Verfassungsklage von ARD und ZDF: Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
Die Länder müssen den Rundfunkbeitrag erhöhen, zieren sich aber noch. Die Politik wälzt die Entscheidung offenbar auf das Bundesverfassungsgericht ab.
E s gibt in diesen turbulenten Zeiten wenig, worauf man sich verlassen kann. Zu diesen wenigen Gewissheiten gehört aber die Unterstützung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch das Bundesverfassungsgericht. Deshalb ist es naheliegend und überaus erfolgsversprechend, dass ARD und ZDF jetzt nach Karlsruhe gehen.
Die öffentlich-rechtlichen Sender haben Anspruch auf funktionsgerechte Finanzierung, weil sie (nach Ansicht des Verfassungsgerichts) für die Demokratie unverzichtbar sind. Die Richter:innen haben auch ein staatsfernes Verfahren vorgegeben, wie der funktionsgerechte Rundfunkbeitrag festgesetzt werden muss.
Im ersten Schritt melden die Sender dabei ihren Bedarf an. Im zweiten Schritt wird dieser Bedarf durch eine unabhängige Expertenkommission geprüft (die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, KEF). Die Prüfung ist durchaus streng, die Sender müssen Abstriche machen. Die KEF-Empfehlung müssen die Bundesländern dann umsetzen. Sie können nur aus sozialpolitischen Gründen abweichen, wenn sie glauben, die Beitragserhöhung überlaste die Bürger:innen. Es genügt auch nicht, dass nur ein Bundesland mit dieser Begründung eine Erhöhung ablehnt. Vielmehr müssen sich alle Länder dabei einig sein.
Die Bundesländer verletzen in diesen Monaten eindeutig ihre verfassungsrechtlichen Pflichten. So hat die KEF schon im Februar empfohlen, den Rundfunkbeitrag für die nächsten vier Jahre um 58 Cent auf 18,94 Euro zu erhöhen, doch noch immer gibt es keinen entsprechenden Staatsvertrag der Länder. Selbst wenn beim nächsten Ländergipfel am 12. Dezember ein Staatsvertrag beschlossen würde, ist es faktisch ausgeschlossen, dass die 16 Landesparlamente diesem Vertrag noch bis Jahresende zustimmen.
Länder müssen Vorgabe des Verfassungsgerichts beachten
Die Lage ist also noch deutlich konfrontativer als vor vier Jahren. Damals fehlte nur die Zustimmung des Landtags von Sachsen-Anhalt. Diesmal sind alle Bundesländer kollektiv säumig.
Die Länder können sich dabei nicht auf die geplanten Reformen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk berufen. Spareffekte wären erst 2028 spürbar, hat die KEF-Kommission berechnet. Bis dahin gilt die KEF-Empfehlung.
Die Länder wollen zwar kurzfristig noch das Verfahren zur Berechnung des Rundfunkbeitrags ändern. Doch zum einen kommt das Manöver viel zu spät. Zum anderen müssen die Länder dabei auch die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts beachten. Eine bloße Indexierung des Rundfunkbeitrags, etwa anhand der Inflation, wäre zum Beispiel nicht möglich, denn so könnte keine funktionsgerechte Finanzierung (inklusive Entwicklungsgarantie) der Rundfunkanstalten sichergestellt werden.
Andere Vorschläge sollen die Beschlussfassung der Länder vereinfachen, etwa indem sie auf Einstimmigkeit verzichten und Mehrheitsbeschlüsse zulassen. Dies wäre zwar ebenso möglich, wie der Verzicht auf eine Beteiligung der Landtage. Eine schnelle Beschlussfassung ist aber auch auf diese Weise nicht gesichert, schließlich sind Landesregierungen nicht per se kooperativer als Landtage. Außerdem müsste dieses neue Verfahren erst von allen Landtagen ratifiziert werden. Die Landtage müssten also ihrer Ausschaltung zuerst zustimmen. Dazu haben sie vermutlich wenig Lust.
Es wird also darauf hinauslaufen, dass – wie 2021 – erneut das Bundesverfassungsgericht die Erhöhung des Rundfunkbeitrags anordnen muss. Fast könnte man meinen, die Länder zielen darauf ab, die unpopuläre Entscheidung den Richter:innen zu überlassen.
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