Deal."

        Genau. Aber diese Alternative ergibt sich nunmal für beide Seiten gleichermaßen, und eine zu wählen ist in beiden Fällen die souveräne Entscheidung des jeweiligen Entscheidungsgremiums - wie auch jene dritte Variante, einvernehmlich den Brexit nochmals aufzuschieben, z. B. bis eine Lösung gefunden ist, die den Backstop überflüssig macht. JEDENFALLS gibt es kein wie auch immer geartetes hierachisches Verhältnis zwischen UK und EU, das die EU zwingen könnte, einen Brexit-Deal auszuhalndeln, den sie (also auch der EU-Rat, also auch Irland) so nicht will, nur weil das britische Parlament nicht bereit ist, dem gemachten (letzten) Angebot zuzustimmnen.

        In der Folge KÖNNTE man sich auf den Standpunkt stellen, dass das britische Parlament durchaus die Befugnis hätte und legitimer Letztentscheider darüber wäre, was genau Großbritannien macht, wenn sein Premier völlig überraschend nicht in den kommenten Wochen den Zaubertrick hinbekommt, aus den "Sine qua non"-Klauseln des Vertags überflüssige Redundanzen zu machen.

        Das Argument "Wir wollen das aber nicht" ist sicher nicht dieser Trick. Und es ist auch nicht undemokratisch von der EU, ihn nicht als solchen anzuerkennen.

        • @Normalo:

          "Demokratie hängt von der Legitimität der Entscheidungsfindung ab."

          Blair ist ein Remainer-Lobbyist, der ohne Amt oder Mandat des öfteren in Brüssel unterwegs ist, um den Brexit abzuwenden.

          • @MontNimba:

            Ich habe keine blasse Ahnung, was dieses Zitat und Tony Blair mit meinem Posting zu tun haben.

        • @Normalo:

          Sobald der Backstop einmal vertraglich festgelegt ist, wird die EU keinem Austritt mehr zustimmen. Sie wird GB als Übersee-Territorium mitschleppen, so lange bis die Briten reumütig um die Wiedererlangung der Vollmitgliedschaft betteln.



          Dass viele Briten darauf keine Lust haben, kann ich nachvollziehen.

          • @MontNimba:

            Sein wir realistisch: Es ist ein Schwarzer-Peter-Spiel, das für denjenigen am teuersten wird, der am Ende über seinen Schatten springen muss, um einen Bruch des Karfreitagsabkommens zu verhindern. Mit Backstop ist das UK, ohne wäre es die EU. Beide wollen den Schwarzen Peter nicht - oh Wunder.

      • @Dominic Johnson:

        Ich denke, dass es bestimmten Kreisen in Deutschland unmöglich ist, a) demokratische Grundprinzipien zu akzeptieren oder zu verstehen und b) logische Konsequenzen anzuerkennen.

        Das heißt:



        Wenn Parlament A "Ja" sagt und Parlament B "Nein", dann kann es nicht sein, dass automatisch die "Ja-Abstimmer" im Recht sind bzw. Recht haben. Die logische, demokratisch saubere Lösung wäre: Neuverhandlungen.

        Warum eigentlich diese Aufregung in Deutschland? Ist das die neue deutsche Großmäuligkeit? Aus alter deutsche Demokratieerfahrung, die seit Jahrhunderten Europa beglückt?

        • @Rolf B.:

          Ihre "Logik" geht von beliebigen Verhandlungsergebnissen aus - Hauptsache es gibt eine Einigung. Dass eine Seite einen ausgehandelten Vetrag ablehnt, führt aber eben gerade NICHT logisch zu der Schlussfolgerung, dass die andere noch Spielräume haben muss.

