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Ein Mensch über 65 wohnt durchschnittlich auf 74,7 Quadrat­metern (links). Der Durchschnitt wohnt auf 51,8 Quadrat­metern Illustration: Paulina Eichhorn

WohnungsknappheitOpa hat Platz

Wohnraum gibt es genug. Er sei aber schlecht verteilt, sagt Forscherin Anja Bierwirth. Drei Initiativen zeigen, wie man ihn besser nutzen könnte.

w ochentaz: Frau Bierwirth, müssen wir lernen, anders auf Wohnen und Wohnkultur zu schauen?

Anja Bierwirth: Die Wohnkultur hat sich schon immer sehr verändert. Die Konzentration auf die Kernfamilie bis hin zu Singlewohnungen im urbanen Raum ist nicht immer schon dagewesen. Wohnen unterliegt einem kulturellen Wandlungsprozess, der Zeit braucht. Wenn man die Infrastruktur und die Wohnangebote schafft, die es den Menschen ermöglichen, sich zu verändern, werden sie das auch tun.

Besonders älteren Menschen wird oft nachgesagt, dass es ihnen schwer fällt, sich wohnlich zu verändern.

Die Frage nach dem Wohnen im Alter hat heute eine ganz andere Dringlichkeit und Qualität bekommen, als in früheren Generationen. Es wird gepredigt: „Alte Menschen verpflanzt man nicht.“ Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass das nicht stimmt.

Anja Bierwirth

ist Leiterin des Forschungsbereichs „Stadtwandel“ in der Abteilung Energie-, Verkehrs- und Klimapolitik des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie.

Sie setzen sich in Ihrer Forschung viel damit auseinander, wie bestehender Wohnraum anders genutzt werden kann.

Wie will ich wohnen, ist eine große Frage. Dahinter stehen sehr persönliche Geschichten. Wir wissen seit Jahren, dass sich immer mehr, vor allem ältere Menschen in großen Wohnungen überfordert fühlen. Über alternative Angebote für diese Gruppe nachzudenken, ist ein wichtiger erster Schritt. Das bedarf Beratung und Förderung und auch eine Kommune, die überhaupt mal auf die Menschen zugeht und fragt: „Geht es euch noch gut, so wie ihr wohnt?“

Wie könnte ein Alternativangebot aussehen?

Dafür muss man wissen, was die Menschen im Einzelfall wollen. Wollen sie ihre Wohnung gegen eine kleinere tauschen? Wollen sie gemeinschaftlicher wohnen? Oder können sie sich vielleicht vorstellen, Leute ins Haus zu holen und so ihre eigene Wohnfläche zu verkleinern? Damit sich die Menschen für eine Veränderung entscheiden, muss etwas angeboten werden, was zu ihren Wünschen und ihrer Lebenssituation passt. Und sie müssen sich die Veränderung leisten können.

Derzeit ist häufig von Wohnraummangel die Rede, vor allem Familien klagen darüber, dass sie insbesondere in Großstädten keine passenden Wohnungen mehr finden.

Schaut man sich den Wohnungsbestand an, stellt man fest, dass es eigentlich keinen Mangel gibt. Der Bestand ist zu einem großen Teil in einer Zeit gebaut worden, in der es noch selbstverständlich war, in Familien zu leben und nicht überwiegend in Ein- und Zweipersonenhaushalten. Familienfreundlicher Wohnraum ist also eigentlich ausreichend vorhanden, er wird nur oft nicht von Familien genutzt. Tatsächlich werden Einfamilienhäuser in Deutschland im Schnitt von etwas mehr als zwei Personen bewohnt. Der Wohnraum existiert also, er ist nur schlecht verteilt. Einen echten Mangel gibt es bei barrierefreien und altersgerechten Wohnungen.

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Viele neue Genossenschaften versuchen mittlerweile, alternative Wohnmodelle zu etablieren. Ist das eine Lösung?

Es gab in den letzten Jahren eine unglaubliche Gründungswelle. Vor ein paar Jahren war das Thema noch konservativ und verstaubt, da gab es überwiegend alteingesessene, teils über 100 Jahre bestehende Wohngenossenschaften. Das hat sich geändert. Das ist toll. Aber es reicht nicht aus, denn nicht alle Leute können sich privat engagieren.

Sprechen wir über die systemische Ebene. Was muss in Politik und Verwaltung passieren, damit der vorhandene Wohnraum anders genutzt wird?

