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Warnstreiks bei VWDer Vorstand ist schuld

Simon Poelchau
Kommentar von Simon Poelchau

Der VW-Vorstand hat IG Metall keine andere Wahl als Streik gelassen. Die Manager agieren, als hätten die Beschäftigten die Transformation verschlafen.

Beschäftigte von Volkswagen bekunden vor dem Werk in Zwickau zum Ende der Friedenspflicht am 1. Dezember ihre Streikbereitschaft Foto: Hendrik Schmidt/dpa

W as für eine Bescherung. Pünktlich zur Adventszeit eskaliert der Arbeitskampf bei Volkswagen. Die IG Metall ruft in allen deutschen Werken des Autobauers zu Warnstreiks auf. Aber die Schuld daran liegt nicht bei der Gewerkschaft. Wer die Verantwortlichen suchen will, wird sie im Konzernvorstand finden.

Von Anfang an setzte das Management auf größtmögliche Eskalation. Es droht mit Massenentlassungen und Werkschließungen, sogar Lohnkürzungen im zweistelligen Prozentbereich sind kein Tabu mehr.

Als ob es die einfachen Beschäftigten gewesen wären, die den Konzern mit zu langem Zögern bei der Elektromobilität sowie dem Dieselgate gegen die Wand fuhren. Und als ob reine Lohndrückerei den Autobauer retten würde und es in Zeiten der Transformation nicht vor allem einer tragfähigen Zukunftsvision bedarf.

Trotzdem haben die Gewerkschafter zunächst guten Willen gezeigt, sie haben ein Konzept erarbeitet, wie der Autobauer aus der Krise kommen könnte. 1,5 Milliarden Euro waren sie bereit, als Beitrag der Beschäftigten auf den Tisch zu legen. Doch die Manager lehnten ab. Sie wollen weiterhin Massenentlassungen und Werkschließungen.

Die Wolfsburger Chefs beweisen damit nicht die Weitsicht, wie sie ihre Vorgänger vor 30 Jahren hatten. Damals war der Autobauer schon mal in einer Krise. Doch kam es nicht zu Entlassungen im großen Stil. Konzern und IG Metall einigten sich auf die Beschäftigungssicherung und die Einführung einer Viertagewoche. 30.000 Arbeitsplätze wurden damit gerettet.

So bleibt zu hoffen, dass die IG Metall mit ihrem Arbeitskampf erfolgreich ist und Werkschließungen sowie Massenentlassungen abwenden kann. Denn in dieser Auseinandersetzung geht es nicht allein um VW. Es geht darum, wie die Transformation zu einer klimaneutralen Gesellschaft gestaltet wird: Ziehen die Konzernchefs diese Transformation in Manchester-Kapitalismus-Manier ohne Rücksicht auf Verluste durch oder wird sie fair gestaltet? Denn dass sie stattfinden wird, daran besteht kein Zweifel. Die Frage ist nur, ob sie auch sozial sein wird.

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Simon Poelchau
Redakteur
ist für Ökonomie im taz-Ressort Wirtschaft und Umwelt zuständig.
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16 Kommentare

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  • Die Mehrheit im Aufsichtsrat von VW haben Betriebsrat und Land Niedersachsen (Ministerpräsident Weil, SPD und Ministerin Hamburg, Grüne). Jetzt rufen sie "haltet den Dieb".

  • Stellantis ceo tritt zurück, nicht nur in Wolfsburg, Ingolstadt, Stuttgart etc. Probleme?

  • Die Dividendenknaben von Piech, Porsche etc. sollten als erste zuschießen. Unternehmerisches Risiko, unternehmerische Pflicht. Wer mit Investitionsstau die Profite hochtreibt, soll das schön selbst ausbaden müssen.



    Schluss mit den -zig Mrd. Euro jährlich an verdeckten Zuschüssen an die Autoindustrie! Wir brauchen das Geld für die Infrastruktur gerade auch auf dem Land.

