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Schließungen und Kündigungen bei GaleriaDer Niedergang der Warenhäuser

Deutschlands größte Warenhauskette ist schon wieder insolvent. Mindestens ein Drittel der 131 Filialen soll dichtmachen.

Hilft da noch ein Rettungsschirm? Galeria Karstadt Kaufhof will viele Filialen schließen Foto: Oliver Berg/dpa

Essen/Berlin dpa | Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof will über 40 seiner verbliebenen 131 Kaufhäuser schließen. Das kündigte Unternehmenschef Miguel Müllenbach in einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung an. Wenige Stunden zuvor hatte das Unternehmen zum zweiten Mal innerhalb von weniger als zwei Jahren Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen, wie ein Firmensprecher am Montag sagte. Auch die Wirtschaftswoche hatte darüber berichtet.

Der Manager sagte in dem FAZ-Interview, um das Unternehmen zu retten, müsse das Filialnetz „um mindestens ein Drittel reduziert werden“. Betriebsbedingte Kündigungen seien unvermeidbar.

In einem Mitarbeiterbrief schrieb Müllenbach, das Unternehmen müsse sich von jenen Filialen trennen, die angesichts der Konsumflaute, der Inflation und der Energiekosten „auf absehbare Zeit nicht mehr profitabel zu betreiben sind“. Nur so lasse sich ein endgültiges Scheitern des Unternehmens verhindern. Der Handelsriese mit seinen 17.000 Mitarbeitern ist noch in 97 deutschen Städten vertreten, teils mit mehreren Filialen.

Die Gewerkschaft Verdi fordert zur Rettung der Arbeitsplätze ein größeres Engagement des Galeria-Eigentümers René Benko, eines österreichischen Immobilienmilliardärs. „Unsere Kolleginnen und Kollegen in den 131 Warenhäusern fragen sich, wo der Eigentümer ist in dieser existenziell höchst bedrohlichen Situation für 17.400 Menschen und ihre Familien“, sagte Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger am Montagabend. Es müsse jetzt zusätzliches Geld ins Unternehmen. „Da gibt es klare Erwartungen an den Eigentümer.“

Zukunft des Konzepts Warenhaus ungewiss

Galeria hatte vor dem Gang zum Insolvenzgericht noch mit der Bundesregierung über weitere Finanzhilfen – über die bereits erhaltenen 680 Millionen Euro hinaus – verhandelt. Doch sei man zu dem Ergebnis gekommen, dass dies kein gangbarer Weg sei, sagte Geschäftsführer Müllenbach. „Dauerhafte staatliche Darlehen können hier nicht die Lösung sein, sondern es bedarf eines klaren Schnitts hin zu wirtschaftlich tragfähigen Strukturen.“

Während des ersten Corona-Lockdowns im April 2020 hatte das Unternehmen schon einmal Rettung in einem Schutzschirmverfahren gesucht. Das Insolvenzverfahren dauerte damals bis Ende September.

Bei der auf Sanierung ausgerichteten Insolvenzvariante übernimmt ein gerichtlich bestellter Sachverwalter die Aufsicht über die Rettung, während die Unternehmensführung die Kontrolle behält, aber von einem externen Sanierungsexperten beraten wird.

Im Fall von Galeria soll nach Informationen der Wirtschaftswoche der Düsseldorfer Jurist Frank Kebekus die vorläufige Sachwaltung übernehmen. Der Restrukturierer Arndt Geiwitz soll demnach die operative Sanierung leiten. Schon im Frühjahr 2020 waren die beiden Experten in gleicher Position beim ersten Schutzschirmverfahren im Einsatz. Damals wurden rund 40 Filialen geschlossen, etwa 4000 Stellen abgebaut und mehr als zwei Milliarden Euro an Schulden gestrichen.

