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Sondersitzung der EU-InnenministerEuropa mauert

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Die EU-Innenminister haben sich darauf geeinigt, europäische Außengrenzen für Flüchtlinge abzuriegeln. Autokratische Anrainer dürfen sich auf Gelder freuen.

Seehofer ist bereit, Iran und Pakistan für die Aufnahme von afghanischen Flüchtenden zu bezahlen Foto: Virginia Mayo/ap

E s ist eine typische Geisterdebatte, die die Innenminister der Europäischen Union führen. Kaum, dass die EU-Staaten und die USA aus Afghanistan abgezogen sind, diskutieren Horst Seehofer und seine Kollegen über den Schutz der europäischen Außengrenzen und die Abwehr „illegaler“ Migration. „2015 darf sich nicht wiederholen“, ist das unverhohlene Motto der Minister.

Dabei tun sie so, als stünden – wie vor sechs Jahren – eine Million Menschen in den Startlöchern, um nach Europa auszurücken. Doch dem ist nicht so. Selbst das Uno-Flüchtlingshilfswerk UNHCR rechnet maximal mit 500.000 Afghanen, die der Willkürherrschaft der Taliban entkommen wollen. Der größte Teil dürfte in Nachbarländern wie Pakistan Zuflucht suchen, Europa ist zu weit weg.

Mit der außenpolitischen Realität hat diese Geisterdebatte also wenig zu tun, umso mehr mit Innenpolitik. Der rechtslastige EU-Vorsitz aus Slowenien, die erzkonservative Regierung in Österreich und der CSU-Innenminister aus Deutschland wollen sich keine Blöße geben. Deshalb reden sie (fast) wie Viktor Orban oder Marine Le Pen, so beklagt Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn ganz zu Recht.

Allerdings sollten wir uns nichts vormachen: Dass sich „2015“ nicht wiederholen dürfe, ist in der EU keine Außenseitermeinung, sondern Konsens. Die entscheidende Frage ist nun, welche Konsequenzen die EU aus dieser Maxime zieht. Und hier fällt die Antwort bitter aus – bisher ist kaum etwas geschehen. Man müsse Fluchtursachen bekämpfen, hieß es nach 2015. Doch nun haben die USA und ihre europäischen Alliierten selbst eine riesige Fluchtursache geschaffen – durch den überstürzten Abzug.

Man müsse legale Fluchtwege schaffen, lautete eine weitere Einsicht. Doch die Innenminister konnten sich nicht einmal darauf einigen, ein Kontingent für besonders Hilfsbedürftige anzubieten. Unerledigt blieb auch die Aufgabe, für eine gerechtere Verteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU zu sorgen. Weil es bis heute keine fairen Regeln gibt und jeder fürchtet, im Zweifel allein im Regen zu stehen, zieht man es vor, die Schotten dicht zu machen, als sich solidarisch zu zeigen.

Allenfalls wollen die EU-Staaten den Nachbarn Afghanistans helfen, die erwarteten Lasten zu stemmen. Die Türkei, Pakistan und andere autokratisch regierte Anrainer dürfen sich jetzt auf einen Geldsegen aus Europa freuen – weil die EU ihre eigenen Hausaufgaben nicht erledigt hat. Und weil sie es nicht wagt, den Hauptverantwortlichen – die USA – zur Rechenschaft zu ziehen. Die Amerikaner waren es schließlich, die den überstürzten Abzug angeordnet haben – gegen den Willen der Europäer.

Bleibt zu hoffen, dass es die Außenminister besser wissen als Seehofer & Co. Sie treffen sich am Donnerstag in Slowenien und können dann endlich über die wahren Probleme in Afghanistan reden. Die unverantwortliche Politik der USA, die blinde Gefolgschaft der Nato, der verlorene Kampf gegen den Terror: All das ist eine Debatte wert. Die Flüchtlinge sind es – jedenfalls bisher – nicht.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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16 Kommentare

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  • @MACHIAVELLI, @ŠARRU-KĪNU:

    Die Innenminister*innen machen jedoch Stimmung.

