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Uffa Jensen als Beauftragter der TUNeuer Berliner Antisemitismusstreit

Der Zentralrat der Juden attackiert Uffa Jensen, den neuen Antisemitismusbeauftragten der TU Berlin. Der nennt die Vorwürfe „Quatsch“.

Der Historiker Uffa Jensen ist der neue Antisemitismusbeauftragte der TU Berlin Foto: Vladimir Wegener/imago

Berlin taz | Die Presseerklärung des Zentralrates der Juden hat es in sich. Im Visier steht Uffa Jensen, Historiker und Antisemitismusforscher an der Technischen Universität Berlin (TU). Der 55-Jährige sei „ein Gegner der IHRA Definition für Antisemitismus“ und daher ungeeignet als Antisemitismusbeaufragter.

Der Vorwurf, dass ich Hamas-Sympathisanten unterstütze, ist Quatsch

Uffa Jensen, Historiker

Die IHRA-Definition ist weit verbreitet, wird jedoch von vielen wegen ihrer diffusen Erweiterung des Antisemitismusbegriffs auf Israelkritik abgelehnt. Jensen wird zudem vom Zentralrat verdächtigt, BDS, die Bewegung, die zum Boykott gegen Israel aufruft, zu relativieren. Auch lasse Jensen es an Verurteilungen der „Hamas-Parole ‚From the River to the Sea‘“ fehlen. Die Conclusio der Presseerklärung: Mit dieser Personalie werde „Linksextremen und Hamas-Sympathisanten der rote Teppich ausgerollt“.

Kurzum: Der Zentralrat der Juden wirft dem Historiker Jensen nicht nur vor, als Antisemitismusbeauftragter der Uni eine Fehlbesetzung zu sein, sondern auch eine Art Helfershelfer von Hamas und Linksextremisten.

Die Präsidentin der TU Berlin, Geraldine Rauch, hatte am Montag Jensen berufen. „Gerade in Zeiten, in denen Antisemitismus in unserem Land wächst, ist es uns wichtig, uns dagegen zu engagieren“, so die TU-Präsidentin. Jensen verfüge über „große Expertise im Bereich Antisemitismusforschung und sei „ein herausragender Hochschullehrer“. Eine Besonderheit der TU Berlin ist das dort angesiedelte renommierte Zentrum für Antisemitismusforschung. Jensen ist dort Vizedirektor.

Jensen weist die Vorwürfe zurück

Der Zentralrat stützt seine heftigen Vorwürfe unter anderem auf ein SWF-Interview. Dort hatte Jensen erklärt „From the river to the sea, Palästina will be free“ sei nicht per se antisemitisch, weil auch ein gemeinsamer Staat gemeint sein könnte. Und klargestellt: „Ich glaube aber, dass dieser Schlachtruf nur selten so benutzt wird.“ Der Historiker hatte im SWF auch „Linke aus der deutschen Mehrheitsgesellschaft“ kritisiert, die versuchen „Israel als Repräsentanten vieler Übel wie Ausbeutung und Kolonialismus hinzustellen“. Doch dem Zentralrat scheint diese Differenzierung nicht zu reichen. Oder vielmehr: Differenzierungen scheinen per se verdächtig zu sein.

Jensen sagte der taz, er begreife den Angriff auf ihn „als Ausdruck eines politischen Konfliktes, um unterschiedliche Positionen zu Israel und auf Israel bezogenen Antisemitismus“. Die IHRA definiere „Antisemitismus als Wahrnehmung“. Das leuchte ihm als Antisemitismusforscher nicht ein. Als Forscher muss er sagen können, dass die IHRA-Definition „nicht hilfreich ist“.

Jensen unterstützt die „Jerusalem Declaration On Antisemitism“, die Antisemitismus klarer gegen Kritik an Israel abzugrenzen versucht. Sein Institut, das Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU, befasse sich „auch mit auf Israel bezogenen Antisemitismus“, sei aber „manchmal vorsichtiger mit bestimmten Einordnungen“.

Und nun? Er werde das Amt antreten, so Jensen zur taz, der zuletzt ein Buch über antisemitische Morde und Rechtsterrorismus in der BRD veröffentlicht hatte. Auch das TU-Präsidium sieht keinen Grund, die Ernennung rückgängig zu machen. Grundsätzlich halte er das Konzept, so Jensen, dass Antisemitismusbeauftragte nicht immer jüdischer Herkunft sein müssen, für richtig. Bei möglichen Besetzungen durch Palästina-Solidaritätsgruppen könne dies ein Vorteil sein. Er baue zudem gerade ein Team auf, unter anderem mit jüdischen Studierenden, um eine vertrauensvolle Arbeit zu ermöglichen.