Nachverdichtungs- oder Umnutzungsprojekte scheitern häufig an Bauplänen und Flächennutzungsplänen. Da geht es um technische Normen, die sich etabliert haben. Schallschutz, Energieeffizienz, Brandschutz – da gibt es im Wohnbau ganz andere Anforderungen als im Nicht-Wohnbau. Wenn ich zum Beispiel nachverdichten will, scheitert das oft an der Stellplatzsatzung, die vorschreibt, wie viele Pkw-Stellplätze pro Wohneinheit gebaut werden müssen. Es gibt Kommunen im ländlichen Raum in Bayern, die weisen mehr als zwei Stellplätze pro Wohneinheit aus. Das ist absurd. Die Frage für Politik und Verwaltung ist also: Wie kommen wir zu flexibleren, individuellen Gestaltungen und Verfahren? Da muss auf Bundesebene, vielleicht sogar auf EU-Ebene etwas passieren.

Das klingt sehr umständlich. Dann doch lieber neu bauen?

Egal ob wir über Städte mit angeblichem Wohnraummangel reden oder über ländliche Gebiete, die unter Schrumpfung leiden – alle weisen Neubau aus. Die Städter sagen, hier wird das Wohnen zu teuer, wir müssen mehr Angebote schaffen, damit die Preise wieder sinken. Die Gemeinden auf dem Land meinen, sie müssten schicke neue Einfamilienhäuser bauen, damit die jungen Familien herkommen. Neubau scheint immer die Antwort zu sein, für alle Fragen von Stadt- und Kommunalentwicklung. Das kann gar nicht sein. Deutschland hat ein Flächenziel von netto null Neuinanspruchnahme von Flächen im Jahr 2050. Wir sind weit davon entfernt, es zu erreichen.

Unsere Neubaupolitik steht also im Konflikt mit unseren Flächenzielen?

Ja. Flächenschutz ist ein bundespolitisches Ziel, aber wenn man den Bund oder die Länder fragt, heißt es dort, Stadtentwicklung sei kommunale Hoheitsaufgabe und da mischen wir uns nicht ein. Ich finde das eine Zumutung für die Kommunen. Sie müssen sich da komplett selbst durchkämpfen. Es wäre viel einfacher, gäbe es von Bundes- oder EU-Ebene so etwas wie einen Leitfaden zur Flächenneutralität. Der kommunale Neubau frisst neue Flächen, aber Bund und Länder helfen auch nicht dabei, das Problem zu lösen.

Die Nutzung von Wohnfläche ist also auch eine Frage der Nachhaltigkeit.

In der Stadt- und Raumplanung wird der Begriff Suffizienz verwendet. Bei Suffizienz geht es zwar um Reduktion, aber das Ziel ist nicht der Verzicht, sondern ein Qualitätsgewinn. Es gibt in Deutschland viele Menschen, die nicht ausreichend Wohnraum zur Verfügung haben. Wenn man diese Menschen angemessen mit Wohnraum versorgen will, ohne alle Nachhaltigkeitsziele zu reißen, braucht man auch Menschen, die Wohnraum abgeben. In der Gruppe der Abgebenden gäbe es viele, viele Menschen, für die das kein Verzicht wäre, sondern ein Qualitätsgewinn.

Drei Lösungsideen

Ein Recht auf Wohnungstausch

Der Mietwohnungsmarkt in den Ballungsräumen ist angespannt. Längst geht es nicht mehr nur darum, eine bezahlbare Wohnung zu finden, sondern überhaupt eine Wohnung zu finden. Auf Wohnungssuchportalen stehen deshalb nicht nur bezugsfertige Mietwohnungen, sondern auch eine Vielzahl von Tauschangeboten. Die Idee: Zwei Parteien, die jeweils einen Mietvertrag haben und sich verkleinern, vergrößern oder anderweitig verändern wollen, stellen ihr Gesuch online und finden eine passende Tauschwohnung. Wenn die Ver­mie­te­r*in­nen mitspielen und die Miete nicht erhöhen, ist das oft eine Win-win-Situation.

In Österreich gibt es sogar ein gesetzlich verankertes Recht auf Wohnungstausch. Dort ist im Mietrechtsgesetz geregelt, dass zwei Mie­te­r*in­nen gegenseitig den Vertrag der anderen übernehmen können, wenn es dafür wichtige Gründe gibt – Familienzuwachs, gesundheitliche Anforderungen oder berufliche Veränderungen zum Beispiel. Auch in der DDR gab es in den 1980er Jahren ein solches Recht. Vergleichbares wird auch für Deutschland immer wieder gefordert. Im September 2023 fand auf Initiative der Linken eine Ex­per­t*in­nen­an­hö­rung im Bundestag statt. Doch der Wille zur Umsetzung fehlt bisher, vor allem bei FDP, CDU und AfD ist der Widerstand groß.