          Es geht also nicht um Recht oder Unrecht, sondern um entgegenstehende Interessen: Wenn B signalisiert, dass es partout auf einer Regelung besteht, von der A weiß, dass es sie nicht annehmen kann, dann ist kein Raum für Einigung. Wie Sie vielleicht merken, sind A und B hier austauschbar. Sie haben nämlich BEIDE das Recht, ihren Standpunkt zu vertreten und genau da rote Linien zu ziehen, wo bei ihnen die Kompromissbereitschaft aufhört.

          Das britische Parlament versucht es bislang mit einem eher unkonstruktiven Verweigerungskurs, Boris Johnson spielt dieselbe Karte. Gegenvorschläge, die den Backstop ergebnisgleich ersetzen könnten: Fehlanzeige (ist ja auch nicht so, als hätten die ministerialen Fußtruppen, die auch dem neuen Johnson-Kabinett zuarbeiten, nicht schon unter May fieberhaft mit ihren EU-Gegenübern nach so einer Quadratur des Kreises gesucht). Aber ein Deal, der das nicht leistet, hätte keine Chance, den EU-Rat zu passieren, weil er das Karfreitagsabkommen gefährden würde. Warum also darüber verhandeln? Es muss schon mehr auf den Tisch.

        • @Rolf B.:

          Berechtigter Einwand. Ergänzen möchte ich als Aktienbesitzer. Die "Märkte" scheinen die Probleme eines "no-deal" inzwischen eher in Europa als in GB zu sehen.

          Wenn die EU also an einer guten Lösung interessiert ist, sollte sich nicht auf Maximalforderungen setzen, die ihr selbst evtl. mehr weh tun als dem Verhandlungspartner. Es geht um die Frage, wer mehr zu verlieren hat. Anscheinend ist Johnson der Überzeugung, das GB mit einem "no-deal" besser fährt als mit dem May-Deal und eher die EU unbedingt ein Abkommen braucht. Dann wird sie sich bewegen müssen (wenn Johnson recht hat, was die Aktienkurse andeuten, soweit es wirtschaftliche Fragen betrifft).

          • 6G
            64984 (Profil gelöscht)
            @Dr. McSchreck:

            “Die Märkte” waren noch Tage vor dem Zusammenbruch von Lehmann Brothers der Meinung, dass es sich um eine erstklassige Bank mit hervorragenden Aussichten handelte.

      • 6G
        64984 (Profil gelöscht)
        @Dominic Johnson:

        Oder das britische Parlament stimmt erneut ab und stimmt diesmal zu.

        Aber selbst wenn es No Deal gibt, werden die Briten irgendwann schon wieder angekrochen kommen und dann darum betteln, diesen Vertrag haben zu dürfen, den sie drei- oder viermal abgelehnt haben.

        Spätestens wenn Trump und China denen gesagt haben, was Sie für einen Vertrag von denen bekommen können.

        Oder wenn Schottland und/oder Nordirland aus der Union ausscheiden wollen, um Mitglied in der EU werden zu können.

        Oder wenn die Londoner City den Bach runtergeht, weil Sie auf dem Kontinent keine Geschäfte mehr machen dürfen.

        Oder, oder....

  • "A fascist régime made you a moron" - das war die Queen Theory von Johnny Rotten. Johnson der Klügere hat Recht: Dies ist kein Pinochet-Coup und kein Faschismus. Es ist etwas viel Schlimmeres: It's not nice.

    Das aktuelle Wachsfigurenkabinett unter de Pfeffel Johnson ist das letzte Aufgebot zum "jumping off the cliff". Eigentlich sollte es in Dover tagen. Die Tory "Grandees", Michael Heseltine, Chris Patten oder John Major werden jedoch kaum zum Begräbnis erscheinen.



    Drei Jahre lang konnten sich die Tories nicht darauf einigen, was das Nein zur EU genau bedeutet. Also kursieren etwa so viele Versionen davon wie Abgeordnete.



    Anstatt an Mussolini erinnern sich viele in UK an die Zeiten von Oliver Cromwell und König Charles, der exekutiert wurde, weil er sich dem Willen des Parlaments widersetzte.



