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Frauen an der StaatsspitzeRechtspopulistische Politikerinnen lösen Männer ab

Simone Schmollack

Kommentar von

Simone Schmollack

Immer mehr Frauen lenken die Geschicke ihrer Länder. Für den Feminismus ist das allerdings kein Erfolg – im Gegenteil.

Eine der Hardlinerinnen: die neue japanische Premierministerin Sanae Takaichi, Tokyo, 24.10.2025 Foto: Kim Kyung-Hoon/reuters

J etzt also auch Japan. Seit einigen Tagen ist Sanae Takaichi Premierministerin und damit die erste Frau in dem Spitzenamt in dem asiatischen Land. Damit reiht sich Takaichi ein in eine Riege weiblicher Führungen auf dem asiatischen Kontinent: Indien, Sri Lanka, Pakistan, Thailand, Indonesien, um nur einige zu nennen. Dort standen und stehen Frauen an der Spitze von Staaten und Parteien. Der entscheidende Unterschied zu Frauen in diesen Positionen in Europa ist, dass die asiatischen Spitzenfrauen häufig Töchter, Witwen, Schwestern früherer Amtsinhaber waren und in erster Linie wegen der Familienbande und somit eher qua Geburt an die Spitze katapultiert wurden: Indira Ghandi in Indien ist die Tochter des ersten Ministerpräsidenten Jawaharlal Nehru, die Indonesierin Megawati Sukarnoputri die Tochter des Staatsgründers Sukarno, Benazir Bhutto in Pakistan Tochter des einstigen Premierministers.

Takaichi indes wurde von ihrer Partei, der Liberaldemokratischen Partei (LDP), gewählt. Sie gilt als rechtskonservativ und absolute Hardlinerin unter anderem in sozialpolitischen Fragen – und ergänzt damit gewissermaßen den Reigen rechtspopulistischer Frauen in Europa: Giorgia Meloni in Italien, Marine Le Pen in Frankreich, Alice Weidel in Deutschland.

Diese Frauen haben das erreicht, was Teile der Frauenbewegung jahrzehntelang gefordert hatten: Macht. Und das nicht nur aus Gleichstellungsgründen, immerhin ist die Hälfte der Weltbevölkerung weiblich. Sondern schlicht, um die Welt ein bisschen besser zu machen – mit einer Sozial- und Gleichstellungspolitik, die sich stärker an den Bedürfnissen von Frauen, Kindern, Alten, Schwächeren, Mi­gran­t:in­nen orientiert, die auf Equal Pay und gleiche Rechte für alle setzt. Einer Politik, die sich jenseits von (männlichem) Krieg, Rüstung, Profitmaximierung verortet.

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Doch Meloni, Weidel, Le Pen und Co stehen genau dafür nicht. Sie verkehren den feministischen Traum von Gleichstellung und nachhaltigem Leben ins Gegenteil. Sie stehen für Nationalismus, Rassismus, Misogynie, knallharte Migrationspolitik. Sie bedienen diese Felder teilweise sogar noch härter als ihre männlichen Kollegen und punkten auf eine Weise, die offensichtlich anschlussfähig ist: mit weiblichem Charme, einem an der Oberfläche einnehmendem Wesen, einer Kommunikation, die vermeintlich nicht auf Spaltung setzt. Das ist geschickt und wirkt selbst bei zahlreichen Frauen.

Frauen verraten Frauen – und bedienen das Feld der Männer

Damit erledigen Frauen das Geschäft der Männer, die sich entspannt zurücklehnen können: Seht ihr, das mit dem Feminismus war eine Schnapsidee, selbst viele von euch wollen den nicht. Rechts­po­pu­lis­t:in­nen werden unterstützt von Frauen, die sich auf eine traditionelle Rolle als Hausfrau und Mutter besinnen. Die digital Affinen von ihnen performen im Netz als Tradwives. Kurz: Frauen verraten Frauen.

