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Reform der GrunderwerbsteuerGute Nachricht für Immobilienhaie

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

CDU und CSU haben verhindert, dass Konzerne künftig bei Wohnungskäufen Grunderwerbsteuer zahlen müssen. Dafür werden Familien zur Kasse gebeten.

Sogenannte Share Deals bedeuten für die Mieter steigende Mieten Foto: Thomas Trutschel/photothek/imago

E s ist eine eklatante Ungerechtigkeit: Wenn eine Familie eine Wohnung kauft, zahlt sie dafür bis zu 6,5 Prozent des Kaufpreises als Grunderwerbssteuer. Wenn Immobilienkonzerne dagegen eine oder auch gleich 100 Wohnungen erwerben, geht der Staat meist leer aus. Das ermöglichen sogenannte Share Deals, bei denen nicht die Immobilie direkt, sondern ein Unternehmen verkauft wird, dem sie gehört. Wenn weniger als 95 Prozent der Firma binnen fünf Jahren den Eigentümer wechseln, wird keine Grunderwerbssteuer fällig.

Auf diese Art können vor allem große Investoren Wohnhäuser häufiger verkaufen und die Preise in die Höhe treiben. Den Ländern entgehen nach Schätzungen bis zu eine Milliarde Euro Steuern pro Jahr. Mieter zahlen langfristig mehr.

Die am Mittwoch vom Finanzausschuss des Bundestags beschlossene Reform wird daran leider wenig ändern. Die Abgabe soll nun schon fällig werden, wenn der Käufer 90 statt wie derzeit 95 Prozent der Firma mit der Immobilie übernimmt. Den Rest darf er nicht wie bisher bereits nach 5, sondern erst nach 10 Jahren steuerfrei kaufen.

Das sind angesichts der Millionengeschäfte, um die es hier geht, lächerlich niedrige Hürden. Die Investoren müssen einfach die Verträge mit ihren Strohleuten, die die restlichen Anteile halten, etwas ändern – und können sich wie bisher die lästige Abgabe an den Staat sparen.

Das Spiel stoppen könnte der Bund nur, wenn er die Schwelle für die Grunderwerbsteuer auf 50 Prozent der Unternehmensanteile senkt. Denn wer nicht mehr als die Hälfte einer Immobilienfirma hat, kann auch nicht wirklich über sie bestimmen. So würden Share Deals unattraktiv. Damit das vor dem Bundesverfassungsgericht durchkommt, müsste die Abgabe nur für den jeweiligen Firmenanteil gezahlt werden. Bislang schuldet der größte Gesellschafter die gesamte Steuer.

Doch vor allem CDU und CSU haben eine wirksame Reform verhindert. Sie haben wieder einmal die Interessen der Konzerne und Vermögenden durchgesetzt – auf Kosten der Allgemeinheit.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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28 Kommentare

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  • Statt über die Ausweichmöglichkeit zu jammern, wäre das einzig Sinnvolle, die Grunderwerbssteuer ganz abzuschaffen. Es ist völliger Humbug, Bodenwertsteigerungen bei zufälligem Besitzerwechsel abschöpfen zu wollen. Das kann man, wenn man denn will, über eine bodenwertbezogene Grundsteuer machen. Erwerbsteuer erschwert nur das Umziehen und erzeugt somit letztlich unnötigen Verkehr, weil man im Zweifel doch auf seiner alten Scholle bleibt.

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Alles verfassungskonform, darauf könnt ihr wetten.



    Erstaunlich, was sich die Menschen so alles bieten lassen.

  • Dann müsste man ja bei jedem Erwerb einer Aktie, bei einer Eheschließung oder einer genossenschaftlichen Beteiligung erst einmal Grunderwerbssteuer zahlen, da immer auch Immobilien mit erworbenen werden.

    Das können sich dann nur noch jene leisten, die dieses extra Geld auch noch über haben.

    • @Rudolf Fissner:

      Nur wenn Sie 50% der Aktien oder Genossenschaftsanteile kaufen.



      Dürfte kein Hemmnis sein.



      Bei der Ehe ist es schon schwieriger - da sind Minderheitsbeteiligungen nur per Ehevertrag zu erreichen :-)



      Allerdings vermute ich, dass nicht einmal das Finanzamt die Eheschließung mit einem Immobiliendeal gleichsetzt... Bislang muss ja auch nicht die halbe Differenz der eingebrachten Vermögen als Schenkung versteuert werden, oder?

    • @Rudolf Fissner:

      Ist das zwingend? Und wenn die Firma, deren Aktien ich kaufe, in gemieteten Räumen residiert, die wiederum irgendeiner vielleicht Tochterfirma gehören o.ä. Konstrukte?

