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Todesfall Amad Ahmad in der JVA KleveDie Polizei löscht Daten

Amad Ahmad saß unrechtmäßig in Haft und starb in Folge eines Brandes in seiner Zelle. Weil Daten verschwanden, ist Aufklärung unmöglich.

In dieser Zelle war der junge Syrer Amad A. unrechtmäßig eingesperrt Foto: Markus van Offern/picture alliance

Die Polizei in Nordrhein-Westfalen muss ein unglaubliches Versagen einräumen. Es geht um den Fall des monatelang illegal eingesperrten und 2018 in seiner Gefängniszelle verbrannten Amad Ahmad in Kleve. Angeblich „versehentlich“ sind in den Fahndungssystemen der Polizei die Originaldaten, mit denen die Gründe für die unrechtmäßige Haft des Kurden rekonstruiert werden konnten, gelöscht worden – entgegen der ausdrücklichen Weisung des vom Christdemokraten Herbert Reul geführten NRW-Innenministeriums.

Das hatte bereits am 3. Dezember 2018 angeordnet, „sicherzustellen, dass es nicht zu Löschungen kommt“. Denn in Düsseldorf will ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss des Landtags aufklären, warum Amad Ahmad starb. „Ein Skandal“ sei das Verschwinden der Polizei-Datensätze, sagt der grüne Abgeordnete Stefan Engstfeld. Und nur ein Teil einer ganzen „Kette von Ungereimtheiten und Ermittlungspannen“. „Das Vertrauen in die Polizei“ werde erneut erschüttert, warnt auch SPD-Landtagsfraktionsvize Sven Wolf.

Klar ist bisher nur: Amad Ahmad wurde am 6. Juli 2018 verhaftet, weil er an einem Baggersee in Geldern vier Frauen mit „sexuellen Andeutungen“ genervt haben soll. Nachdem eine von ihnen ihren Vater, einen Polizisten, anrief, wartete er auf einer Parkbank auf die Streifenwagen. Vorgeworfen wurde ihm „Beleidigung auf sexueller Grundlage“.

Für eine mehrmonatige Haft reicht das keinesfalls aus. Trotzdem saß der damals 26-Jährige bis zum 17. September 2018 in der Justizvollzugsanstalt Kleve. Dann brannte seine Zelle. Amad Ahmad wurde schwerst verletzt, starb am 29. September an „Multiorganversagen nach Verbrennungskrankheit“.

Eine bloße Verwechslung?

Unglaublich bleibt die Begründung der Haft: Der als „hellhäutig“ beschriebene Amad Ahmad soll mit einem „schwarzhäutigen“ Amedy G. aus dem afrikanischen Mali verwechselt worden sein, der per Haftbefehl gesucht wurde. Möglich gemacht haben soll das eine „Personenzusammenführung“, mit der Informationen aus der NRW-Datenbank ViVA und dem Bundes-Polizeiregister Inpol vermischt wurden. Vorliegende Fotos der beiden Männer will niemand kontrolliert haben.

Die von den Anwälten der Familie Amad Ahmads beauftragte Datenanalystin Annette Brückner will außerdem Lücken im ViVA-Veränderungsprotokoll festgestellt haben. Im Raum steht damit der Vorwurf, Po­li­zis­t*in­nen könnten die Datenbank manipuliert haben, um den vor dem syrischen Assad-Regime nach Deutschland Geflohenen weiter in Haft zu halten.

Die ermittelnde Oberstaatsanwältin Sandra Posegga räumte vor dem Untersuchungsausschuss ein, dass dies bisher nur vom Landeskriminalamt, der Landeszentrale polizeiliche Dienste und einem Software-Hersteller untersucht wurde. Ermittlungen wegen Freiheitsberaubung wurden im Februar 2021 dennoch auch gegen den letzten verdächtigen Polizisten eingestellt. Die Anwälte haben deshalb noch einmal Strafanzeige wegen Datenveränderung und Strafvereitelung im Amt gestellt.

