Trumps Sieg bei US-Präsidentschaftswahl: Harris, Biden, die Elite? Wer hat Schuld?
Nach der verlorenen Präsidentschaftswahl fragen sich die US-Demokraten, was schiefgelaufen ist. Nun steht die Suche nach Verantwortlichen an.
Die Demokratische Partei hat in traditionell ihr zugewandten Wählergruppen deutlich an Zuspruch verloren und in anderen nichts dazugewinnen können. Der Trend ist nicht mehr ganz neu, aber er hat sich an diesem Wahldienstag so drastisch gezeigt wie noch nie zuvor. Zumal spätestens seit der ersten Niederlage gegen Donald Trump 2016 die Probleme bekannt waren. Damals hatte Hillary Clinton die Staaten der ehemaligen „Blue Wall“, Wisconsin,
Michigan und Pennsylvania verloren, weil große Teile der früher an die Demokraten gebundenen Arbeiterschaft zu Trump gewechselt waren. Sie fühlten sich durch die Demokraten einfach nicht mehr ernstgenommen und vertreten. Es sind die gleichen Schichten, die heute am stärksten unter den Teuerungsraten der letzten Jahre leiden, für die Miete, Ratenzahlungen beim Häuserkauf, Kraftstoff an der Tankstelle und selbst der Einkauf im Supermarkt zur echten Belastung geworden sind. Trump gewann sie erneut für sich.
Die Demokraten wunderten sich, dass sie keine Anerkennung dafür bekamen, dass die Wirtschaft sich besser als die anderer Industrienationen aus der Pandemie herausgearbeitet hat. „Aus irgendeinem Grund fühlen die Leute, dass es vor vier Jahren besser war – und dagegen konnten wir nicht ankommen,“ erklärt ein langjähriger Demokratischer Stratege gegenüber Politico. „Unsere Marke ist derzeit verbrannt.“
Sanders bestätigt Wut in der Bevölkerung
Kein Wunder, sagen dazu altgediente Linke. Bernie Sanders, der gerade wiedergewählte sozialistische Senator aus Vermont, schreibt auf X: „Es sollte für eine eine Demokratische Partei, die sich von Menschen aus der Arbeiterklasse abgewandt hat, keine Überraschung sein, dass sich die Arbeiterklasse von ihr abwendet. Während die demokratische Führung den Status quo verteidigt, ist die amerikanische Bevölkerung wütend und will Veränderung. Und sie hat recht.“ Tatsächlich haben in allen Nachwahlbefragungen rund 70 Prozent der Wähler*innen angegeben, über den Zustand des Landes unzufrieden oder verärgert zu sein.
Fehler im Umgang mit den Folgen der Inflation gestehen auch Strategen aus dem Regierungsumfeld ein: „Das hat Leuten wirklich wehgetan, und wir sind dem politisch nicht so begegnet, wie es möglich und nötig gewesen wäre, und kommunikativ schon gar nicht“, zitiert ebenfalls Politico den Gründer der Organisation Democracy Partners, Mike Lux. Biden selbst habe zu spät begriffen, was die Teuerungen mit den Leuten machten. Und Kamala Harris als Bidens Vize hat es nicht geschafft, sich mit eigenen Politikvorstellungen so glaubwürdig zu distanzieren, dass sie nicht in Mithaftung genommen würde.
Der Vorschlag der Linken für eine andere Haltung der Partei hat sich 2016 und 2020 in zwei spektakulären, aber letztlich erfolglosen Präsidentschaftskandidaturen von Bernie Sanders manifestiert. Bis heute sind viele der Meinung, Sanders hätte 2016 eher eine Chance gegen Trump gehabt als die überaus unbeliebte Clinton.
Es fehlt an Personal bei den Demokraten
Einen Vorschlag aus der Mitte der Partei, der über den Status quo hinausginge, gibt es derzeit nicht, eine neue linke Führungsfigur mit Präsidentschaftsaspirationen auch nicht, und Bernie Sanders ist 83.
Die Struktur US-amerikanischer Parteien bringt es mit sich, dass sich deren Programmatiken in Wahlkämpfen und durch erfolgreiche Personen und Koalitionen herausbilden und nicht in Programmkommissionen, Grundsatzpapieren und Parteitagsdiskussionen beschlossen werden. Trump ist unumstrittener republikanischer Führer – bei den Demokrat*innen ist Leere.
Das lässt jede Menge Platz für ausführliche Diskussionen in den Meinungsspalten der linksliberalen Medien. Ob nicht Biden schuld ist, der niemals noch einmal hätte kandidieren dürfen. Oder der niemals die unerfahrene Harris zur Vizepräsidentin hätte machen dürfen. Oder ob Harris schuld ist, die sich hasenfüßig nur auf Plattitüden zurückgezogen hat, ohne eigene Politikvorstellungen einzubringen. Oder beide.
Vor der Neuaufstellung einer Demokratischen Partei, die es mit dem Trumpismus aufnehmen kann, steht das Fingerzeigen. Das wird wohl noch einen Moment dauern.
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