Immer mehr kommunale Wohnungsunternehmen ermöglichen jedoch freiwillig den Tausch innerhalb ihres Bestandes. Mie­te­r*in­nen der sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften in Berlin – ihr Bestand umfasst insgesamt 360.000 Wohnungen – können ihre Wohnung bei gleichbleibender Kaltmiete tauschen. In Potsdam versucht die Wohnungsbaugesellschaft Pro Potsdam den Umzug in eine kleinere Wohnung durch einen Mietnachlass attraktiv zu machen. Radikal gegen Unterbelegung wird dagegen in der Schweiz vorgegangen: Dort haben die Mitglieder von Wohnungsgenossenschaften und Mietende städtischer Anbieter nicht nur das Recht, sondern meist die Pflicht, ihre Wohnung zu tauschen. Es gilt die sogenannte „Plus 1,5 Regel“. Die besagt, dass eine Wohnung nur 1,5 Zimmer größer sein darf als die Haushaltsgröße. Verkleinert oder vergrößert sich der jeweilige Haushalt, bekommen die Be­woh­ne­r*in­nen innerhalb eines Jahres zwei neue, passende Wohnungen vorgeschlagen.

Unterstützung statt Miete

Ältere Dame bietet Studentin gemütliches Zimmer (15 m²) und freut sich über Unterstützung im Alltag und ein bisschen Gesellschaft.“ Solche Anzeigen findet man häufig unter dem Stichwort: „Wohnen für Hilfe“. Jung zieht zu Alt, und die zu groß gewordene Wohnung wird so zur generationsübergreifenden Wohngemeinschaft. Meist gilt die Regel: Pro Quadratmeter des Zimmers fällt eine Stunde Arbeit im Monat an. Mit Geld bezahlen die Un­ter­mie­ter­*in­nen nur Nebenkosten wie Gas, Strom und Wasser. Dafür helfen sie beim Einkaufen, gehen im Garten zur Hand oder leisten Gesellschaft. Pflegeleistungen sind von der Vereinbarung grundsätzlich ausgenommen. Die genaue Abmachung wird in einem Kooperationsvertrag festgehalten.

Viel Platz im Alter

44 Prozent mehr Wohnfläche haben Se­nio­r*in­nen im Vergleich zur Gesamtbevölkerung in Deutschland.

Vor allem in Ballungsräumen leben viele junge Familien beengt und finden keine passende Wohnung. Erklärt wird das auch mit dem Lock-in-Effekt: Ältere Menschen leben oft in geräumigen Wohnungen mit ungenutzten Zimmern. Weil der Vertrag alt und die Miete günstig ist, lohnt sich ein Umzug in eine kleinere, oft teurere Wohnung nicht.

In Ostdeutschland wohnen Se­nio­r*in­nen auf 15,94 m² mehr als der Durchschnitt, in Westdeutschland sind es 24,89 m² mehr. Im Osten wird generell kleiner gewohnt.

Die Daten stammen aus der Zensusbefragung 2022 vom Statistischen Bundesamt. Darin wird unterschieden zwischen Haushalten mit nur Senior*innen, Haushalten mit Se­nio­r*in­nen und Jüngeren, sowie Haushalten ohne Senior*innen.

In Kiel gibt es das Modell seit 2012. „Die Nachfrage besteht kontinuierlich, häufig auch von internationalen Studierenden“, sagt Kerstin Klostermann vom Studentenwerk Schleswig-Holstein. Die richtige Wohnpartnerschaft zu finden ist dabei nicht immer leicht: Sprachbarrieren können die Vermittlung erschweren. Um derartige Startschwierigkeiten aus dem Weg zu räumen, begleitet die Wohnvermittlerin des Studentenwerks die Beteiligten von der Suche über das Kennenlernen bis hin zum Einzug. In 29 Städten bieten Studierendenwerke, kommunale Einrichtungen oder Wohlfahrtsverbände derzeit „Wohnen für Hilfe“ an.