Dennoch urteilte der Handelsexperte Jörg Funder von der Hochschule Worms im Rückblick: „Bei der Galeria-Insolvenz im Jahr 2020 gingen die Einschnitte nicht tief genug.“ Der politische Wille und die Sorge um die Lebensfähigkeit vieler Innenstädte, aber auch die Interessen von Eigentümer Signa hätten das damals verhindert. „Das Warenhaus hat eine Daseinsberechtigung, aber es benötigt ein großes Einzugsgebiet. Darum ist nur Platz für 50 bis 60 Filialen in Deutschland, nicht für alle 131 Galeria-Kaufhäuser“, sagte Funder.

Wie viele Warenhäuser in Deutschland auf Dauer überleben können, ist auch unter Ex­per­t:in­nen umstritten. Johannes Berentzen, Chef der Handelsberatung BBE, sieht nur Platz für weniger als 100 Warenhäuser. „Und selbst diese Häuser werden nur eine Zukunft haben, wenn die Aufenthaltsqualität und das Geschäftsmodell deutlich verbessert werden.“ Damit gehört er eher zu den Optimisten.

Der frühere Kaufhof-Chef Lovro Mandac hält auf Dauer 40 bis 50 Warenhäuser in Deutschland für zukunftsfähig. Eine aktuelle Analyse der Immobilienzeitung kommt sogar zu dem Ergebnis, dass wohl nur 30 von 131 Filialen eine sichere Perspektive haben. Alle anderen müssten bangen.

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36 Kommentare

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  • Schau Dich dich doch um!



    Jeder ist seiner Stadtes Schmied.

    Der Gesellschaft prägenste Slogan der letzten Jahrzehnte war :Geiz ist geil!



    Natürlich hat das den Handel mittlerweile auf das Internet verlagert.



    Das diese Transformation sowohl unsolidarisch, unsozial und unökologisch ist, macht scheinbar nichts.



    Die Schottergärten sprießen aus dem Boden, aber das letzte Magazin, dass sich verkauft heißt :Landlust .



    Wer tote Innenstädte will, kauft dort nicht mehr ein.



    Wer im Frühling nicht mehr draußen im Cafe sitzen will, nimmt den coffee to go an der Tanke.



    Wer glaubt mit der Finanzierung der chinesischen Wirtschaft erhält man unsere Sozialsysteme,



    wird sich noch umschauen...

    • @Philippo1000:

      "Das diese Transformation sowohl unsolidarisch, unsozial und unökologisch ist, macht scheinbar nichts."

      Das ist natürlich Quatsch. Dass die Leute nicht mehr einzeln mit dem Auto in die Städte fahren müssen und nicht mehr unnötig Energie und Fläche für Läden verschwendet werden muss, ist ein ökologischer Gewinn.

      Dass man von zu Hause über den PC oder das Handy einkaufen kann, bedeutet einen Zeitgewinn, der gerade für Eltern, Alleinerziehende oder Menschen, die nicht so mobil sind aixhtig ist und damit auch ein sozialer Gewinn.

      Der stationäre Einzelhandel arbeitet überwiegend mit Aushilfen, Minjobbern und Mindestlöhne oder knapp drüber. Durch die Transformation zum Onlinehandel verschwinden in der Summe auch keine Arbeitsplätze, sie verlagern sich nur, weniger Kassierer und Verkäufer, mehr Fahrer und Programmierer.

      Es gibt keine toteren Innenstädte, als die, deren Lebendigkeit überwiegend von Kommerz und Shopping abhängig ist, von den überall gleichen Retail-Ketten, die jetzt in Schwierigkeiten geraten

  • Die Vielzahl der Shoppingcenter, außerhalb von Berlin miest am Stadtrand gelegen, und schlechte Einkaufspolitik haben Karstadt/Kaufhof vermutlich mehr zugesetzt als Amazon.

    Die Bekleidung finde ich häufig unchic, die Präsentation ebenfalls.

  • Ich würde mir von der kritischen taz wünschen, dass sie den Immobiloenteil etwas genauer beleuchtet und wer in den letzten Jahren denn an der Schließung der bisherigen Häuser wieviel verdient hat.