  • Der Staat sorgt mit dafuer, dass die Kunden keine E-Autos kaufen (Subventionsstop, Ladeinfrastruktur, Strompreise). Anschliessend gibts Bussgelder, wenn die Hersteller nicht genug E-Autos verkaufen.



    So weit, so gut. Was ich nicht verstehe ist, es soll doch weg vom Individualverkehr gehen, weg vom planetenzerstoerenden Konsum, zurueck zu einem Wohlstand wie in den 70ern? Ulrike Herrmann nannte das 'gruenes Schrumpfen'.



    Und jetzt, wo genau das passiert, kritisiert man die Vorstaende anstatt bei jeder Werksschliessung, ob VW oder ThyssenKrupp, zu jubeln?

    • @elektrozwerg:

      Zitat: "Der Staat sorgt mit dafuer, dass die Kunden keine E-Autos kaufen (Subventionsstop, Ladeinfrastruktur, Strompreise)."

      Der Streit um das Einstellen der Kaufprämien ist ja Spiegelfechterei. Klar, es war nicht die feine englische Art, aber wer nahezu einen mittleren fünfstelligen Betrag für einen Kleinwagen hinlegt, den hauten die paar Tausender mehr oder weniger nicht um.

      Da sind andere Mißstände schon wesentlich relevanter gewesen. Man kann automobile Mobilität nicht an die Bedingung knüpfen, daß die Leute eine Garage mit Stromanschluß oder zumindest einen Tiefgaragenplatz mit Ladebox ihr eigen nennen. Diese Zielgruppe mußte irgendwann mal als versorgt gelten. Und dann stehen die Kisten halt rum, weil man nicht sommers wie winters aus dem fünften Stock eines Wohnblocks ein Kabel werfen wird, so als gäbe es keinen Hausmeister und man wäre in der kommenden Nacht mit dem Rasenmähen dran.

  • VW ist wie andere deutsche Automobilhersteller den Chinesen auf den Leim gegangen. Die Vorstände hatten Dollarzeichen und hohe Absatzzahlen in den Augen. Bauten Werke in China um ihre Verbrenner zu verhökern. Die Technik die schon sehr lange auf Halde lag ließ man ungenutzt. Schon Tesla wurde für seine versuche verlacht. Baut Musk Verbrenner? Nein, das hat er noch nie. Den Chinesen war klar das E-Mobilität nur über die breite Masse rentabel wird. Auch die machen der Made in Germany Arroganz jetzt das Leben schwer. Anstatt den Kampf aufzunehmen unterstützt man VW und Konsorten neuerlich mit Einfuhrzöllen....



    Die die das zu verantworten haben arbeiten nicht am Band und auch nicht in den Verwaltungen. Diese Entscheidungen werden von den hochdotierten Chefetagen getroffen.



    Das sind die die jetzt nach Werksschließungen schreien.



    Pfui Teufel.

  • VW hat früher als andere große Automobilhersteller auch auf Elektromobilität gesetzt: ID3, ID4, ID5, ID7, ID Buzz, und auch die Töchter haben Elektroautos. Diese Autos sind aber



    a) zu teuer



    b) durch die schnellen Fortschritte bei der E-Autotechnologie teilsweise schon veraltert, obwohl erst wenige Jahre auf dem Markt (ID3 und ID4)



    c) Elektrofahrzeuge verkaufen sich momentan in Europa (immer noch der VW-Hauptmarkt) schlecht und in Deutschland ganz schlecht

    In der Quintessenz möchte VW auch Werke ganz oder teilweise schließen, in denen jetzt schon E-Autos gebaut werden.

  • Was man VW vorwerfen muss, ist die Diesel-Affäre und die dort versenkten Milliarden.



    Was man VW nicht vorwerfen kann ist, dass sie nicht konsequent genug auf die Mobilitätswende reagiert haben. Von allen deutschen Autokonzernen hat VW am konsequentesten auf E-Mobilität gesetzt, allerdings die Komplexität von eigenen Betriebssystemen komplett unterschätzt. Dass hat aber u.a. dazu geführt, dass man kaum adäquate Plug-in Hybride im Programm hat. Da auch in China der Anteil der Hybriden steigt (auch Hyundai baut ein komplettes Werk für plug-in-Hybride), verliert VW Marktanteile und muss jetzt sparen.