Im Untersuchungsausschuss wollen die Regierungsfraktionen aus CDU und FDP trotzdem erst jetzt einen unabhängigen Gutachter hinzuziehen. Dabei dürfte dessen Arbeit, etwa durch Simulationen, schwierig bis unmöglich sein: „Was soll das jetzt noch bringen? Die Original-Datensätze sind nicht mehr vorhanden“, bilanzierte der grüne Abgeordnete Engstfeld gegenüber der taz bitter: „Auf einer verschwundenen Tatwaffe kann man auch keine Fingerabdrücke mehr finden“.

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45 Kommentare

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  • Wenn die Einsatzkräfte mal wieder bespuckt werden und über die undankbaren Bürger sprechen, sollen sie einfach mal für den Grund in die eigenen Reihen schauen.

  • Was macht diese Behörde eigentlich wenn Ihre Datenbank abraucht? Fängt sie dann eine Neue an?

    Daten in einem Ermittlungsverfahren unterliegen Aufbewahrungsfristen und da reden wir von 20 Jahren.

    Selbst wenn etwas vorsätzlich oder versehentlich gelöscht wurde. Was ist mit den Backups?

    Es gibt immer eine Backupstrategie für kritische Daten.



    Die umfasst regelmässige vollständige Backupläufe und tägliche differentielle oder inkrementelle Speicherungen. Weiter gibt es noch Aktivitätslogs und aus diesen Daten kann normalerweise jede DB bis zum Ausfallzeitpunkt oder eben bis zur Löschung hergestellt werden.

    Das schöne an solchen Strukturen ist, das zumindest die Vollsicherungen regelmässig zur Seite gelegt werden. Auf diesem Weg erhalten Datenbanken ein Gedächtnis. (wie oben schon geschrieben 20 Jahre aufheben ist gesetzliche Vorgabe)

    Backupsysteme sind losgelöst von der produktiven IT und können nicht von Normalbeamten manipuliert werden.



    Ist die kriminelle Energie hier so groß gewesen das die Backupsysteme gehackt und gelöscht wurden oder ist einfach nur die IT völlig unfähig und kann nicht reproduzieren was reproduziert werden muß?

    Es könnte natürlich noch der Wille fehlen. Aber das will ich noch nicht unterstellen.

    Gruß vom Mondlicht

    • @Moonlight:

      Backups werden nicht für die Ewigkeit aufbewahrt. Oft sind es es nur 30 Tage. as besteht die Pflicht, ein Dokument, einen einzelnen Datensatz für eine definierte Zeit aufzubewahren.

      Von einer vorzeitigen Löschung von Backups war aber nirgendwo die Rede.



      Insofern liegen Überlegungen schon im Ansatz falsch.

    • @Moonlight:

      nein der Wille zur Aufklärung fehlt sicher nicht. Doch läßt sich der öffentliche Druck durch solch banale Behauptungen zur Löschung leicht gegen null reduzieren.



      Wenn erst mal Ruhe in die Sache reinkommt, dann sitzen die das aus bis zum Ende der Aufbewahrungsfrist.



      Zudem ist es doch besser wenn "unabhängige" neue Kollegen im neunzehnten Jahr nach der Tat sich an die Sache machen, und zum Schluß der Fall bis zum Ende der Verjährungsfrist nicht aufgeklärt werden konnte. Wen wunder`s bei der Personalknappheit.

  • Wie gut, dass wir seit ein paar Jahren den Straftatbestand der Computersabotage kennen (StGB 303b)



    Da wird die StA sicher "mit Hochdruck" ermitteln.

  • Behörden unterliegen, wie auch jede private Unternehmung, der Sicherung- und Datenarchivierung.

    Dementsprechend ist das hier schon wirklich sehr verdächtig, das die Daten abhanden gekommen sein sollen.

    Die Daten hätten, normalerweise, eigentlich nach einem Zeitrahmen X gesichert sein müssen und diese Sicherung müsste nun auch zur Verfügung stehen um die Daten zu rekonstruieren.