Takaichis Vorbild ist Margaret Thatcher, erste Premierministerin Großbritanniens. Die „eiserne Lady“ hat eine Politik für Sozialabbau betrieben – perfekt gemacht für Autokrat:innen.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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17 Kommentare

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  • Man kann relativ leicht argumentieren, dass Meloni, Weidel und Le Pen den Feminismus links liegen lassen, dass würden die wohl auch nicht bestreiten. Stichhaltig zu argumentieren, dass sie „die Frauen“ verraten ist ein Ding der Unmöglichkeit, weil es kaum einen Bereich gibt, in dem Frauen überhaupt eine homogene Interessenlage haben.

    Im Grunde sieht man hier die Kernideen des Feminismus scheitern. Der angeblich zwischen den Geschlechtern existierende Konflikt um limitierte Ressourcen ist so nicht existent, stattdessen gibt es einen weltanschaulichen Konflikt, in dem Frauen (große Überraschung) nicht stets auf der Seite „der Guten“ stehen.

  • Interessant, was Frau Schmollack als Ziele des Feminismus definiert "Politik, die sich jenseits von (männlichem) Krieg, Rüstung, Profitmaximierung verortet". Marktwirtschaft, Verteidigungsbereitschaft und -fähigkeit (aka Rüstung) sind also "unfeministisch"? War mir bisher noch gar nicht bewusst, dass man als Feministin Verstand und politische Unabhängigkeit am Eingang zum Frauenzentrum abgegeben hat.

  • Wie kommt man bloß auf die Idee, dass durch Frauen an der politischen Spitze "mit einer Sozial- und Gleichstellungspolitik, die sich stärker an den Bedürfnissen von Frauen, Kindern, Alten, Schwächeren, Mi­gran­t:in­nen orientiert, die auf Equal Pay und gleiche Rechte für alle setzt" zu rechnen ist???



    Um eine Position an der Spitze von Parteien und Staaten erreichen zu können kommt es vor allem auf Charaktereigenschaften an - man muss für den Erfolg über Leichen gehen, man muss Konkurrenten ausschalten oder wegbeißen und man muss eine Gier haben zu führen.



    Dass das alles Attribute sind, die häufiger bei Männern zu Tage treten steht außer Frage - aber Politikerinnen die nach ganz oben kommen, haben diese Eigenschaften auch immer.



    Merkel hat Konkurrenten immer frühzeitig aus dem Weg geräumt und selbst ihren Ziehvater Kohl aufs Kreuz gelegt. Baerbock hatte mit alternativen Wahrheiten bezüglich ihres Lebenslaufs keine Probleme, gab horrende Summen für Friseure aus und glänzte einzig durch Barfußfotos aus der Südsee statt amtlicher Erfolge - und auch ihren aktuellen Posten hat sie klassisch durch wegbeißen der Konkurrenz erlangt.



    Frauen in Spitzenämtern sind charakterliche Männer 🤷

    • @Saskia Brehn:

      Sie haben ein fatalistisches Bild Ihrer Geschlechtsgenossinnen, ein gewisses Machtbewusstsein ist niemandem fremd, der in solche Positionen will, auch wenn man/frau es gerne so darstellt, als wäre man auf Knien angefleht worden, doch bitte die ehrenvolle Aufgabe anzunehmen.



      Dass hierbei auch Ränkespiele in Partei und/oder Parlament nötig sind dürfte auch anzunehmen sein.



      Dennoch ist nicht ganz klar, warum man dann, an der Macht angelangt, eine komplett männliche, nonfeminsitsche Agenda haben muss. Klar ist frau dann nach wie vor von vielerlei Mannbildern umgeben, die bei Feminismus nicht immer hurra schreien. Es aber nicht einmal zu versuchen und komplett auszublenden ist kaum nachzuvollziehen, zumal es ja eindeutige, kaum zu leugnende Benachteiligungen von Frauen, also einen wirklichen, Missstand, gibt.

    • @Saskia Brehn:

      Bei jedem Schwertfund in bronzezeitlichen Frauengräbern wird nach dem Motto gefeiert, „nehmt das Männer, eure patriarchale Rollenverteilung ist kein ursprüngliches Merkmal menschlicher Gruppen“.