    Diese Woche wird sich zeigen, ob sich unter der konstitutionellen Monarchie noch ein Parlament verbirgt, das nicht bloß "das älteste der Welt" ist.

  • 0G
    06313 (Profil gelöscht)

    Herr Johnson (beide): Was schlagen Sie anstelle des Backstop vor, das sowohl europäische als auch britische Interessen zuftiedenstellen könnte?

    • 6G
      64984 (Profil gelöscht)
      @06313 (Profil gelöscht):

      Kommentar entfernt. Bitte halten Sie sich an die Netiquette.

      Die Moderation

  • Mir fäält es schwer dies Manöver und Boris Johnson zu beurteilen, dafür sind mir die britischen politischen Gepflogenheiten nicht vertraut genug. Aber zumindest kann ich sagen dass der Artikel mutig ist und ungewöhnlich für die Taz... bestehen da Verwandschaftsverhältnisse Mr Johnson...? :)

    • 6G
      64984 (Profil gelöscht)
      @Lutz Maximilian:

      In jedem Fall ist gedanklich eine Verwandtschaft zu erkennen. Beide argumentieren, dass die EU auf den Backstop verzichten soll, weil die Tories den nicht wollen.



      Beiden ist offensichtlich völlig egal, dass ein Verzicht auf den Backstop dazu führen würde, dass die EU zusammenbrechen würde.



      Denn sie hätte keine Autorität mehr darüber hätte, was in die EU kommt und was nicht.



      Einen solchen Kommentar in der taz zu lesen, ist schon sehr merkwürdig.

       

      Kommentar gekürzt. Bitte bleiben Sie sachlich.

      Die Moderation

      • @64984 (Profil gelöscht):

        also wenn der Verzicht auf einen Backstop zum Zusammenbruch der EU führen wird, dann ist die EU aber auf sehr tönernen Füßen aufgebaut.

        • 6G
          64984 (Profil gelöscht)
          @Dr. McSchreck:

          Der Verzicht auf einen Backstop bedeutet, dass die EU auf die Kontrolle verzichtet, was in die EU reinkommt und was nicht und darauf verzichtet, welche Zölle erhoben werden.

          D.h. Chinesen können beliebig viele Waren ohne Zölle in die EU bringen, Amerika beliebig viel genetisch veränderte Lebensmittel. Die Briten könnten in die EU mit 0% Zölle liefern, etc. etc.

          Die EU würde die Kontrolle über ihre Grenzen aufgeben.

          Dagegen ist das Problem mit den Flüchtlingen klein.

          Und wir sehen ja, dass bereits dieses Problem die EU an den Rand des Abgrunds bringt.

          Es wäre zwar nur die Grenze Nordirland Irland, die offen wäre, aber das ist genauso, als wenn man einen Teil eines Deichs kaputt macht. Der Rest des Deichs ist dann ziemlich wirkungslos.

  • „Ein Putsch [… ] ist eine oft überraschende, meist gewaltsame Aktion von Angehörigen des Militärs [...] und/oder einer Gruppe von Politikern mit dem Ziel, die Regierung zu stürzen und die Macht im Staat zu übernehmen“, weiß Wikipedia.

    Der Ex-Journalist, Ex-Bürgermeister von London und Ex-Außenminister, Boris Johnson, regiert schon längst. Er braucht die Macht im Staat nicht mehr zu übernehmen, seit die Queen sie ihm am 24. Juli dieses Jahres in den Schoß gelegt hat. Von einem Putsch also kann keine Rede sein.

    Sollte Johnson als Regierungschef eine legale Möglichkeit gefunden haben, das Parlament Schachmatt zu setzen, spricht das weniger gegen Johnson als vielmehr gegen die britischen Gesetze bzw. die britische Demokratie, die offenbar nicht für den Ernstfall gemacht sind, sondern nur für den Schönwetterfall.

