Schließungen und Kündigungen bei Galeria: Der Niedergang der Warenhäuser
Deutschlands größte Warenhauskette ist schon wieder insolvent. Mindestens ein Drittel der 131 Filialen soll dichtmachen.
Der Manager sagte in dem FAZ-Interview, um das Unternehmen zu retten, müsse das Filialnetz „um mindestens ein Drittel reduziert werden“. Betriebsbedingte Kündigungen seien unvermeidbar.
In einem Mitarbeiterbrief schrieb Müllenbach, das Unternehmen müsse sich von jenen Filialen trennen, die angesichts der Konsumflaute, der Inflation und der Energiekosten „auf absehbare Zeit nicht mehr profitabel zu betreiben sind“. Nur so lasse sich ein endgültiges Scheitern des Unternehmens verhindern. Der Handelsriese mit seinen 17.000 Mitarbeitern ist noch in 97 deutschen Städten vertreten, teils mit mehreren Filialen.
Die Gewerkschaft Verdi fordert zur Rettung der Arbeitsplätze ein größeres Engagement des Galeria-Eigentümers René Benko, eines österreichischen Immobilienmilliardärs. „Unsere Kolleginnen und Kollegen in den 131 Warenhäusern fragen sich, wo der Eigentümer ist in dieser existenziell höchst bedrohlichen Situation für 17.400 Menschen und ihre Familien“, sagte Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger am Montagabend. Es müsse jetzt zusätzliches Geld ins Unternehmen. „Da gibt es klare Erwartungen an den Eigentümer.“
Zukunft des Konzepts Warenhaus ungewiss
Galeria hatte vor dem Gang zum Insolvenzgericht noch mit der Bundesregierung über weitere Finanzhilfen – über die bereits erhaltenen 680 Millionen Euro hinaus – verhandelt. Doch sei man zu dem Ergebnis gekommen, dass dies kein gangbarer Weg sei, sagte Geschäftsführer Müllenbach. „Dauerhafte staatliche Darlehen können hier nicht die Lösung sein, sondern es bedarf eines klaren Schnitts hin zu wirtschaftlich tragfähigen Strukturen.“
Während des ersten Corona-Lockdowns im April 2020 hatte das Unternehmen schon einmal Rettung in einem Schutzschirmverfahren gesucht. Das Insolvenzverfahren dauerte damals bis Ende September.
Bei der auf Sanierung ausgerichteten Insolvenzvariante übernimmt ein gerichtlich bestellter Sachverwalter die Aufsicht über die Rettung, während die Unternehmensführung die Kontrolle behält, aber von einem externen Sanierungsexperten beraten wird.
Im Fall von Galeria soll nach Informationen der Wirtschaftswoche der Düsseldorfer Jurist Frank Kebekus die vorläufige Sachwaltung übernehmen. Der Restrukturierer Arndt Geiwitz soll demnach die operative Sanierung leiten. Schon im Frühjahr 2020 waren die beiden Experten in gleicher Position beim ersten Schutzschirmverfahren im Einsatz. Damals wurden rund 40 Filialen geschlossen, etwa 4000 Stellen abgebaut und mehr als zwei Milliarden Euro an Schulden gestrichen.
Dennoch urteilte der Handelsexperte Jörg Funder von der Hochschule Worms im Rückblick: „Bei der Galeria-Insolvenz im Jahr 2020 gingen die Einschnitte nicht tief genug.“ Der politische Wille und die Sorge um die Lebensfähigkeit vieler Innenstädte, aber auch die Interessen von Eigentümer Signa hätten das damals verhindert. „Das Warenhaus hat eine Daseinsberechtigung, aber es benötigt ein großes Einzugsgebiet. Darum ist nur Platz für 50 bis 60 Filialen in Deutschland, nicht für alle 131 Galeria-Kaufhäuser“, sagte Funder.
Wie viele Warenhäuser in Deutschland auf Dauer überleben können, ist auch unter Expert:innen umstritten. Johannes Berentzen, Chef der Handelsberatung BBE, sieht nur Platz für weniger als 100 Warenhäuser. „Und selbst diese Häuser werden nur eine Zukunft haben, wenn die Aufenthaltsqualität und das Geschäftsmodell deutlich verbessert werden.“ Damit gehört er eher zu den Optimisten.
Der frühere Kaufhof-Chef Lovro Mandac hält auf Dauer 40 bis 50 Warenhäuser in Deutschland für zukunftsfähig. Eine aktuelle Analyse der Immobilienzeitung kommt sogar zu dem Ergebnis, dass wohl nur 30 von 131 Filialen eine sichere Perspektive haben. Alle anderen müssten bangen.
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