  • Von Anfang an setzte das Management auf größtmögliche Eskalation. "

    Das ist das großte Problem von VW momentan.



    Ich frage mich, was die Landesregierung will.

    Das neue VW wäre ein Konzern, der maximal billig und viel im Ausland produziert, die Beschäftigten klein hält und mit Boni-Zahlungen an Vorstände und Manager glänzt.

    Kein Auto wird dadurch an der Kasse attraktiver oder verbraucht weniger oder sieht geiler aus.

    Das Management will nur die Struktur des Unternehmens schleifens. Die Beschäftigten müssen für die Fehlentscheidungen alleinig die Rechnung begleichen. Es ist maximal dreist und es zeigt einen Stil, der so in Wolfsburg noch nicht vorkam, selbst F. Piech war dagegen ja lieb.

  • Die Gewerkschaften müssen kreativer werden für ihren Arbeitskampf. Wenn ein Konzern mal wieder signalisiert "wir wollen euch nicht, wir haben woanders billigere Arbeitssklaven gefunden und müssen uns dort an keine Gesetze halten" dann ist Streik vielleicht nicht die richtige Waffe.

    Die Wirkung, die man damit erzielt, ist immerhin öffentliche Aufmerksamkeit, aber ob das reicht? Das vom Kapitalismus durchweichte Gehirn der Menschen ist sowieso nur zum Gedanken "Hauptsache, ich bekomme mein Auto billig" fähig - außer sie arbeiten zufällig in der Branche. "Solidarität" suchen die Menschen meistens nicht mal mehr in ihrem Fremdwörterlexikon, es interessiert sie sowieso nicht.

    Größere Gedanken der Art "wir sind in einem sozial-ökologischen Umbau" fallen weg, weil wir da auch nicht sind; und mit Merz noch weiter zurückfallen werden. Dazu bräuchte es eine lenkende Politik, die Konzepte hat, wie man sozial verträglich in den angestrebten (oder anzustrebenden) Zustand kommt, in dem wir gleiche oder bessere Mobilität mit deutlich weniger Autos haben.

    Aber Pandora kannte die Menschen und hat deswegen die Hoffnung gleich in ihrer Büchse gelassen.

  • Wie im Kommentar beschrieben, sind die aktuellen Vorgänge auch ein Zeichen der Verrohung des Kapitalismus deutscher Prägung.

    Die Frage wird sein, wie die Fachkräfte darauf langfristig darauf reagieren, dass es keinerlei Loyalität mehr gibt.

    • @Stavros:

      Überpünktlich in Rente gehen? Sonst hätte der Vorstand doch nicht gerade jetzt diesen Streit vom Zaun gebrochen. Der geburtenstärkste Jahrgang der Bundesrepublik ist heuer sechzig geworden. Da muß man schon mal anfangen aufzupassen, daß die Alten den Jungen nicht die wenigen verbliebenen Jobs vorenthalten.

  • Wenn es beim Fußball schlecht läuft wird der Trainer gefeuert, wenn es in der Wirtschaft schlecht läuft wird die Mannschaft gefeuert - finde den Fehler.

    • @Xanyd:

      Könnte allerdings auch dran liegen, dass ein Fußballverein während der Saison zwar jederzeit einen neuen Trainer, aber keine neuen Spieler verpflichten kann.

    • @Xanyd:

      Und wenn der Fußballverein trotzdem absteigt, können die Spieler kleinere Brötchen backen oder sich nach einem anderen Verein umsehen...

      Ist ja nicht so, als ob bei VW noch das unveränderte Team Winterkorn am Ruder wäre.

      • @FriedrichHecker:

        Und wer gegeneinander arbeitet, wird nicht weit kommen.