    Für mich klingt es danach das hier vertuschung betrieben werden sollte und ich hoffe das man das ganze Thema absolut vollständig auf arbeitet und entsprechend auch die Keule geschwungen wird um den Versäumnissen in diesem Vorfall in Zukunft einheit zu gebieten.

  • Das es in Behörden überhaupt Datenbanken gibt, in denen Dinge gelöscht werden können ist ein Skandal. Es gibt Systeme, da ist das unmöglich, Daten werden nur nicht mehr angezeigt, können aber nicht physikalisch gelöscht werden! Wo sind wir hier...

    • @Peter Hansen:

      Stimme Ihnen im Kern zu. Daten auf Datenträgern (gewöhnlich Festplatten) lassen sich i.d.R. problemlos wiederherstellen, da immer nur die Verweise auf die Speicherbereiche gelöscht werden, an denen die Daten physikalisch auf der Platte liegen. Erst wenn diese Bereiche mehrfach überschrieben wurden, ist eine Rekonstruktion kaum noch möglich. In dem Fall wird man aber ganz sicher nicht mehr von „versehentlich gelöscht“ sprechen können. Tatsächlich wurde in der Entwicklung von Datenspeichern das vollständige Löschen von Daten praktisch gar nicht implementiert. Um eine Festplatte vollständig zu löschen, muss man sie mechanisch komplett zerstören. Dazu braucht es auf jeden Fall den Zutritt zum Rechenzentrum.

    • @Peter Hansen:

      Datenschutz und Löschfristen sagen ihnen was?

      Einmal soll der Staat gar nichts von uns speichern, dann alles für immer. Was denn nun?

      • @Wonneproppen:

        Die Polizei ist nicht "uns", sondern vom Staat beauftragter Apparat mit Gewaltmonopol, und darf, ja muss sogar, als solcher durchaus an strengere Maßgaben gebunden sein. Handlungen im Staatsauftrag, dessen Souverän, zumindest dem Papier nach, immer noch "wir", das Volk, sind sind nicht mit dem Recht auf Privatsphäre zu vergleichen.

    • @Peter Hansen:

      ganz korrekt wäre wohl die Darstellung, dass das LKA gesagt hat, dass das LZPD gesagt hat, dass Datensätze ohne Beachtung der Anweisung des Innenministers "versehentlich" "gelöscht wurden.

  • Mich wundert das alles überhaupt nicht mehr, denn derart willkürliche Verhaftungen wie die von Amad Ahmad war wohl kein Einzelfall:



    „Die Datenexpertin Annette Brückner sagte, es gebe ein Muster und bis zu zehn weitere Fälle auch in anderen Bundesländern, bei denen der Verdacht bestehe, dass Flüchtlingen über eine datenbanktechnische Verknüpfung von Alias-Namen Straftaten anderer Täter „angehängt" worden seien.“

    www.nw.de/nachrich...nipulation-an.html

  • Da Sie mich schon namentlich als "Datenanalystin" erwähnen, darf ich folgendes richtigstellen:

    Im Protokoll der Bearbeitungen am Datensatz von Amad A. fehlen in der Zeit vom 4.7. 2018 bis zum 9.07.2018 (zwischen der angeblichen Datensatzzusammenführung am Mittwoch, 04.7.2018, der Inhaftierung am Freitag und dem darauffolgenden Montag) SÄMTLICHE Protokolleinträge. In dieser Zeit sollen aber - nach der Erklärung von Behörden, die die Regierungsmerhheit so gerne glauben möchte, mehr als einhundert einzelne Personendaten des Maliers in den Datensatz von Amad A. eingefügt worden sein. Das kann man abzählen, weil ja bekannt ist, welche einzelne Daten das waren.

    Jede einzelne Einfügung hätte zu einem einzelnen Protokolleintrag führen müssen. Ich „will“ diese Lücken nicht festgestellt haben, sondern kann Auszüge aus der ViVA-Datenbank und eine vorliegende Excel-Datei mit den Protokolldaten lesen.