    Da das Klima derzeit schwieriger zu werden scheint, sollten die Gesetze womöglich angepasst werden. Dazu, allerdings, scheinen sich die Schreihälse ganz und gar außerstande zu fühlen. Lieber betreiben sie Geschichtsklitterung und Opferverhöhnung. Beides wird offenbar immer noch hinreichend positiv honoriert ihrer Erfahrung nach.

    Mitunter beschleicht mich der Verdacht, derartige Erfahrungen könnten nicht nur populäre britische Kinderbuchautoren und namenlose englische Demonstranten gemacht haben, sondern auch viele Deutsche. Gerade auch (Ex- oder Möchtegern-)Journalisten.

    Übrigens: Respekt muss nicht zwingend bedeuten, dass jeder Bockmist bejubelt wird, den jemand absondert. Johnson hat spekuliert. Die Mehrheit aller Briten hat ihn damit beauftragt. Meiner Ansicht nach gebietet schon der Respekt vor den britischen Wähler*innen, dass ihr Votum ernst genommen wird. Auch wenn das Konsequenzen hat. Gerade dann. Denn nur wer sich auch einmal irren darf, kann was dazu lernen.

    • 0G
      06438 (Profil gelöscht)
      @mowgli:

      Demokratie: 6 (ungenügend)



      setzen.

      Ehm - Boris Johnson ist ein "unelected leader" genau das, was die Brexiteers der EU vor 3 Jahren vorgeworfen haben.

      Mit dem entscheidenden Unterschied das der Vorwurf gegen Johnson, nicht gewählt zu sein der Realität entspricht.

      Johnson wurde von 0,14 % der britischen Wähler bestimmt, nämlich von 90.000 Hardliner Tories von insgesamt 160.000 Tory Mitgliedern.

      Das so eine Knallcharge die wichtigste Entscheidung seit der Gründung des Vereinigten Königreiches trifft, aufgrund der Legitimation von 0,14% der Wähler ist nicht nur ein schlechter Treppenwitz sondern könnte der Anfang vom Ende der Demokratie und der britischen Union bedeuten.

    • 0G
      06313 (Profil gelöscht)
      @mowgli:

      Der britsche Wähler wurde nur gefragt: in der EU bleiben oder lieber raus. Die Entscheidung, ohne Deal und mit allen Konsequenzen die EU zu verlassen, hat der britische Wähler nicht getroffen. Tatsächlich würde BJ die Entscheidung des Parlaments (kein Brexit ohne Deal) ignorieren. Und das ist in höchstem Maße undemokratisch und sicherlich nich legitim

  • Wenigstens in der Taz-Redaktion hat Boris Johnson noch einen Fürsprecher. Die Johnsons müssen eben zusammenhalten...

    • 0G
      06313 (Profil gelöscht)
      @Linksman:

      :-)

  • „Wo bleibt da der Respekt für die britische Legislative?“



    Ich frage, wo bleibt da der Respekt der Briten für die Demokratie in Europa?

    Um die Finanzkrise in 2009 zu bewältigen, musste die EZB durch diverse Bankenrettungspakete eine Summe von 4,5 Billionen EURONEN (eine Zahl mit 12 Nullen) aufwenden. Davon ist ca. ein Drittel, also 1,5 Billionen an die Briten gegangen, obwohl die Briten mit 66 Mio. Einwohner nur einen kleinen Bevölkerungsanteil der 512 Mio. Europäer bilden.

    • 6G
      64984 (Profil gelöscht)
      @Nico Frank:

      Interessant. Das wusste ich noch gar nicht.



      Bekommen wir die 1,2 Billionen von den Briten wieder beim Brexit?

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    Der ehemalige Labour Ministerpräsident Tony Blair in einer Rede von heute Morgen:

    ""Versteht niemand in der Regierung, insbesondere nicht diejenigen Kabinettsmitglieder, die früher gegen die Verantwortungslosigkeit eines solchen Kurses protestierten, die Konsequenz, wenn ein großer Teil des Landes (meint einen no-deal-Brexit, wurde vom Parlament bereits abgelehnt) dies als unzulässig ansieht?