  • Mal im Ernst. Warenhausketten sind in Zeiten des Internets einfach Vergangenheitsrelikte. Eine weitere Rettung ist nix weiter als Sterbezeitverlängerung. Die Kundschaft und 40 Jahren dürfte im Promillebereich liegen.

    Und während die kleinen Fachgeschäfte und "Tante Emma Läden" wegen ihrer Individualität und Bürgernähe fehlen, waren Galeria oder Karstadt nie etwas Anderes als es eben Amazon und Co. heute sind. Mainstream-Konsumtempel.

    Nur eben viel teurer, mit viel kleinerer Produktpalette und einem Konzept, dass junge Menschen einfach nicht mehr anspricht.

    • @Deep South:

      Es ist sicher richtig, dass die Generation "Digital Native" das Warenhaus nicht sehr goutiert und wahrscheinlich auch nicht mehr in den Zahlen in den stationären Handel zurückzuholen ist, wie das bei älteren Semestern der Fall ist. Auf der anderen Seite darf man natürlich nicht vergessen, dass - noch - die meiste Kaufkraft nicht bei dieser Generation zu verorten ist.

      Die Frage, was heute mit so einem Dino zu tun ist, ist daher nicht so monokausal zu beantworten. Sicher wird niemand mehr so viel darin investieren, dass sich das erst in Jahrzehnten wieder ammortisieren kann. Aber einen geordneten Rückzug des Geschäftsmodells zu ermöglichen, wäre vielleicht - auch für die Einzelhändler in den Innenstädten, deren sehr spezielle Angebote die verbliebenen Warenhäuser abrunden helfen - keine schlechte Idee.

      • @Normalo:

        nur das mitterweile wirklich viele auch nicht nur die jüngste noch nicht so finanzstarke Generation online shoppt.

        sonst wäre Bezos nicht einer der reichsten Menschen der welt auch wenn der online Handel nur eine kleine Sparte in seinen Einnahmen ausmacht und es eher um Marktmacht als kurzfristige Gewinne geht...

        Amazons geschäftstrategie wurde mal beschrieben mit. Kommt ein Finanzhei in eine Baar und sagt ich will den Laden Kaufen! Der Besitzer will aber nicht. Also nimmt der Finanzhai eine Flasch rammt sie sich in den Halz und blutet den Ganzen laden voll bis diser dicht machen muss und doch verkauft.

        Auf gut Duetsch... Amazon ist bereit für die Ausweitung der Marktmacht Verluste zu machen die aus anderen Sparten ausgeglichen werden.

        Baby windeln in den USA war so ein Beispiel.

        Da ist eine Domain in nach einem Beispiellosen Preiskampf erworben worden von Amazon.

        Da sind die Konsumtempel mittlerweile doppelt out weil sich Giganten im Internet um die Marktanteile streiten. Die restlichen krümel reichen wohl nicht mehr für den Unterhalt dieser Monstrositäten.

        Umwidmung zu Spielparks wie indoor paintball / Lasertag, Diskothek, Bars, sowas würde Sinn ergeben.

      • @Normalo:

        Nun ja, in meiner Stadt gibts auch eins der großen alten Warenhäuser, mitten in der Innenstadt, ständig von der Pleite bedroht. Ich arbeite da als Monteur ab und zu mal.

        Die Verkaufsfläche im teuersten Stadtgebiet ist riesig, der Altersschnitt ist erschreckend hoch, Angebotspalette und Preise ganz klar auf eine ältere und zahlungskräftige Kundschaft zugeschnitten. Junge Leute sucht man dort vergebens.

        Im Einkaufszentrum direkt nebenan, mit den ganzen hippen Modeketten, Technikmärkten, Vegan Fast Food, Cofe Fellows, Barber Shops und Co. ist das Bild klar anders. Und selbst dort sieht man in den letzten Jahren immer mehr Läden schließen.