    Damit steht auch nicht, wie Sie schreiben, der Vorwurf im Raum, dass Polizist*Innen „die Datenbank manipuliert haben“. Denn darunter würde man die Daten über Amad A. im Produktivsystem (=der ViVA-Datenbank) verstehen. Es steht der Vorwurf im Raum, dass der von Behörden vorgelegte Auszug aus dem Bearbeitungsprotokoll (= die oben erwähnte Excel-Datei) manipuliert wurde. Mit der Folge, dass man DARAUS nicht mehr erkennen kann, WER diese Datensatzzusammenführung WANN initiiert hat.

    Insofern ist die jetzt von den Behörden eingestandene, angeblich „versehentliche“ Datenlöschung relevant. Denn vermutlich wurden "versehentlich" auch die Protokolldaten gelöscht.

    Aber das macht ja sicher nichts: Denn die Staatsanwaltschaft hat sicher, wie dies nach der Strafprozessordnung ihre Aufgabe ist, rechtzeitig notwendige Sicherungskopieren von Daten UND Protokollen ziehen und sich aushändigen lassen …

    A. Brückner

    • @POLICE-IT:

      Verstehe ich das richtig: die Auszüge aus der ViVA-Datenbank und die vorliegende Excel-Datei sind ein handfester Beweis, dass eine bewusste Löschung stattgefunden hat?

      • @Lesenundschreiben:

        In dem - in Form einer Excel-Datei - vorgelegten Auszug aus dem Bearbeitungsprotokoll des Datensatzes von Amad A. fehlen mehr als hundert Bearbeitungsschritte für die Anlage der einzelnen Daten des Amedy G im Datensatz des Amad A.

        Ob die Daten aus dem Protokoll "bewußt" gelöscht wurden, kann ich nicht sagen. Aber: Wie sonst verschwinden denn ausgerechnet solche mehr als hundert Zeilen aus einer Excel-Liste?! Auzsgerechnet Protokolleinträge, die beweisen würden, WER tatsächlich genau AN WELCHEM Tag (zwischen 4. und 9.7.) die Amedy G.-Daten in den Amad-A-Datensatz hineingeschrieben hat?!

        Dass die Amedy G.-Daten in den Amad A.-Datensatz hineingemischt wurden, dafür gibt es Beweise/Belege. Die auch heute noch vorliegen. Und die nicht von der „versehentlichen“ Datenlöschung betroffen sind.

        Während für die „offizielle“ Theorie von der angeblichen Zusammenführung durch die angestellte Datenerfasserin in Siegen keinerlei hieb- und stichfeste Beweise vorgelegt wurden. Nur „Annahmen“ und „Vermutungen“.

        Annette Brückner

  • Für das Löschen der Daten sollte eigentlich der Chef drankommen.

    An ihm liegt es sicherzustellen, dass das nicht passiert. Bude nicht im Griff? Anderen Job suchen.

    • @tomás zerolo:

      Da operiert eine Behörde schon ohne Fax. und dann das.

      Rücktritt des Dienststellenleiters. Unverzüglich. Aber das ist kein epolitischer Posten und wahrscheinlich muss man konkrete Beteiligung nachweisen.

      Gibt es wirklich keine Datenspur über die Löschung? Der Datensatz lag doch auf einem zentralen Server. Und da wird jeder Zugriff mitgeloggt.

      • @fly:

        Wenn`s nur mit einem Fax funktioniert hätte, wäre das ganze Schlamassel nicht passiert. Aber so hypermodernes Zeug wie PC verwenden, und nicht mal mit einer Schulung für die Anwendung. Da kann schon mal was schief gehen. Aber das wollte doch keiner. Und der Dienststellenleiter erst recht nicht. Der ist doch immer glücklich wenn seine Truppe richtig spass am Beruf hat - und er seine Ruhe im Amt.



        Eine Datenspur wurde noch nicht gefunden, da die Spurensicherung noch nicht dran war.



        Vielleicht doch ein Fall für Aktenzeichen XY ungelöst.