      Es ist aber auch kein feministisches Merkmal für mehr Einsatz für Schwache und Kranke. Sondern es sind einfach Führungsleute, mit entsprechenden Merkmalen.

      Dabei sind Frauen in Spitzenämtern nicht mit allen Männern gleichzusetzen. Unter den Männer sind auch die wenigsten in den Spitzenämtern zu finden, bzw. Dafür geeignet. Die restlichen sind aber auch nicht charakterliche Frauen (obwohl, einige schon; was aber auch wieder als abwertendes Merkmal genutzt wird).

    • @Saskia Brehn:

      "Frauen in Spitzenämtern sind charakterliche Männer"

      Das ist zu pauschal. Nicht alle Maenner haben die Charaktereigenschaften, die Sie beschreiben. Nennen wir diesen Personenkreis "Machtmenschen". Der Maenneranteil in diesem Personenkreis ist groesser als der von Frauen - was eine 50/50-Quote fragwuerdig macht. Aber das ist ein anderes Thema und hat mit Gleichberechtigung sowieso nichts zu tun, sondern mit Gleichstellung.

  • Wenn man Feminismus mit Migrantismus in einen Topf wirft hat man schon verloren! Was alleinerziehende Frauen mit jungen arbeitsfähigen Männern aus anderen Ländern gemeinsam haben -außer die oftmals konstruierten Benachteiligung durch die "Mehrheitsgesellschaft" - erschließt sich mir nicht.

  • "Immer mehr Frauen lenken die Geschicke ihrer Länder. Für den Feminismus ist das allerdings kein Erfolg – im Gegenteil."

    Besser als mit diesem Satz koennte ich nicht beschreiben, warum ich strikt fuer Gleichberechtigung bin und jegliche Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ablehne, sei es positiv oder negativ, aber niemals Feminist sein werde. Danke.

  • „ Damit erledigen Frauen das Geschäft der Männer...“

    Solche Aussagen sind doch völlig unnötig und schaden dem Feminismus mehr, als sie nutzen.

    Anstatt sich einzugestehen, dass Frauen eben genauso hirnlos sein können wie Männer, wird gleich wieder die patriarchale Weltverschwörung gesehen.

    Liebe Frau Schmollack: Die Rechtfertigung für Gleichberechtigung war nie, dass Frauen die Welt besser machen werden als die Männer. Die Rechtfertigung war, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind.

    Es war in meinen Augen stets ein Fehler, dass man im Feminismus und bei DEI-Initiativen auf Feindbilder gesetzt hat, wie der pöse pöse alte weiße heterosexuelle Mann (und die moralische Überlegenheit gegenüber diesen). Denn es wird sich früher oder später herausstellen, dass auch unter Frauen, Migranten, Queeren und Behinderten sich die gleichen faschistischen Tendenzen finden lassen. Frau Weidel als intersektional diskriminierte, lesbische Frau ist da ein Paradebeispiel.

    Das heißt aber natürlich nicht, dass Gleichberechtigung falsch ist. Sie ist nur schlichtweg in den Menschenrechten begründet - und nicht im Utilitarismus.

  • Takaichi koaliert mit der erzkonservativen Ishin-Partei. Da kann sie wohl kaum feministische Politik betreiben. Und selbst die beiden zusammen haben noch keine Mehrheit im Parlament.



    Aber warten wir die nächsten allgemeinen Wahlen ab.

  • Wie jede emanzipatorische Bewegung die ihre eigenen Verletzungen nicht vollständig angesehen und anerkannt hat, hat auch "der Feminismus" (wenn es so etwas überhaupt gibt) eine dunkle Seite.

    Im Alice-Schwarzer-Feminismus ist das u.a. die strikte Trennung zwischen weiblich/männlich und die Projektionen von Rollen und Normen auf die jeweiligen Seiten und das Ausblenden von dem, was diesen Projektionen nicht entspricht.

    An der Reproduktion der bestehenden Ordnungen haben schon immer männlich wie weiblich gelesene Personen mitgearbeitet. Jahrtausendelang. Und unter den bestehenden Ordnungen haben immer schon weiblich wie männlich gelesene Personen gelitten. Auch das Jahrtausendelang.