        Klar könnte man die Strukturen dementsprechend um- und zurückbauen. Die Frage ist nur, ob da nicht andere Anbieter längst weit vorraus sind und ob jüngere Generationen überhaupt ein Interesse daran haben.

        In meinem Feundes- und Bekanntenkreis -altersmäßig irgendwo dazwischen angesiedelt- geht zumindest dort niemand einkaufen.

  • Supermärkte, Billigheimer oder Fachläden locken mich vom Online Handel fort. Ich vermute, dass Benko GaleriaKaufhof von Anfang an auswringen wollte. Am Ende bleibt nur das KaDeWe mit ganz Deutschland als Einzugsgebiet.

  • Deutschlands größter Warenhauskonzern ?

    Gemessen an welcher Größe ?

    Karstadt 2019: 4,5 Mrd € Umsatz

    REWE 2020: 75 Mrd € Umsatz

    LIDL 2019: 21,67 Mrd € Umsatz



    ALDI 2019: 29 Mrd € Umsatz



    EDEKA: 67 Mrd



    Kaufland: 21 Mrd

    Bei der Anzahl der Filialen braucht man garnicht zu schauen.

    Bei der Anzahl der Artikel liegt Karstadt vermutlich vorn - allerdings ist der Abstand zur REWE-Gruppe und zu Kaufland sehr überschaubar.

    Vermutlich liegt hier REWE vorn wenn man die anderen Töchter dazunimmt.

    Oder macht man hier eine künstliche Unterscheidung zwischen Warenhaus und Supermarkt ?

    • @Bolzkopf:

      Es geht bei der Aussage nicht generell um Einzelhandel sondern nur um Warenhäuser. Branchenintern unterscheidet man von diesen den "Lebensmitteleinzelhandel/ Supermarkt" (Rewe, Edeka, Aldi etc.) und "Verbrauchermärkte" (Kaufland u. ä.). Das liegt vor allem an den Lagen und am Gewicht des Lebensmittelhandels innerhalb des Geschäftsmodells. Das ist zunächst mal historisch bedingt, macht aber logistisch und vom Sortiment her einfach einen solchen Riesenunterschied, dass man die Unterscheidung auch heute nicht als "künstlich" bezeichnen sollte.



      Es sind schon unterschiedliche Geschäftsmodelle.

      In dem Sinne ist Galeria ganz ohne Zweifel die größte Warenhauskette.

  • Sollte man nicht eher, oder endlich mit Eigentümer Benko beschäftigen?



    "Ende März 2021 hat ein Analyseteam des Medienkonzerns „Bloomberg“ eine kritische Studie zur SIGNA Prime Selection AG veröffentlicht, deren Inhalt am 06.04.2021 auf der Finanzseite „Institutional-Money.com“ unter dem Titel „Selfmade-Milliardär Rene Benko beim Hochseilakt: Bleibt er oben?“ ausführlich erläutert wird. Die wichtigste Erkenntnis dieser Studie ist, dass die Bewertungsgewinne der Signa Prime die Mieteinnahmen in den vergangenen Jahren durchgängig um ein Vielfaches überstiegen haben und in den letzten sechs Jahren den größten positiven Beitrag zum Ergebnis dieser Gesellschaft der Real-Estate-Sparte geliefert haben. Die Bloomberg-Studie stellt fest, dass „Signa Prime mehr an die Investoren ausschüttet als das Unternehmen verdient“ und „der Zugang der Signa-Gruppe zu frischem Kapital entscheidend bleibt“."



    berlinerinnen-gege...schaeftsstrategie/

    Es geht nicht um Warenhäuser, es geht um den Zustrom von Kapital und um Immobilien.



    Und den Steuerzahler vertreten durch ahnungs- und hilflose Repräsentanten in Bund und Kommunen.