    • @tomás zerolo:

      Reul und Laschet sollten ihre Mützen nehmen müssen. Aber da selbst Spahn, Scheuer und Klöckner im Amt bleiben, ist das ein frommer Wunsch.

  • Mich wundert´s, dass Untersuchungshäftlinge ein Feuerzeug mit in die Zelle nehmen dürfen, so wie es (angeblich) beim Fall Oury Jalloh in Dessau auch passiert sein soll. Ist das leeren von Hosentaschen, das Abgeben von Gürteln, Schnürsenkel etc. nur im Film eine übliche Vorgehensweise? Seltsam, das alles.

    • @Kloetzchenschieber:

      Natürlich darf ein u häftling in seiner zelle tabak und zigaretten haben

  • 8G
    83191 (Profil gelöscht)

    Das ist doch ganz einfach:



    Beweisvereitelung im Amt. Ort des Zugriffs oder den Verantwortlichen Beamten in U-Haft nehmen (wegen Verdunklungsgefahr) und, sofern die Akteure nicht auffindbar sind, mindestens den Chef der Verantwortlichen dienststelle entlassen bzw degradieren. Und der Innenminister hat ja offensichtlich seine Polizei nicht im Griff.

    Weiterhin eine Institution ähnlich den Feldjägern für die Polizei aufstellen, die mit sehr empfindlichen Strafen aufwarten kann und sowohl anonyme Hinweise verfolgen kann (s. Wehrbeauftragten) sowie absolute Autorität ggü. Den Polizeidienststellen hat. Und natürlich noch eine Aufrüstung der Infrastruktur um eine bessere Nachverfolgung solcher Veränderungen zu gewährleisten.

    PS habe ich als Bürger wegen diesem Vorfall eigentlich das Recht die Polizei anzuzeigen?

  • Kommt doch beiden Seiten sehr gelegen. Der Polizei, weil jetzt so gar nichts mehr kritisches nachweisbar und der Gegenseite, weil nun noch munterer spekuliert und gemutmaßt werden kann, ohne dass irgendwelche entlastenden Fakten stören. Dem Toten nutzt all dies nichts, den Angehörigen recht wenig.

    • @TazTiz:

      Wenn Sie schon nur 2-dimensional denken können (ordnen Sie hierzu doch bitte mal die Polizei als Täter [1], die Polizei als Ermittler [2], die Staatsanwaltschaft [3], den PUA als politisches Kontrollorgan [4], die Familie und Freunde [5], die Medien [6] und die wahlweise [des]interessierte Öffentlichkeit in Ihrem bi-polaren Weltbild ein!?), sollte Ihnen bezüglich der rechtsstaatlichen Prinzipien zum Recht der Familie und den Pflichten der Ermittlungsbehörden auffallen, dass Ihre vermeintliche 'Gleichheit des "gelegen" Kommens' eine zumindest zynische Asymmetrie aufweist. Rechtsstaatliche Aufklärung ist ein Anspruch der Betroffenen und Hinterbliebenen, aber normative Pflicht der Ermittlungsbehörden! Wenn nun aber die Ermittlungsbehörden selbst Aufklärung boykottieren, dann ist das ein eigenständiger und zusätzlicher Straftatbestand der Strafvereitelung, während man die Rückschlüsse aus den umfänglich bekannt gewordenen Fakten und Expertisen zwar in vorauseilendem Untertatengehorsam als "Spekulation" verunglimpfen kann, sie aber zumindest durch Fakten begründet sind und keine "entlastenden" Mutmaßungen darüber enthalten, ob ein Polizeibeamter nach einem klärenden Telefonat mit einer Staatsanwältin nun ein 'Bewusstsein' zum Inhalt des Gespräches (der Inhaftierte war nicht der Gesuchte!) entwickelt haben könnte oder ggf. eher nicht.