    Effektiv hat Seehofer bei uns den Kick-Off für Pegida gegeben, erinnern Sie sich noch?

  • "Macht hoch die Tür, die Tor macht weit;"



    Aus Wikipedia:



    Eine weit verbreitete Geschichte bringt das Lied mit einem Herrn Sturgis zusammen, der einen Weg zur Kirche, der vomArmenhausüber sein Grundstück führte, abgesperrt haben und von Weissel durch das Singen dieses Liedes dazu bewogen worden sein soll, die verschlossene Pforte wieder zu öffnen.

  • Warum kümmern sich eigentlich die INNENminister um die AUSSENpolitik?

    Für die Ausstellung von Visa ist doch immer noch das AA zuständig? Da hat doch Herr Seehofer nichts zu melden.

    • @Winnetaz:

      seehofer ist Heimatminister.

      Heimat ist Deutschland.

      Daher repräsentiert er das Deutsche Volk auch nach außen hin...

      Oder sowas in der Art.

  • Ich schlage vor, dass Deutschland seine Waffenexporte einstellt. Damit dürfte es für viele Menschen auf der Welt schlagartig weniger Fluchtgründe geben.

    • @Grenzgänger:

      Ja, Deutschland sollte viel weniger Waffen exportieren.

      Nein, das wird nicht zu weniger Flüchtlingen führen weil es genug andere Waffenlieferanten gibt.

    • @Grenzgänger:

      Das wäre schön, allerdings würden da durch nur andere Länder als Waffenlieferant (China, Russland) einspringen und könnten so ihren Einfluss in den Regionen verstärken.



      Den Menschen unten vor Ort helfen Sie mit dieser Maßnahme nicht, auch wenn es gut gemeint und gefühlt richtig ist.

      • @Müller Christian:

        alternative Vorschläge wären dann genau welche?

        • @Grenzgänger:

          Wenn ich so klug wäre und mir würde eine gute Möglichkeit einfallen würde ich diese sofort verkünden. Ich bin aber so ehrlich und gebe zu: ich habe kein guten Vorschlag.

          Wie gesagt, wenn wir keine Waffen mehr liefern macht es Russland oder China. Denken Sie das es den Leuten da unten besser geht wenn die Waffen nicht mehr aus Deutschland kommen, sondern einfach nur aus einen anderen Land kommt?

          Deutschland hat mit seinen Waffenlieferungen finanzielle Interessen. Das ist schlecht. Russland und China haben aber neben finanziellen Interessen auchgeopolitische Interessen, das ist noch viel schlechter.

          Es gibt Sachen auf dieser Erde, da kann man nicht zwischen richtig und falsch entscheiden, da muss man entscheiden und überlegen was das kleinere Übel ist.

        • 8G
          83379 (Profil gelöscht)
          @Grenzgänger:

          Manche Probleme kann das kleine Deutschland nicht lösen. Wirtschaftssanktionen auf EU Ebene gegen Firmen/Länder die Waffen an Diktaturen liefern wäre aber eine Idee.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @Grenzgänger:

      Würde zu nicht einem Flüchtling weniger führen.

  • Schändlich, wie sich Europa hier verhält.

  • EU Innenminister. Soziopathen unter sich.

    Ich schlage vor, denen eine gemeinsame Schlauchbootreise in den Golf von Bengalen zu schenken. Mit Pushback.

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @tomás zerolo:

      Würde es eine Volksabstimmung geben würden die Maßnahmen vermutlich noch schärfer ausfallen.

    • @tomás zerolo:

      Wieso sind die Innenminister denn daran Schuld? Die Minister exekutieren hier doch den Willen der Mehrheit Ihrer heimischen Wähler. Wäre die Stimmungslage in der Bevölkerung anders, würden die gleichen Minister auch anders agieren. Es sind schon noch wir selbst die daran Schuld sind.

  • EU Innenminister. Soziopathen unter sich.

    Ich schlage vor, denen eine gemeinsame Schlauchbootreise in den Golf von Bengalen zu schenken. Mit Pushback.