Jensen vermied es direkte, offensive Kritik am Zentralrat zu üben. Bis auf einen Punkt: „Der Vorwurf, dass ich Hamas-Sympathisanten unterstütze oder gutheiße, ist Quatsch.“

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57 Kommentare

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  • Moderation , Moderator

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  • 6G
    608196 (Profil gelöscht)

    Wer diese Art Anwürfe gegen kritische, differenzierende Menschen verstehen will, dem sei u.A. das Lesen der "Neuen israelischen Historiker" empfohlen und/ oder die gute Shulamit Aloni, ehemalige langjährige Knessetabgeordnete und israelische Bürgerechtlerin empfohlen.



    Hier ein Link zu einem Interview mit ihr:



    youtu.be/q0TFxpp7p...i=YgMyYIsUhvHSPSAC

    • @608196 (Profil gelöscht):

      Viele übersehen, dass Jüdinnen und Juden in Israel oder anderen Ländern kein Problem damit haben, das Verhalten israelischer Regierung teils gepfeffert zu kritisieren.



      Universale Maßstäbe helfen auch hier, um Werte wie Gleichberechtigung aller Menschen, Sicherheit, Menschenwürde wahrzunehmen.

  • "Grundsätzlich halte er das Konzept, so Jensen, dass Antisemitismusbeauftragte nicht immer jüdischer Herkunft sein müssen, für richtig."

    Ich finde das falsch und würde als jüdischer Student oder Studentin diesem Antisemitismusbeauftragten nicht vertrauen. Das ist so, als würde ein Mann Frauenbeauftragter werden oder als sollte ich als weibliches Vergewaltigungsopfer erst einmal mit einem männlichen Polizeibeamten sprechen.

    "Die Präsidentin der TU Berlin, Geraldine Rauch, hatte am Montag Jensen berufen."

    Frau Rauch ist mir allerdings auch schon in ihrer Rolle bei der Besetzung der Uni unangenehm aufgefallen. Aber ich weiß, dass andere sie gut fanden.

    • @*Sabine*:

      Die gute Frau hat in den sozialen Medien Beiträge geliked, in denen unter anderem Transparente zu sehen sind, die Netanjahu mit Hakenkreuzen verziert zeigen.

      www.tagesspiegel.d...aben-11730926.html

      • @Jim Hawkins:

        Auch das Markieren von Mitarbeiter-Büros mit diesem roten Dreieck, das Ziele der Hamas markiert, fand ich äußerst brutal und hoffe, dass dieses Symbol verboten wird. Es wundert mich, dass dies nicht unter den Straftatbestand (?) "Mobbing" fällt.

  • "Der 55-Jährige sei „ein Gegner der IHRA Definition für Antisemitismus“ und daher ungeeignet als Antisemitismusbeaufragter." - es scheint schwer möglich, das politische und moralische Elend der offiziösen deutschen Stellungnahmen zu Nahost noch kürzer und prägnanter auf den Punkt zu bringen. Außer vielleicht so: "Differenzierungen scheinen per se verdächtig zu sein".

  • Die IHRA-Definition vermischt Kritik (an politischem Handeln von Institutionen) mit Hetze (ad hominems gegen Menschen) und ist schon von daher unwissenschaftlich, weil undifferenziert.

    Wenn Antsemitismusforscher wie Uffa Jensen hier zu wissenschaftlichen Unterscheidungen fähig sind, kann das doch nur gut sein, um vorwissenschaftliches Denken abzubauen.

  • Warum nicht gleich die "Jüdische Stimme" oder "Palästina spricht" zum Antisemitismusbeauftragten machen?

    Das "Zentrum für Antisemitismusforschung" hatte bereits unter der Ägide von Wolfgang Benz seinen Gegenstand abgeschafft.

    Und: Man stelle sich vor, die TU hätte einen Beauftragen für Antirassismus installiert und die betroffenen Verbände würden die Personalie scharf kritisieren.

    Ich wette 100 Euro, die Verantwortlichen würden sofort zurückrudern, sich Asche aufs Haupt streuen und nicht wie in diesem Fall und selbstredend auch wie in diesem Forum nicht so nassforsch reagieren.

    • @Jim Hawkins:

      Ich würde nicht mit wetten, ich denke, Sie haben recht.

    • @Jim Hawkins:

      Wie wäre es, wenn Sie sich weniger mit realitätsfernen Strohmännern beschäftigen würden und mehr mit den Fakten? Mit der Realität und dem Inhalt des Artikels hat Ihr Essay genau gar nichts zu tun.