      Aber da Sie offenbar über "entlastende Fakten" verfügen - lassen Sie uns doch mal lesen, welche Fakten die Freiheitsberaubung durch Datenmanipulation und die vielen widersprüchlichen Aussagen zum Zellenbrand - und bereits dort der Versuch der Datenlöschung! - "rechtfertigen" könnten?

      Offensichtlich haben Sie auch noch keine*n Familienangehörige*n in staatlichem Gewahrsam oder durch Polizeigewalt verloren, ansonsten würden Sie Ihre menschenverachtenden Mutmaßungen darüber, ob oder wie "den Angehörigen" eine Aufklärung "nutzt" einfach nur unter- und schlicht denen überlassen, die es betrifft! Sie sind hier weder "Maß", noch "Urteilsinstanz"!

      • @blinde kuh:

        Beide Seiten sind wie immer: mutmaßliche Opfer und mutmaßliche Täter. Was Sie draus machen, ist was ganz anderes. Bei aller Empörung, wenn IHR Urteil schon vorher fest steht, wozu braucht es dann noch Ermittlungen?

        • @TazTiz:

          aber wurden denn die Ermittlungen nicht durch Vorurteile verhindert.



          Und wie konnten digitale Daten nur vernichtet werden? Wurde wirklich die ganze Festplatte geschrettert?



          Und was ist mit den Sicherungen des Servers? In unserem Land werden die Daten doch auf Vorrat gespeichert und mind. 10 Jahre gelagert.



          Es hat vermutlich mal wieder keiner/keine richtig gesucht in dem allgemeinen Verwaltungschaos.

  • Dies begründet m. E. den Anfangsverdacht, dass es sich bei der Polizei in NRW um einen kriminellen Klan handelt. Dafür gab's aber schon früher Hinweise. Erinnert sich noch jemand an:

    Den aus einer Polizeidienststelle in NRW verschwundenen Asservatenkoffer voll mit Datenträgern (Kindsmissbrauch)? Nicht einmal Herr Reul hat damals behauptet, es könnte die Reinigungskraft gewesen sein.

    Den Staatanwalt in Köln (ich weiß, gehört formal zur Justiz, aber eben nur formal), der die Person, die Herrn Metzelder angezeigt hatte (Verbreitung von 'Kinderpornos'), praktisch zur Mittäterin machen wollte?



    Das Verfahren wurde jetzt gegen eine Auflage von EUR 500,- eingestellt.



    Ein Schelm, wer ...

    Hat man eigentlich schon 'Anstrengungen' unternommen, den Verantwortlichen für diese Löschung zu ermitteln?



    Ist wohl wurscht, weil die Person nichts zu befürchten hätte außer schlechter Presse. Dafür bekäme sie aber mind. Schulterklopfen von den Klanmitgliedern bzw. Kollegen, im Zweifel zählt nur letzteres.

    Ich spekuliere einmal: In D sind sind solche Taten nicht einmal ein Vergehen nach StGB, wenn's 'hoch kommt' vielleicht eine Ordnungswidrigkeit. In NRW (und anderen Ländern der BRD) wird der Täter deshalb noch nicht einmal aus dem Polizeidienst entfernt.



    Wer in den USA einen "law hold" missachtet, darf froh sein, wenn er nicht 2-3 Jahre im orangen Overall in einem Schafsaal mit hundert anderen Kriminellen verbringen muss.

    Frau Lambrecht!



    Wie wäre es mit einer entsprechenden Ergänzung des StGB? Solche Löschungen sollten als Verbrechen (d. h. Mindeststrafe 1 Jahr) qualifiziert werden. Dies hat der Bundestag bei anderen Delikten in den letzten Jahren quasi inflationär gemacht.

    Und Herr Reul sorgt umgehend dafür, dass 'Änderungen' in Datenbanken der Polizei nach schriftlichen Arbeitsanweisungen (SOP) erfolgen und die vollständige Nachvollziehbarkeit gewährleistet wird. Letzteres wäre für die Polizei revolutionär!



    In der Arzneimittelforschung schon seit Jahrzehnten Standard!

