Sozialer Aufstieg in Deutschland: Wie ein klebriger Kaugummi

Die Idee, sozialer Aufstieg sei jeder und jedem selbst überlassen, ist ein Mythos. Privilegiert ist, wer die rechte soziale Herkunft vorweist.

Stabhochspringer

Manche Latten sind einfach zu hoch Foto: Steven R. Breen/imago

Meine Eltern sind Arbeiter:innen, väterlicherseits mit Migrationshintergrund. Zwei Menschen ohne Ausbildung oder höheren Bildungsabschluss, die insgesamt fünf Kinder in diese Welt gesetzt haben – darunter mich. Nach 23 Jahren Ehe dann die Scheidung, alleinerziehende Mutter, wenig Einkommen, zerstreute Geschwister und irgendwo dazwischen ganze Lebensgeschichten.

Leistungserfolge waren für meine Familie und mein Umfeld immer wichtig. Wir haben oft davon gesprochen. Schwierig. Weil meine Eltern nicht wohlhabend sind, weil ich niemals erben werde, weil Noten, Abschlüsse, Aufstiegschancen, Lebenserwartung, gut bezahlte Jobs, Netzwerke und viel mehr stark davon abhängig sind, in welches Setting wir hineingeboren werden!

Um erfolgreich zu sein, müssen Menschen oft ihrem Habitus entfliehen, also das eigene Ich verändern, um zum Wir zu passen. Dabei sind Zugänge zu gewissen Räumen stark mit Privilegien wie Sprache, Aussehen, Geschlecht, Hautfarbe, ökonomischem, kulturellem und sozialem Kapital verbunden. Und trotzdem hält sich der Mythos vom sozialen Aufstieg in unserer Gesellschaft wie ein klebriger Kaugummi unterm Schuh! Ganz nach dem Motto: Du bist deines eigenen Schicksals Schmied:in!

Es wird Zeit, die problematischen Ideen, die mit diesem Konzept einhergehen, abzukratzen und als die Widersprüche und Eingeständnisse zu entlarven, die sie sind. Klassismus hat konkrete Auswirkungen auf die Lebenserwartung, begrenzt Zugang zu Wohnraum, Bildungsabschlüssen, Gesundheitsversorgung, Macht, Teilhabe, Anerkennung und Geld.

Deshalb müssen wir uns fragen, was es braucht, um den Zugang zu Bildung, einer guten Gesundheitsversorgung und menschenwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen für ALLE zu sichern! Es braucht ein klassenbewusstes Gerechtigkeitsdenken, die Umverteilung von Macht, Geld und Teilhabe, das Organisieren von autonomen Zusammenschlüssen in bestimmten Bereichen und die Solidarität aller! Auch du kannst zuhören, intervenieren und empowern!

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ist in den 1990er Jahren aufgewachsen und Verfechterin intersektionaler queer_feministischer und antirassistischer Ansichten. Sie ist examinierte Gymnasiallehrämtlerin für die Fächer Deutsch, Ethik und Erziehungswissenschaften und arbeitet derzeit als pädagogische Fachkraft in einer Jugendhilfeeinrichtung.

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