    • @Jim Hawkins:

      Der Zentralrat muss schon auch aufpassen, dass er sein Blatt nicht überspielt. Ich würde mich selbst als gemäßigten Zionisten und Anhänger der IHRA-Defintion (also grob auf Linie der "deutschen Staatsräson") bezeichnen, aber der Umgang des Zentralrats mit jeglicher Israelkritik kommt selbst mir dann doch arg loyal vor (Motto: "Inhaltliche Kritik an der Politik Israels sollte natürlich nicht per se unterdrückt werden, ABER..."). Von daher muss man befürchten, dass er bei der Frage, ob der Gelehrte X sich genug von Israelkritik distanziert, um kein Antisemit zu sein, wohl nicht mehr als die "Do or Die"-Instanz mit faktischem Veto-Recht gilt (Gleiches würde ich auch z. B. über die Ditib sagen, wenn es um ein etwaiges Aufbegehren gegen eine für Erdogan missliche Personalentscheidung ginge).

      • @Normalo:

        Man kann es täglich landauf landab, in Deutschland, Italien, Polen, Frankreich, Spanien und in den USA sowieso sehen, in den sozialen Medien, einschließlich der eher schlichten Influencer, überall ist der israelbezogene Antisemitismus state of the art.

        In so einer Situation diesen Gelehrten in diese Position zu bringen, ist ein Schlag ins Gesicht der jüdischen Studenten.

        Und fast schon newspeak. Antisemitismus ist kein Antisemitismus, wenn er sich gegen Israel richtet.

        Das ist zwar ein jüdischer Staat, das tut aber nichts zur Sache.

        Der windelweichen "Jerusalemer Erklärung"



        dienen die Forderungen des BDS als Blaupause.

        Wäre das nicht so bitter, wäre es nur zum lachen.

        Die Zeiten sind jetzt so, dass man über jeden offensichtlichen Quatsch ernsthaft diskutieren muss.

        Man denkt, das war es jetzt aber und sofort kommt der nächste Irrsinn.

        • @Jim Hawkins:

          Das Begriffspärchen "israelbezogener Antisemitismus" ist halt der Schlüssel. Wenn ich das Gefühl habe, dass Jemand so ziemlich JEDE Kritik an Israels Vorgehen quasi aus dem Rückenmark da drunter subsummiert, dann kostet das Vertrauen in die Einlassungen dieses Jemand. Dann hake ich im Einzelfall nach und wlll wissen, wie der zu seinem jeweiligen Schluss kommt.

          Ist da was dabei, was ich nachvollziehen kann, dann habe ich auch kein Problem damit, der Meinung zu folgen. Die Ablehnung der IHRA-Definition zugunsten der Jerusalemer Erklärung z. B. sollte man schon sehr gut begründen können - und klarstellen, dass man als Antisemitismusbeauftragter einer deutschen Uni natürlich die für eine deutsche Uni geltenden Maßstäbe anlegt, was Antisemitismus ist und was nicht (inkl. BDS) - auch wenn das NICHT zur Jerusalemer Erklärung passt.

          Solange es aber bei vagen Andeutungen bleibt, wie z. B. in der Erklärung des Zentralrats zu Jensens BDS-Affinität oder "River/Sea"-Relativierung, und der jeweilige Urteilsfinder letztlich von mir oder den relevanten Entscheidungsgremien schlicht erwartet, die Lage so einzuschätzen wie er, WEIL er sie so einschätzt, dann reicht mir das schlicht nicht mehr aus.

      • @Normalo:

        Die Kritik der JSUD, die im Artikel fehlte, sollte zumindest mal zur Kenntnis genommen werden. Schließlich sind jüdische Studierende eine wesentliche Gruppe, um die sich der Antisemitismusbeauftragte zu kümmern hat.

        • @Gesunder Menschenverstand:

          Dem kann ich zustimmen, nur: wo finde ich diese Kritik?



          Und was sagen jüdische Studierende, die nicht durch die JSUD vertreten werden?

          • @Abdurchdiemitte:

            Ich habe das bei Instagram gefunden. Die JSUD hat dort einen Account und dort ist die Kritik zu finden.

        • @Gesunder Menschenverstand:

          ABSOLUT sind Sachargumente zu hören! Ich konnte leider die JSUD-Kritik auf die Schnelle nirgends finden - außer einem kurzen Text auf X, man hätte sie gefälligst fragen sollen. Haben Sie ein Link?