    • @DHM:

      Na, was will man erwarten wenn schon der Bundespräsident seinerzeit den offensichtlich unschuldigen Murat Kurnaz in Guantanamo versauern liess...

  • "Versagen" - "Versehen" - "Skandal"?



    Wie viele Fälle brauchen Journalist*innen eigentlich noch, um diese polizeilichen und "rechtsstaatlichen" Übersprungswörter endlich zu dekonstruieren, statt sie jedes Mal wieder "schön-zu-schreiben"?



    Es war weder ein "Versehen", sondern kalkulierte Befehlsverweigerung und es war auch kein "Versagen", sondern es ist notorischer Standard bei polizeilichen Verbrechen die Aufklärung auf allen rechtsstaatlichen Ebenen zu verunmöglichen ... und wenn es routinierte Norm ist, dann ist es definitionsgemäß eben auch kein "Skandal" mehr, sondern bananenrepublikanischer Status Quo! Man sollte schon längst nicht mehr fragen 'ob', sondern konkret warum irgendjemand überhaupt noch "Vertrauen" in diesen Polizeistaat hat - denn genau das ist er, wenn sie bei jedem Verbrechen immer wieder anstandslos durchgewunken wird - auch durch Nachplappern seitens der sog. 4ten Gewalt!

    • @blinde kuh:

      Danke für diesen Beitrag. Normalität trifft das eher.

  • Diese Kriminalgeschichte der Polizei zeigt wie wichtig eine unabhängige Ermittlungsinstanz gegenüber der Polizei ist. Das ist eine Frage der Menschenrechte.

  • Ungeheuerliche Dinge sind passiert bei der Polizei. Ein fremder Mensch wurde unrechtmäßig viel zu lange eingesperrt, ist dann unter bisher unklaren Umständen in der Zelle umgekommen, und jetzt wird auch noch alles mögliche dafür getan, die Klärung der Schuldfrage zu verhindern. Hier schreit es nach bedingungsloser Aufklärung.

    • @Panter:

      Na ja, solche Vorfälle sind mir nur aus Schurkenstaaten und unser deutschen Vergangenheit bekannt.



      Das soll wirklich in unserem sicheren Land geschehen sein. Wurden da vielleicht die Städtenamen verwechselt?

      Bei so viel Unklarheiten sollte der Fall in alt bewährter Strategie bei Aktenzeichen XY-Ungelöst gesendet werden.



      Die finden auch nach Jahrzehnten immer noch Zeugen und Beweise zu den Mordfällen. Profis halt.

  • Kaum zu glauben, dass die einfachsten technischen Möglichkeiten auch 2021 nicht genutzt werden. Backups? Protokollierung der Zugriffe, um wenigstens festzustellen, wer rechtswidrig agierte?



    Und dann wundern sich die Verantwortlichen über Verschwörungstheorien ...

    • @Terraformer:

      Ich fürchte, in der amateurhaft zusammengepusselten EDV-Behörden-EDV ist alles möglich.

      16 selbstständige Landespolizeien, plus Bundespolizei, plus 16 selbstständige LKAs plus BKA... Und alle mit eigenen Systemen. Das ist doch ein riesen Bullshit. Förderalismus endlich abschaffen.

  • Kurze Frage:



    wenn angeordnet wird, "sicherzustellen, dass es nicht zu Löschungen kommt", dann macht man (normalerweise) einfach ein Kopie der Daten (Screenshot o.ä.) oder zweiter Speicherort und sichert sie. Punkt.



    Dann kann egal was passieren.



    Und auf auf so eine Idee ist seit 2018 niemand gekommen ? Das war Absicht.



    Oder absolute Unfähigkeit gepaart mit Ignoranz (was die da anordnen...) Und das müsste personelle Konsequenzen haben. (Im Normalfall....)

    • @Falkner2010:

      Es weiß bestimmt keiner mehr, wie und wer die Daten gelöscht hat.

      Die Daten sind "verschwunden".

      Scheinbar scheint auch niemand zu wissen wann genau.