  • Unwahrscheinlich, dass die Gesetzesschreiber (-> die Lobbyisten in der Regel) das ändern werden. No surprise!

  • also man könnte auch auf 0% ändern, warum schlägt die Taz 50% vor? Wenn ich 20% einer Wohnung zahle zahgle ich eben 20% der Grunderwerbssteuer, warum soll es da eine Grenze geben

  • Ein wichtiger Aspekt, der im Beitrag nicht erwähnt wurde, ist die verfügbare Wohnfläche. Hierzu ein Blick nach Russland:



    „Während die Kosten explodieren, wächst die durchschnittliche Wohnfläche pro Person nur langsam. 1995 waren es laut der Nachrichtenagentur Tass 18 Quadratmeter pro Person, 2019 erst 26 Quadratmeter – in Deutschland standen in demselben Jahr einer Person durchschnittlich 47 Quadratmeter zur Verfügung, in den USA sogar 70.“ taz.de/Wohnungsmar...Russland/!5764638/



    Vermutlich würden viele Russen ihre Probleme gern gegen die tauschen, die wir mit unseren Immobilienhaien haben.

    • @Pfanni:

      Äpfel - Birnen Vergleiche sind immer wieder lustig.

      Finden Sie hier mal eine Wohnung von 26qm pro Bewohner zu "russischen" Preisen. Besonders wer nur eine kleine Wohnung sucht, zahlt viel pro qm.

  • "Doch vor allem CDU und CSU haben eine wirksame Reform verhindert. Sie haben wieder einmal die Interessen der Konzerne und Vermögenden durchgesetzt – auf Kosten der Allgemeinheit."



    Wundert das noch jemanden?



    Dafür stehen €DU und €SU und dafür werden sie auch gewählt - und natürlich von Deppen, die das nicht begriffen haben.

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @Mainzerin:

      Was?



      Sie bezeichnen die Mehrheit der Deutschen Wähler als Deppen?

      Ich widerspreche nicht!

    • @Mainzerin:

      ich denke, die werden in erster Linie von den Profiteuren ihrer Politik gewählt, was ja nicht überraschend ist.



      Und nicht von überzeugten Meinungsbürgern.

      Und die vielen Immobilien müssen ja irgendwem gehören.

  • CDU. Da weiß man, was drin ist.

  • Also in BW haben die Grünen und die SPD die Grunderwerbssteuer von 3,5%



    auf 5% erhöht und damit Familien belastet. Das Gesetz das CDU/CSU verhindert haben, hätte für mich als Familienvater nichts geändert. Oder hätten die Grünen dann in BW diese wieder gesenkt?

    Aber wie heißt es so schön: Alle in einen Sack stecken und draufschlagen, es trifft schon den Richtigen...

    • 1G
      17900 (Profil gelöscht)
      @Strolch:

      Ähhhh, Grunderwerbssteuer ist also Ländersache, Mietendeckel Bundesangelegenheit?

    • @Strolch:

      Haben Sie den Artikel überhaupt gelesen? Es gibt da Zusammenhänge, die über Ihren persönlichen Häusle-Kauf hinausgehen ...

      • @Christian Lange:

        Oh ja, habe ich. Diese stehen aber nicht überein mit der Unterüberschrift, in der es heißt: "Dafür werden Familien zur Kasse gebeten". Wo finden Sie da einen Beleg im Artikel?

        Wenn es Ihnen um Zusammenhänge geht: Diese fehlen in dem Artikel massiv. Es gibt gute Gründe Share-Deals auszunehmen. es gibt auch welche dagegen. Davon findet sich nur nichts...

        • @Strolch:

          Es geht darum das Investoren bei Share-Deals im Gegensatz zum privaten Familieneigenheim Steuerbefreit werden. Man muss sich schon Mühe geben das nicht zu verstehen. Was soll es für gute Gründe geben, für die Steuerfreiheit von Share-Deals?

          • @Andreas J:

            "Was soll es für gute Gründe geben, für die Steuerfreiheit von Share-Deals?"

            Eben: weil es nur ein Steuervermeidungsmodell ist, letztlich geht es doch um den Erwerb der Immobilien und nicht der Büroeinrichtung der Firma, die man kauft. Der Wert der Firma besteht ja nahezu ausschliesslich aus den Immobilien.

            Und jetzt muss man nicht lange überlegen, welche Partei bzw. wessen Mitglieder dieses Modell verteidigten und davon profitieren...