          Es ging mir in meinem Posting auch weniger speziell um Jensen und mehr um das apodiktische "Der Zentralrat hat gesprochen"-Argument in dem Posting von @Jim Hawkins. Antisemitismusbeauftragte, die ein echtes Problem mit der IHRA-Definition haben, sind auch mir ein wenig suspekt - zumindest wenn das Problem sich auf die Urform OHNE den Zusatz mit der Israelkritik bezieht. Nur reicht es mir eben nicht (mehr) ALLEIN aus, dass der Zentralrat "entäuscht" oder "schockiert" oder was auch immer ist, um zu sagen, "Dann ist die Personalie auch nicht tragbar."

          • @Normalo:

            “Nur reicht es mir eben nicht (mehr) ALLEIN aus, dass der Zentralrat “enttäuscht” oder “schockiert” oder was auch immer ist …”



            Und warum reicht Ihnen das nicht aus?



            Vielleicht, weil die Antisemitismusdefinition der IHRA - auf die sich der ZdJ ausschließlich stützt - möglicherweise doch etwas zu dürftig bzw. ideologisch “verbrettert” daherkommt bzw. Ihrer intellektuellen Redlichkeit (zurecht!) nicht genügt?



            Na, Sie dürfen es ruhig zugeben.😉

      • @Normalo:

        „… aber der Umgang des Zentralrats mit sämtlicher Israelkritik kommt selbst mir dann doch arg loyal vor …“.



        Schön, dass Ihnen das auch auffällt.



        Wenn ich erfahren möchte, wie jüdische Bürger hierzulande über Antisemitismus oder auch den Nahostkonflikt denken, spreche ich direkt mit denen (sofern ich die Möglichkeit dazu habe). Ich nehme die Stellungnahmen des ZdJ zur Kenntnis, informiere mich aber genau so, was beispielsweise die „Jüdischen Stimmen“ zum Thema zu sagen haben. Und ich denunziere und diffamiere keine dieser Positionen … na ja, jedenfalls bemühe ich mich, es nicht zu tun.😉



        Schließlich nehme ich auch nicht die Verlautbarungen der deutschen Bischofskonferenz zum Maßstab, was Katholiken in diesem Land zu diesem oder jenem Thema sagen - oder beispielsweise halte ich auch Herrn Mazyeks (Vorsitzender der ZDM) Meinung nicht für repräsentativ für in Deutschland lebende Muslime oder Herrn Roses vom Zentralrat der Sinti und Roma für sämtliche deutsche Sinti und Roma.



        So sollten wir es eigentlich alle halten.

        • @Abdurchdiemitte:

          Mir geht die Auseinandersetzung von vorn bis hinten zu primär über Personalien. "X soll nicht diesen oder jenen Job bekommen, weil Y was dagegen hat", ist mir zu wenig Sachebene. Es kann durchaus sein, dass Jensen eine Fehlbesetzung ist - möglicherweise mehr ein Antisemiten-Appeaser als ein handfester Gegenspieler. Aber das kann ich aus der nackten Information, WER etwas gegen ihn hat in der aktuellen, strikt polarisierten Situation nicht ersehen. Mehr wäre wichtiger zu erfahren, WAS die Beteiligten sagen, um ihre Meinung zu begründen, als WER da zu diesem oder jenen Urteil kommt. Insofern interessiert mich schon, wenn die Bischofskonferenz, der ZdM oder wer auch immer sich positioniert - aber eben nicht nur das Verdikt sondern vor allem die Herleitung.

          Das ist eigentlich bedauerlich. Früher hatte ich mal mehr Vertrauen. Wenn z. B. Ignaz Bubis etwas "besorgte", dann war die Sorge in aller Regel auch völlig berechtigt.

          • @Normalo:

            Und mit geht es um die “Repräsentativität” dieser oder jener “Dachverbände”, die meinen, für eine ganze Gruppe - z.B. eine Religionsgemeinschaft - sprechen zu können. Das würde ich nämlich grundsätzlich kritisch hinterfragen.



            Sicher, als anerkannte Körperschaften des öffentlichen Rechts haben die großen christlichen Kirchen wie auch der Zentralrat der Juden da bessere Karten als die verschiedenen Dachverbände der muslimischen Community oder - sagen wir - irgendwelche buddhistischen Sekten, die unterschiedliche Schulen und Traditionen dieser Religionsgemeinschaft vertreten.



            Aber von stringenter weltanschaulicher Homogenität kann man in der jüdischen Community hierzulande auch nicht gerade sprechen - im öffentlichen Diskurs wird aber immer so getan, dass genau das der Fall ist, schon indem von “den” Juden gesprochen wird. Wie es Antisemiten halt auch tun.