    Demokratie hängt von der Legitimität der Entscheidungsfindung ab.

    Legitimität ist nicht dasselbe wie eine Vereinbarung mit der Regierung.

    Regierungen tun Dinge, welche die Leute manchmal nicht mögen. Aber außerhalb der politischen Grenzen akzeptieren die meisten Menschen dieses Recht der Regierung auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen.

    Aber das was heute passiert ist eine Krise der Legitimität. (gemeint ist die Politik und das Handelns der britischen Regierung)

    Niemand in der Regierung gibt auch nur vor, diese Bedenken auszuräumen.""

    ==

    Niemand geringeres als der ehemalige Ministerpräsident Tony Bliar stellt die Frage nach der Legitimität des Regierungshandelns.

    Wenn die Legitimität der britischen Regierung in Frage gestellt wird - ergreift eine Minderheit die Macht - weil sie nur noch damit beschäftigt ist ein Minderheitsvotum über die Ziellinie zu bringen - und dabei die Regeln einer parlamentarischen Demokratie nachhaltig beschädigt.

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""Boris Johnson – ein „Faschist“ und ein „Diktator“. Die Beendigung der laufenden Sitzungsperiode des britischen Parlaments – ein „Staatsstreich“. Vergleiche mit Hitlers Ermächtigungsgesetz werden gezogen. Auf britischen Straßen wird unter dem Motto „Stoppt den Putsch“ demonstriert.................................

    Wer so redet, der hetzt.

    ........................""

    Wirklich?

    Gove hat gerade bekannt gegeben das die Tories sich höchstwahrscheinlich nicht an Gesetze halten werden - sollte das Parlament ein Gesetz beschliessen welches einen No-deal Brexit verbietet.

    Johnson hat Gespräche mit ehemaligen Ministern der eigenen Partei abgelehnt die seinen Brexit - Kurs ablehnen.

    Johnson der Serienlügner lügt weiter - indem er vorgibt weiter zu verhandeln - was er in der Realität nicht tut. Johnson hat alle Gespräche abgebrochen - selbst mit innerparteilichen Kritikern.

    Berater der eigenen Regierung die mit ehemaligen Tory Ministern in Kontakt stehen - (Telefonanrufe) - wurden mit Hilfe eines bewaffneten Polizisten abgeführt - und aus dem Ministerium entfernt.

    das Parlament wird daran gehindert zu tagen in einem Moment, in dem die wichtigste Entscheidung des Königreiches seit Bestehen getroffen werden soll.

    Nach was sieht das denn aus? Warum wird denn der Brexitkurs des Serienlügners Boris Johnson, der eiskalt das Parlament ausschaltet, von deitschen afd Rechtsextrempopulisten, welche die Grenze zum Faschismus schon längst überschritten haben weil es ihnen nur noch darum geht, die parlamentarische Demokratie zu zersschlagen - auch in den TAZ Kommentaren entsprechend gelobhudelt?

    Doch nur weil dem englischen Serienlügner derzeit etwas zu gelingen scheint was die Präfaschisten der rechtsextrempopulistischen afd auch so gerne möchten.

  • Warum sollten Brexid-Gegner vor der EU-Kommission demonstrieren, damit die Befürworter ihren Willen bekommen?Warum sollte sich die EU-Kommission dem Beschluss des britischen Parlaments beugen? Weil andersrum könnte man genauso fragen: wo bleibt der Respekt gegenüber der EU? Als ob die Briten jemals was darauf gegeben hätten, was Parlamente der der schwächeren Commonwealth-Staaten beschlossen haben, wenn es um britische Wirtschaftsinteressen geht. Wo bleibt da der Respekt?



    Wirrer Kommentar.

    • @Andreas J:

      Dito!

  • Sehe ich genauso wie die anderen KommentatorInnen hier.