  • Man sollte sich erinnern, dass der EIgentümer dieses Sigma ein verurteilter Straftäter ist. Sein Name ist René Benko.

    Er wurde zu zwölf Monaten Haft auf Bewährung wegen Bestechung verurteilt. Und klagte dagegen, dass man in der Presse dieses Urteil erwähnen darf.

    Dieser Mann will um zweiten mal von der Bundesrepublik finanzielle Hilfe für die Abwendung eines Bankrotts.

    Würde die Regierung nicht besser mit diesem Geld die entlassenen Beschäftigten unterstützen?

  • Zeitlebens war ich Karstadt-Gänger. Preis-Leistung gerade für den kleinen Geldbeutel war den vielen Fehlkäufen heute, ob im Internet oder in Malls, sehr weit überlegen: gar kein Vergleich möglich!

    Trotzdem ging ich in das benachbarte Karstadt selten, seitdem ich in den Berliner Wedding umgezogen war: kaum noch was vom alten Kaufhaus übrig. Und wenn, dann wurde ich traurig.

    Die Häuser sind von den Vorgänger-"Investoren" bereits ausgeschlachtet worden. Dem aktuellen "Investor" geht es nur noch um in die Filetgrundstücke. Er hat alles getan, um den Häusern den Todesstoß zu versetzen.

    Die Leute haben kein Geld mehr in der Tasche. Der Durchschnittsverdiener von heute lebt ziemlich nahe an der Armutsgrenze. Karstadt, real,-, Kaisers, kleinere Fachgeschäfte in meiner Gegend: Geschäftsmodelle, die sich bis vor 20 Jahren gut rechneten, werden von der Armut abgelöst. Die Immobilienwirtschaft profitiert von solcher Zerstörung städtischer Infrastruktur.

    • @Rosmarin:

      "Der Durchschnittsverdiener von heute lebt ziemlich nahe an der Armutsgrenze."

      Laut Definition der Armutsgrenze gilt als arm, wer 60 Prozent oder weniger vom durchschnittlichen Einkommen des Landes verdient.

  • Das Konzept der Warenhäuser wurde doch von den Betreibern selbst geschrottet. Man bekommt eben nicht mehr alles dort, bei zwar kleiner, aber guter Auswahl. Manche Produkte werden auch gar nicht mehr geführt, etwa Videospiele, Handwerkerbedarf, Bücher oder Audioanlagen.



    Wenn man bei Galeria in der Schlossstraße eintritt, fällt einem zuerst die riesige Verkaufsfläche für Uhren auf, nicht gerade ein Renner im Zeitalter von Smartphones. Meine Casios kann ich auch deutlich billiger im Netz bestellen.



    Weiter oben ist eine ähnlich große Fläche für Matratzen reserviert, dort schlafen die Verkäufer vor sich hin.



    Wenn man in dem Kaufhaus eine Jeans kaufen möchte, ist man wegen des absurden nach Marken aufgeteilten Shop-In-Shop-Systems gezwungen, mehrere Stationen abzuklappern - statt vor einem Regal zu stehen, in der die verschiedenen Hosen nach Größen sortiert sind und sich dann eben 5 Varianten in die Umkleide zu nehmen.



    Also bestelle ich meine Jeans direkt bei Carhartt, wenn eine gut passt, bestelle ich eben noch 2 auf Vorrat nach.



    Ansonsten fragt man sich, wie die Einkäufer bei Bekleidung so lange daneben liegen können, die Pullover und Hemden aus Bangladesh sind völlig aus der Zeit gefallen.



    Lediglich die Küchen- und Lebensmittelabteilungen sind attraktiv, allerdings auch vergeleichsweise teuer.

  • Was haben Galeria-Kaufhof und Amazon gemein?



    Beides sind Verkaufsplattformen!



    Was ist der wesentlichste Unterschied betreffend beider Verkaufsplattformen?



    Galeria-Kaufhof zahlt Steuern und Amazon NICHT!