Laut Einsamkeitsbarometer des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend fühlen sich Menschen über 75 besonders häufig einsam. Eine generationenübergreifende Wohngemeinschaft kann durch Gesellschaft, gemeinsamen Alltag und Aktivitäten gegensteuern. Die Jüngeren profitieren andersherum von der Lebenserfahrung der Älteren, sie engagieren sich sozial und können günstig wohnen. Das Prinzip „Wohnen für Hilfe“ nutzt also nicht nur den vorhandenen Wohnraum effizienter, sondern hat zugleich positive soziale Effekte. Inzwischen nutzen auch immer mehr Alleinerziehende, Menschen mit Behinderungen und Familien solche ­Angebote.

Umbau statt Neubau

wochentaz

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Die Eigentumswohnung ist zu groß geworden, der Dachstuhl könnte noch ausgebaut werden, oder das Einfamilienhaus ließe sich mit einem zweiten Eingang leicht in zwei Wohnungen aufteilen? Es gibt viele Senior*innen, die nicht gerne aus ihrem Zuhause und der vertrauten Umgebung ausziehen möchten, aber auch viel ungenutzten Platz haben.

Im schwäbischen Tübingen gibt es seit 2020 ein Angebot, das ihnen dabei helfen soll, die private und individuelle Umnutzung im Bestand zu erleichtern. Die Stadt will auf diese Weise bezahlbaren, mietgebundenen Wohnraum schaffen. Unter dem Titel „Haben Sie noch Platz?“ wird eine kostenlose architektonische Erstberatung angeboten, die Einstiegshürden beim Umbau senken soll. „Oft geht es erst einmal darum zu klären, ob eine Umnutzung überhaupt möglich ist und wenn ja, wie sie finanziert werden kann“, sagt Julia Hartmann, Wohnraumbeauftragte der Stadt Tübingen. Die Bür­ge­r*in­nen kommen mit ihren Bauplänen in die Beratungsstelle, die mit den Baurechtsbehörden zusammenarbeitet, und deshalb die baurechtliche Situation schnell und unkompliziert abklären kann.

So ein Umbau dauert seine Zeit. Von der Erstberatung bis zum Einzug in das umgebaute Haus vergehen mindestens ein bis eineinhalb Jahre. 30 größere Beratungen hat die Beratungsstelle bis 2024 durchgeführt, drei Umbauten wurden umgesetzt. Zuletzt wurde das Dachgeschoss eines Reihenhauses ausgebaut und das Haus in zwei Wohnungen geteilt. Oben wohnt eine junge Familie, unten die Hausbesitzer in der barrierearmen Wohnung. Dass bisher nur zehn Prozent der Beratungen tatsächlich umgesetzt wurden, liegt laut Hartmann auch an der Coronapandemie, auf deren Höhepunkt die Kampagne startete. Außerdem gebe es viele Hürden: „Das Baugesetzbuch und die Förderlandschaft sind extrem auf den Neubau ausgerichtet. Der Umbau im Bestand wird stiefmütterlich behandelt“, sagt Hartmann.

Inzwischen interessieren sich aber auch andere Kommunen für das Tübinger Projekt.

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40 Kommentare

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  • In fast 10 der 16 Millionen Einfamilienhäuser wohnen nur 1 oder 2 Personen. Irre!

  • Ich halte Aufstockungen für eine finanzierbare Möglichkeit in urbanen Räumen, die noch lange nicht ausgeschöpft ist.



    Hier ist die Dämmung des Bestandsgebäudes plus Tragwerk für die Aufstockung in Holzrahmenbauweise gut zu realisieren und muss im Bestand keine lästigen Umbaumaßnahmen bewirken. Mehr Fläche wird so auch nicht versiegelt.



    Der " Wohnungstausch" müsste Tauschobjekte vorraussetzen.



    Doch gerade Wohnungen für Singles sind Mangelware, egal welchen Alters.



    Flexibleren Singles wäre ein Hauskauf mit Single B zu empfehlen und das dann in zwei Wohnungen umzubauen.



    Das erscheint sowohl finanziell ( finanzierbar) als auch nervlich eher möglich.Denn welcher Rentner/ welche Rentnerin möchte noch einen Umbau im Bestand erleben?



    Singles gibt es immer mehr und das Beispiel des



    Einfamilienhauses ist natürlich in einer Hofsituation mit Mehreren möglich.



    Abgesehen davon sehe ich in der Umwidmung von Büroflächen in Wohnraum Zukunft.



    Leider konnte sich der Arbeitsminister mit einem Recht auf Home-Office nicht durchsetzen, doch es wird angesichts der fehlenden FacharbeiterInnen immer häufiger eingefordert .



    Da werden zunehmend Flächen frei, die wieder vermietet werden wollen.

  • Wohnungstausch wird nicht funktionieren wenn sich die Bedingungen für den Gebenden verschlechtern.