      • @Normalo:

        Da mein vorheriger ausführlicherer Kommentar mal wieder nicht freigeschalten worden ist, hier nur kurz: Uffa Jensen gehört zu jener Riege der Antisemitismusforschung, die sich grundsätzlich damit schwer tut, islamischen und israelbezogenen Antisemitismus als solchen auch zu erkennen. Oder, wie es der "Perlentaucher" sarkastisch, aber treffend formulierte: " Das wäre natürlich perfekt, um weitere eventuelle Uni-Besetzungen zu entschärfen."

        • @Schalamow:

          Das will ich inhaltlich gar nicht bestreitetn - kenne weder Jensen noch sein Werk. Aus meiner Sicht hat ein Antisemitismusvbeauftragter im üffentlichen Dienst gefälligst die Maßstäbe anzulegen, was Antissemitismus ist, die sein Dienstherr vorgibt. Will er das nicht, ist er ungeeignet. Der Job ist keine freischwingende Forschungsstelle, wo er seinen wissenschaftlichen Impetus austoben kann. Mein Posting richtete sich dagegen, ihn abzuurteilen, weil der Zentralrat ihn aburteilt. Es sollte eine Sach- und keine persönliche Autoritätsentscheidung sein.

    • @Jim Hawkins:

      Dass ein wissenschaftl. Institut sich nicht zum Sprecher der jeweiligen Regierung in Jerusalem oder des Zentralrats machen will, ist nur gut u richtig.

    • @Jim Hawkins:

      Finden Sie eigentlich selbst Ihre Anwürfe noch irgendwie angemessen und fair, einem konstruktiven Diskurs dienlich?



      Man könnte ja jetzt auch auf den Gedanken kommen, gleich jemanden aus der Arbeitsgemeinschaft „Juden in der AfD“ zum Antisemitismusbeauftragten zu ernennen - da hätte man dann gewiss einen Kandidaten mit unverbrüchlicher Israel-Treue. Denn mehr oder etwas anderes an Israel-Solidarität, so scheint es, wird uns als Bürgern regierungsamtlich doch gar nicht abverlangt. Oder doch: Zustimmung dazu, die Region mit deutschen Waffen voll zu pumpen, auf dass noch mehr Öl ins Feuer gegossen werde und unsere Wirtschaft hierzulande weiter florieren kann.



      Sie merken schon, dass dies ein bitterböser, polemischer Kommentar ist (eigentlich nicht meine Art) - aber ungefähr auf DIESEM Niveau bewegt sich auch Ihre Argumentation.

      • @Abdurchdiemitte:

        Na, ich weiß ja nicht. Ich versuche nur mir vorzustellen, wie das bei den jüdischen Studenten ankommen mag.

        Niemand singt das hohe Lied Netanjahus. Der muss natürlich weg, aber darum geht es hier meines Erachtens nicht.

        Anscheinend hat sich der Diskurs, wenn man das noch so nennen mag, so verändert, dass meine Position in der Sache oder die des Zentralrats oder JSUD als extrem erscheinen.

        Da kann ich dann auch nichts machen.

        Der Tanz geht sowieso weiter.

        Vielleicht hört man bald noch andere Stimmen.

        • @Jim Hawkins:

          “Vielleicht hört man bald noch andere Stimmen.”



          Kopf hoch, @Jim Hawkins! So weit liegen wir in der Einschätzung des antisemitischen Übels doch auch nicht auseinander. Wir setzen halt unterschiedliche Schwerpunkte, das ist alles.



          Und Sie können mir abnehmen, dass ich mit linkem und muslimischem Judenhass genau so hart ins Gericht gehe wie mit völkischem Antisemitismus, überhaupt allen Spielarten menschenbezogenen Hasses.



          Aber Herr Jensen - um wieder zum Ausgangspunkt der Diskussion zurückzukehren - ist bestimmt kein Antisemit oder auch nur eine Relativierer von Judenfeindlichkeit. Als Antisemitismusforscher hat er einen gewissen Ruf erworben und das prädestiniert ihn schon für das Amt des Antisemitismusbeauftragten der TU Berlin.



          Man sollte jedoch grundsätzlich aufpassen, Verbündete in der Sache nicht im “missionarischen Eifer” zu verprellen.

  • Was also hat der Mann falsch gemacht? Er ist kein unkritischer Hurra-Israel-Rufer. Und was sonst noch?

  • "Dort hatte Jensen erklärt „From the river to the sea, Palästina will be free“ sei nicht per se antisemitisch, weil auch ein gemeinsamer Staat gemeint sein könnte."