  • Also wo jetzt hier speziell Familien zur Kasse gebeten werden, erschließt sich mir nicht. Alle Privatkäufer zahlen schließlich Grunderwerbssteuer. Das können auch Privateigentümer sein, denen schon drei andere Häuser gehören oder sogar Singles ;-)



    Man muss die Überschriften jetzt auch nicht künstlich dramatisieren...

    • @NoMeansNo:

      Familien (genauer einfach Privatleute) werden einfach nur weiterhin an einer Stelle zur Kassen gebeten, an der die Immobilienhaie es nicht werden. Gibt's hinreichend an anderen Stellen, dass die "Großen" nichts zahlen, die "Kleinen" aber schon. Rente, Krankenkasse, etc.

    • @NoMeansNo:

      dann verstehen sie die situation leider nicht richtig.



      die steuer ist eine erwerbssteuer die faellig wird, bei jedem kauf. wie mehrwertssteuer. 19% zahlen sie fuer alles.



      bei dem erwerb von grundstuecken zahlen sie deutlich weniger als 19%.



      und jetzt kommt der clou: durch einen trick zahlen geschickte unternehmer 0%. gar nix.



      verstanden?



      jetzt koennen sie noch mal ueberlegen, ob sie das ok finden.

    • @NoMeansNo:

      Richtig!



      Sowie auch interessant wäre, wieviel % der Wohnungen überhaupt als Firmenbesitzwechsel gehandelt werden im Vergleich zu Wohnungsverkäufen zwischen Companies, also steuerlich anaolg der "Familien".



      Übrigens, dann sollten doch die Mieten erst recht steigen da dann diese Grunderwerbssteuer von bis 6% über steigende Mieten eingespielt werden müssen. Auch das "dafür werden Familien" zur Kasse gebeten impliziert, dass das als Ausgleich für Steuerausfälle nun so wird und vorher ganz anders war.



      Neben der Überschrift scheint auch der Text nicht ausgewogen.

      • @Tom Farmer:

        Falsch!



        Dass Union und FDP Grunderwerbsteuer-Grechtigkeit verhindert haben hat für den Wohnungsmarkt in Deutschland eine größere Bedeutung als z.B. das aktuelle BGH-Urteil zum Miet-Märchen von RRG in Berlin. Herr Maurin erklärt die Zusammenhänge, aber zugegeben, zum Verständnis hilft etwas Abstand, um die Dimensionen zu überblicken.

      • @Tom Farmer:

        Die jährlich fällige Grundsteuer darf zwar auf die Miete umgelegt werden - die Grunderwerbssteuer aber nicht!

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    "Dafür werden Familien zur Kasse gebeten."

    Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber!

    • @17900 (Profil gelöscht):

      Inzwischen haben Spekulanten und Konzerne nicht nur den Städtern, sondern auch den Leuten auf dem Land Grund und Boden entzogen, die Grundstückspreise sind in wenigen Jahren über tausend Prozent gestiegen.

      Die Deutschen sind auch nach 1945 in ihrer Mehrheit willige Kälber, sie haben nur selten Vertreter gewählt, die sich durch hohe soziale Verantwortung ausgezeichnet haben (die es durchaus auch bei der CDU gab, Ahlener Programm). Werden sie es dieses Jahr anders machen?



      Wenn aber heute das Verfassungsgericht die Anträge von CDU und FDP gegen den sehr milden Berliner Mietendeckel zurückweist, wären wir wenigstens ein paar Zentimeter weiter im Kampf ums Recht auf menschenwürdiges Wohnen (bei Neubau gilt der nicht).



      Sollte es aber gegen den Mietendeckel entscheiden, hätte sich der totalitäre, neoliberale Finanzkapitalismus, zusammen mit dem freien Feld bei der Grunderwerbssteuer, voll durchgesetzt.



      Dann braucht Berlin eigentlich auch keine Parteien mehr, denn Wählen bringt ja eh keinen Mieterschutz (man hält höchstens noch die Neonazis von der Macht ab).

      • @Ataraxia:

        "Dann braucht Berlin eigentlich auch keine Parteien mehr, denn Wählen bringt ja eh keinen Mieterschutz (man hält höchstens noch die Neonazis von der Macht ab)."



        VORSICHT!



        Erstens ist es ungemein wichtig, die Neonazis bei den Wahlen klein zu halten! Also wählen gehen!!!



        Zweitens gibt es ja auch noch reichlich Parteien, die aktuell nicht im Bundestag sind. Ok, über die kann man sich etwas schwerer informieren, da auch die TAZ gewöhnlich nicht über sie berichtet, aber nicht alle sind extremistisch oder Spaßparteien. Auf die Art vermeiden Sie Lobby-Diener und Nazis gleichzeitig.



        Also: wählen gehen!!!