  • Insgesamt herrscht auf dem Wohnungsmarkt gähnende Innovationsleere und Gedankenlosigkeit, ein Hauptgrund für den Leerstand. Es ist billig und unredlich nach bloßen Zahlen zu schauen, die rechtfertigen sollen, warum es so ist, wie es ist. Ebenso billig ist es Menschen zu empfehlen aufs Land zu ziehen, weil die großen Städten überfordert sind. Diese Idee hatte Frau Geywitz und diese Idee ist kein Treppenwitz. Mir fällt dazu ein Spruch ein, der gerne Marie- Antoinette anghängt wird, die angesichts der großen Hungersnot der französischen Bevölkerung gesagt haben soll: Wenn sie kein Brot haben, sollen sie doch Kuchen essen.

  • Was jenseits der Zensus-Zahlen erschrecken sollte, ist die Tatsache, dass es für Deutschland folgende Fakten gibt:

    Hoher Sanierungsbedarf: 42 Prozent der bundesweiten Immobilien haben eine Energieeffizienzklasse schlechter als D.

    Einbruch der Sanierungen: Die Anzahl der sanierten Objekte geht seit 2019 deutlich zurück. Gründe dafür sind eine zu weilen unklare Förderungs- und Gesetzeslage sowie die Krise am Bau.

    Sanierungen nach mittlerem Maß: Der Großteil der Immobilien erreicht nach einer Sanierung die mittlere



    Energieeffizienzklasse D.

    Quelle: immoscout24 Medienbereich

    Die hohen Leerstände, gehen wir einmal davon aus, dass es sie gibt, hängen insbesondere damit zusammen, dass nur wenige



    Menschen, egal welchen Alters, Lust haben in Bruchbuden zu wohnen. In jugendlichen Zeiten mag dies ja noch angehen, Toiletten zu nutzen, die in den 50er Jahren saniert worden sind. Ältere Personen könnten damit ein Problem haben und zwar nicht aus geschmacklichen Gründen, sondern aus hygienischen. Im Neubau hingegen wird ein Leerstand erzeugt durch unsinnige Grundrisse,



    einfallslose Gestaltungen und pseudo-luxuriöse Einbauten, die weder junge Familien noch Ältere brauchen.

  • Die Idee mag etwas für einige Mieter sein, die Massentauglichkeit sehe ich nicht. Und Hausbesitzer haben sich ihr Heim zumeist mühevoll erarbeitet, Jahrzehnte Schulden getilgt, auf Urlaube verzichtet, etc



    Und bei beiden Gruppen sind Nachbarschaften gewaschen. Das ist ihr Leben, das tauscht du nicht 'einfach so' weg.



    Und bei der Jugend, auch da mag es einen Teil geben der gerne eine 'Generations-WG' gründen mag, aber die Masse hat mit 20 (zurecht) besseres im Kopf als mit fremden alten Städtern zusammenzuwohnen - einzig eben aus der Not heraus.



    Und das ist das Problem. Der Staat versagt seit langem in seinen Prognosen - die Wohnraumpolitik ist nur ein Feld davon neben Schul- und Kitabedarf, etc



    1)Deutschlands Bevölkerung schrumpft eben nicht (Migration)



    2)die Landflucht junger Leute hält an, weil der Staat es nicht hinbekommt bspw flächendeckend belastbares Internet bereitzustellen (Home Office, Studium)



    3)Firmen meiden wegen fehlender Infrastruktur (Transport, Internet) 'abgehängte Regionen', gute, hochbezahlte Jobs entstehen so fast nur in eh schon stark industrialisierten Regionen oder urbanen Zentren.



    Wo das endet? Wohnungspreise in Paris, London, New York anschauen.

  • So etwas wird nur innerhalb einer genossenschaftlichen Eigentümerstruktur möglich sein, ansonsten gibt es zu viele gegenläufige Interessen, die solche Tauschmöglichkeiten verhindern.

  • Wir haben Platz skandieren, umziehen dürfen die anderen...

  • Wer zum scholzigen Olaf nur denkt sich denn sowas aus?

    Die Eigentumsquote bei Wohnraum in D liegt bei knapp 50%.

    Das bedeutet: die Senioren im eigenen Wohneigentum werden sicher den Teufel tun. Viele mögen es endlich mal so groß und ruhig.

    Und die Senioren in Miete werden auch kaum etwas unternehmen, weil sie meist noch alte, bezahlbare Mietverträge haben. Und keine Ahnung, wo sie sonst leben könnten von dem bisschen Rente.