    Welche Gruppierungen, die einen gemeinsamen Staat wollen, benutzen die Parole denn?

    • @Paul Anther:

      “From the river to the sea …”!



      Zugegeben: DIESEN Spruch würde ich persönlich allzu gerne in der Versenkung verschwinden lassen und ihn nie wieder daraus hervorkommen lassen … und es macht ihn leider auch nicht besser, dass ein palästinensischer Staat einst das Westjordanland UND Gaza umfassen wird.

    • @Paul Anther:

      antizionistische Juden der Diaspora

  • Möglicherweise ist ein Antisemitismusforscher nicht unbedingt die beste Besetzung für den Posten eines Antisemitismusbeauftragten. Jensens offensichtliche Tendenz zum "ja, aber...", "wenn, dann..." und zur Relativierung (siehe River-Sea-Slogan) etc. ist im wissenschaftlichen Dialog vielleicht angemessen, hilft aber denjenigen jüdischen Studenten, die vom praktischen Antisemitismus an der Uni und von Seiten bestimmter Kommilitonen oder Lehrkräfte betroffen sind, im Ernstfall dann wenig.

    • @Vigoleis:

      Immerhin erkennen Sie an, dass es sich bei Herrn Jensen um einen anerkannten Antisemitismusforscher handelt - und nicht um einen diabolischen, verschwörungsschwurblerischen und antisemitischen Scharlatan. Diesen Eindruck kann man nämlich durchaus gewinnen, wenn man der Debatte hier folgt.



      Ihre Frage ist natürlich berechtigt, ob ein Wissenschaftler für dieses Amt geeignet sein kann. Aber warum nicht? Ich würde sagen, jemand aus dem politischen Geschäft wäre das definitiv NICHT … wenn ich mir über all die Jahrzehnte anschaue, wie die Politik im Kampf gegen den Antisemitismus versagt (aktuelles Beispiel: der Umgang des bayerischen MP’s mit der Causa Aiwanger).

  • Ich bin immer wieder entsetzt über die 'Vertreter der jüdischen Menschen' hierzulande in ihrer Forderung nach Unterstüzung der Regierung Netanyahu. Dabei sollten insbesondere die bei uns so willkommenen jüdischen Mitbürger*innen sensibilisiert in Bezug auf den Umgang mit Andersdenkenden sein, um mit diesen friedlich und gleichberechtigt zusammenleben zu können. In einer Nachbarschaft, vor der sich der Staat Israel nur militärisch schützen kann, haben die Menschen vor Ort eher eine nur ungewisse Zukunft.

    • @Dietmar Rauter:

      Es tut mir leid, aber Ihre Ausdrucksweise verrät Sie: Jüdische Mitbürger*innen: Wieso nicht einfach jüdische Bürger*innen? Oder eben einfach: Juden…nein, das ist _kein_ abwertender Begriff, wobei Sie natürlich auch gerne Jüdinnen und Juden schreiben können.

      Nun zum inhaltlichen: Der Zentralrat der Juden in Deutschland fordert keineswegs die Unterstützung der Regierung Nethanyahus, sondern lediglich Solidarität mit Israel, also vor allem mit den Menschen dort.

      • @Saile:

        .Es tut mir leid, aber Ihre Ausdrucksweise verrät Sie'

        Verrät bitte was?

        • @EffeJoSiebenZwo:

          Mindestens einen verkrampften Umgang mit Juden, was zwar auch durch Philosemitismus verursacht sein kann, das Gegenteil ist aber leider meistens wahrscheinlicher…

    • @Dietmar Rauter:

      Ich denke schon, daß die Mehrheit der deutschen bzw. in Deutschland lebenden Jüdinnen und Juden grundsätzlich offen für den Umgang mit Andersdenkenden sind.

      Aber leider gibt es unter diesen "Andersdenkenden" sehr viele, die nicht reden wollen, sondern nur brüllen oder gleich zuschlagen.



      Und darunter sind nicht nur die alten und neuen biodeutschen Nazis, sondern auch eine nicht geringe Zahl der hier lebenden Muslime.

      Letzteres ist nur in den letzten Jahren gerne verdrängt worden, aber vielleicht rafft sich Frau Faeser nach den Erfahrungen seit dem 7. Oktober dazu auf, die Regel außer Kraft zu setzen, daß antisemitische Vorfälle, bei denen die Täter nicht ermittelt werden können, automatisch den deutschen Nazis zugeteilt werden.

  • So sehr man verdeckten Antisemitismus auch benennen müsste, ist es geradezu lächerlich, einen Freifahrtschein für Netanyahus Handeln erfechten zu wollen.