    Wer das nicht sehen kann, kann keine Bündnisse auf Augenhöhe schmieden und kann die Verhältnisse nicht ändern. Man sieht das ganz profan z.B. an der verkackten Chance auf Kanzlerschaft der Grünen 2021 und an den Folgen die das bis heute zeitigt.

  • Frauen können also genau so rechts sein wie Männer und andere Geschlechter. Das müsste für den Feminismus doch eigentlich ein Erfolg sein.

  • Frauen sollten an die Macht. Aber doch nicht so! Die fangen einfach an eine eigene politische Agenda umzusetzen. So war das nicht gewollt. Frauen haben gefälligst die ihnen vorgegebenen Themen umzusetzen.

  • Das ist wirklich eine erschreckende Entwicklung, wie Erkenntnis!



    Als ansatzweise emanzipierter Mitteleuropäer ist mir der "Verrat von Frauen an Frauen" gänzlich unverständlich.



    Wie kann eine Frau wie Alice Weidel, die mit einer Frau zusammen lebt, Vorsitzende einer Partei sein, die derartige Lebensgemeinschaften ablehnt?



    Abgesehen von Schizophrenie fällt mir da wenig ein.



    Allerdings gibt es Frauen gegenüber eben auch positive Vorurteile .



    Frauen sind eben nicht generell empathischer, sozialer, oder weniger machtorientiert.



    Die Kritik an Merz Ministerriege war, es gäbe zu wenig Frauen.



    Wir erinnern uns, bei der Ampel war es annähernd 50/50.



    Nun stellt sich heraus, die weiblichen VertreterInnen der Union sind keinen Deut besser, als ihre männlichen Kollegen.



    Die Parlamentspräsidentin glänzt mit Intoleranz, die Lobbyministerin, wie der Name schon sagt...



    Es mag seltsam klingen, doch manchmal setzen sich Männer mehr für Gleichberechtigung ein, als Frauen.



    Über Tradwifes kann ich nur den Kopf schütteln - wohin wollt Ihr?



    Klar ist, dass Gleichberechtigung ein Kampf ist und bleibt. Eigentlich sollten Frauen hier Vorkämpferinnen bleiben. Warum wählen so viele von Ihnen CDU?

    • @Philippo1000:

      "Als ansatzweise emanzipierter Mitteleuropäer ist mir der "Verrat von Frauen an Frauen" gänzlich unverständlich."

      Naja, vielleicht haben sie einfach eine ganz andere Gewichtung bei den politischen Zielen. Oder sie betrachten die Gleichberechtigung als weitest gehend erfolgreich umgesetzt.

    • @Philippo1000:

      "Es mag seltsam klingen, doch manchmal setzen sich Männer mehr für Gleichberechtigung ein, als Frauen.

      Über Tradwifes kann ich nur den Kopf schütteln - wohin wollt Ihr?"

      Na ist doch klar, wohin die wollen. Jedenfalls nicht in die Führungsetage eines DAX-Konzerns.

      Ich habe da als Mann ebensowenig ein Problem mit, wie ich ein Problem damit habe, wenn Männer in einer Beziehung die Care-Arbeit übernehmen, während die Frau Karriere macht.

      Wichtig ist doch, dass jeder möglichst frei sein sollte, seinen eigenen Lebensentwurf zu leben, ohne dafür von irgendwelcher Seite gemaßregelt zu werden.

      Kommentare wie den Ihren kann man da schon als übergriffig empfinden. Männer, die besser als diese armen verirrten Frauen wissen, was gut für diese ist. Und diese Heilsbringermentalität zugunsten unwissender oder fehlgeleiteter Dritter ist ja ein urlinkes Charakteristikum. Wenn man nur links genug ist, weiß man, die Welt gerecht und weise zu ordnen(!)

  • Und? Es sieht nicht so aus als wenn Sie etwas falsch machen. Da haben andere Damen aus dem Links- Grün- Roten Milieu noch ganz andere Böcke geschossen. Von der Frau von der Layen ganz zu schweigen.