    Von daher: weg mit dieser Unfugs-Idee.

    • @Herbert Eisenbeiß:

      Interessant, dass Sie davon ausgehen, dass die meisten Rentner wenig Rente haben. Ich kenne da zuhauf ganz andere Beispiele.

    • @Herbert Eisenbeiß:

      Deswegen braucht es ein Recht auf Wohnungstausch bei dem der Vermieter eben nicht grundlos die Kaltmiete erhöhen darf, so wie in Österreich.

      • @Martin C.:

        Und warum sollte ein Vermieter Mieter akzeptieren müssen, die ihm nicht passen?

        Ich halte dieses geforderte Recht für staatlich zu übergriffig.

        • @Herbert Eisenbeiß:

          Natürlich muss es möglich sein Mieter sachbegründet abzulehnen, ist es bisher ja auch für diverse Konstellationen. Ansonsten ist die Person des Mieters für 99% der Mietverhältnisse völlig egal.

          Ich hätte auch kein Problem wenn man eine Ausnahme für arme kleine Vemieter macht, die nur einen Teil des ansonsten selbst bewohnten Hauses vermieten. Da fällt dann ein winziger Teil raus, aber dann kann sich niemand beschweren, dass er irgendwie im Privatbereich eingeschränkt wird.

          Und Eigentum verpflichtet. Es ist insofern erschreckend, dass der Staat nicht schon viel länger Maßnahmen ergreift um den Problemen auf dem Wohnungsmarkt entgegenzuwirken. Marktwirtschaftliche Instrumente haben ja ganz offensichtlich versagt.

  • Ich bin Witwer und lebe in einem Haus, ca.200 m² und grossem Garten. Ich würde sofort tauschen. 40-50 m² barrierefrei, urban, bezahlbar würde reichen. Ich versuche das seit Monaten (!) erfolglos. 1000 € kalt wären kein Problem. In meiner Heimatstadt Köln



    völlig unmöglich.

  • Danke für einen tiefer grabenden Artikel.

    Meist ist es eine Oma, die viel zu viel Platz hat und gerne noch jemanden dabei hätte, der/die punktuell hilft und guckt, ob noch alles läuft, ohne dass man Kinder und Enkel gleich dafür bemüht.

    Lesetipp: Anne Weiss, Der beste Platz zum Leben.

  • Wäre eine Wohnraumsteuer mit Rückverteilung nicht auch eine Lösung?

    • @Fribo:

      Tolle Idee. Nicht ganz neu, aber sicher gut für kuriose Auswüchse. Wegen der Fenstersteuer wurden einst im grossen Stil Fenster zugemauert und man hockte im Dämmerlicht. Es wäre spannend zu sehen, zu was eine Wohnraumsteuer führen würde.

      Natürlich müsste man dann für Arme noch das Wohngeld erhöhen.

    • @Fribo:

      Die dafür nötige Bürokratie ist bestimmt nicht zum Nulltarif zu haben und bestimmt keine gute Investition.

    • @Fribo:

      Unbedingt.

      Phantastische Lösung für Menschen, die Jahrzehnte für ihr Haus gespart haben, sich verschuldet und gequält haben.

      Und dafür jetzt Steuern zahlen sollen.

      Brutal. Antihuman.

      • @shantivanille:

        Nun, wenn sie eine angemessene Wohnfläche gebaut haben, dann kriegen sie ja exakt so viel wieder wie sie zahlen. Nur wer die Gesellschaft übermäßig belastet muss netto einen Beitrag leisten, der dann wiederum Verhalten belohnt, das die Gesellschaft entlastet.

  • Ein eher sozialistischer Ansatz ! Besser wäre es die Ampel baute endlich die 400000 Wohnungen pro Jahr , Neubauten unterlägen weniger Bürokratie , der Staat würde nicht bis in den Heizungskeller regieren wollen ! Ich möchte mir von NIEMANDEN vorschreiben lassen müssen auf wievielen Quadratmetern ich zu leben habe !



    In den Fünfzigern gab es ein unendliches Wohnproblem ( Ausgebombte, Vertriebene , Flüchtlinge), wurde aber zumindestens in Westdeutschland grandios gelöst !

    • @Barthelmes Peter:

      Die Erde und ihre natürlichen Ressourcen hat halt leider Grenzen, die langfristig unser Handeln begrenzen und damit auch Ihre Freiheit. Das ist nicht Sozialismus, sondern Grundgesetz (Erhalt der Freiheit späterer Generationen).