    Schade, der Zentralrat war auch schon mal intellektuell genauer als gerade unterwegs.

  • Worum geht es?

    IHRA-Def:

    www.antisemitismus...finition-node.html

    Stimme Hrn Jensen zu, auch ich finde die Def. schwierig. Aber aus anderem Grund. Den monierten Passus finde ich eher unproblematisch. Antisemiten nehmen Juden auf eine Weise wahr, die sich in Hass dieser Gruppe ggü äußern kann. Ist das nicht so?

    Schwierig finde ich den Zusatz mit der offenen Formel "kann". Es "kann" eben alles. Ich verstehe nicht, wie man bei dieser Def. der Problematik entgehen möchte, dass damit jede Kritik an der israel. Politik -um die Ecke- als antisemitisch aufgefasst werden "kann". Ich finde Def. sollten eindeutig sein.

    Das fällt mir aber erst jetzt auf: Versteht sich I. nicht seit dem Nationalstaatsgesetz selbst als "jüd. Kollektiv"?



    Art.1:



    Das Land I. in dem der Staat Israel gegründet wurde, ist die hist. Heimat des jüd. Volkes. Dieser Staat Israel ist der Nationalstaat des jüd. Volkes, in dem es sein Recht auf nationale, kult., hist. und relig. Selbstbestimmung ausübt. Das Recht auf nationale Selbstbestimmung ist im Staat Israel einzigartig für das jüdische Volk.



    Echte Frage, kann mir da jmd helfen?

    • @Einfach-Jemand:

      Das jüdische Volk? Dein Ernst?



      Das ist doch prähistorischer Nonsens.



      Juden sind eine Religionsgemeinschaft und gehören der jeweiligen Etnhie an, der sie sich zugegörig fühlen und haben die Nationalität, die im Pass steht.

      • @KnorkeM:

        Wieso mein Ernst? So steht es im israelischen Nationalstaatsgesetz. Darum ja meine Frage. Den Link hatt' ich vorhin nicht eingefügt, weil das Zeichenlimit es nicht mehr erlaubt hat. Ich hab Artikel 1 zitiliert.

        de.wikipedia.org/w...atsgesetz_(Israel)

    • @Einfach-Jemand:

      Der Passus „kann gegen Israel …“ ist anders gemeint. Er soll ausdrücken, dass sich Antisemitismus nicht nur an Personen, sondern auch am un-persönlichen Staat Israel manifestieren kann. Damit soll umgekehrt zu Ihrer Verallgemeinerung verhindert werden, dass Antisemitismus sich als Kritik am Staat Israel herausreden kann. Ansonsten finde ich diese Definition auch nicht sehr hilfreich.

      • @Fünfpluseins:

        Meine Frage war bezogen auf die Diskrepanz zw. dem vermeintlichen(?) Inhalt des Nationalstaatsgesetzes und der definitorischen Bedingung für Israel-bezogenen Antisemitismus der aus der Erweiterung der Bundesregierung der IHRA Definition hervor geht.

        Das Argument für die Erweiterung kenne ich, finde es aber nicht gerade gut. Es war doch auch vorher möglich genau diesen Antisemitismus zu erkennen und zu benennen. Die offene Formulierung führt aber mAn zu dem genannten Problem.

  • Es ist eine schwierige Gratwanderung, Kritik an israelischer Politik, Personen oder Positionen zu äußern, ohne sogleich als Anti-Semit eingestuft zu werden. Diese Extremposition (ja, hier kritisiere ich) schadet der jüdischen Gesellschaft, denn sie erscheint vielen Hitzköpfen als Fanatismus, undifferenziert. Das ist es sicher nicht (immer), doch ausgewogen, fair ist eine automatische Verdammung jedweder Kritik an israelischen Positionen auch nicht. Sehr scharf hingegen ist zu verurteilen, wenn man jüdische Menschen angreift, ob mit Worten oder Taten. Das geht gar nicht.

  • Für wen ist der oder die Antisemitismusbeauftragte eigentlich zuständig? Eine wesentliche Gruppe sind Studierende und zwar jüdische Studierende, oder wer ist sonst so von Antisemitismus betroffen? Mir fehlt in diesem Artikel völlig die Position der jüdischen Studierenden. Die JSUD hat eine sehr pointierte und scharfe Stellungnahme zur Berufung von Jensen als Antisemitismusbeauftragten abgegeben. Es wäre ja vielleicht interessant, was die Gruppe, die zum wesentlichen Klientel des Antisemitisbeauftragten gehört, zu sagen hat.

    • @Gesunder Menschenverstand:

      Danke! Genau so ist es!