      Interne Ermittlungen bei der Polizei sind derzeit leider Sinn und zwecklos. Wetten das auch nie herauskomt wer dem NSU 2.0 Schreiber die Daten aus dem Polizeicomputer gegeben hat?

      Das es überhaupt möglich ist Daten bei laufenden Verfahren zu löschen und das diese nicht auf mehreren Servern gelagert sind zu denen jeweils immer nur 1 Person direkten Zugriff hat und der Rest hat nur Leseberechtigung ist doch schon ein Skandal! Das kann dann auch für das ganze Land sein um Kosten zu sparen.

      Das vom NSU Skandal und diesem Skandal nichts gelernt wurde ist doch das eigentliche Problem.

      Es ist Zeit sich darüber Gedanken zu machen wie man verhindern kann das so etwas in Zukunft passiert. Und die Technologie dafür haben wir nun schon seit x Jahren! Leider höre ich davon bisher nichts.

      Und das hier war kein "versagen" oder "versehen" hier geht es um mutmaßliche Vertuschung von Mord und vorsätzliche Vernichtung von Beweismitteln. Und ich finde, dass hätte man ruhig in dem Artikel auch so sagen dürfen.

      • @Obscuritas:

        Vielleicht wurde ja eben doch aus dem NSU-Skandal gelernt: nie wieder soll die Öffentlichkeit so nah dran an die Tatbeteiligten kommen.

  • "„versehentlich“ sind ... daten, ... gelöscht worden"

    Was lernen wir daraus: Der Polizei sollten technisch die Möglichkeiten genommen werden Daten zu löschen!



    Keine! auch nicht von Bodycams oder so. Auch sollte die Polizei keinen unbeobachteten Zugriff auf Asservate haben wo man Daten von Bürgen manipulieren kann und Beweise unterschieben. Wenn wir eines gelernt haben in den letzten Jahren: kein Vertrauen, kein Respekt. Beides muss man sich verdienen. Ich habe in die Polizei beides nicht.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @danny schneider:

      Daten müssen aus Datenschutzgründen regelmäßig gelöscht werden d.h. ihr Vorschlag würde nicht funktionieren, gerade bodycam footage zeigt ja viele unbeteiligte etc. Wichtiger wäre eine solide EDV struktur wo man Daten wiederherstellen kann, wo es klar Logs gibt die nachweisen wer was wann gemacht hat.

    • @danny schneider:

      Na, aber mit "kein Respekt" haut man auch gleich die "netten" oder wohlwollenden Polizisten auch mit weg. Wer sich respektlos verhält, der kann selber auch nicht Respekt erwarten. Aber das gilt für das Individuum und nicht für die Institution

  • Die Polizei muss eindeutig besser kontrolliert werden.

    • @Sonntagssegler:

      Und der Zugang zur Polizei für Bewerber auch.

      • @LeSti:

        Genau!

        Die Bewerberauswahl, wie sie derzeit praktiziert wird, dürfte eine (leicht zu behebende) Hauptursache für die hohe Zahl real nicht geeigneter Personen im Polizeidienst sein.

        Voraussetzung für die Aufnahme in die Polizei sollten sein:



        ein durch moderne psychologische Testverfahren ermitteltes Persönlichkeitsprofil, das ins rechtsstaatlich demokratisch Spektrum passt und



        Lebenserfahrung (auch als Beleg für 'Resilienz'), d. h. mindestens eine abgeschlossene Berufsausbildung + 2 Jahre in Beschäftigungsverhältnissen (kann auch Freiwilligendienst sein).

        Heute erfolgt die 'Rekrutierung' hauptsächlich aus dem Kreis 'präpotenter Jugendlicher'.



        Diese lockt eine (weitgehend unhinterfragte) Machtposition mit 100% Versorgung und Sicherheit. Was vergleichbares erreicht ein 'Normalmensch' nie (selbst in einer Führungsposition nicht, da diese wenn nicht schon firmenintern. spätestens vom Arbeitsgericht kontrolliert wird).

  • Zufälle gibt's