      Dass es ab 2050 netto keine Neuversiegelung mehr geben soll, ist überfällig. 1950 war das Problem nur noch nicht so akut.



      Als Alternative lässt sich auch mehr in die Höhe bauen, aber das passt anscheinend nicht zu den Eigenheimträumen…

  • Ohne zu detailliert zu werden. Denkbar wäre die Philosophie zu etablieren, dass allein lebende junge Menschen, nach Familiengründung quasi im Tausch Wohnraum übernehmen, den alte Menschen, die mittlerweile nur noch zu zweit oder allein sind, vorher familiär bewohnt haben.



    Bleibt allerdings das Problem des kapitalistischen Mietzinswahns, weil Wohnraum zu vermieten längst ein business zum Geldverdienen geworden ist. Spätestens daran scheitert jeder vernünftige Problemlösungsansatz.

    • @Wiesel:

      Der kapitalistische Mietzinswahn wächst nur auf der Annahme, dass die Bevölkerung weiter wächst und wächst und wächst. Wie seit 2011.

      Angebot und Nachfrage.

      Die Nachfrage ist riesig, so die Rendite.

      Und die muss Aktien und alle anderen Investitionen locker übertreffen, sonst macht das keiner.

      Open-Border-Gesellschaften sind das Paradies der Immobilienkonzerne.

  • "Die genaue Abmachung wird in einem Kooperationsvertrag festgehalten."

    Sacken lassen

  • Nach der Lebenserwartung hat eher die Oma noch Platz 😉

    „Wohnen gegen Hilfe“ - Stunden pro qm. Das kann win-win sein. Aber dass das hier erlaubt ist…. Und dann noch vertraglich fixiert …. Wenn der Mietzins auf dem Land unter dem Mindestlohn liegt, wäre das auch bei den leichten Tätigkeiten, wie Einkaufen, Ausbeutung. Ausserdem natürlich keine Sozialabgaben etc. Von Unfallschutz ganz zu schweigen. Wäre das dann Privat? Auch wenn das Einkaufen im Auftrag erfolgt? Bei Pflegeorganisationen, ohne körperliche Pflege, sind solche Hilfsleistungen deutlich teurer.

    • @fly:

      Bei den Pflegeorganisationen ist im Preis auch mehr drin. Gewinne, Verwaltung, Anfahrweg, Steuern, Sozialabgaben usw. Da ist der Faktor schnell bei 2 -3. Wohnen gegen Hilfe macht in der Stadt auf jeden Fall Sinn.



      Was das Recht auf Tausch betrifft sehe ich das nicht so eindeutig. Der Grund fuer dieses Recht ist doch, dass Altmietvertraege billiger sind als Neuvertraege kleinerer Wohnungen, meist weil viele Privatvermieter die Miete nur bei Wechsel erhoehen. Wenn man ihnen das nimmt, werden sie die Miete regelmaessig erhoehen, womit der Nutzen eines Rechts auf Tausch entfaellt, aber dafuer alle mehr Miete zahlen.

    • @fly:

      Das ist wieder typisch deutsch: bloß nichts riskieren, nichts probieren - und nichts auf die Reihe kriegen.

    • @fly:

      q. e. d.

      Das ist genau die Einstellung, die wir brauchen, um Probleme zu lösen.

      Vorwärts!

  • Ich wohne zu zweit in einem Reiheneckhaus mit kleinem Garten. Tochter hat mit Mann und 2 Kindern ein eigenes Haus. Sohn bekommt irgendwann unser Haus. Ich werde nicht das Haus umbauen, um es aufzuteilen und dann einen Teil zu vermieten. Ich möchte hier mit meiner Frau wohnen bleiben, solange es geht. Wie will man mich überzeugen, davon abzuweichen?

    • @Ahnungsloser:

      Sie müssen sich von niemand moralisch unter Druck setzten lassen. Das gehört sich Ihnen gegenüber nicht.

  • Das mit dem "Verpflanzen" alter Bäume hat ja oft auch damit zu tun, dass zum einen Menschen, die im eigenen Haus wohnen, alles mit viel Eigenleistung errichtet, modernisiert und erhalten haben, ebenso wie Langzeitmieter ähnliches in den Mietwohnungen geleistet haben, da soll man dann etwas weggeben, was einen hohen idellen Wert darstellt.