    "Putsch" ist sicher übertrieben. Und "vergasen", "Strick" und "Laterne" unangemessen, geschmacklos und borderline kriminell.

    Aber Boris Johnsons Mannöver ist schmutzig, wie vieles in der pro-Brexit-Kampagne (Cambridge Analytica, die britische Regenbogenpresse, die Märchen der Einzahlungen in die EU die stattdessen in die Gesundheit fliessen sollen: alles vergessen?).

    Diese Seite vermisse ich in Dominic Johnsons Beiträgen.

    Und Backstop: was soll die EU denn sonst machen? Gibt es überhaupt einen vernünftigen konstruktiven Vorschlag dazu?

  • Sorry Mr. Johnson, das ist Unsinn, was Sie da reden: Die Eu verletzt die Rechte des britischen Parlaments? Weil Sie in den Verhandlungen auf deren Wünsche nicht eingeht? Was ist das für ne krude Vorstellung von Demokratie und Verhandlungen zwischen zwei Vetragspartner in der Demokratie?



    Der Eine (die EU) hat dem Willen des anderen (dem britischen Parlament) nachzugeben? Because we are Britain oder warum?



    Das britische Parlament oder die Regierung muss den ausgehandelten Vertrag nicht zustimmen, dann tritt GB eben ohne Abkommen aus. Das Recht habt Ihr...

  • "sollte lieber vor der EU-Kommission demonstrieren."

    Geht es noch? Natürlich sind die Proteste - bezogen auf den konkreten Anlass - nicht angemessen - das ergibt sich aber aus der Verzweiflung.



    Putins 5. Kolonne - gestützt auf Desinformation auf der einen Seite und Rassismus und Nationalismus auf der Anderen, hat es geschafft UK aus der EU zu lösen - mit höchst vermutlich katastrophalen Folgen für die Menschen.

    Das auf die EU zu schieben ist schlicht das Argument, das ich von einer AfD-nahen Zeitung erwarte. Unglaublich das in der taz zu lesen!

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @Michael Garibaldi:

      Im Zweifel sind natürlich die Russen schuld (in der Person Putins). Derweil geht es um einen Klassenkampf von oben, um koloniale Ansprüche und den Sozialneid der herrschenden Klasse, die den Armen noch nicht einmal das wenige gönnt, das sie haben. Es geht, wie bei der AfD, um Profite, die gesteigert werden sollen. Wenn die herrschende Klasse die Wahl Johnsons oder ein positives Brexit-Vetum hätte verhindern wollen, hätte sie das gekonnt. Kapitalismusinterne Widersprüche auf "fremde Mächte" zurückzuführen, ist zumindest rechtspopulistisch.

      • @85198 (Profil gelöscht):

        Zeitmaschine verschluckt?



        "die herrschende Klasse..." rotflmao ...."Kapitalismusinterne Widersprüche" ....



        Noch was?



        Politperspektiven aus dem 19. Jahrhundert liest man ja nicht mehr sehr häufig..

      • @85198 (Profil gelöscht):

        Allerdings. Bei der Suche nach den Ursachen solcher Ereignisse eine sinnvolle Faustregel, zu schauen: wo sitzt die Kohle, wer profitiert.

    • 6G
      64984 (Profil gelöscht)
      @Michael Garibaldi:

      Sehe ich genauso.

      Die taz ist anscheinend jetzt auf die Seite von Boris Johnson geschwenkt.

      Kann man nicht mehr ernst nehmen.

    • @Michael Garibaldi:

      Sehe ich genauso.

      Was ist denn die Alternative zum Backstop?

      Eine offene EU-Aussengrenze ohne Kontrollen in Irland oder geschlossene Grenze und womöglich wieder IRA Terror wie früher?

      Johnson hat ja selbst keinen vernünftigen Vorschlag für das Problem.

      • @OnDoe:

        Weil das schlicht ein absurdes Problem ist, für die es bekanntlich keine Lösungen gibt.