    • @Gesunder Menschenverstand:

      Vielleicht lässt sich die Position der JSUD in dieser Frage ja noch nachtragen. Das wäre hilfreich für die Diskussion.



      Ich würde auf jeden Fall anmerken, dass auch die JSUD nicht für alle jüdischen Studierenden sprechen kann, wie auch der ZdJ nicht alle jüdischen Bürger, wie auch das ZdK nicht für alle Katholiken in Deutschland repräsentiert und die Islamverbände natürlich bei weitem nicht alle Muslime. Das mal vorab.



      Wahrscheinlich ist es auch nicht Aufgabe eines Antisemitismusbeauftragten einer Universität, ausschließlich Ombudsman für jüdische Studierende und deren Interessen zu sein - das ist er zwar auch, aber ich denke, sein Aufgabengebiet ist vielfältiger. Ich nehme an, es ist seine Aufgabe, in erster Linie über die Gefahren des Antisemitismus aufzuklären, die öffentliche und wissenschaftliche Debatte darüber anzustoßen, aber auch einen Dialog beispielsweise zwischen jüdischen und palästinensischen Studierenden auf dem Campus zu ermöglichen und zu fördern.



      Einseitiger Israel-Lobbyismus oder die Durchsetzung einer bestimmten Antisemitismus-Definition (nämlich die der IHRA) gehören mit Sicherheit NICHT dazu.

  • Es wäre ja mal interessant zu erfahren, wie denn die Positionen des Zentralrates in einigen Fragen sind, z.B. ob sie die Besatzung als legitim oder illegal betrachten.



    Es ist antisemitisch das Judentum mit Israel gleichzusetzen, gleichzeitig mischt sich der Zentralrat ja in die deutsche Außenpolitik mit ein und gibt Handlungsanweisungen zum Umgang der Behörden mit Kritik an der israelischen Regierung innerhalb von Deutschland.

    • @Moritz Pierwoss:

      “Es ist antisemitisch das Judentum mit Israel gleichzusetzen … “.



      Das wiederum ist jetzt auch starker Tobak, wie andersherum die Behauptung, jedwede Israelkritik sei Antisemitismus. In ihrer Pauschalität distanziere ich mich von beiden Aussagen.



      Vielleicht sollte man mit der Nutzung der Antisemitismus-Keule - und der Begriff selbst ist schon umstritten seit der berüchtigten Rede Martin Walsers, das ist mir auch klar - grundsätzlich vorsichtiger umgehen … die wird hier im Forum von dem einen oder der anderen doch zuweilen etwas zu heftig geschwungen.



      Natürlich: der ZdJ muss sich schon überlegen, ob er als rein pro-israelische, zionistische Lobbyorganisation fungiert oder nicht doch besser das jüdische Leben hierzulande in seiner Gesamtheit vertreten will, also auch das zionismus-kritische und antizionistische Spektrum, das es in der jüdischen Diaspora halt auch gibt.

  • Der Zentralrat repräsentiert nur nicht den rechtsextremen Rand des deutschen Judentums um Volker Beck und co.

    • @Hans Fuchs:

      Volker Beck ist ja - soweit ich weiß - Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG). Sie ist in dem Sinne überhaupt keine jüdische Organisation und die DIG des Rechtsextremismus zu verdächtigen, ist schon sehr gewagt. Das müssen Sie schon belegen können.



      Die einseitige Auffassung der DIG über deutsche Staatsräson, die unkritische Haltung zur israelischen Besatzungspolitik im Westjordanland, zur IHRA-Antisemitismusdefinition und einiges andere kritisiere ich auch … aber die DIG “darf” das, schliesslich ist sie eine pro-israelische Lobbyorganisation.



      Das ist der ZdJ nicht, vielmehr: er sollte es nicht sein. Aber das ZDK repräsentiert schließlich auch nicht sämtliche Katholiken in Deutschland - das wäre fatal.

  • Ich kannte die "Jerusalen Declaration of Antisemitism" nicht. Sie ist ein guter verständlicher Leitfaden und "Präziser" als die IHRA Definition.

    jerusalemdeclarati...tsch-final.ok_.pdf

    • @Tom Lehner:

      Da stellen sich aber bestimmte Personen selbst einen Persilschein aus, der sich aus der Definition selbst nicht unbedingt ergibt.

      Man kann das auch als getrickst betrachten.

  • Das Problem sind die Siedler und die Hamas. Israel muss die Siedler wieder nach Israel umsiedeln, damit eine Zweistaatenlösung durchgeführt werden kann, mit bestimmten Garantien und Rechte für Israel.