Verkehrspolitik der FDP: Erfreulich steile Lernkurve
In Sachen E-Autos hat Verkehrsminister Wissing gemerkt, dass seine FDP im Wahlkampf Unsinn erzählt hat. Schön, dass Politik manchmal doch lernfähig ist.
W as ein paar Monate – und eine Regierungsbeteiligung – doch für einen Unterschied machen können. Noch im Wahlkampf war die FDP ein glühender Anhänger von synthetischen Kraftstoffen, also Benzin, das auf chemischem Weg aus Ökostrom hergestellt wird. Damit, so das Versprechen an die Hersteller und Liebhaber klassischer Fahrzeuge, könnten auch Pkws mit Verbrennungsmotoren klimaneutral betrieben werden.
„Klimafreundliche synthetische Kraftstoffe sind eine bereits heute verfügbare Alternative für alle Verkehrsarten“, hatten die Liberalen in ihrem Wahlprogramm behauptet. Heute hört sich der FDP-Verkehrsminister Volker Wissing ganz anders an. E-Fuels seien knapp und würden für den Flugverkehr gebraucht; im Pkw führe kein Weg am Elektromotor vorbei.
Nun läge es nahe, darüber zu spotten, dass die FDP die Opposition verlassen musste, um zur Kenntnis zu nehmen, was für alle Verkehrsexpert*innen – inklusive fast aller Autohersteller – schon lange feststeht: dass man Autos besser direkt mit Strom antreibt, als die siebenfache Menge Strom einzusetzen, um die gleiche Strecke mit synthetischen Kraftstoffen zurückzulegen.
Doch stattdessen kann man sich auch einfach freuen, dass die Partei in ihrer neuen Rolle eine so steile Lernkurve zeigt und zur schnellen Korrektur einer falschen Position in der Lage ist. Denn das lässt hoffen, dass auch bei anderen Fragen eine Weiterentwicklung möglich ist. Das wäre dringend nötig, denn der Umstieg vom Verbrennungs- auf den Elektromotor ist nur ein kleiner Teil einer zukunftsfähigen Verkehrspolitik.
Mindestens ebenso wichtig ist die Verlagerung des Verkehrs vom Auto auf Fahrrad, Bus und Bahn. Doch auch dort lassen die ersten Signale des neuen Ministers hoffen. So deutet er an, dass die Kommunen mehr Freiheiten bei der Beschränkung des Autoverkehrs bekommen sollen, und auch Bahn und ÖPNV sollen mehr Geld erhalten. Tempolimits oder ein Moratorium für neue Fernstraßen sind dagegen nicht in Sicht. Aber noch bleibt ja Zeit, auch dort dazuzulernen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Geiselübergabe in Gaza
Gruseliges Spektakel
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Russland und USA beharren auf Kriegsschuld des Westens