        Das menschliche Gehirn verwehrt sich gegen die Tatsache, dass es für bestimmte Probleme keine Lösungen gibt. Aber das ist so.

        UK kann die EU nur verlassen, wenn sie Nord-Irland aufgeben oder mit einer harten Außengrenze versehen.

        Eine dritte Lösung gibt es nicht.

        • 0G
          06438 (Profil gelöscht)
          @Michael Garibaldi:

          Lösungen für das Brexit - Nordirland Problem:

          1..Von Barnier (EU Verhandler) wurde vorgeschlagen dier Grenze in die irische See zu verlegen. Das wurde von Theresa May abgelehnt - trotzdem dieser Vorschlag das Problem löst.

          2.. Wenn es also keine Grenze geben darf - nach dem Good Friday Agreement nicht in Nordirland - und nach der Theresa May Regierung nicht in der irischen See - bleibt nur die grundsächliche Lösung: Der backstop - der UK und NI in der Zollunion belässt - solange keine einvernehmliche Regelung gefunden werden kann.

          Das bedeutet:



          Lösungen gibt es - nur werden alle machbaren und real möglichen Lösungen des Problems von der britischen Regierung abgelehnt.

          An diesem Punkt angelangt stellt sich die Frage ob diese Form der harten unnachgiebigen unrationalen Konfrontation nicht von den Brexit Befürwortern auch so gewollt ist - was den Verdacht erhärtet das es ihnen eher um die Zerschlagung der EU geht.

          • @06438 (Profil gelöscht):

            aus meiner Sicht gäbe es durchaus eine weitere Lösung, nämlich eine Zollabkommen zwischen GB und der EU, das weiterhin keine Zölle vorsieht. Das will die EU aber nicht - mit dem etwas seltsamen Argument, GB wolle nur die Vorteile (wobei ein Zollabkommen ja beiden Seiten nützt).

            • @Dr. McSchreck:

              Diese Lösung gibt es nicht:



              Das Vereinigte Königreich besteht darauf, eine eigenständige Handelspolitik zu betreiben, d.h. selbst die Höhe der Zölle für Importe festzusetzen.

              Beispiel:



              Für Produkt X wird 20% Zoll bei Einfuhr in die EU fällig, das UK verlangt nur noch 5%.

              0% Zoll zwischen UK und EU bedeuten, dass Produkt X in Belfast angelandet und verzollt wird und dann zollfrei und ohne Kontrolle nach Dublin gefahren wird und sich der Importeur 15% Zoll spart.

              Damit das funktioniert, müsste UK die selben Zollsätze erheben wie die EU (=Zollunion), dass will UK aber explizit und ausdrücklich nicht.

              Die EU hätte kein Problem damit, wenn UK Bestandteil einer Zollunion wäre.



              Der Backstop ist ja genau das: Nordirland bleibt im Zollgebiet der EU, der Rest des UK ist außerhalb, die Fähren lassen sich einfach kontrollieren, sind ohnehin ein paar Stunden auf dem Wasser, Problem gelöst.

              • @Stefan74:

                danke für die Info, das habe ich bisher so nicht verstanden und werde es nachlesen.

          • 0G
            06313 (Profil gelöscht)
            @06438 (Profil gelöscht):

            "... was den Verdacht erhärtet das es ihnen eher um die Zerschlagung der EU geht."

            Sehe ich auch so. BJ ist es sogar egal, wenn dadurch die Gewalt in Nordirland ausbricht. Die Brexit-Befürworter lehnen den Backstop ab, bringen aber keinen Alternativvorschlag, weil sie den nicht kennen. Und wenn drr Brexit ohne Deal Britannien noch mehr runterreißt, dann hat BJ den Schuldigen schon parat: die pöhse EU.

        • @Michael Garibaldi:

          Völlig richtig und solange London das einfach nicht einsehen will und den Backstop ablehnt, kann man sich auch das Verhandeln komplett sparen.