    • @Axel Schäfer:

      Genau so ist es. Es sind ja auch Gemeinsame Arbeiten mit Personen , die schon verstorben sind, und deren Vermächtnis in die Gegenwart sich so ausdrückt. Oder es sind gemeinsame Arbeiten mit den Kindern als sie klein waren, für viele Menschen die schönste, eine sinnstiftende Lebenszeit. Das gibt man nicht weg. Das braucht man im Alter für das seelische Gleichgewicht. Da haben Sie recht, denn der Mensch lebt nicht vom Brot allein .

  • "Senior:innen wohnen geräumiger als der Durchschnitt". Dass man das Recht auf Wohnungstausch wie in Österreich einführen sollte - sehr gut. Aber diese Diskusion über die "Alten" macht mich fassungslos. Die Wohung, der Kiez das ist ein "zu Hause" und keine Unterkunft. Wie wäre es wenn man die Zahlen nach Einkommen vorlegt. Klara Geywitz die BundesBauministerin hat nach ihrer Ernennung in einem Interview gesagt, sie werde dafür sorgen, dass alte Leute nicht mehr aus ihrer Wohnung rausgeschmissen werden. Da ging es u.a. um Mieterschutz. Viele "Alte" verlieren ihre Wohnung durch Eigenbedarfsklagen.Von Mieterschutz ist derzeit nicht mehr die Rede. Dieser Artikel und viele andere ähnliche sendet die Botschaft: geschieht ihnen recht. Armselig ist das.

    • @Teresa Kulawik:

      Möchte Ihnen zustimmen. Es gab das Dauerthema kürzlich schon mal in taz.de/Umziehen-im-Alter/!6009680/ . Prof. Oswald hat ziemlich genau dargelegt warum ältere Menschen nicht verpflanzt werden wollen. Wir haben deswegen in der geriatrischen Rehabilitation schon lange die Entwicklung der mobilen Rehabilitation /1 , damit ältere Menschen da bleiben können wo sie ihrer Meinung nach hingehören. Meine älteren Verwandten, 80 bis 97, woll(t)en in ihren Wohnungen bleiben. Ignorieren was ältere Menschen fühlen ist, wie Sie sehr deutlich gesagt haben "armselig". Da stimme ich Ihnen ganz und gar zu. Ich stimme Ihnen auch zu, dass das der Grundtenor vieler Artikel ist und es ist sehr gut, dass Sie das deutlich ausgesprochen haben.



      /1



      www.dvfr.de/rehabi...len-rehabilitation

  • Natürlich braucht eine Familie im ländlichen Raum drei Stellplätze, und noch einen zum die Batterie aufzuladen. Oder sollen die mit dem ÖPNV fahren, für den es kein Geld gibt?

    Nachverdichtung? Wenn es keinen Platz für Stellplätze mehr gibt, dann ist der Platz für Kinderspielplätze, Bushaltestellen, Radwege, Abstellplätze für überdimensionierte Lastenräder mit Anhänger, Bäume, Regenrückhalteflächen, Brandschutz, zehn verschiedene Mülltonnen etc. etc. auch schon längst weg.

  • "dass sie insbesondere in Großstädten keine passenden Wohnungen mehr finden."

    "Schaut man sich den Wohnungsbestand an, stellt man fest, dass es eigentlich keinen Mangel gibt."

    haha. Hat sie das wirklich gesagt? Frau bierwirth kann sich ja mal auf wohnungssuche in Berlin machen. Wenn man bei immoscout eine halbwegs vernünftige Anzeige schaltet kommt man leicht auf mehrere tausend views pro Tage und hunderte von Nachrichten.

    Wuppertal und Kiel sind aber auch nicht berlin

  • "Opa hat Platz"



    Opa hat ein Leben lang hart gearbeitet, war nicht mit 16 schon in Mallorca, hatte nicht mit 18 Jahren schon ein Auto, konnte nicht jeden Abend ausgehen, hatte zuerst eine kleine Wohnung und die erste Eigentumswohnung oder das Haus hart angespart und 30 Jahre lang abbezahlt.



    Opa hat alles richtig getan, er ist nicht schuld an der Wohnungsmisere. Opa soll in seiner gewohnten Umgebung bleiben und den Rest des Lebens dort genießen. Einen alten Baum verpflanzt man nicht.

    • @Rudi Hamm:

      Das wurde ja auch nicht gefordert!



      Es ging um freiwilligen Umbau von eigenem Häusern bzw. um öffentlichen Wohnraum, bei dem es keine Privilegien geben sollte.

      • @jrx:

        "Es ging um freiwilligen Umbau von eigenem Häusern "



        Warum sollte Opa das tun? Kostet nur Geld, bringt Ärger,....