Richard Branson fliegt ins All: Milliardäre in Raketen
In der Raumfahrt könnte ein neues Kapitel beginnen: Die Chefs zweier Firmen wagen eine Probetour. Erster ist Virgin-Gründer Richard Branson.
Am Sonntag gegen 16.30 Uhr mitteleuropäischer Zeit will Richard Branson im US-Bundesstaat New Mexico ein von Virgin Galactic entwickeltes Raketenflugzeug besteigen. Dieses soll zunächst von einem „Mutterschiff“ auf eine bestimmte Höhe gebracht werden. Von dort soll es die Reise aus eigener Kraft fortsetzen und schließlich bis zu 88 Kilometer über der Erde schweben. Begleitet wird Branson von zwei Piloten und drei weiteren Mitarbeitern.
Für den 20. Juli hat Jeff Bezos, Gründer des Onlineversandhändlers Amazon und aktuell der reichste Mensch der Welt, einen nicht weniger extravaganten Ausflug angekündigt. Im Westen von Texas will er eine voll automatisierte Kapsel seines Unternehmens Blue Origin besteigen. An seiner Seite werden drei Gäste erwartet: Bezos' Bruder, eine 82-jährige Flugpionierin, die sechs Jahrzehnte auf die Chance zu einem Weltraumflug warten musste, und der Gewinner einer Auktion. Als maximale Höhe werden bei diesem Flug 106 Kilometer angepeilt.
Bezos wird damit voraussichtlich ein kleines Stück weiter ins Weltall vordringen, Bransons Spritztour soll dafür einige Minuten länger dauern. Das Fluggerät des Gründers der Virgin Group hat mehr Fenster, bei Bezos sind sie dafür größer. Das von Piloten gesteuerte Raketenflugzeug von Branson ist bereits dreimal im Weltall gewesen. Die Kapsel von Bezos hat schon fünfmal so viele Tests absolviert, hatte aber bislang noch keine Menschen an Bord.
„Als Kind wollte ich ins Weltall“
Branson, der eine Woche nach seinem geplanten Flug seinen 71. Geburtstag feiert, bezeichnet es als sehr wichtig, vor der Beförderung von Touristen ins Weltall zunächst den Selbsttest zu wagen. Er betont aber, dass er sich keine Sorgen mache. Und man nimmt es ihm ab. Denn der Milliardär hat schon öfter auch als Abenteurer Schlagzeilen gemacht – etwa bei der Überquerung des Ärmelkanals als Kitesurfer oder bei dem Versuch, mit einem Heißluftballon die Erde zu umrunden.
„Als Kind wollte ich ins Weltall. Während dies in meiner Generation nicht sehr wahrscheinlich erschien, ließ ich den Namen Virgin Galactic eintragen – mit der Vorstellung, ein Unternehmen zu schaffen, das dies möglich machen würde“, schrieb Branson diese Woche in einem Blog. Siebzehn Jahre nach der Gründung von Virgin Galactic steht der Milliardär tatsächlich kurz vor dem Ziel. „Es ist fantastisch, wohin dich eine Idee führen kann, egal wie weit hergeholt sie zunächst wirken mag.“
Der 57-jährige Bezos, der am Montag als Geschäftsführer von Amazon zurücktrat, hatte Anfang Juni verkündet, dass er beim ersten bemannten Flug seiner „New Shepard“-Rakete mit an Bord sein werde. Als Datum wurde der 52. Jahrestag der ersten Mondlandung von Neil Armstrong und Buzz Aldrin gewählt. Auch Bezos hat laut eigenen Angaben schon als Kind davon geträumt, ins All zu reisen. Auf Instagram schrieb er: „Am 20. Juli werde ich diese Reise mit meinem Bruder machen. Das größte Abenteuer, mit meinem besten Freund.“
Branson wollte ursprünglich erst später dieses Jahr an Bord gehen, beim zweiten von drei weiteren Testflügen von Virgin Galactic vor der geplanten Mitnahme von zahlenden Gästen im kommenden Jahr. Ende vergangener Woche gab er bekannt, dass er schon jetzt starten werde.
Keineswegs in einem Wettlauf mit Bezos
Er betonte, er sehe sich keineswegs in einem Wettlauf mit Bezos. Die Planänderung verkündete Branson allerdings Stunden nach Bezos Mitteilung, er werde Wally Funk mit ins All nehmen. Funk war eine von 13 Frauen, die Anfang der 60er Jahre dieselben Tests wie die sieben männlichen Astronauten des Nasa-Programms Mercury bestanden, von der US-Raumfahrtbehörde aber nicht berücksichtigt wurden.
Bezos hat sich nicht öffentlich zu dem nun unmittelbar bevorstehenden Flug von Branson geäußert. Aus Kreisen seines Unternehmens Blue Origin wurde aber unter anderem betont, dass die eigene Kapsel die sogenannte Kármán-Linie in 100 Kilometer Höhe überwinden werde, während Virgin Galactic nur 88 Kilometer schaffe. Internationale Luft- und Raumfahrtverbände in Europa werten die Kármán-Linie als Grenze zwischen der oberen Atmosphäre und dem Weltraum. Viele Institutionen in den USA dagegen definieren eine Höhe von 80 Kilometern als Grenze.
Der Flug von Blue Origin wird voraussichtlich zehn Minuten dauern. Danach soll die Kapsel mit Hilfe eines Fallschirms in einem Wüstengebiet landen. Virgin Galactic plant mit einer Flugzeit von 14 bis 17 Minuten – gerechnet ab der Trennung der Rakete vom „Mutterschiff“. Die Landung erfolgt in diesem Fall auf einem Rollfeld.
Ein dritter Milliardär, der ebenfalls Weltraum-Ambitionen hat, ist Elon Musk, der für seine Aktivitäten in diesem Feld das Unternehmen SpaceX gegründet hat. Seine Kapseln fliegen noch deutlich höher und erreichen eine Erdumlaufbahn. Eines Tages will er laut eigenen Angaben sogar den Mars erreichen. „Es gibt einen großen Unterschied zwischen dem Erreichen des Weltalls und dem Erreichen der Umlaufbahn“, schrieb Musk vergangene Woche auf Twitter.
Musk hat im Auftrag der Nasa bereits zehn Astronauten zur Internationalen Raumstation ISS gebracht. Der erste Privatflug seines Unternehmens ist für September angekündigt – ein anderer Milliardär hat eine dreitägige Tour inklusive Erdumkreisung gebucht. Virgin Galactic hat eigenen Angaben zufolge bereits mehr als 600 Reservierungen, bei einem Preis von 250.000 Dollar (211.000 Euro) pro Platz. Blue Origin will nach der Weltraumreise von Bezos Preise nennen und dann mit dem Ticketverkauf beginnen.
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