    Zudem zahlt Galeria-Kaufhof Innenstadt-Mieten und normale Löhne; Amazon NICHT!

    Würde es den politisch Verantwortlichen wirklich um das Abwenden des Verwaisens der Innenstädte gegangen sein, und sie nur deshalb bereits beim ersten Insolvenzverfahren nicht entsprechend „tief einschneidend“ restrukturiert haben, dann hätten sie an diesem WettbewerbsVORTEIL zugunsten Amazon wirkungsvoll ansetzen müssen.

    Warum unser Staat (und übrigens auch die zuständigen Handelsverbände) diesbezüglich seit Jahrzehnten tatenlos zusehen ist mir völlig unverständlich.

    Und warum sollte der Staat (= wir Steuerzahler*innen) Galeria-Kaufhof Darlehen gewähren, wenn schon der Milliardärs-Eigentümer seinem eigenen Unternehmen KEINE Darlehen in dieser Zeit der Arbeitsplatzbedrohung gewährt?!!

    Seinerzeit hat der heutige Kaufhof-Eigentümer die werthaltigen Teile aus Kaufhof herausgelöst und allein zu seinem Nutzen kapitalisiert.

    Übrig geblieben ist eine wirtschaftlich nicht überlebensfähige Hülle, der mit den oben genannten Markt-Ungleichheiten schon längst der Todesstoß versetzt wurde.

    • @tazeline:

      Amazon bezahlt im IT Bereich eigentlich ganz ordentlich. Wissen Sie das selbst die Mitarbeiter im Lager bei Amazon im Schnitt mehr verdienen als Einzelhandelskaufleute bei Galeria?

    • @tazeline:

      Die Geschäftspraktiken von Amazon sind fraglos ein Thema für sich, unabhängig davon hat das Modell Online-Handel aber auch unter fairen Bedingungen eine ganze Reihe von Effizienz und Kostenvorteilen, wie günstige und dicht zugestellte Hochregallagerflächen, anstelle geräumiger Präsentation auf teurer Innenstadtlage, weitgehende Automatisierung und computer-optimierte Arbeitsabläufe gegenüber einer üppigen Personaldecke die auch dann immer auf Abruf bereit stehen muss wenn im Laden nix los ist, Skaleneffekte in ganz anderer Dimension, ... Das Modell Warenhaus hätte im Wettbewerb selbst dann keine Chance wenn Amazon mustergültig dem Ideal des ehrbaren und sozial verantwortlichen Kaufmanns entsprechen würde.

    • @tazeline:

      Wahnsinn - auch OTTO zahlt keine Mieten in den Innenstädten. Soll daher auch OTTO entsprechend belastet werden?

      Grundsätzlich gilt: der Wurm muss den Fisch, nicht dem Angler schmecken. Das Doktern an Symptomen, wie von Ihnen vorgeschlagen, ändert am Grundproblem gar nichts, dass nämlich die Kaufhäuser ihre Kunden nicht mehr verstehen (wollen).

  • Dieser Konzern siecht seit bald 15 Jahren seinem Ende entgegen. Wieviele Rettungsversuche, Sanierungen und Steuermillionen will man denn noch bemühen bis man sich der Einsicht stellt, dass das Konzept Warenhaus eines aus dem vorigen Jahrhundert ist, entstanden in einer Zeit als das Automobil die Pferdekutsche ablöste, und für das heute zwischen Onlinehandel und kurartierten Concept-Stores einfach keine Nische mehr vorhanden ist die groß genug wäre um solche Konsumpaläste finanzieren zu können. Wer breiteste Auswahl will geht ins Netz, wer Luxus will in die entsprechenden Designer- und Nobelboutiqen, was bleibt da an Zielgruppe für Kaufhäuser?

    • @Ingo Bernable:

      Grundsätzlich stimme ich zu. Ich kaufe auch sehr viel online. Allerdings weiß ich Kaufhaus zu schätzen, in dem man von der Bettflasche zur Fahrradklingel *mal kurz* einkaufen kann, finde ich nicht gestrig.

      Karstadt gehört wahrscheinlich nicht zu einem solchen 'hier find ich alles'-Kaufhaus.



      Das Konzept Warenhaus hat mMn dennoch einen Platz in der Gesellschaft. Wegen jeder Kleinigkeit, die man eben braucht, ins Netz oder ein Fachgeschäft (Aufwand +Preis) zu suchen, finde ich eher so mittel ;-)

      Allerdings muss ich zugeben, dass ich fast gar nicht mehr in Kaufhäuser gehe.

      Gegen ein zentrales analoges Kaufhaus hätte ich keine Einwände, im Gegenteil.

      • @Sileah:

        Aus Kundenperspektive kann ich das nachvollziehen, nur trägt sich ein Haus solcher Größe eben nicht auf Basis spontaner Fahrradklingelkäufe und für diejenigen die eben nicht fußläufig in Innenstadtlage wohnen, sondern erst per PKW anreisen ist es gegenüber der Online-Variante auch nicht gerade ökologischer.

  • Amazon ist für Bazos günstiger (und für viele bequemer) , als für Galeria,die die immer noch zu teuren, eigentlich tariflich abgesicherten Verkäufer*innen in den zu großen Tempeln des 50er-Jahre Konsumrauschs bezahlen müssen. Ein Beispiel dafür, dass je nach Entwicklungsstand viele Unternehmen zu groß und unbeweglich werden können, wenn es ihnen nicht gelingt, brutal -meist am Personal zugunsten einer Automatisierung, wenn nicht gleich Rüboterisierung, sparen zu können. So werden die Löhne und Gehälter in den Ländern des einstigen Wohlstands zu teuer, auch wenn es ein riskantes Spiel ist, da sich letztlich die Kaufkraftverluste nicht mehr ausgleichen lassen. Je größer die Unternehmen , desto riskanter das Spiel, das gleichzeitig die Klimakatastrophe weiter befördert und letztlich auch humanen Wohlstandsmüll zurücklässt (wie in Ostdeutschland). Die Alternative: Mit evtl. noch vorhandenen Ressourcen einen Mittelstand fördern, der neue Arbeitsplätze schaft, die Verteilung von Waren und Gütern neu regelt nach einem Gemeinwohlprinzip und regionale Produktion und Wertschöpfung fördert. Galeria, ALDI, LIDL und andere mit ihren unproduktiven Lieferketten und Zwangsverträgen gegenüber den Produzenten, deren LKWs die Autobahnen kaputt fahren, brauchen wir nicht zum Überleben.

  • Es wird Zeit, dass auch die letzten Tagträumer und Politiker endlich mal einsehen, dass das klassische Konzept des Kaufhauses keine Zukunft mehr hat. Denn es fehlt diesem einfach an Alleinstellungsmerkmalen, weswegen man noch gerne hingehen würde. Gute Beratung durch Mitarbeiter wäre ein möglicher Grund, aber das hat man oft ja schon vor Jahrzehnten radikal weg rationiert.

    Zusätzlich kommt auch noch dazu, dass viele Innenstädte einfach nur verdammt öde Orte sind, und absolut hässlich.

    Das größere Problem ist also oft die Kommunalpolitik, die den Wandel der Zeit verschlafen hat und noch immer nicht in der Gegenwart angekommen ist. Anstelle den unvermeidlichen Niedergang der Kaufhäuser zu beklagen, sollten sich die Politiker mal lieber darüber Gedanken machen, wie man die Kunden wieder in die Innenstädte kriegt.

    Ein Einkauf der Innenstadt muss einfach ein besonderes Erlebnis sein, so dass man wieder gerne dahin gehen will. Nur Filialen von zig bekannten Ketten liefern das nicht; es gehört eine gute Mischung wieder in die Innenstädte von inhabergeführten Läden, Gastronomie und Dienstleistungen. Ein Plus ist es auch, wenn man wieder Einwohner ansiedeln kann, die über den Geschäften leben. Bauliche Aufwertung der Plätze und Sauberkeit dazu ebenso. Und Aktionen, wie Märkte, etc.pp.

