Wahlergebnis der Ampelparteien: Selbstgemachte Niederlage
Die Ampelparteien sackten in der Wählergunst deutlich ab: Der Dauerstreit in Berlin und Faesers Kandidatur bescherten Union und AfD gute Ergebnisse.
![Nancy Faeser winkt vor dem Schriftzug "Hessen" Nancy Faeser winkt vor dem Schriftzug "Hessen"](https://taz.de/picture/6573499/14/33785836-1.jpeg)
D iese Doppelrunde geht klar an die Union. Mit komfortablem Vorsprung gewinnen die CSU in Bayern und die CDU in Hessen die Landtagswahlen, die amtierenden Ministerpräsidenten Markus Söder und Boris Rhein können sich auf eine weitere Amtszeit einrichten, wenn auch, im Falle Söders, mit dem schlechtesten CSU-Ergebnis aller Zeiten. Einen Doppelrumms – angelehnt an Scholz’ Bonmot – erleben dagegen SPD, Grüne und FDP, die im Bund zusammen regieren. Sie sind in beiden Ländern in der Gunst der Wähler:innen zum Teil sehr deutlich abgesackt. Diese Landtagswahlen sind ein deutlicher Denkzettel für die Berliner Ampel.
Dass Söder und Rhein sich so erfolgreich an der Ampel abarbeiten konnten, der „schlechtesten Bundesregierung aller Zeiten“ (Rhein), „die man in die Wüste schicken muss“ (Söder), liegt vor allem an hausgemachten Fehlern. In Hessen, wo die SPD im Frühjahr noch mit Aplomb den Regierungswechsel ankündigte, hat sie mit Nancy Faeser klar auf die falsche Kandidatin gesetzt. Faeser, die in einer Zwitterrolle antrat, konnte sich nicht vom Amt der Bundesinnenministerin lösen und drang als Spitzenkandidatin nicht durch mit Themen wie Bildung, die die SPD als progressive Alternative zum schwarz-grünen Bleibündnis profilieren sollten. Es war ein Kardinalfehler, dass Faeser zweigleisig fuhr, um sich alle Optionen offenzuhalten – nun hat sie nur noch die zerknirschte Rückkehr an den Kabinettstisch in Berlin, wo sie darauf hoffen muss, dass Olaf Scholz, der weder als Bürgermeister noch als Bundeskanzler eine Regierungsmitarbeiter:in gefeuert hat, sich treu bleibt.
Doch die SPD hätte in Hessen vermutlich auch dann verloren, wenn das aktuelle bundespolitische Megathema, die Migration, nicht beide Landtagswahlkämpfe überwölbt hätte. Denn zu schlecht ist das Ansehen der Ampel in der krisenzermürbten Bevölkerung, zu enervierend die Dauerstreitigkeiten und die Schnitzer, etwa beim Heizungsgesetz.
Faesers zuletzt fahrige Migrationspolitik und der angebliche Kontrollverlust der Regierung bei diesem Thema wirkten nun wie eine Bestätigung der bisherigen handwerklichen Fehler der Ampel. Bestätigt fühlen können sich vor allem rechte Populist:innen – das spiegeln die katastrophal guten Ergebnisse der AfD in beiden Ländern wider und das Hoch für die freien Wähler in Bayern. Deren Chef Hubert Aiwanger bedient sich gern mal aus dem rhetorischen Fundus der AfD. Diese Wahlen sind mithin auch eine Warnung an alle demokratischen Parteien, der populistischen Versuchung zu widerstehen. Das Spiel mit Ressentiments könnte sich im nächsten Jahr, wenn in den drei ostdeutschen Ländern Thüringen, Sachsen und Brandenburg gewählt wird, als böser Bumerang erweisen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss