Schlappe für Verfassungsschutz: Bundesamt darf AfD nicht einstufen
Das Verwaltungsgericht Köln untersagt dem Verfassungsschutz vorerst die gerade vollzogene Einstufung der AfD als rechtsextremen Verdachtsfall.

taz | Die AfD hat gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz einen Erfolg vor Gericht erzielt. Das Verwaltungsgericht Köln untersagte der Behörde am Freitag vorerst, die radikal rechte Partei als so genannten rechtsextremen Verdachtsfall einzustufen. Das allerdings sagt nichts darüber aus, ob das Gericht die Einstufung inhaltlich als gerechtfertigt ansieht. Hintergrund ist ein Verfahren, das vor dem Gericht läuft.
Am Mittwoch war bekannt geworden, dass das Bundesamt bereits Ende Februar die Einstufung vollzogen hatte. Zuvor hatte das Bundesamt die Landesämter und das Parlamentarische Kontrollgremium im Bundestag über diesen Schritt informiert. Zahlreiche Medien, darunter auch die taz, berichteten darüber. Das Bundesamt äußerte sich dazu nicht.
Doch in dem ganzen Fall läuft bereits seit Anfang des Jahres eine gerichtliche Auseinandersetzung. Damals hatten verschiedene Medien darüber berichtet, dass die Einstufung unmittelbar bevorstehe. Die AfD hatte daraufhin vor dem Verwaltungsgericht in Köln Klage eingereicht. Mit einer so genannten Zwischenregelung wollte die Partei zudem verhindern, dass es überhaupt zur Einstufung kommt. Das Bundesamt sagte dem Gericht daraufhin zu, dass es bis zum Abschluss des Eilverfahrens nicht öffentlich über eine mögliche Einstufung berichten und zusätzliche Abgeordnete nicht beobachten werde. Das reichte dem Gericht.
Als die Einstufung nun bekannt wurde, zog die AfD erneut vor Gericht. Am Freitag gab dieses der Partei Recht und erließ eine Zwischenentscheidung. Damit untersagt das Gericht dem Bundesamt, die Partei bis zur Entscheidung über den von der AfD gestellten Eilantrag „als ‚Verdachtsfall‘ einzustufen oder zu behandeln sowie eine Einstufung oder Behandlung als ‚Verdachtsfall‘ erneut bekanntzugeben“, wie es in einer Mitteilung heißt.
Bundesamt gerügt
Aus Sicht des Gerichts spricht alles dafür, dass sich das Bundesamt „nicht an seine Stillhaltezusagen gehalten bzw. nicht hinreichend dafür Sorge getragen habe, dass keine verfahrensrelevanten Informationen nach außen drängen“. Insofern werde in unvertretbarer Weise in die verfassungsrechtlich gewährleistete Chancengleichheit politischer Parteien eingegriffen.
AfD-Chef Tino Chrupalla sprach von einer „Klatsche“ für den Verfassungsschutz. „Das Gericht bestätigt voll und ganz unsere Argumentation“, so Chrupalla. „Das war ein gezielter Eingriff in den Parteienwettbewerb mit staatlichen Mitteln unmittelbar vor einer Landtagswahl.“ Chrupallas Co-Chef Jörg Meuthen forderte indirekt den Rücktritt von Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang. “Wie lange wird Seehofer Haldenwang wohl noch im Amt halten?“, so Meuthen. „Peinlicher geht es kaum mehr.“
Die schon länger erfolgte Einstufung von vier AfD-Landesverbänden und der Nachwuchsorganisation als Verdachtsfall sowie des offiziell aufgelösten „Flügels“ als rechtsextreme Bestrebung betrifft die aktuelle Entscheidung nicht.
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