    In so einem Umfeld könnte auch ein modernes Kaufhaus funktionieren; ist die Innenstadt aber dröge, dann ist es meistens auch das Kaufhaus.

  • Tja. Ist nunmal leichter, Waren im Internet zu bestellen als in die Innenstadt zu fahren, nen Parkplatz zu suchen und im Warenhaus nach Ware zu suchen.

    Als nächstes sind Fachmärkte dran, z.B. Elektronikgeschäfte oder Spielwarenläden.

    • @Troll Eulenspiegel:

      Es liegt nicht nur am Online-Handel - z.T. haben Karstadt & Co. einfach kein gutes Angebot. Ich bestelle nix online, habe es aber aufgegeben, im hiesigen Karstadt einzukaufen. Ein geschrumpftes Sortiment in einem unübersichtlichen Laden, dazu Mitarbeiterinnen, die beim Anblick eines Kunden hinterm Regal oder im Lager abtauchen und erst wieder hervorkommen, wenn es eine Demo zum Erhalt ihrer Filiale gibt. Da trage ich mein Geld lieber in andere EH-Geschäfte

    • @Troll Eulenspiegel:

      Es ist nicht nur einfacher, sondern auch ökologischer.

      • @Ruediger:

        Aber, und das muss ich dringend dazusagen: Damit werden Menschen ausgebeutet. Paketfahrer haben ja i.d.R. keine großartige Bezahlung.

        • @Troll Eulenspiegel:

          DHL Fahrer bekommen mit Mittel 37.000€ im Jahr. Das ist für einen Job ohne große Qualifikation absolut okay, da klagt auch keiner.

          • @Wombat:

            Wieso habe ich das Gefühl, dies kann ich einfach widerlegen, in dem ich auf labournet.org einen Artikel verlinken kann?

            Vor allem, jeder kann das Gehalt per Mundpropaganda aufpolieren. Das ist eine Unternehmensstrategie, Leute herzuholen, nur damit die noch weniger kriegen.

  • „auf absehbare Zeit nicht mehr profitabel zu betreiben sind“

    Also alle

  • Man sollte Unternehmen deren finanzieller Ruin vorhersehbar ist, nicht mit hunderten Millionen € Staatshilfe künstlich am Leben halten. Auch den Mitarbeitern ist damit langfristig nicht wirklich geholfen. Dieses Geld könnte man besser für Weiterbildung und neue Arbeitsplätze einsetzen.

  • Ja das Geschäftsmodell ist ziemlich tot, da kann man nicht drum rum reden. Ob jetzt 60 oder 30 Filialen sind die langfristig tragfähig sind wird sich zeigen. In dem Fall sind aber 50% zu viel.

    Arbeitsplätze sichern und dafür Milliarden zu versenken ist in Zeiten absoluter Vollbeschäftigung vollkommener Humbug.

  • Jetzt bitte keine Staatsgelder für die Rettung von Warenhäusern, die einfach nicht mehr gebraucht werden. Die Mitarbeiter sollten genug Möglichkeiten haben, im Einzelhandel und anderswo Jobs zu finden. Und wenn die Aufenthaltsqualität einer Kleinstadt in 2022 immer noch von Vorhandensein eines Betonkastens mit Warenhaus abhängt, dann hat man dort in den letzten 10 bis 20 Jahren offensichtlich gepennt, es ist doch schon lange klar, dass der Einzelhandel zurückgeht.

    • @Ruediger:

      Zumal ja auch das Nachfolgemodell "Shopping - Mall" vielerorts vor sich hin siecht.



      In Ulm wird gerade in einer solchen ein teilweiser Umbau in Wohnungen geplant.